9 | Juli 2019 (2)
Zum zweiten Mal an diesem Tag parkte er seinen Wagen am Straßenrand und sah sich um. Dass Christian in einem Vorort wohnte, war ihm bis jetzt nicht klar gewesen. Die Einfamilienhäuschen seiner Straße waren gepflegt, aber klein. Die Hausnummer, die Michael suchte, lag etwas weiter die Straße hinab, aber er hatte den Wagen absichtlich nicht direkt davor abgestellt, sondern eine Parklücke etwas abseits gewählt. Sobald er sich nicht mehr in der Anonymität der Großstadt verlieren konnte, tendierte er dazu, nicht alles für die Augen neugieriger Nachbarn offen zu legen. Sein Heimatort hatte ihn in dieser Hinsicht, nachhaltig geprägt. Gerade sein schicker Audi stach zwischen den Familienwagen, die sich an der Bordsteinkante aufreihten, deutlich hervor.
In seinem Handschuhfach suchte er nach der glänzend roten Folie, der letzten Schachtel Zigaretten, bevor er mit dieser in der Hand ausstieg, um sich für einen Moment von außen gegen das Auto zu lehnen. Mit einem genussvollen Seufzen rollte sein Daumen über den Zünder des Feuerzeugs, aus dem sofort eine kleine Flamme emporstieg, die er zur Zigarette zwischen seinen Lippen führte. Langsam inhalierte er und wartete, bis das Nikotin durch seinen Körper wanderte und seine Sucht befriedigte. Erst dann entließ er den Rauch wieder durch die Nase und sah sich weiter in der beschaulichen Straße um. Die kleinen Vorgärten waren mit Zäunen oder hüfthohen Hecken vom Gehsteig abgetrennt, manche waren liebevoll bepflanzt, während andere utilitaristisch gepflastert waren und lediglich Fahrräder in allen benötigten Größen beherbergten.
Hinter einigen Fenstern brannte, dank der einsetzenden Dämmerung bereits Licht, sodass Michael die Schatten der Bewohner durch Vorhänge erahnen konnte. Der abendliche Verkehr war weniger stark gewesen, als er erwartet hatte. Nun stand er etwas zu früh hier und genoss seine verdiente Zigarette im sanften Abendlicht in Ruhe.
Er war froh, noch einen Moment für sich zu haben, das Gespräch mit Julia hing ihm nach, auch wenn er gestärkt heraus gegangen war. Ihre freundliche, aber bestimmte Ablehnung einer erneuten Verbindung zwischen ihnen, egal wie oberflächlich, erleichterte es ihm, nach vorn zu sehen.
Mit jedem Kilometer, den er auf dem Weg nach Hause, zwischen sie brachte, war Schwere von ihm abgefallen, sodass er sich nun beinahe leicht fühlte. Seine Lippen verzogen sich zu einem kleinen Schmunzeln, bevor er sie wieder um den Filter der Zigarette legte. Vorfreude durchzuckte ihn bei dem Gedanken, schon in wenigen Augenblicken seinen Mann wieder im Arm halten zu dürfen, bei ihm zu sein und seinen unverwechselbaren Duft zu riechen.
Als die Glut schon beinahe am Filter leckte, öffnete sich die Tür des Hauses, das laut dem Navigationsprogramm auf seinem Handy, das sein musste, welches sein eigentliches Ziel war. Aus dem Türsturz trat ein Mann mit einem Karton auf dem linken Arm, den rechten warf er ungehalten gestikulierend in die Luft. Seine schulterlangen, blonden Haare rahmten weich sein jungenhaftes Gesicht ein, auf dem sich trotz der Entfernung die Wut deutlich abzeichnete.
Nachdem er einen Schritt über die Schwelle getan hatte, erschien eine zweite Gestalt im Türrahmen, die Michael mit Leichtigkeit als Christian erkannte. Dieser sah ebenso wenig erfreut aus, auch seine Stimme, die dank der abendlichen Ruhe bis zu ihm drang, war rau mit kaum gezügelter Emotion. Den letzten Zug des nikotinhaltigen Rauchs in der Brust, trat er die Überreste der glühenden Zigarette auf dem Asphalt aus, bewegte sich aber nicht, sondern beobachtete weiter die Szene, die sich vor seinen Augen abspielte. Wer dieser Mann wohl war, der schwer beladen aus Christians Haus kam?
Die Unterhaltung der beiden gewann an Lautstärke, doch mehr als einzelne Wörter konnte Michael nicht verstehen. Auch aus dem, was er hörte, konnte er sich keine schlüssige Erklärung bilden. Der Fremde war gut gekleidet, ein Leinenhemd, Jeans und er meinte auch das Blitzen von Ohrringen erkennen zu können. Im Gegensatz zu ihm wirkte Christian in seinem gemütlichen Outfit fehl am Platz. Nur ein ausgewaschenes Shirt und eine tiefsitzende Sporthose verhüllten seinen Körper. Entgegen aller Neugier konnte Michael seine Augen kaum von der Silhouette des Mannes lösen, den er so sehr begehrte. Ein warmes Gefühl der Zuneigung stieg in ihm auf, ließ ihn in sich hinein lächeln, auch wenn er gerade Christian dabei beobachtete, wie er sich mit dem Unbekannten stritt und diesen anscheinend vor die Tür setzte.
Erst als Christian in Richtung, der an der Straße parkenden Autos deutete und kurz darauf die Tür unwirsch hinter sich zu warf, zog der Blonde von dannen. Schnellen Schrittes steuerte er auf einen roten Kleinwagen zu und versuchte fluchend den Schlüssel aus seiner Hosentasche zu befreien, um den Kofferraum zu öffnen.
Was auch immer zwischen Christian und dem Schönling vorgefallen war, Michael hatte kein Bedürfnis ein Teil davon zu werden und so wartete er, lässig an sein eigenes Auto gelehnt, bis sich der Fiat schnaufend in Bewegung setzte.
Nachdem das Motorgeräusch hinter der Straßenecke verklungen war, öffnete er die Tür zur Rückbank und fischte einen kleinen Rucksack aus dem Fußraum. Seit einigen Jahren folgte er der Angewohnheit immer Kleidung zum Wechseln und eine Zahnbürste im Auto zu haben. Oft genug war er unvorhergesehen lange bei Kunden gewesen, dass er sich lieber ein Hotelzimmer gesucht hatte, als nachts noch eine weitere Strecke zu fahren. Insbesondere nachdem er bei Julia ausgezogen war, hatte sich der fertig gepackte Rucksack zum Bedürfnis entwickelt, denn diese Kleinigkeit gab ihm die Sicherheit auch spontan einen Schlafplatz suchen zu können, ohne auf jemanden angewiesen zu sein.
Konzentriert presste er seine Lippen aufeinander, um nicht gleich dümmlich grinsend vor Christian zu stehen. Sein Haus stand so nah an der Straße, dass der Vorgarten kaum als solcher zu bezeichnen war. Es war mehr ein gepflasterter Vorplatz, auf dem Kübelpflanzen neben einer grün gestrichenen Bank ihr Dasein fristeten und der nur durch ein dünnes, schmiedeeisernes Tor vom Gehsteig abgegrenzt wurde.
Einen tiefen Atemzug nehmend strich er mit seinem Finger über den Klingelknopf, neben dem mittlerweile so verehrten Namen. Sprenger. Unter dem Schildchen glaubte er noch die Rückstände von einem zweiten, nur aufgeklebten Schild zu erkennen. Verwundert kratzte er mit dem Fingernagel über den hartnäckigen Kleber, der sich nur mühsam lösen ließ. Wahrscheinlich war die Stümperei vor Christians Einzug hier angebracht worden.
Während er sich in Gedanken ausmalte, wer hier früher wohl gewohnt haben mochte, erkannte er Christians Umrisse hinter der Milchglasscheibe, bevor er ihm die schwere Haustür öffnete. Zu seiner Überraschung hatte er sich umgezogen und präsentierte sich jetzt mit einer Jeans und einem sauberen Poloshirt, nur seine zerzausten Haare verrieten, wie hastig er sich die Klamotten übergestreift hatte.
„Hey", sagte Michael und wartete darauf, ins Haus gebeten zu werden. Obwohl sie sich bereits seit Monaten kannten, war er noch nie bei Christian zu Hause gewesen, immer hatten sie sich in Michaels Stadtwohnung oder in der Natur getroffen. Sogar mit den Fahrrädern waren sie mittlerweile ab und an unterwegs, aber einen Abstecher zu Christians Haus hatte es noch nie gegeben.
„Schön, dass Du da bist. Komm doch rein!" Christians Gesicht sah müde und abgekämpft aus, anscheinend war der Streit, dessen Ende er eben miterlebt hatte, doch nicht oberflächlich gewesen. Sofort überkam ihn das schlechte Gewissen, sich selbst bei ihm eingeladen zu haben.
Michael folgte ihm über die Türschwelle und musste trotz der gedrückten Stimmung grinsen – bereits im Flur hing der dezente Duft nach Orangen in der Luft. Sie begrüßten sich mit einem flüchtigen Kuss auf den Mund und einer Umarmung, wie sie es seit Michaels letztem Zusammenbruch immer taten. Michael hatte auch nicht vor, wieder etwas daran zu ändern. Es fühlte sich fantastisch an, diese Zärtlichkeiten auszutauschen.
Der Körperkontakt zwischen ihnen wurde immer mehr und es war auch keine Seltenheit, dass sie die Nächte eng aneinander gedrückt im selben Bett verbrachten. Sex war noch immer kein Thema zwischen ihnen und Michael war dankbar, dass Christian ihn zu nichts drängte, ihn nicht darauf ansprach, was das zwischen ihnen war. Es waren unausgesprochene Grenzen, die keiner zu übertreten wagte.
„Fühl dich ganz wie zuhause. Magst Du etwas trinken?"
„Danke. Du hast nicht zufällig Rotwein da?", fragte Michael hoffnungsvoll. Der Gedanke an ein Gläschen Wein und damit in den Armen seines Lieblingsmenschen zu liegen, erzeugte einen warmen Druck auf seiner Brust.
Christian schnaubte amüsiert. „Wenn ich früher gewusst hätte, dass Du kommst, hätte ich welchen eingekauft. Ich glaube ich habe aber noch eine Flasche Prosecco im Kühlschrank."
„Kein Wein, aber Prosecco?", lachte Michael.
„Ah, ja. Der ist nicht von mir."
„So? Ist der wohl einfach aufgetaucht?", neckte Michael ihn weiter, doch Christian schüttelte nur den Kopf und ließ ihn an der Garderobe stehen. Nachdem Michael sich die Schuhe von den Füßen gestreift hatte, folgte er ihm etwas verdutzt in die Küche, wo Christian bereits die Flasche Prosecco und ein Bier aus dem Kühlschrank nahm.
Mit großen Schritten war Michael hinter ihm, legte seine Arme um den anderen Mann und drückte sich von hinten gegen seinen Körper. Seine Nase vergrub er direkt im Ansatz der schwarzen Haarpracht und inhalierte Christians Duft.
„Hast Du ein neues Parfum?", fragte er überrascht, als ihm eine ungewohnte, süßliche Note auffiel.
„Hm? Nein", murmelte Christian, der gerade versuchte Gläser aus dem Hängeschrank zu nehmen, ohne sich aus der Umarmung lösen zu müssen.
„Egal ob alt oder neu, riecht gut", flüsterte er ihm ins Ohr und küsste seinen Hals.
„Setzen wir uns noch einen Moment nach draußen?", schlug Christian vor, nachdem er die Getränke eingeschenkt hatte.
„Nach draußen?", fragte Michael, der sein Gesicht noch immer in die schwarzen Haare drückte und sich an der Nähe zwischen ihnen berauschte.
„Entschuldige, habe vergessen, dass Du das Haus nicht kennst. Auf die Terrasse, meine ich. Die Sonne ist zwar schon weg, aber es ist ja noch warm."
„Klingt wundervoll", bestätigte Michael den Vorschlag und senkte widerwillig seine Arme, um das Gläschen Prosecco von der Anrichte zu nehmen.
„Komm", forderte Christian ihn auf und führte ihn durch ein gemütliches Wohnzimmer mit viel Holz und hellen Farben hinaus auf die Terrasse, hinter der ein kleiner Garten begann. Die Blütenpracht in den schmalen Beeten war zauberhaft und bildete einen starken Kontrast zu dem tristen Vorplatz des Hauses. Der Efeu, der an der Rückwand nach oben kletterte, verstärkte das heimelige Gefühl, das hier sofort von ihm Besitz ergriff.
Sie setzten sich nah beieinander auf die Holzbank, vor der ein kleines Tischchen mit gedrechselten Beinen stand und genossen für einen Moment ihre Zweisamkeit.
„Ist das eigentlich dein Haus?", wollte Michael wissen und durchbrach mit seiner Frage die abendliche Stille.
„Nein. Es gehört meiner Tante", erklärte Christian.
„Wie lange wohnst Du denn schon hier?"
„Oh, schon länger. Ich habe das Glück, dass mir meine Tante Miete nachlässt, solange ich selbst den Hausmeister spiele. Ich kümmere mich dafür darum, dass hier alles in Ordnung bleibt."
„Machst Du das gern?", Michael rutschte etwas näher an Christian und legte seinen freien Arm um den Mann neben ihm. Christian versteifte sich unter der Umarmung und ließ seine Muskeln erst wieder locker, als Michael begann über seinen Oberarm zu streicheln.
„Was meinst Du? Hausmeister sein?"
„Ja. Dich um ein Eigenheim kümmern."
„Auf jeden Fall. Ich bin nicht umsonst Handwerker geworden. Ich kann auch gar nicht verstehen, wie Du jeden Tag ins Büro gehen kannst, das muss doch unglaublich langweilig sein."
Michael lachte leise und nippte an seinem Prosecco. Für seinen Geschmack war dieser etwas zu süß, trotzdem war er dankbar, dass Christian die Flasche für ihn geköpft hatte.
„Schon! Aber ich habe zwei linke Hände, das passt schon für mich. Wenn bei mir was zu machen ist, habe ich eigentlich immer Handwerker da, ich kriege das einfach nicht hin."
In sich hineinlachend schmiegte sich Christian nun doch an ihn und legte seinen Kopf auf Michaels Schulter. Damit brachte er Michaels Herz dazu, voll wilder Freude gegen dessen Rippenbogen zu klopfen.
„Dann ergänzen wir uns ja ganz gut."
Im Badezimmer entdeckte Michael nach einer ausgiebigen Dusche die Quelle von Christians einzigartigem Duft. Neben seiner Zahnbürste stand ein kleines Fläschchen mit Pipette, dessen Etikett den Inhalt als Orangenöl identifizierte und dessen wohltuende Eigenschaften gegen trockene Haut anpries. Die Flasche inspizierend hatte er das Gefühl, einen Teil von Christians Essenz in der Hand zu halten, was sich seltsam intim anfühlte.
Der Abend war schnell verflogen und Michael war beflügelt und berauscht von der Aussicht nun tatsächlich gleich zu Christian ins Bett zu steigen. Auch die seltsame Euphorie, die ihn nach dem Gespräch mit Julia befallen hatte, hob seine Laune und ließ ihn glücklich vor sich hin grinsen. Er war genau dort angekommen, wo er sein wollte.
Nur in seiner Unterwäsche schlich er zu Christian ins Schlafzimmer, der bereits im Bett auf ihn wartete und dort mit zusammengezogenen Brauen, energisch auf seinem Handy eine Nachricht tippte.
„Auf wann hast Du deinen Wecker gestellt?", fragte Michael, während er unter die zweite Decke im Bett kroch. Christian hatte ausgerechnet ein Doppelbett mit getrennten Matratzen, sodass Michael etwas einsam auf seiner Seite lag. Verloren sah er zu dem anderen Mann, der genervt mit den Augen rollte und wieder anfing zu tippen.
„Ah, auf sechs. Wann musst Du los?"
„Ja, das passt", stellte Michael fest, beobachtete aber besorgt wie sich Christians Miene weiter verfinsterte. „Alles okay bei dir?"
„Hm?", machte Christian und sah zu ihm auf.
„Macht jemand Ärger?", fragte Michael und rutschte näher in die Mitte des Bettes, bis er den Spalt zwischen den Matratzen erreicht hatte.
„Nein, nein. Alles gut", beschwichtigte der Schwarzhaarige und sperrte seinen Bildschirm, der einen Augenblick später direkt wieder mit einer neuen Nachricht aufleuchtete. Bevor er das Handy umdrehte, erhaschte Michael noch einen Blick auf den Namen, der neben dem Symbol der App stand. Phillip Schwarz. Der Namen sagte ihm nichts und Christian legte das Telefon mit dem Display nach unten auf den Nachttisch. Michael kam dennoch nicht umher, sich zu fragen, ob dieser Phillip am anderen Ende des Nachrichtenverlaufs der Mann war, den Christian früher am Abend aus dem Haus geworfen hatte.
„Sicher?"
„Ja, sicher", Christian rang sich ein Lächeln ab, „mach dir keinen Kopf!"
„Okay. Dann... komm her", Michael griff nach Christian, um ihn zu sich zu ziehen. Als ihre Körper endlich wieder dicht beieinander lagen, seufzte er zufrieden auf und genoss das prickelnde Gefühl dort, wo sich ihre nackte Haut berührte. Tiefe Entspannung breitete sich mit jedem Herzschlag durch seinen Körper aus, während Christian zärtlich seine Seite streichelte.
