Estartit (Die Erinnerung) (Auszug)
Als ich gestern Nacht schlafen ging, hatte ich einen Traum: Ich badete meine Augen im Sonnenlicht, meine Haut kribbelte erwartungsvoll in der Spätsommerwärme. Ich genoss den Geruch von frischem Gras, und mein Geist wanderte über den Wolken. Ich erschrak in meinem Herzen, als ein dunkler Schatten auf meine Augenlider fiel.
Ich setzte mich auf und sah ein Mädchen, in weißen Stoff gehüllt. Es hielt etwas verborgen in den Händen und sah mich mit großen Augen an. Augen so blau wie der Himmel, so blau wie das Meer.
In ihren Augen sah ich Anfang und Ende der Welt.
Ihre Stimme hielt mich wie in einem Zauber gefangen. Millionen Sonnenstrahlen brachen sich in ihrem goldenen Haar, und alle Sterne des Himmels explodierten in meinem Kopf.
Als ich dann aufwachte, hätte ich schwören mögen, dass mein Herz so wild und verzweifelt pochte, als wollte es mir aus der Brust springen.
Ich hielt meine Hände davor gepresst und holte tief Atem, die Augen weit offen wie im Traum.
Ich stand auf, taumelte ins Bad und sah mich selbst an im großen Spiegel. Was ich sah, waren himmelblaue Augen, die ich niemals hatte.
Augen so blau wie der Himmel, so blau wie das Meer.
Meine linke Hand im Spiegel hielt etwas umschlossen, etwas Zartes, Kühles, Zerbrechliches. Ich lockerte den Griff meiner Finger, öffnete die Hand, und goldenes Licht blendete meine Augen.
In meiner Hand brannte die Sonne selbst, nicht heiß, nicht kalt, sondern unendlich sanft.
Voller Erstaunen betrachtete ich ihren goldenen Glanz, der sich vor meinen Augen verdichtete, fest wurde und schließlich erlosch.
Nur ein heimliches, verzaubertes Glimmen blieb zurück, ein strahlendes Glimmen in ihrem goldenen Ring.
Mir schenkte sie ihre Augen, und dir gebe ich ihren Ring.
Er wird dir Glück bringen, so oft du dich an meinen Traum erinnerst und daran, woher er gekommen ist.
Die Sonne aber war die Sonne von Estartit.
aus: Estartit (Die Erinnerung)
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