Kapitel 11
Harry und ich merkten, dass wir beide das Thema nicht vertiefen wollten, weshalb wir unser Gespräch schnell in eine andere Richtung lenkten.
Gerade als der Sänger dazu ansetzte, etwas zu sagen, wechselte das Lied und aus den Boxen meiner Anlage ertönten die ersten Akkorde von Cherry. Harry unterbrach sich selbst und blickte mich etwas ungläubig an. "Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass du meine Musik in deiner Lieblingssongs Playlist hast. Für mich hat es vorhin so geklungen, als würdest du mich nur im Radio hören und seist damit recht zufrieden."
Mir war es etwas unangenehm, da ich nicht wusste, wie mein Gast darauf reagieren würde. "Gefällt dir das Album?" Fragte er statt mich auszulachen, was ich wirklich sehr schätzte. Erleichtert atmete ich auf, da ich schon fast mit Ablehnung gerechnet hatte. "Ja sehr. Um ehrlich zu sein, habe ich mir seit unserem ersten Treffen im Club jedes deiner Alben angehört. Ich finde deine letzten beiden tatsächlich am besten. Sie verdeutlichen wahnsinnig gut, dass du frei bist und du selbst sein kannst. Ich kann mir vorstellen, dass es deinem alten Management einfach darum ging, so viel Geld wie möglich aus dir herauszuschlagen, was am besten geht, wenn deine Songs in den Charts sind." Kurz musste ich Luft holen, da ich gerade fast pausenlos geredet hatte.
"Sie waren schön blöd dich gehen zu lassen, obwohl ich das natürlich gut finde. Aber sie haben einfach nicht gesehen, was du Tolles auf die Beine stellen kannst, wenn man dir die Freiheiten gibt. Natürlich sind deine anderen Lieder auch toll aber ich habe einfach das Gefühl, dass du mich mit deinen zwei letzten Platten persönlich ansprichst."
"Du verschlägst mir heute wirklich ständig die Sprache weißt du das?" Sprachlos sah er mich an. Ich verfolgte nicht einmal das Ziel, sowas zu erreichen, aber ich musste meine Meinung einfach aussprechen. "Es ist die Wahrheit, Harry. Diese Texte sind der Hammer, das kannst du mir glauben", bestätigte ich.
"Wo nimmst du eigentlich die Inspirationen her? Ich meine das fliegt dir doch nicht zu, oder?" Das ist eine Frage, dich ich mir nicht nur bei Harry sondern eigentlich bei jedem Künstler stelle. Harry lächelt nur und sieht nicht so aus, als würde er mir eine Antwort geben, weshalb ich mir die größte Mühe gab, einen Hundeblick aufzusetzten. Ergeben seufzte er und atmete noch einmal durch.
"Es kommt drauf an, welche Songs ich schreibe. Die ersten waren frei erfunden und ich hatte viel Hilfe. In den darauffolgenden Jahren habe ich mich wie gesagt selbst und auch meinen Musikgeschmack entdeckt. Ich habe oft meine Erfahrungen und Gefühle aufgeschrieben und Songs daraus gemacht. Du kannst dir ja vorstellen, dass ich sie nicht veröffentlichen durfte. Also die Inspirationen, die ich für meine jetzigen Lieder nehme, sind meistens Geschichten aus meinem eigenen Leben. Manchmal denke ich mir aber auch etwas aus oder bringe verschiedene Ideen zusammen, die keinen wirklichen Zusammenhang miteinander haben. Das ist aber relativ selten der Fall, weshalb ich in meiner Musik eigentlich wirklich immer meine Gefühle offen darstelle."
Ich fand wirklich krass, dass er mir das erzählte und so ehrlich mit dem Thema umging. "Wenn ich dir damit zu nahe trete, dann sag bitte bescheid, ja?" Mit einem Nicken und einem Lächeln bestätigte er mir, dass das bis jetzt nicht der Fall war, weswegen ich fort fuhr. "Du hast in deinem letzten Album sehr traurig gewirkt und um ehrlich zu sein, klang das für mich nicht so, als würdest du dir das ausdenken."
Ich traf offensichtlich genau ins Schwarze, da er ergeben den Kopf senkte und leicht nickte. "Mein Album habe ich tatsächlich über zwei Leute geschrieben." Auf meinen verwirrten und leicht geschockten Blick sagte er schnell: "Keine Sorge, ich habe manche Songs schon vor zwei Jahren geschrieben aber jetzt erst fertig gestellt." Daraufhin kicherte er leicht und ich atmete erleichtert aus. Das Image als Womanizer hätte er sonst auf jeden Fall bestätigt.
"Wie du ja gemerkt hast, geht es in dem Album mehr oder weniger um gescheiterte Beziehungen. Meine letzten beiden Partner haben mich einfach nur verarscht. Obwohl anfangs alles perfekt und die Beziehung wirklich wunderschön war, stellte sich im Nachhinein heraus, dass alles nur eine einzige, große Lüge war." Er sagte das so, als würde es ihm nichts ausmachen und als sei er darüber hinweg, was mich faszinierte. Dies sah er mir vermutlich auch an, denn er sprach umgehend weiter.
"Ich bin weitestgehend darüber hinweg aber zur Verarbeitung musste ich einfach diese Songs schreiben. Und meine Band war überzeugt davon, dass sie bei den Fans gut ankommen würden also haben wir sie fertiggestellt und sie sind aufs Album gekommen."
Die ganzen Worte verarbeitend, sah ich Harry an. In seinen grünen Augen konnte ich allerdings den Schmerz erkennen, den er gerade verschönigt hat. "Willst du vielleicht darüber reden? Ich bin schlecht im Ratschläge geben aber ich höre dir gerne zu. Du musst auch keine Angst haben, dass etwas davon an die Presse gerät" schlug ich ihm vor. Dankbar sah er mich an und setzte ein kleines Schmunzeln auf.
"Ich habe keine Angst, dass etwas an die Presse gerät denn sonst hätte ich dir das alles gar nicht erzählt, glaub mir. Aber ja, ich würde dir das echt gerne erzählen" antwortete er auf meinen Vorschlag. Ich sagte nichts mehr darauf, sondern wartete geduldig, bis er anfing zu reden.
"An sich ist es eine ganz typische break-up story." Leise lachend unterbrach er sich selbst und auch ich stieg in sein Lachen mit ein. "Meine Exfreundin hat mich betrogen." Geschockt riss ich die Augen auf. Das war etwas, dass ich wirklich nicht verstand. Mir ging es einfach nicht in den Kopf, wie man jemanden hintergehen kann. Ohne, dass ich diese Frau kannte, verspürte ich so einen Hass auf sie. Das hatte weniger etwas mit der Tatsache zutun, dass sie mit Harry liiert war, sondern dass sie zu soetwas in der Lage war.
"Wir waren etwas über ein halbes Jahr zusammen und die Beziehung war wirklich toll. Wir waren zusammen in der Öffentlichkeit und konnten miteinander ausgehen. Doch leider bemerkte ich nicht, wie sie immer unglücklicher wurde, weil ich so im Stress war. Mein vorletztes Album kam gerade raus und ich musste zu so vielen Interviews. Bis ich nachts nach Hause kam war es meistens zwei Uhr und wir hatten uns den ganzen Tag nicht gesehen." Ich weiß, dass der Sänger versucht, sich dafür rechtzufertigen, dass er betrogen wurde, was gar keinen Sinn ergibt, das er keinerlei Schuld trägt. Doch ich konnte ihm meine Meinung nicht unterbreiten, da er sofort weiterredete.
"Es fing damit an, dass sie nicht zu Hause war, wenn ich von den Meetings und Treffen kam. Sie redete nicht mehr mit mir und ich glaube für eine Woche war komplette Funkstille. Naja und dann kam ich eben mal früher nach Hause. Ich hatte Blumen und Essen aus ihrem Lieblingsrestaurant dabei um mich zu entschuldigen. Aber sie saß schon mit einem anderen Kerl auf meinem Sofa und vergnügte sich. Das war wohl das erniedrigendste, was ich in meinem Leben je erlebt habe. Meine Freundin, die in meinem Haus, auf meiner Couch einen anderen Typen flachlegt."
Dass er das ohne Weiteres erzählen konnte, zeigte, wie stark er war und wie gut er das alles verarbeitete. "Ja und mit der anderen Person war es einfach so, dass es in den Anfangszeiten meiner Karriere war und mein Management es nicht duldete, dass ich mich mit meinem Freund in der Öffentlichkeit zeigte."
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Zwei gescheiterte Beziehungen. Armer Harry.
Habt morgen einen guten Start in die neue Woche. Ich habe morgen meine mündliche Englischprüfung, die ein Viertel meiner Abschlussnote ausmacht. Bin mal gespannt, wie es läuft und um ehrlich zu sein, bin ich jetzt schon aufgeregt :)
all the love
hx
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