Es war schlicht perfekt. Wie hatte er jemals anzweifeln können, dass dieser Mann an seine Seite gehörte?
Ihre Lippen trafen sich zu einem leidenschaftlichen Kuss, den Michael schnell gierig werden ließ. Immer wieder fuhr er unter Christians Shirt, über die warme weiche Haut an dessen Rücken. Fest strich Christians Zunge über seine und brachte ihn dazu, ungehalten zu stöhnen. Es war unmöglich, nicht allein von diesen Küssen, um den Verstand gebracht zu werden. Genüsslich kostete er den wunderbaren Geschmack aus, den Christian in seinem Mund hinterließ und sein Körper schrie nach immer mehr.
Seit dem betrunkenen fast One-Night-Stand mit Christian im Winter – und dem daraus resultierenden Blowjob, hatte er mit niemandem mehr geschlafen und jede Faser an ihm verlangte nach Vereinigung und Befriedigung.
Angestachelt von Prosecco und aufgestauter Lust drückte er seine Hüfte gegen Christian, rieb seine beginnende Erektion an dessen Oberschenkel.
Keuchend brach er für einen Moment den Kuss, um sich in den dunklen Augen zu verlieren. Dieser Mann war so schön, so liebevoll, so ehrlich. Er wollte mehr von ihm, er wollte alles an ihm nur für sich.
Von seinem Wunsch getrieben schwang er sich über Christian und begann an dessen Kiefer zärtliche Küsse zu verteilen, bevor er sich an seiner linken Seite zu schaffen machte. Mit seiner Zunge zeichnete er die Ausläufer des großen Tattoos nach. Seine Zähne versenkten sich neckisch in der weichen Haut, hart genug, um den Körper unter sich zum Beben zu bringen, aber sanft genug, um keine Male zu hinterlassen.
Die aufwallende Lust in seiner Brust sandte klare Signale in seinen Schritt. Bald zerrte er ungeduldig am Saum des Shirts, das Christian zum Schlafen übergeworfen hatte. Er gierte nach seiner nackten Haut.
Er fühlte sich bereit, wieder Nähe zuzulassen. Wollte erleben, wie es war, Christian überall zu spüren, mit ihm zu verschmelzen.
„Principessa...", stöhnte Christian unter ihm, machte aber keine Anstalten seiner Aufforderung nachzukommen und sich zu entkleiden.
„Chris...", flüsterte Michael in dessen Ohr und drückte bei dem Klang des schweren Atems, seinen Schritt fest gegen Christians. Er war im Himmel, nur der Stoff störte.
„Michi, stopp!"
Die Worte rissen ihn unsanft aus seiner Begierde und übergossen ihn mit eisigem Schaudern.
„Habe ich was falsch gemacht?", fragte er mit zitternder Stimme, blieb aber auf Christian liegen. Sein Blick huschte zwischen dessen Augen hin und her, um nach Hinweisen zu suchen, was nicht stimmte.
„Fuck, ich habe so lange drauf gewartet, dass Du das machst...", presste Christian heraus und verzog dabei sein Gesicht.
„Aber?", lächelnd begann Michael wieder, liebevolle Küsschen auf Christians Wangen und Mundwinkel zu hauchen.
„Nicht... nicht heute, okay?"
Enttäuschung machte sich in Michael breit, denn er war mittlerweile steinhart und sein Schwanz verlangte pochend nach Erlösung. Er presste den Atem schnaubend durch seine Nase, während er versuchte einen Anhaltspunkt zu finden, was er getan hatte, um Christian abzuschrecken.
„Es tut mir leid, heute war kein guter Tag", erklärte Christian.
„Es muss dir doch nicht leidtun!"
„Doch. Mir tut's ja auch schon leid für mich...", er lachte gequält. „Aber ich möchte, dass unser erstes Mal gut wird und dafür brauche ich einen freien Kopf, ja?" Sanft küsste er Michael auf die Lippen. „Du verdienst mehr, als ich heute hinkriege."
„Okay", gab Michael nach und legte sich wieder neben Christian auf die Matratze, rückte aber nicht von ihm ab. Bewusst atmend versuchte er seine Lust abzukühlen, was in ihrer engen Umarmung beinahe unmöglich war.
Als seine Erektion sich wieder einigermaßen gelegt hatte und er klarer denken konnte, strich er nachdenklich über Christians Brust, die sich flach hob und senkte.
„Ist... wirklich alles in Ordnung?"
„Mhh, na ja. Aber damit kannst Du mir nicht helfen", sagte Christian leise, aber mit Nachdruck.
