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Ich muss hier weg, und zwar schnell. Mein Verstand leitet die Signale nur zögerlich an mein Gehirn weiter und dieses befindet sich gerade im Sparmodus. Daher stehe ich noch immer wie angewurzelt an der gleichen Stelle der Tanzfläche und starre in ein paar funkelnde Augen, die langsam immer näherkommen. Ich frage mich, warum er hier ist. Waren seine Worte wieder gelogen? Ist das alles hier ein schlechter Scherz? Das kann und will ich nicht glauben. So ist Drew nicht. Ich beobachte ihn dabei, wie er sich durch die Masse tanzender Menschen bewegt, einem Ellbogen ausweicht und das sanfte Lächeln in seinem Gesicht immer breiter wird. Warum lächelt er? Ist er nicht mehr sauer? Kurz macht sich Hoffnung breit, dass er seinen Abgang bereut. Doch sogleich hallen seine Worte scharf wie Messerstiche durch meinen Kopf.
'Aber das was uns verbindet, ist nicht gesund Lewis. Wir drehen uns im Kreis.' Es gibt kein Entrinnen. 'Immer wieder.'
Das grelle Licht des Stroboskops huscht über sein Gesicht und lässt die schwarzen Haare glänzen. Mein Herz rast mittlerweile und ich kann mich noch immer nicht bewegen. Drew kommt direkt auf mich zu. Ich wappne mich für einen Ausbruch der Gefühle. Ob seine oder meine, das weiß ich im Moment noch nicht.
"Lewis", schreit eine mir allzu bekannte Stimme in mein Ohr. Ich zucke leicht zusammen. Fuck das hatte ich vergessen. Eine Hand auf meiner Schulter signalisiert mir, dass es Zeit ist mich zu bewegen. Aber ich kann nur auf den Mann starren, der ohne mich eines Blickes zu würdigen an mir vorbei geht. Seine Hand berührt nicht die meine, kein Fingerkribbeln ist zu spüren. Die Gesichtszüge des Mannes sind denen von Drew nicht mal annähernd ähnlich. Das Einzige was beide vereint ist ihre Körpergröße und das Schwarz ihrer Haare. Ich blinzele ein paar Mal um sicher zu sein, dass es nicht Drew ist, der in ein paar Schritten Entfernung in der Umarmung eines anderen Mannes liegt.
Mein Verstand spielt mit mir. Das Gefühl ist seltsam, erschütternd. Genauso wenig wie ich die Erinnerungslücken und den Kontrollverlust über meinen Körper leiden kann, ist das Heraufbeschwören von nichtexistenten Bildern meine Horrorvorstellung. Das jetzt hier, nach dem Streit mit Drew und meinen verwirrten Gefühlen zu erleben, ist überaus verstörend. Drew ist immer da. Dennoch atme ich erleichtert auf und schiebe eine aufgeregt wedelnde Hand aus meinem Sichtfeld.
"Was willst du?", keife ich und blicke in das entsetzte Gesicht meines Freundes.
"Ich habe dich gesucht. Wir wollten uns doch vor dem Passion treffen. Nicht innen", schreit Bennett mir entgegen. Die Musik ist laut und der Bass dröhnt in den Ohren. Die Männer um uns herum bewegen sich einfach weiter, ignorieren unsere Anwesenheit auf der Tanzfläche.
"Ja ja. Ich hatte keine Lust zu warten", winke ich seine indirekte Standpauke ab.
"Wieviel hast du getrunken Lewis?", fragt Bennett skeptisch. Jordan taucht hinter ihm auf und sieht alles andere als begeistert aus. Sie kennen mich. Auch ohne meine alkoholgeschwängerte Stimme wissen sie, dass ich bereits mehr als einen Shot intus habe.
"Da bist du ja", schreit Jordan mir entgegen und ich verdrehe nur die Augen. Warum wollte ich nochmal mit ihnen hier her?
"Ich bin durstig. Lasst uns an die Bar zu Brad Pitt und uns betrinken." Ich warte nicht auf eine Antwort und steuere direkt die Theke an. Keine Ahnung, ob sie mir folgen, das ist gerade nicht meine oberste Priorität.
Es ist noch immer voll, die Männer im Passion feiern ausgelassen und feuchtfröhlich. Der eine oder andere Kerl wird heute Nacht nicht allein nach Hause gehen. Oder auf die Toilette des Clubs. Wieder dränge ich mich an verschwitzten Körpern vorbei. Das aufdringliche After Shave eines älteren Gastes kitzelt in meiner Nase und ich niese verhalten in meine Armbeuge. Ich bin kein Freund von aufdringlichen Gerüchen. Ein Mann der wie ein verschütteter Parfümflacon, nach schweren, würzigen Aromastoffen riecht, landet nicht auf meiner Top Ten Liste. Mehrfach habe ich die Avancen diverser Männer zurückgewiesen, da bereits mit der ersten Wolke ihres Duftes meine Erregung auf den Gefrierpunkt sank. Ganz anders ist es bei Drew. Sein Duft nach Meer und Salz ist dezent und genau richtig dosiert um die Sinne zu stimulieren und mein Herz schneller schlagen zu lassen. Ich liebe seinen Duft und seit unserer Nacht auf der Hochzeit seiner Schwester, habe ich dafür gesorgt, dass immer ausreichend von diesem wundervoll duftenden Duschgel im Hause ist.
Unerwartet heftig trifft mich die Sehnsucht nach Drew und seinen starken Armen, die mich halten. Ich schwanke und kurz darauf wird mir schwarz vor Augen. Der Tresen direkt vor mir ist meine Rettung und ich kralle mich in das raue Holz. Mehrfach atme ich tief ein und aus. Eine warme Hand legt sich auf meine und instinktiv verschränke ich unsere Finger miteinander. Der Daumen streichelt über meine Haut und ich seufze wohlig. Drew weiß immer, wie er mich beruhigen kann und selten habe ich zugelassen, dass jemand diese verletzliche Seite an mir sieht.
"Brauchst du was?", fragt mich eine unbekannte Stimme und ich reiße erschrocken die Augen auf. Das kann doch nicht wahr sein? Nicht Drews Hand ist es die mich beruhigt. Es ist die Hand des attraktiven Barkeepers. Sanft lächelt er mich an und ich schlucke trocken, als mein Blick seine vollen Lippen fokussiert. Und wieder war es Drew den mein Verstand projizierte.
"Drei Shots wären gut", beantworte ich seine Frage und er sieht mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. Diese Geste steht ihm so gar nicht. Mein Ehemann dagegen, hat sie perfektioniert. Und es macht mich jedes Mal verrückt.
"Drei?", fragt er skeptisch und ich deute hinter mir und hoffe, dass Bennett und Jordan dort stehen. Nicht, dass er mich noch für verrückt oder gar betrunken hält. Denn ich bin definitiv beides nicht. Obwohl ich stark davon ausgehe, dass Letzteres sich demnächst ändern wird. Mir ist jetzt schon unsagbar heiß und meine Aussprache ist nicht mehr ganz so deutlich wie beim Betreten des Passion.
"Alles klar. Ich habe in dreißig Minuten Feierabend. Sehen wir uns?", fragt er mich hoffnungsvoll und kurzerhand nicke ich.
"Auf jeden Fall. Du findest mich in der Lounge", antworte ich und entlasse seine Hand aus meiner. Wenig später steht ein Tablett mit sechs Shotgläsern und drei Margaritas vor mir. Dankend nehme ich diese angenehme Überraschung entgegen und zwinkere meiner neuen Bekanntschaft zu. Das läuft doch prima. Alkohol zum Betäuben und ein Kerl zum Ablenken. Als ich mich umdrehe stehen Jordan und Bennett mit vor der Brust verschränkten Armen vor mir. Beide bedenken mich mit wütenden Blicken und ich kann gerade so verhindern, dass sich meine Augen wieder verdrehen. In ihren engen schwarzen Klamotten sehen sie aus wie die genervten Türsteher vor dem Club.
"Ich habe uns was zu Trinken besorgt. Lasst uns eine ruhigere Ecke suchen", sage ich und steuere die Lounge im hinteren Teil des Clubs an. Geschickt manövriere ich das Tablett mit den heiligen Getränken durch die Menge und könnte sogleich vor Glück und Freude laut jubelnd im Kreis springen. Eine vor fremden Blicken geschützte Nische mit einer großen gemütlichen schwarzen Ledercouch, gedämpften Licht und einem kleinen Glastisch in der Mitte, ist soeben frei geworden. Dazu ein Tablett voller köstlicher sinnesbetäubender Getränke. Was könnte es Schöneres geben? Schnell nehme ich auf der großen gemütlichen Couch Platz und stelle jedem von uns ein Glas Margarita vor die Nase. Bennett und Jordan schauen sich skeptisch an und in mir regt sich das Gefühl, dass der Abend hier anders verlaufen wird, als ich es mir wünsche. Trotz ihrer Skepsis überwiegt die Neugier und beide nehmen neben mir Platz. Bennett kuschelt sich an Jordan und dieser zieht ihn sogleich beschützend in seine Arme. Ich glaube, ich habe die beiden bei etwas wichtigem gestört als ich Bennett anrief.
"Was ist passiert Lewis? Und wo ist Drew?", fragt Jordan und Bennett nippt etwas angespannt an seinem Getränk.
"Nicht hier", sage ich und stürze den ersten Shot in einem Zug herunter. Der Alkohol brennt wie Feuer in meiner Kehle und ich beschließe, Feuer mit Feuer zu bekämpfen. Also greife ich nach einem weiteren Glas und knurre frustriert. Jordans Hand liegt mit festem Griff um mein Handgelenk. Zornig blicke ich in seine braunen Augen. Er zuckt nicht einmal mit der Wimper, lockert allerdings seinen Griff. Wieder läuft der Wodka brennend heiß meine Kehle herunter und ich schüttele mich kurz um die aufkommende Gänsehaut zu vertreiben.
"Drew hat meinen Vater angerufen", presse ich hervor und höre, wie Bennett scharf die Luft einzieht.
"Leroy?", fragt er und ich verdrehe genervt die Augen.
"Na Terence jedenfalls nicht", antworte ich biestig.
"Lewis", Jordan ist wütend. Ich höre es an seiner Stimme.
"Lass das. Wir sind immer für dich da. Egal wie scheiße gerade alles ist. Aber rede nicht so mit uns. Dafür kennen wir uns zu lange und zu gut." Er ist sauer. Zu Recht. Es ist nicht ihre Schuld, dass mein Leben droht den Bach runterzugehen und ich mich fühle, als hätte ich die Kontrolle über alles verloren. Und dieses Gefühl ist einfach nur scheiße und ich will das nicht.
"Er wusste, dass ich keinen Kontakt zu meinem Vater möchte. Weil dieses Arschloch mir egal ist. Und doch hat er es getan. Drew hat mein Vertrauen missbraucht. Leroy stand heute Abend überraschend in meinem Wohnzimmer. Drew hat einen Brief gefunden..."
"Wo?", unterbricht mich Jordan.
"Willst du es jetzt hören oder nicht?", frage ich genervt und auch eine Spur zu laut. Jordan schweigt und nickt nur leicht mit dem Kopf. Er ist noch immer sauer. Seine Kiefermuskulatur arbeitet kräftig. Ich kann das Knirschen dieser perfekten weißen Zähne förmlich hören. Aus dunklen Augen sieht er mich an und ich wappne mich für einen baldigen Ausbruch seiner Emotionen.
"Drew hat die Schreibtischschublade repariert. Und dabei einen Brief gefunden. Leroy schrieb ihn meiner Mum kurz nachdem er verschwand. Anscheinend hinterließ er auch eine Telefonnummer und Drew hatte nichts Besseres zu tun, als ihn prompt anzurufen. Was hat er sich dabei gedacht? Ich verstehe es nicht und dann erzählt er mir so nebenbei, dass er sich an alles erinnert", beende ich meine Erzählung. Wut und Enttäuschung sind mit jedem Wort deutlich zu hören. Ich blicke auf die gläserne Tischplatte. Meine Augen fokussieren den roten Überrest eines zuckersüßen Cocktails. Der kreisrunde Abdruck hat die gleiche Farbe wie das Shirt, welches Drew bei dem Barbecue meines Redakteurs trug. Ich seufze und will gerade aufstehen um die aufblitzenden Gedanken und Sehnsüchte an Drew zu vertreiben. Doch meine zwei besten Freunde sind anderer Meinung und für sie ist dieses Gespräch noch lange nicht beendet. Die Fragezeichen über ihren Köpfen werden immer größer. So leicht machen es mir meine beiden besten Freunde nicht.
"Woran erinnert er sich?", fragt Jordan und an dem Ausdruck in seinem Gesicht kann ich erkennen, dass er sich denken kann, was jetzt kommt. Erkenntnis paart sich mit Wut und Enttäuschung. Wir kennen uns so lange. Immer war Jordan für mich da und immer hat er mir sein uneingeschränktes Vertrauen geschenkt. Deutlich kann ich es in seinem Gesicht, welches ich seit achtundzwanzig Jahren kenne, sehen
"Vegas", sagen Bennett und ich fast gleichzeitig. Er lächelt mich liebevoll an und ein Funken Reue regt sich. Es ist nicht fair sie so anzugehen.
"Drew erinnert sich daran was passiert ist. Wie wir uns kennengelernt haben, an den Blowjob und meinen Antrag. Natürlich auch an die Hochzeit und sehr wahrscheinlich auch an unseren Sex in dieser Nacht. Nur ich erinnere mich nicht und er hat keinen Ton gesagt. Dabei habe ich ihn so oft gefragt, ob er sich an etwas erinnert. Sei es noch so klein. Aber er sah mir in die Augen und hat mich eiskalt angelogen." Schweigen, nur die Musik im Club ist zu hören und ich leere einen weiteren Shot. Dass dieser eigentlich für Bennett oder Jordan gedacht war, erwähnt niemand. Es ist besser so.
"Ich habe gedacht mich trifft der Schlag als ich Leroy dastehen sah. Drew und ich waren gerade erst aufgestanden. Wir hatten Sex, nachdem wir miteinander sprachen und ich ihm versicherte, dass ich ihm vertraue und eine Zukunft möchte. Mit ihm. Drew..." Der nächste Shot landet in meinem Magen. Das brennend heiße Feuer ist nur noch eine züngelnde Flamme. Eine wohlige Wärme breitet sich aus und wie Watte legt sich eine schützende Decke über meinen Verstand. Ich lache und weiß eigentlich gar nicht warum.
"Dumm. Ich war dumm. So dumm und Drew hat mich zutiefst enttäuscht. Wahrscheinlich war alles andere auch gelogen. Seine ganzen lieben Worte und fürsorglichen Gesten der letzten Monate."
"Lewis. Was ist noch zwischen euch passiert? Ist das der Grund, warum Drew nicht hier ist? Warum betrinkst du dich sinnlos?", fragt Bennett sanft. Jordan sieht mich eindringlich an. Auch er stellt sich diese Fragen.
"Drew hat mich verlassen. Er hat mich belogen und ich habe ihn angeschrien. Ich will das nur vergessen... Nur für eine Nacht", sage ich leise. Ich vergrabe mein Gesicht in meinen Händen und unterdrücke die aufsteigenden Tränen. Es tut so weh. Nicht nur die Enttäuschung, auch die Sehnsucht nach Drew. Aber ich kann das nicht einfach vergessen. Zu präsent ist das Ganze und wenn ich mein Herz jetzt nicht schütze, werde ich daran zerbrechen. Mein Herz wird zerbrechen und ich bin mir nicht im Klaren darüber, ob ich stark genug bin das durchzustehen. Vermutlich nicht. Ich habe auch kein Bedürfnis es herauszufinden.
"Hier bist du", ertönt plötzlich die Stimme des jungen Barkeepers. Fuck ihn hatte ich ganz vergessen. Schnell presse ich meine Fingerknöchel auf die Augen und drücke die Tränen an ihren ursprünglichen Platz zurück. Als ich meinen Kopf in seine Richtung drehe, höre ich Jordan und Bennett leise miteinander reden. Ich ignoriere die Tatsache, dass sich ihr Gespräch um mich und Drew dreht. Ihre Stimmen sind leise, nur geflüsterte Worte und ich weiß, dass sie über das eben Gehörte reden.
"Ja. Hi. Ich bin hier. Das sagte ich doch. Setz dich", antworte ich mit einem aufgesetzten Lächeln und reiche ihm eines der verbliebenen Shotgläser.
"Wie heißt du?", fragt er geradeheraus und kurz überlege ich zu lügen. Aber ich entscheide mich dagegen. Meine beiden besten Freunde würde mich schonungslos verraten. Diese Schmach möchte ich mir gerne ersparen.
"Lewis. Ich heiße Lewis", antworte ich und stoße mein Glas gegen das seine.
"Max", stellt er sich vor. Der Name passt nicht zu ihm. Aber das ist egal. Namen sind Schall und Rauch und am nächsten Morgen nicht mehr wichtig. Mit leicht zittrigen Fingern führe ich das Glas an meine Lippen und schmecke sogleich das Aroma des Wodkas. Die Kälte ist verschwunden. Der Alkohol hat bereits wieder Zimmertemperatur angenommen und kann sich somit rasant ausbreiten. Es wird nicht lange dauern, bis die berauschende Wirkung einsetzt und mich sicher ans Ziel des Vergessens bringt. Max Lippen glänzen vom Wodka und lasziv nimmt er die Überreste mit der Spitze seiner Zunge auf. Sein Blick in meine Augen ist tief und ich erinnere mich zurück an eine Zeit, in der es mir egal war, welche optischen Merkmale mein Sexpartner hatte. Es ist lange her und gehört nicht zu den Glanzstunden meines Lebens. Seufzend versuche ich die Bilder in meinem Kopf zu vertreiben. Nicht jetzt. Nicht hier. Der angebliche Max beugt sich vor und seine Lippen berühren hauchzart mein Ohr. Ich spüre seinen warmen Atem und höre Jordan, der mich ruft. Ich blende alles um mich herum aus und konzentriere mich nur auf die Stimme von Max.
"Lass uns verschwinden." Seine Hand legt sich auf meinen Oberschenkel und schiebt sich langsam höher. Die Fingerspitzen berühren die Innenseiten meiner Schenkel und ich stöhne leise. Der Alkohol in meinen Adern leistet ganze Arbeit. Meine Hemmschwelle sinkt immer mehr und es ist mir egal, dass Jordan sowie auch Bennett mir dabei zusehen, wie der hübsche Barkeeper mich umgarnt.
"Zu dir oder zu mir?", stelle ich die klischeebeladenste Frage, die es bei einem One-Night-Stand gibt. Ob ich das Drew auch gefragt habe?
"Zu dir. Meine Wohnung ist tabu", antwortet er und ich frage mich, ob er einen Partner hat. Und wenn ja, weiß er hiervon? Weiß er, dass sein Lebensgefährte fremde Kerle an seinem Arbeitsplatz anspricht und dann auf ein schnelles Abenteuer mit ihnen verschwindet? Ich denke nicht. Das ist nichts was man seinem Partner einfach so am Frühstückstisch erzählt. Eigentlich müsste ich mich deswegen schlecht fühlen. Seine Hand liegt noch immer auf meinem Bein und seine Lippen mittlerweile auf meinem Hals. Saugend erforscht er meine Haut. Kein wohliger Schauer durchfährt meinen Körper, kein Kribbeln in den Fingerspitzen oder der Drang, meine Hände tief in seine blonde Haarpracht zu vergraben.
"Hm du schmeckst gut. Ob dein Sperma genauso gut schmeckt, wenn du in meinem Mund kommst?", raunt er. Meine Erregung steigert sich langsam. Ganz anders, wie bei Drew, wo ein Fingerschnipsen genügt und ich wimmernd unter ihm liege und mein Verstand im Flieger nach Hawaii sitzt.
"Finden wir es heraus", antworte ich.
"Aber erst lass uns reden. Erzähl mir etwas über dich." Fragend sieht er mich an. Das wird er nicht oft zu hören bekommen und auch ich bin eher nicht der Typ Mann, der erst einen Fragebogen ausfüllen lässt und dann hemmungslosen Sex hat.
"Was willst du wissen?", fragt er lachend. "Ich habe keine Ahnung was ich dir erzählen soll. Wir wollen ficken. Da müssen wir nicht groß reden", sagt er. Jordan räuspert sich lautstark. Max lässt sich nach wie vor nicht davon beirren. Stattdessen setzt er die Erforschung meines Körpers fort.
"Lass uns endlich gehen. Dein nervöser Freund zerstört die Stimmung", sagt er und auch ohne mich umzudrehen weiß ich, dass er von Bennett spricht. Ich sehe es praktisch vor mir, wie er nervös auf dem schwarzen Polster der Couch herumrutscht und Jordan alle Mühe hat, seinen Mann davon abzuhalten sich auf Max zu stürzen.
Gierig stürzt sich Max auf meinen Hals und seine Finger schieben sich unter mein Shirt. Forsch gleiten sie über meine erhitzte Haut und suchen sich einen Weg über meinen Bauch hoch zu den Brustwarzen. Und auch wenn seine Lippen und die neckenden Fingerspitzen nicht das gleiche Gefühl wie Drews Liebkosungen auslösen, sind sie eine willkommene Ablenkung.
"Ich habe genug gesehen. Nimm deine schmierigen Finger von ihm", schreit Bennett und als ich meine Augen öffne sehe ich, wie er den Barkeeper am Kragen seines Hemdes packt und von mir wegzieht.
"Bennett. Was machst du denn da?", frage ich empört.
"Ich?", schreit er. "Du fragst mich was ich hier mache? Das sollte ich wohl besser dich fragen..."
"Schatz, beruhige dich", höre ich Jordan sagen. Er streicht ihm beschwichtigend über den Arm. Bennett steht mit zu Fäusten geballten Händen und hochrotem Kopf vor mir. Seine sonst so strahlenden blauen Augen funkeln mich wütend an.
"Was willst du Bennett? Ich habe ein bisschen Spaß. Was ist so schlimm daran?"
"Was so schlimm daran ist? Du bist verheiratet", entgegnet er empört. Max sieht mich verwirrt an und Jordan ist mindestens genauso wütend auf mich wie Bennett. Was ist ihr Problem? Drew und ich sind anscheinend nicht mehr zusammen. Dann ist es doch egal mit wem ich mich vergnüge.
"Eine in Vegas geschlossene Ehe. An die ich mich nicht erinnere, weil ich betrunken war. Wer weiß, vielleicht hat Drew mich da auch belogen und wir sind gar nicht verheiratet", sage ich und Bennett schnappt fassungslos nach Atem.
"Spinnst du? Sowas würde Drew nie tun. Er liebt dich. Mach die Augen auf Lewis. Dieser Mann ist das Beste was dir passieren kann", schreit er mir aufgeregt entgegen.
"Ja es war nicht richtig was er getan hat. Gerade mit deiner Vergangenheit. Aber er hat das sicher nicht gemacht um dich vorzuführen. Drew wollte dir helfen, mit deiner Vergangenheit abzuschließen. So sehe ich das."
"Wenn ich ihm so wichtig bin, warum hat er dann nicht mit mir geredet?", schmettere ich meinem besten Freund entgegen. Bennett ist so wahnsinnig wütend auf mich und seine Augen glitzern bereits verräterisch. Er ist ein sehr emotionaler Mensch und nah am Wasser gebaut. Dass ihn diese Geschichte so sehr bewegt, damit habe ich nicht gerechnet.
"Und du..." zornig bohrt er seinen Zeigefinger in die Brust von Max und ich springe hastig auf. Die ganze Situation droht zu eskalieren und Jordan macht sich bereit, Bennett von Schlimmerem abzuhalten.
"Findest du es toll einen verheirateten Mann zu ficken?" Max lacht über Bennetts Worte.
"Ich wusste ja gar nicht, dass er verheiratet ist. Aber egal. Wenn er sich von einem Fremden ficken lässt, kann sein Mann nicht so gut sein."
"Das seh ich anders", antwortet Bennett. Beide wissen, dass Drew und ich viel und vor allem sehr guten Sex in den vergangenen Monaten hatten. Seine Aufmerksamkeit richtet sich wieder auf mich.
"Lewis, du bist unser Freund. Und ich verstehe deinen Schmerz. Jordan ebenso. Und es tut uns leid, dass das passiert ist. Aber du siehst den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. Du kannst nicht mehr klar denken und gibst Drew für alles die Schuld. Aber dazu gehören immer zwei."
"Kommst du jetzt? Oder streitest du lieber mit dem Schönling?", fragt Max.
"Pass auf was du sagst." Jordan ist am Ende seiner Geduld. Er schiebt Bennett beschützend hinter sich und funkelt Max wütend an.
"Am besten wäre, wenn du dich verziehst. Wir haben hier was zu klären", sagt Jordan und Max schnaubt.
"Das ist mir zu blöd. Dein Mann muss ein schöner Schwächling sein, wenn er zulässt, dass du dich von fremden Männern in Clubs ficken lässt. Oder bekommt er keinen mehr hoch?", fragt er lachend und hält sich dabei den Bauch. Er findet das Ganze anscheinend sehr lustig. Ich nicht. Drew ist ein hervorragender Liebhaber und nie war ich sexuell so befriedigt wie bei ihm.
"Schnauze", donnert Jordan. Erschrocken zucken Bennett und ich zusammen. Nur Max rührt sich nicht und schaut mich abwartend an.
"Wenn du jetzt gehst, wird Drew dir das nie verzeihen. Und wir auch nicht. Wir sind für dich da. Wenn du uns lässt. Aber wir werden nicht tatenlos dabei zusehen, wie du dein Leben wegwirfst."
Ich bin nicht mehr Herr meiner Sinne. Der Wodka hat sich bereits in seine Bestandteile aufgelöst. Der Nebel in meinem Kopf zieht sich immer weiter zusammen, mir ist heiß und auch leicht übel. Das plötzliche Aufstehen hat bewirkt, dass sich alles in meinem Kopf dreht. Die drei Männer vor mir verschwimmen zu einer Einheit und ich schwanke leicht. Es fühlt sich seltsam an und das Karussell in meinem Kopf dreht unaufhörlich seine Runden. Die letzten Minuten ziehen an mir vorbei und die Worte meines besten Freundes brennen sich schmerzlich ein. Er hat Recht und ich bin so ein Idiot. Ich lasse zu, dass der einzige Mensch, der mich trotz des Chaos und meinem kindischen Verhalten bedingungslos liebt, sich von mir abwendet. Und wenn ich ehrlich zu mir selbst bin, ist es genau dieser Moment, vor dem ich mich schon immer gefürchtet habe.
"Mein Mann ist durchaus in der Lage mich zu befriedigen. Und wie er das kann. Was bildest du dir ein so über ihn zu reden? Du kennst ihn gar nicht. Geschweige denn mich. Du weißt nicht was mich hierhergetrieben hat. Und es geht dich auch nichts an. Aber eines sag ich dir. Jede Nacht rammt mein Mann seinen harten Schwanz in mich und bringt mich somit schreiend zum Orgasmus. Du hast keine Ahnung", schmettere ich Max entgegen und er verlässt kopfschüttelnd die Lounge.
"Ja verschwinde nur. Du könntest Drew nie das Wasser reichen. Niemand kann das", schreie ich ihm hinterher. Niemand. Drew ist mein Ehemann. Ich liebe ihn. Drew hat mich verlassen. Ich bin allein. Diese Erkenntnis trifft mich hart und ungefiltert. Erschöpft sacke ich auf dem Boden zusammen. Wieder überfällt mich diese Leere. Mein Herz tut so unsagbar weh. Ich wünschte, Drew wäre hier und würde mich halten.
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