Kapitel 64: Love me like you do
"Ihr habt echt Schluss gemacht!?"
"Ja ..."
"Oha ... Armer Hiro." Der blonde Junge lehnt sich zufrieden seufzend zurück. "Wirklich?", frage ich verwundert nach, da Nick Hiro doch gar nicht leiden kann. "Nein, Hiro sollte sich auch nur einmal in seinem Leben gut fühlen."
Statt mich zu bemitleiden grinst Nick mir breit in das Gesicht. "Tut mir Leid, dass ich nicht einmal so tun kann, als ob es mir Leid für euch täte."
Der blonde Junge wackelt mit der Teetasse vor mir herum. "Es ist einfach so verdammt befreiend. Verstehst du? Monatelang musste ich zusehen, wie der Typ, den ich liebe, vergebe ist."
Ich seufze und mache mich auf Nicks Sofa immer kleiner. "Das ist echt nicht lustig", gebe ich mit Tränen in den Augen zurück. Ich trauere Hiro wirklich nach. Ich musste mich irgendwem anvertrauen. Jasper ist schon lange weg, keine Ahnung, was mit dem passiert ist. Drake hasst mich sicher und Hiro ist das Problem. So bleibt doch nur noch Nick übrig.
"Na ja, hast du mal überlegt mit ihm zu sprechen?", beginnt Nick dann. Er liebt mich und will mir trotzdem helfen, das Problem mit Hiro zu lösen, anstatt uns weiter auseinander zu drängen. Das wäre doch eigentlich nur zu seinem Vorteil... Was treibt Nick wohl an?
Wäre ich er, würde ich alles dafür tun, dass wir nie wieder miteinander sprechen wollen würden. Ich zucke die Schultern und sehe auf den Tee in der Tasse vor mir auf dem Tisch. "Mit Hiro kann man nicht so leicht reden..."
Der andere Junge beugt sich zu mir vor. "Ehrlich gesagt ist mir eure Trennung ganz recht, das weißt du?"
Bescheiden nicke ich. Nick wuschelt mir sanft durch das braun-blond gesträhnte Haar. "Sorry." Das Lächeln verschwindet langsam aus seinem Gesicht und er trinkt den letzten Schluck seiner Tasse aus. "Hiro ist doch total besessen von dir, was ich so von dem mitbekommen habe. Ganz ehrlich, Luke. Ich denke, er würde dir sofort verzeihen, wenn deine Entschuldigung auch nur ansatzweise ehrlich klingt. Aber wäre ich du, würde ich mich von dem Typen fernhalten. Das sage ich nicht, weil ich mir dann Chancen auf dich erhoffe, sondern eil Hiro einfach sau gefährlich werden kann. Ich bin nicht schwach und trotzdem ist er in bestimmten Situationen stärker als ich. Denkst du echt, du könntest ihm dann das Wasser reichen? Außerdem hab ich von der Sache mit Drake gehört ..." Der Blick seiner blauen Augen wirkt immer eindringlicher auf mich. Ich kann Nicks Blick nicht stand halten und weiche wieder auf meine zur Hälfte gefüllten Tasse aus. "Den einzigen Vorzug, den Hiro hat, ist dass dir in einer Zombie-Apokalypse so wirklich gar nichts passieren würde, solange er da ist. Aber er ist eben nicht so süß und unschuldig wie er aussieht. Als ich ihn das erste mal getroffen habe - also im Park damals - hat er mich am selben tag noch ausfindig gemacht und bedroht. Hallo?"
"Ja, stimmt irgendwo ja schon, aber ..."
