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Irgendwann setze ich mich an den langen Küchentisch und drehe Däumchen. Ich weigere mich auf mein Zimmer zu gehen und ich weigere mich Harry in die Arme zu laufen oder irgendeinem weitern Mitglied der Adelsfamilie. Alles was ich will, ist bei meiner Familie zu sein und die ist nun einmal gerade nur in Form von Nick Grimshaw anwesend und erreichbar.
Nick rührt noch eine Weile in der Suppe und dann stellt er den Herd runter und lässt den Deckel auf den Topf knallen. Ich zucke bei diesem Geräusch zusammen.
Hinten an der Tür, die nach draußen führt und sich von den meisten der „Personaleingang" schimpft, klopft es plötzlich
Nick seufzt. „Wer stört mich mit meinem neuen besten Freund?" Dann geht er aus der Küche in den hinteren Flur. Den kann ich von meinem Sitz aus nicht sehen. Ich höre nur ein Lachen und dann sagt Nick: „Niall Horan! Lebst du also auch noch!"
Mist. Niall. Ich muss weg. Ich muss ganz schnell flüchten. Wie kommt es überhaupt, dass ich keinen mehr sehen kann, weil ich alle enttäuscht, belogen und hintergangen habe?
Wie kommt es, dass aus Louis, dem Witzigen Louis, der Ungeliebte wurde?
Außer Nick scheint mich keiner mehr wirklich zu mögen.
Und da ich so lang in meinen Gedanken versunken bin, habe ich keine Zeit mehr aus der Küche zu sprinten. Denn nun steht Niall schon vor mir. Rote Wangen, ein breites Grinsen im Gesicht und eine Tasche in der Hand. „Louis? Was machst du in der Küche?" Er runzelt die Stirn.
„Niall, ich... Es tut mir leid, Harry hat... Ich bin..."
Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, sehe ich Niall dabei zu, wie er um den Tisch herum kommt und mich aus meinem Stuhl zieht.
Dann nimmt er mich in den Arm. „Ich bin froh dich zu sehen, Lou."
„Harry hat..."
„Harry hat Scheiße gebaut."
„Das tut mir echt leid mit Greg", plappere ich heraus. Zu schnell, um es überhaupt selbst mitzubekommen.
Niall sieht mich an, entfernt sich ein Stück. „Mit Greg... Oh, du meinst... Ja, tragisch."
Ich runzele die Stirn. Denn Niall grinst.
„Was ist?"
Nick steht hinten an der Küchenanrichte. Arme vor der Brust verschränkt und interessiert an unserer Unterhaltung. Nicht wie sonst versucht er sich einzumischen: Er steht bloß still da.
„Du grinst, Niall."
„Ich bin ein schlechter Lügner. Es tut mir so leid. Aber hey Louis: Sei doch einfach für dich froh." Er hat ein breites Lächeln.
Und ich beginne nichts mehr zu verstehen.
„Wofür? Für meinen Job als erster Diener?"
Nialls Grinsen verschwindet. „Warte... Weißt du es nicht? Hat er... Hat er noch nicht...? Oh nein, ich bin so blöd!" Niall fasst sich an die Stirn und kneift die Augen zusammen. „Ich bin so dumm..."
„Was? Was ist hier los, Niall?", frage ich harsch. Ich bin es satt nur die Hälfte mitzukriegen.
Er seufzt und blickt auf den Boden. Hand nun in der Hosentasche, die andere hält noch die Tasche. „Ich weiß nicht, ob ich es dir erzählen darf. Das ist das Problem."
„Was erzählen? Was? Niall, ich schwöre...!" Mein Körper zittert. Irgendetwas sagt mir, dass das kein gutes Geheimnis ist.
„Dir wurde gesagt, dass Greg verbannt wurde, richtig?"
Ich nicke.
„Setz dich, Louis", murmelt Niall. Er selbst setzt sich auch über Eck. Die Tasche liegt nun auf dem Boden.
Ich runzele die Stirn.
„Harry hat Greg ein paar Tage frei gegeben. Er meinte er solle mich mit nehmen. Ans Meer fahren oder irgendwo anders hin, wo uns keiner findet. Er meinte, er wolle dich prüfen. Anscheinend hat Harry das Gefühl gehabt, dass du gefährlich bist oder ihm schaden willst und deswegen wollte er dich nah bei sich haben. Deswegen hat Greg diese Szene im Kuhstall gemacht. Deswegen wollte er sich mit mir zum Hunde ausführen treffen. Ich sollte nicht mehr da sein, wenn dich Harry einstellt."
Ich schüttele den Kopf.
„Er meinte, wenn du dich nach ein paar Tagen als harmlos herausstellst, stellt er dich als Küchenpersonal ein und wenn nicht..." Niall schluckt. „Du kannst es dir denken."
„Also hast du, als du mich gesehen hast, vermutet, dass ich seine Prüfung bestanden habe?", flüstere ich.
Langsam fügen sich die Puzzleteile in meinem Kopf zusammen. Es ergibt Sinn, dass Harry mich ausfragte, dass er Greg feuerte und mich verführte. Es ergibt alles so schrecklich viel Sinn.
„Oh Gott", kann ich nur sagen. Ich schlage mir die Hand vor den Mund.
„Was ist? Hat er gesagt, dass du gefährlich bist? Hat er etwas angedeutet?" Niall scheint besorgt.
„Ich habe ihn geküsst, Niall. Besser gesagt hat er mich geküsst... Und ich fange gerade an es zu verstehen. Ich fange gerade an zu verstehen wieso." Ich muss mich auf eine normale Atmung besinnen und dann stehen meine Beine von ganz allein. Ich schiebe den Stuhl sorgfältig wieder an den Tisch und gehe langsam rückwärts zur Tür. „Ich muss mit Harry reden."
Dann bin ich weg und hinterlasse einen verdatterten Niall und einen verwirrten Nick.
Ich renne die Flure entlang zu Harrys Zimmer. Ich klopfe nicht mal, sondern schließe die Tür einfach ungefragt auf.
Harry steht am Fenster und blickt hinaus auf den Hof.
Seine Haare sind unordentlich, aber wenigstens trägt er jetzt ein Oberteil.
„Harry", sage ich bestimmt.
Er dreht sich um und runzelt die Stirn. Er scheint weniger überrascht, dass ich mich wieder in sein Zimmer traue nach unserem letzten Gespräch. Besser gesagt nach Harrys letztem vernichtenden Monolog an mich.
„Du dachtest ich sei gefährlich. Du hast... Greg nicht verbannt. Stimmt das?" Ich hoffe, dass sich Niall die Geschichte nicht nur ausgedacht hat, um sich an mir zu rächen. Ich hoffe, dass es stimmt und zur gleichen Zeit hoffe ich das Gegenteil.
Harry dreht sich vollkommen zu mir. Er sieht auf den Boden. „Ich habe Niall und Greg gesehen. Also weiß ich woher du die Information hast. Was ich mich jetzt allerdings frage, ist: Wie du mir erklären willst, was du bist."
Ich schlucke. „Was?"
„Halte mich nicht für dumm, Louis Tomlinson. Das heißt, wenn das überhaupt dein Name ist", zischt Harry giftig. Er kommt ein paar Schritte näher. Bis ich schließlich an der Wand stehe und keine Möglichkeit zu fliehen habe.
„Ich habe dich geprüft und ich kann mir nicht erklären was ich gefunden habe."
Hatte er meine Akten nachgeguckt? Und dann keine gefunden? Hatte er meiner alten Schule einen Brief geschrieben, in dem er um meine Zeugnisse bat?
„Was gefunden?", stottere ich. Es ist ein Wunder, dass ich noch sprechen kann
„Ich weiß, wenn ich etwas bemerke, dass es wichtig ist, Louis. Und dich habe ich bemerkt. Aber ich kann mir nicht erklären, wie du diese Spuren in dir tragen kannst."
Ich will fragen, welche Spuren er meint, doch Harry versiegelt mir die Lippen. Ich kann nicht sprechen.
Und ich bin mir sicher, dass Harry es ist. Dass er das macht, dass er das kann. Wie auch immer er das macht, aber er tut es.
„Zuerst dachte ich, du wärst so wie ich, aber... das bist du nicht, richtig?"
Ich runzele die Stirn. Ich habe keine Ahnung wie er ist. Wie also soll ich wissen, ob ich so bin?
„Du kommst aus einer anderen Zeit. Und auch wenn ich selbst weiß, dass das unmöglich ist, weiß ich das es stimmt. Ich irre mich nicht." Die Arroganz ist mein kleinstes Problem, denn nun hält Harry meine Schultern zur Wand. Ich kann mich nicht bewegen. Ich bin wie erstarrt.
„Nicht zu fern. Die Zukunft. Du kommst aus der Zukunft. Vielleicht ein paar hundert Jahre von hier", flüstert er. Er leckt sich über die Lippen. „Ich frage mich nur wie du das machst. Und wie du hier sein kannst. Wie du existieren kannst, obwohl du es erst in ein paar hundert Jahren tust."
Meine Hände verkrampfen sich. Ich bin wehrlos, machtlos und ich habe Angst.
So schreckliche Angst.
Denn vielleicht ist das hier nicht die Geschichte wie Harry Styles stirbt, sondern wie ich ermordet werde.
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