„Lass mich für dich da sein, bitte. Du hast schon so viel von mir ertragen, jetzt wird's Zeit, dass ich etwas zurückgebe. Immerhin habe ich mich vorhin auch einfach eingeladen", flüsterte Michael dicht an seinem Ohr, ohne sein Streicheln einzustellen.
„Du tust schon so viel für mich", lächelte Christian und griff nach seiner Hand. „Mach einfach genauso weiter."
„Gern", ein weiterer liebevoller Kuss zwischen ihnen. „Aber, Christian?"
„Mhh?"
„Du musst keine Angst haben, dass Du mir nicht reichst... oder es schlecht wird zwischen uns." Er schluckte schüchtern und drückte Christians Hand. „Es ist okay, wenn es heute nicht passt für dich... aber Du bist Du und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich alles lieben werde, was wir zusammen tun."
Christian drehte seinen Kopf, legte damit seine Stirn an Michaels. „Danke, dass Du so denkst. Aber wir holen das nach." Kurz war da nur ihrer beider Herzschlag. Dann: „Und... schön, dass Du da bist."
Das Rauschen der Dusche weckte Michael am nächsten Morgen, der murrend mit einem halb gehöffnete Auge nach seinem Handy tastete. Es war noch nicht einmal sechs Uhr.
Er rieb sich seine verklebten Augen und gähnte herzhaft. Schließlich schwang er sich aber aus dem Bett, um dem Geräusch des laufenden Wassers zu folgen und tapste mit nackten Füßen den Flur entlang zum Badezimmer, dessen Tür nur angelehnt war.
„Kann ich reinkommen?", rief er und steckte vorsichtig den Kopf durch den Spalt. Im Badezimmer stand Christian mit dem Gesicht zu ihm unter der Dusche und hielt sein Duschgel in der Hand. Als sich ihre Blicke trafen, zog er einen Mundwinkel nach oben zu einem schiefen Lächeln.
„Klar", bat er ihn zu ihm und quetschte sich etwas blaues Gel auf die Handfläche. In Michaels Mund sammelte sich der Speichel. Den Blick ließ er über Christians perfekten Körper wandern. Verfolgte den Weg der abperlenden Tropfen, von seiner Brust, hinab über den flachen Bauch, direkt zu seiner Mitte. Es war nicht das erste Mal, dass er Christian nackt sah, aber noch nie hatte er sich ihm so offen und schamlos präsentiert.
Anstandshalber zwang er sich, die Augen von dem Mann unter der Dusche zu nehmen und griff nach seiner Zahnbürste, die er gestern am Rand des Waschbeckens platziert hatte, doch auch im Spiegel konnte er Christian bestens sehen, den der Dampf des heißen Wassers weich umspielte. Sein Herzschlag beschleunigte sich mit jeder Sekunde, die er gebannt auf das Glas starrte und jeder Regung der Reflexion folgte.
„Warum bist Du schon wach?", fragte Michael, um sich abzulenken und biss sich auf die Lippe. Die Müdigkeit war plötzlich aus seinen Gliedern verschwunden.
„Gewohnheit. Ich bin fast immer vor dem Wecker wach", Christian zuckte mit den Schultern, bevor er begann sich mit dem Gel einzureiben. Seine Hände wanderten über seinen Körper, verteilten unschuldig den Schaum auf seiner Brust, seinem flachen Bauch.
Michael biss sich auf die Lippe, als er sich vorstellte, wie sich die festen Muskeln unter seinen eigenen Fingern anfühlten. Ihm entfuhr ein Keuchen. Es war, als konnte er die Hitze seiner Haut spüren.
Christian sah überrascht zu ihm auf, doch sein Mund verzog sich zu einem frechen Grinsen, als sich ihre Blicke im Spiegel trafen. Er hatte sein Starren bemerkt!
Ohne ihn aus den Augen zu lassen, glitten Christians Hände provokant weiter in seinen Schritt. Machte er das mit Absicht? Trocken schluckte Michael, beobachtete das Schauspiel.
Kurz schloss er die Augen, um seine zitternden Hände zu beruhigen. Die Lust, die ihn gestern Abend bereits beherrscht hatte, brach erneut ungezügelt hervor.
Christian zog nur herausfordernd eine Braue nach oben. Michael war sich sicher, dass er ihn durchschaut hatte. Er spielte mit ihm.
Unter der Dusche legte Christian den Kopf in den Nacken, ließ das Wasser über sein Gesicht laufen. Langsam fuhr er sich durch die schwarzen Haare, wischte Reste des Shampoos aus den dichten Strähnen. Oh, dieses Spiel durfte er jederzeit anzetteln.
Klappernd fiel die Zahnbürste ins Waschbecken, als er dieser nachgab die Glastür der Dusche energisch aufriss. Dort zwängte er sich zu Christian unter den Strahl des warmen Wassers, verband ihre Lippen hungrig. Das Opfer seines Überfalls grinste in den Kuss hinein und erwiderte diesen spielerisch. Als sich ihre Zungen trafen, wanderten Schauer über Michaels Rücken. Diese Partie zu verlieren war besser, als sie zu gewinnen.
Genussvoll stöhnte Michael, als sich Christians Hände an seine Hüfte legten und ihn näher zu sich zogen. Kurz bohrte sich Skepsis in seine Gedanken, ob er nicht zu forsch war. Noch gestern Abend hatte Christian ihn abgewiesen und jetzt drängte er sich ihm erneut auf. Bevor sich die Krallen des Zweifels jedoch tief in sein Herz bohren konnte, löste er schwer atmend den Kuss und suchte in Christians Gesicht nach einem Hinweis, dass es in Ordnung war, was er tat. Alles, was er dort fand, waren lustvoll verzogene Lippen, die vom Küssen gerötet waren und glasige Augen. Er nahm es als Bestätigung, dass er willkommen war und was auch immer gestern Abend die Laune verdorben hatte, war fort, hatte schöneren Dingen Platz gemacht.
Christians Haut unter Michaels Fingern war schlüpfrig von den Resten des Duschgels, als diese suchend über seine Vorderseite glitten, bis sie das Zentrum seiner Begierde fand. Es war noch besser, als er gedacht hatte. Hart und heiß lag Christians Schwanz in seiner Hand. Der Wunsch, ihn in sich zu spüren, wurde mit jeder Sekunde größer. Jetzt unter der Dusche war er noch nicht bereit aufs Ganze zu gehen, aber es gab ja nicht nur eine Stelle an seinem Körper, an der er Christian in sich aufnehmen konnte.
Langsam stieg in ihm Unsicherheit empor, doch sein wildes Verlangen war stärker und er ließ sich davon leiten. Mit klopfendem Herzen sank er vor ihm auf die Knie. Er legte seine Lippen auf die duftende Haut am Hüftknochen, am Bauch. Vergrub seine Nase in dunkler Schambehaarung. Dann erst widmete er sich dem zuckenden Stück Fleisch, dessen Länge er hingebungsvoll mit der Zunge nachzeichnete. Er sah noch einmal zu Christian hinauf, dessen Augen schwarz vor Lust waren. Sein Mund stand sinnlich offen, als er seine Finger in Michaels mittlerweile feuchtem Haar vergrub und ihn dort streichelte.
Michael konnte nicht mehr an sich halten und wollte auch nicht mehr. Endlich war es so weit. Endlich konnte er Christian kosten. Seine Lippen schlossen sich um ihn.
Im ersten Moment war es ungewohnt, nach so langer Abstinenz wieder den Penis eines anderen Mannes auf seiner Zunge zu spüren, doch bereits nach den ersten, vorsichtigen Stößen von Christians Hüfte, übernahm sein Instinkt und er ließ sich von ihrer geteilten Begierde treiben. Sie fanden einen gemeinsamen Rhythmus, langsam, überwältigend, intensiv. Dass Christian ihn nicht einfach machen ließ, sondern ihm zeigte, was er wollte, erregte ihn nur noch mehr.
Seine Hand zitterte leicht, als er sie an seinen eigenen Schritt legte und er sich durch die Shorts rieb, die er sich nicht abgestreift hatte, bevor er in die Dusche gestiegen war. Christian machte ihn verrückt, brachte ihn selbst an die Schwelle des Aushaltbaren, obwohl er seine Hüfte nur sanft in seinem Mund bewegte.
Seine Hand in Michaels Haaren führte ihn federleicht, während sich die Spitze bei ihrem Spiel zusehends gefährlicher in seinen Rachen drückte, aber Michael genoss, was sie miteinander taten, egal wie wenig Luft ihm in manchen Momenten zum Atmen blieb. Er liebte es, beinahe hilflos vor diesem Mann zu knien, sich ganz von ihm beherrschen zu lassen. Sein Unterleib brannte vor fiebriger Lust. Mit der freien Hand umfasste er sich dort selbst, um sein eigenes Verlangen zu stillen.
Dabei wurde auch Christians salziger Geschmack in seinem Mund intensiver. Sie waren beide so nah an der Erlösung.
„Komm für mich...", Christians Stimme war tief und rau, getränkt mit Erregung.
Michael schauderte, als sich mit der Aufforderung auch der Griff in seinen Haaren noch einmal verstärkte. Folgsam erhöhte er das Tempo und ließ Christian schneller in sich eintauchen und brachte sich, mit festem Pumpen zum Höhepunkt. Sein Keuchen wurde von Christians Schwanz gedämpft, der immer tiefer in ihn drang.
Mit einem erstickten Schrei ergoss er sich auf Michaels Zunge. Sperma lief aus dessen Mundwinkel, als er ihn sanft durch den Orgasmus trug.
Kraftlos lehnte er sich gegen Christians Oberschenkel, seine Hand noch immer in der eigenen Unterhose und erlaubte es sich, noch einige Augenblicke in himmlischer Seligkeit zu verharren.
„Mhh...", entkam es Christian, dessen Finger wieder durch sein Haar kämmten. „Das... So könntest Du mir öfter guten Morgen sagen."
Michael lachte erschöpft auf. „Ist das so?"
„Ja, Prinzessin", schmunzelte Christian. „Wenn's nach mir geht. Komm, steh auf."
Er half ihm auf die Beine und wischte ihm zärtlich mit dem Daumen die Überreste seines eigenen Orgasmus aus dem Gesicht, bevor er ihn küsste.
„Danke", hauchte er. „Aber jetzt machen wir dich erstmal sauber, hm?"
Christians Haus war gerade in seinem Rückspiegel verschwunden, als sich ein Anruf ankündigte. Mit einem Knopfdruck am Lenkrad hob er ab, um das Telefonat über die Freisprechanlage zu führen. Ungeduldig wartete er währenddessen an der Kreuzung darauf, endlich abzubiegen und meldete sich wie immer mit einem recht unfreundlichen Gruß.
„Na, war das vorhin so schlecht, dass Du nichts mehr von mir wissen willst?", lachte es am anderen Ende der Leitung.
„Chris?", fragte Michael völlig perplex und verpasste beinahe die Gelegenheit auf die vielbefahrende Schnellstraße und Richtung der Stadt einzubiegen. „Habe ich was vergessen?"
„Nein, nein. Alles gut. Ich muss doch nur aufpassen, dass mein Rotkäppchen den rechten Weg nicht verlässt und gut nach Hause findet."
„Damit mich der böse Wolf nicht frisst?", schnaube Michael und leckte sich belustigt mit der Zunge über die Lippen.
„Verdammt richtig. Fressen darf nur ich dich", knurrte Christian ins Telefon. Bei diesem wundervollen Geräusch stellten sich die Härchen auf Michaels Unterarmen auf und er hatte Mühe, seine Konzentration auf dem Verkehr zu belassen.
„Du bist unmöglich", kicherte Michael, der fühlen konnte, wie sich ein ekelhaft süßes Lächeln auf seinem Gesicht ausbreitete.
„Eigentlich wollte ich dich noch fragen, ob Du am Wochenende mit mir Fahrradfahren gehst, aber du bist vorhin einfach zu schnell verschwunden", klärte ihn Christian nach einem kurzen Moment des Schweigens auf.
„Ich kann leider am Wochenende nicht. Felix hat mich eingeladen."
„Wer?"
„Mein Bruder, ich dachte, ich hätte dir schon von ihm erzählt. Jedenfalls werde ich wohl über Nacht bei ihm bleiben. Ist ein Stück zu fahren."
„Achso... schade", Christian klang ehrlich enttäuscht.
„Geht auch eine Woche später?", bot Michael an und wusste jetzt schon, dass er Christian an den Tagen vermissen würde, die er auswärts bei Felix war.
„Freilich, ich denke schon."
„Dann ist das abgemacht!", er grinste glücklich. Es lief endlich gut zwischen ihnen, schwerelos und ungezwungen. Er fühlte sich wohl mit dem schönen Schwarzhaarigen an seiner Seite.
„Wunderbar. Und jetzt husch, husch auf die Arbeit. Bis bald!", verabschiedete sich Christian.
„Warte! Sehen wir uns bis dahin nochmal?"
Kurz hörte er nur das Motorengeräusch und dachte schon, die Leitung wäre bereits tot. Doch dann waren da die Worte, die ihm endgültig den Tag versüßten.
„Gern. Für dich habe ich immer Zeit, Michi."
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro