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Noch nie, in meinem ganzen Leben, bin ich so schnell aus dem Bett gesprungen. Hektisch reiße ich Drew den Zettel aus seinen Händen und starre ungläubig auf das Papier. Wieder und wieder lese ich die Worte. Mal still im Kopf. Dann wieder laut. Aber es ändert nichts, egal wie lange ich das Papier anstarre.
"Heiratsurkunde", lese ich laut vor und sehe aus dem Augenwinkel Drew nicken.
"Andrew Chester Hurst." Wieder ein Nicken.
"Das bist dann wohl du", sage ich und seufze. Da steht mein Name. Ich kann es nicht leugnen. Mein fucking Name auf einem Stück Papier. Aber nicht der gleiche, den ich noch vor vierundzwanzig Stunden hatte. "Lewis Hurst." Wieder einmal bin ich über mich selbst überrascht. Hurst, nicht Sutton. "Du hast meinen Namen angenommen", sagt Drew und ich schaue ihn genervt an.
"Ach wirklich? Ist mir gar nicht aufgefallen", antworte ich sarkastisch.
"Hierrüber ist das letzte Wort noch nicht gesprochen." Entnervt stürme ich ins Bad, die Tür fällt geräuschvoll ins Schloss und ich stütze mich mit den Händen am Rand des Waschbeckens ab. Ein Blick in den Spiegel zeigt mir, dass unsere Hochzeitsnacht mehr als stürmisch gewesen sein muss. Meine Haare sind komplett zerstört, sie stehen wild nach allen Seiten ab. Mein Hals ist übersät mit dunklen Flecken und am Schlüsselbein ist eine leichte Bissspur zu erkennen.
Alles grübeln bringt mich nicht weiter. Meine Erinnerungen sind zu schwammig um ein Ganzes zu ergeben. Vielleicht hilft es, wenn wir uns alle zusammensetzen und gemeinsam in unseren Erinnerungen graben. Die Ungewissheit macht mich krank und verstärkt meine Kopfschmerzen. Hoffentlich denkt dieser Cody an die Schmerzmittel.
Die Dusche ist herrlich erfrischend und das warme Wasser eine Wohltat für meine müden Knochen. Der restliche Alkohol entschwindet meinem Körper, auch der Geruch nach Zigaretten und Rum. Eine weitere Tatsache über die ich mich wundere. Rum. Ich trinke nie Rum. Mein favorisiertes Getränk ist Wodka. Eisgekühlt und am liebsten mit meinen Freunden.
Lautes Gelächter dringt gedämpft durch die Tür des Badezimmers. Ich höre Drews Stimme, ein tiefer Bass. Eine weitere, heller und leicht panisch. Gemurmel und wieder das Lachen. Drew der plötzlich im Badezimmer steht und mich aus geweiteten Augen ansieht. Panisch reiße ich den Bademantel vom Haken und ziehe ihn an. Nicht das Drew bereits alles von mir gesehen hätte, aber ich fühle mich doch etwas unwohl bei dem Gedanken daran.
"Was ist?", frage ich irritiert. Drew steht im Türrahmen und versucht anscheinend nicht die Fassung zu verlieren. Wieder streicht er sich durch seine tiefschwarzen Haare und wieder beginnt es prompt in meinen Fingerspitzen zu kribbeln. Was ist bloß los mit mir?
"Drew?" Mit den Fingern vor seinem Gesicht schnipsend sieht er mich an. Sein Mund ist leicht geöffnet und der Ausdruck seiner Augen versprüht einen Hauch Panik.
"Mein Bruder sagt, die Ehe ist gültig." Jetzt bin ich derjenige, der ihn panisch anstarrt.
"Wo ist dein Bruder?", sage ich und dränge mich an Drew vorbei. Im Wohnbereich bleibe ich abrupt stehen und habe ein Dèjà-vu.
Vor mir steht ein großer blonder Kerl mit den gleichen blauen Augen wie Drew. Auf seinem Gesicht liegt ein breites Grinsen und ich höre, wie er dieselben Worte wie letzte Nacht benutzt.
"Willkommen in der Familie." Ich rolle mit den Augen und lasse mich auf das Sofa fallen. Das alles hier ist ein Albtraum und ich frage mich, wann ich endlich aufwache.
"Wir haben euch etwas zum Anziehen mitgebracht. Zwei Zahnbürsten, Zahnpasta, Shampoo."
Er wackelt mit den Augenbrauen, Drew lässt sich schwerfällig neben mich auf das Sofa fallen.
"Und Kondome natürlich", sagt Cody und kichert dabei wie ein kleines Mädchen. Drew wirft eines der kleinen Kissen nach ihm. Cody lacht und ich höre ein zaghaftes Räuspern. Da war noch jemand. Ein anderer Kerl, etwas kleiner mit braunen lockigen Haaren und einer schmalen Brille, die ihm ständig von der Nase rutscht.
"Leute, könnt ihr euch mal konzentrieren? Isabel bringt mich um, wenn sie hiervon erfährt", sagt er mit kratziger Stimme.
"Isabel weiß gar nicht, dass wir hier sind." Wieder ein Kissen, diesmal trifft Drew den rechten Arm des blonden Schönlings.
"Und wem haben wir das zu verdanken? Cole Hurst. Super. Vielen Dank auch." Jetzt fällt es mir wieder ein. Cole ist sein Name. Nicht Cody. Und der Brünette heißt nicht Jake. Aber J ist schon nicht so verkehrt.
"Wie heißt du?", frag ich den noch namenlosen Kerl und er zuckt leicht zusammen. Mach ich ihm etwa Angst?
"Joshua Harrell."
"Hallo Joshua. Ich bin Lewis. Und du bist Cole? Woran erinnert ihr euch?" Ich bin das Rätselraten leid und möchte endlich Antworten haben.
"Ähm... wir waren in einer Bar. Da hatten wir ordentlich was getrunken. Ich ging auf die Toilette. Und als ich wieder zurückkam, hing Drew an deinen Lippen. Wortwörtlich", fasst Cole seine spärlichen Erinnerungen zusammen. Der Geschmack von Rum huscht über meine Zunge.
"Daran erinnere ich mich nicht. Aber an einen Blowjob auf dem Herrenklo. Daran erinnere ich mich", sagt Drew neutral.
Spätestens jetzt bin ich mir sicher, dass ist ein Traum. Das kann nicht wahr sein.
"Du oder ich?" Bevor er etwas sagen kann, hebe ich meine Hand und stoppe ihn. "Warte. Ich will es doch nicht wissen."
"Was weißt du noch?", fragt Drew stattdessen.
"Was weiß ich noch? Mal überlegen. Blaue Augen. Schwarze Haare. Elvis." Alle drei Männer starren mich ungläubig an.
"Wieso Elvis?", fragt Drew panisch und fährt sich wieder mit den Händen durch die Haare. Dieses kribbeln in meinen Fingerspitzen macht mich verrückt.
"Oh bei Elvis kann ich helfen", ruft Joshua plötzlich und springt auf. Er legt sein Telefon auf den Tisch und startet ein Video. Gebannt schauen wir auf den Bildschirm und mit jeder Sekunde, die vergeht wird mir kälter. Das Video zeigt Drew und mich vor dem Altar. Wir halten uns an den Händen. Cole steht neben Drew und übergibt ihm einen Ring. Diesen streift er über meinen Finger und Joshua kommentiert alles was er sieht. Durch sein Lallen ist er schwer zu verstehen. Dafür hört man Elvis aber umso lauter der verkündet, dass wir nun rechtmäßig verheiratet sind.
Der darauffolgende Kuss ist innig und lang und mir wird plötzlich heiß. Sehr heiß. Denn Drew und ich geben eine prima Show ab. Meine Hände liegen in seinen Haaren und jetzt weiß ich auch, warum meine Fingerspitzen immer so kribbeln. Den Geräuschen nach zu urteilen, liebt er das was ich mit seinen Haaren veranstalte.
Das Video endet und zu viert starren wir noch eine Weile auf den Bildschirm.
"Ihr saht echt verliebt aus", höre ich Cole leise sagen. Drew brummt und mir ist übel. Wir sahen nicht nur verliebt aus, sondern auch hackedicht.
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