Ich kann nicht weitersprechen, als Nicks Blick wieder auf meinen trifft. "Ich werde mal gucken, was sich ergibt ..." - "Alles klar.." Für einen kurzen Moment werden seine Augen glasig, doch es ist so schnell wieder vorbei, dass ich mich wirklich frage, mir das nur eingebildet zu haben. "Ist alles ... okay?" Manchmal komme ich mir unendlich naiv vor, doch so bin ich eben. Ist nicht gerade eine Sache an mir, die ich mag. Statt mir zu antworten kommt Nick zu mir auf die Coach und verlässt den Sesel gegenüber des Tisches. Er nimmt mich kurz in den Arm und beginnt leise ein lied in mein Ohr zu singen. Berührungen von Nick sind kein Problem mehr für mich, doch die Gänsehaut die sich oft anbahnt, ist kein gutes Zeichen. "You're the light, you're the night, you're the colour of my blood.." Dabei kitzelt er mich mit der anderen Hand am Ohr. Obwohl es mir nicht gut geht, muss ich kichern. Nick heitert mich einfach immer auf. "Kennst du das Lied?" Ich schüttle mit dem kopf, aber er kann gerne weiter singen. Nick und Hiro, alle beide sind gute Sänger, meiner Meinung nach. "You're the cure, you're the pain, you're the only thing I wanna touch.." Ich lächle leicht und lehne mich an ihn. Oft tut es mir Leid, dass wir nicht zusammen sind. Ich habe auch keinen Hass mehr auf Nick, im Gegenteil. Aber er und Hiro, sie sind einfach zu verschieden. Die Gefühle sind einfach andere. "Klingelt' immer noch nicht?" Wieder muss ich verneinen. Nick legt seinen Kopf auf meinen. Ach, meine Gefühle. Bei Hiro ist es das Gefühl ihn beschützen zu müssen und in letzter Zeit oft nur Angst. Bei Nick? Beschützt zu werden ... und auch geliebt zu werden. Aber ich will bei Hiro bleiben. Ich kann ihn jetzt nicht einfach hängen lassen. So selten habe ich zu ihm gestanden. "So love me like you do, lo-lo-love me like you do. Touch me like you do, to-to-touch me like you do.." Beim Refrain erkenne ich das Lied doch, zumindest die Melodie. Es scheint Nick zu freuen und das Thema Hiro wird erst einmal unter den Tisch gekehrt.
Ich übernachte nicht grundlos nicht bei Nick. Die Gründe sind wohl offensichtlich. Eigentlich bräuchte ich keine Angst haben, aber ich kenne meine Selbstbeherrschung mittlerweile zu gut. Die ist nämlich kaum vorhanden.
Ich bekomme einen Schrecken, als Wayde mir schneller als gewöhnlich die Tür öffnet. "Was ist?", fragt er trocken. Ich schlucke und fasse mir von seinen Blick beschämt an den Hinterkopf. "Äh ... Hiro, wie immer."
"Ist denke ich besser, wenn du nicht zu ihm gehst."
Es ist immer verdammt schwer für mich, mich mit Wayde zu unterhalten. Ich habe riesigen Respekt vor dem jungen Mann. Als ich einen Blick hinter ihn wage, sehe ich das kleine Mädchen, welches auch noch bei ihnen wohnt. Sie und auch Wayde haben ihre Schuhe und Jacken an. Ob sie gerade wohin wollten? Na ja, es geht mich eigentlich nichts an ... "Bitte, es ist wichtig", presse ich knirschend heraus. Wayde zuckt mit den Schultern und hält das Kind an der Hand. "Ich garantiere für nichts", murrt er. Wayde ist auch von der ruhigeren Portion, das ist mir schon früh aufgefallen. Aber er ist so unscheinbar. Entweder er ist fast immer schlecht gelaunt, wenn ich da bin, er mag mich einfach nicht oder sein Wesen lässt das einen die ganze Zeit einfach nur glauben. Er drückt sich an mir vorbei und lässt mich hier einfach stehen. Er garantiert für nichts? Irgendwie ist mir mulmig bei den Worten.
Ich ratsche mit den Schuhen über die Fußmatte und schlüpfe aus ihnen heraus. Es ist still. Nur eine große Wanduhr lässt ihr Ticken hören, doch keine Stimmen und auch sonst kein Geräusch war zu vernehmen. Es war schon fast eine unangenehme Stille. Nicht einmal die Treppen knarren, als ich sie mit zugegeben wackeligen Beinen hinaufsteige. Ich weiß ehrlich gesagt nicht einmal, was ich jetzt genau von Hiro will. Aber ich möchte wohl eine Lösung haben, dieses Problem aus der Welt schaffen. Zumindest würde mir kein anderer Grund einfallen, warum mein Geist mich hierher bewegt hat.
Mit geballter Faust stehe ich also hier und atme tief ein und aus. Ja, ich habe Angst vor Hiros Reaktion und ihm selbst, doch ich möchte kein Gewissen mehr haben. Das will ich einfach nicht. ja, das wird wohl der Grund sein, warum ich hier stehe. Ich nehme all meinen Mut zusammen und klopfe ungewollt sanft gegen die Tür. Ob er es überhaupt gehört hat? Als keine Antwort kommt, klopfe ich noch einmal, aber lauter. Wieder keine Antwort. Ich öffne einfach die Tür. Meine Augen weiten sich für einen kurzen Moment.
Ich hätte wirklich nicht herkommen sollen.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro