Kapitel 9: Keine andere Wahl
》Though I get tired and hurt sometimes
It’s alright, because I’m next to you
You and I, if we’re together
We can smile《
Yoongi
Bedrückt lehnte Yoongi an dem kleinen Wandstück neben einem der vielen Fenstern. In dem stillen Flur gingen einige Mitschüler an ihm vorbei und betrachteten ihn verunsichert, doch beachtete Yoongi sie nicht. Seine Aufmerksamkeit galt ganz allein Soohee, die unten auf dem Schulhof auf ihn wartete und mit einigen Mädchen aus ihrer Klasse lebhaft redete. Mianhae… Für einen Moment schloss er seine Augen und lehnte seine Stirn an die kühle Fensterscheibe, nur um seine Augen wieder zu öffnen und erneut zu dem munteren Mädchen zu schauen. Noch immer hingen ihm die gestrigen Worte der Mädchen aus der Cafeteria quer im Magen, so quer, dass ihm bei Soohees Anblick beinahe übel wurde. Doch lag dies einzig und allein an den Schuldgefühlen, die ihn seit dem Vorfall wieder plagten. In der kurzen Zeit hatte sie ihn alles vergessen lassen und ihm gezeigt, dass es auch noch Menschen auf der Welt gab, die anderen Leuten nicht mit Vorurteilen entgegen traten. Auch wenn Yoongi mehr Zeit mit ihr verbringen wollte, wusste er allerdings, dass er sie in Gefahr bringen würde, wenn er sich nicht von ihr lösen würde. Er wollte nicht noch einmal riskieren, dass eine Person wegen ihm ihr Lachen verlor.
Seufzend stieß er sich vom Fenster ab, als er sah, dass sich Soohee endlich ohne ihn auf den Weg nach Hause machte. Es ist besser so. Du weißt, dass es besser so ist. Und dennoch fragte er sich, ob es richtig war, dass er ihr so aus dem Weg ging. Es wird wie früher sein. Du hast es schon immer alleine ausgehalten, es wird kein Problem sein, wieder auf sich gestellt zu sein.
“Huh? Gehen du und Soohee nicht sonst immer zusammen nach Hause?” Mit einem Mal erstarrte der Blonde, als er Soohees Freundin auf den Treppen unter ihm erblickte und diese vollkommen perplex zum Jungen hinauf sah.
“Ab jetzt nicht mehr”, krächzte Yoongi und stieg die Treppen hinunter und an Yuna vorbei, hörte allerdings schon gleich, wie Yuna ihm folgte.
“Warte!” Auch wenn Yuna ihm dies mehrmals zu rief, dachte er nicht einmal daran, stehen zu bleiben, wurde dann allerdings dazu gezwungen, als Yuna ihn am Arm packte.
“Was ist passiert? Du bist total seltsam, seitdem du mit uns gegessen hast.” Der besorgte Blick in ihren Augen überrollte Yoongi förmlich wie ein riesiger Felsbrocken. Erst vor kurzem war sie noch gegen mich gewesen und nun sorgt sie sich?
“Hast du die Mädchen gehört?” Sofort wandte Yuna ihren Blick von dem Jungen ab und ließ ihn los. Sie hat sie gehört.
“Dann weißt du ja Bescheid.” Doch noch bevor Yoongi weiter gehen konnte, entkam Yuna erneut eine Frage, die sie ihn schon damals hätte fragen sollen. Und dass sie ihn dies nicht von Anfang an gefragt hatte, bereute sie noch immer.
“Sind die Gerüchte wahr?”
Erneut wandte sich der Blonde Yuna zu, die ihn abwartend betrachtete, in Yoongi jedoch das Unbehagen anstieg, als er daran dachte. Was sollte er ihr schon sagen, wenn er all die Dinge versuchte zu verdrängen?
“Teilweise.”
“Auch...der Unfall?”
“Von allen wünschte ich, das dieser nicht wahr wäre”, antwortete Yoongi bedrückt und wandte seinen Blick von dem Mädchen ab, die ihren Blick ebenfalls bedrückt abwandte.
“Verstehe…” Schweigend ging Yuna auf Yoongi zu und würdigte ihn keines Blickes, als sie neben ihm inne hielt.
“Wenn du ihr aus diesem Grund aus dem Weg gehst, wird sie das viel mehr treffen und das komplette Gegenteil wird in Kraft treten. Soohee ist was das angeht anders als die anderen und wird dir deshalb nicht aus dem Weg gehen. Stattdessen wird sie dich damit konfrontieren bis sie einen Grund für sich selbst sieht, dir aus dem Weg zu gehen. Und ich denke nicht, dass sie deinen Grund akzeptieren wird.” Verbittert schnaubte Yoongi.
“Wieso bist du plötzlich so nett? Dein Mitleid brauche ich nicht.” Urplötzlich packte Yuna ihm am Kragen und blickte Yoongi wütend in die Augen, während dieser sie bloß überrascht betrachtete. Sofort ließ Yuna ihn los. Ihre alte Persönlichkeit zeigte sich ausschließlich in solchen Momenten.
“Vielleicht liegt es daran, dass Soohee dich zu mögen scheint oder es liegt daran, dass du mich manchmal an mich selbst erinnerst. Also erzähl mir nichts von Mitleid”, fauchte das erzürnte Mädchen und wandte ihren Blick von Yoongi’s weit aufgerissenen Augen ab. Es lag nicht an Angst, sondern daran, dass er den Kampf in ihren Augen sah, den sie in sich austrug. Doch welcher Kampf dies war, wusste er nicht.
Schweigend sah Yoongi der Kleineren hinterher, die ihn wirklich sprachlos gemacht hatte und fuhr sich aufgebracht durch sein blondes und mittlerweile wieder viel zu langes Haar. Yuna wirkte nicht wie ein Mädchen, das sich prügelte doch nach dieser Aktion war er sich sicher, dass auch sie einiges mitgemacht hatte. Etwas, was sie noch immer wütend machte. Doch so sehr er sich fragte, was das wohl war, was ein ruhiges Mädchen wie Yuna so ihre Fassung verlieren ließ, entschied er sich gegen das weitere darüber nachdenken. Ich habe immerhin meine eigenen Probleme.
Seufzend verließ der Junge das Schulgebäude und machte sich wie jeden Tag wieder auf den Weg zur Fabrik, wurde jedoch auf halbem Wege von Hoseok und Namjoon aufgehalten, als diese Yoongi schwer atmend packten und hinter sich herzogen.
“Yah was ist los?!”, fragte der Blonde seine beiden Freunde, als sie endlich zum stehen gekommen waren und sie wieder einigermaßen regelmäßig atmeten.
“Die Bullen. Sie waren wieder da", antwortete Namjoon als erster und streckte sich einmal kurz.
“Haben sie jemanden erwischt?!”
“Nein. Wir waren die einzigen, die schon da waren und haben den anderen sofort Bescheid gegeben", antwortete dieses Mal Hoseok, der sich auf die nächstgelegene Bank niedergelassen hatte und sich durch sein vom Schweiß befeuchtetes Haar fuhr. Erleichtert ließ sich Yoongi neben seinen Freund fallen. Jeder von ihnen wusste, dass es illegal war, dass sie sich immer in dieser Fabrik aufhielten. Doch nahmen sie dieses Risiko gerne in Kauf, wenn sie einen Ort hatten, an dem sie sich zurück ziehen konnten. Augenblicklich zog sich in Yoongi alles zusammen, als der Hauch der Erleichterung verschwand und er zu verstehen begann, was die Patrouille der Polizei für ihn und seine Freunde bedeutete. Sie mussten zu Hause mehr Zeit verbringen, als ihnen lieb war. Die Übelkeit stieg in Yoongi auf und an seinem plötzlich kränklich erscheinenden Erscheinungsbild begriffen auch die anderen beiden Jungen, was die Folge war.
“Sollen wir vielleicht erstmal zu Halmoni gehen und uns ein paar Nudeln holen?”, fragte Namjoon seine Freunde schnell, als nun auch Hoseok begann abzubauen. Gerade noch rechtzeitig hatte Namjoon ihn allerdings ablenken können.
“Ich hab sie ewig nicht mehr gesehen! Kommt!” Mit einem Mal war Hoseok aufgesprungen und hatte Yoongi mit von der Bank gezogen, um die Truppe anzuführen.
“Das war knapp”, flüsterte Namjoon und schielte zu Yoongi rüber, dessen weiche Gesichtszüge auf dem wieder gut gelaunten Hoseok lagen. Sehr knapp.
(...)
“Man bin ich voll!” Kurz vorm platzen und beinahe schon unfähig sich zu bewegen, lehnte sich Yoongi auf seinem Stuhl zurück und atmete angestrengt aus.
“Vielen Dank für das Essen!”,bedankten sich die Jungen bei der älteren Dame des kleinen Supermarktes, deren Blick zufrieden auf den Jungen lag.
“Ich bin froh, dass es euch geschmeckt hat. Ihr wart wirklich lange nicht mehr hier.”
“Entschuldigung. Sollen wir noch bei etwas helfen?”
“Nein, nein. Mein Mann kommt sich sonst noch älter vor, als er ist und versucht sonst mit euch jungen Leuten mitzuhalten. Ich möchte wirklich ungern noch ins Krankenhaus fahren”, lachte die kleine und gebrechlich aussehende Frau unbeschwert und begab sich zurück in ihren Laden, als neue Kunden im Anmarsch waren.
Eine Zeit lang herrschte Stille an dem kleinen und besetzten Tisch der Jungen, der sich vor dem Laden befand. In vielen Läden war es möglich, sich Instant-Food zu machen und dieses dann vor dem Laden zu verzehren, dennoch blieb der Laden der kleinen und zierlichen Halmoni der mit dem besten Essen.
“Sollen wir vielleicht schauen, ob die Polizisten weg sind?”, fragte Hoseok, dessen Frage jedoch mit zwei deutlichen Gesten verneint wurde.
“Es ist besser, wenn wir uns die nächsten Tage nicht dort blicken lassen”, antwortete Namjoon, welcher ahnte, dass die Polizisten erst einmal nicht verschwinden würden. Langsam begann Hoseok’s Blick zu entgeistern, doch konnte ihn nun niemand mehr davon abhalten, dass er sich wieder an den Abend erinnerte, an dem seine Schwester beinahe in seinem Zimmer gestorben wäre. In der sie keine Kontrolle mehr über ihren Körper gehabt hatte, welcher chaotisch gezuckt hatte und ihrem Mund Schaum entronnen war.
“Hoseok! Komm wir gehen!”, rief Namjoon nun zum dritten Mal und erreichte nun endlich eine Reaktion des Gleichaltrigen, auch wenn es nur ein Nicken war. Gemeinsam machten sich die beiden Jungen sich auf den Weg ins Krankenhaus, in dem Hoseoks Schwester lag und noch immer streng überwacht werden musste. Auch für Namjoon war es nie leicht, Jiwoo zu besuchen da die beiden in einer ganz anderen Beziehung zueinander standen, als sie und Hoseok. Dennoch war es die einzige Möglichkeit für die Jungen, sich davon zu überzeugen, dass sie den Kampf noch immer nicht verloren hatte und es ihr immernoch gut ging. Und dies gab auch den Jungen für eine Weile wieder Kraft und Hoffnung, dass Jiwoo irgendwann wieder entlassen werden konnte.
“Oh? Wo sind denn Hoseok und Namjoon?”, ertönte plötzlich die Stimme der alten Dame, als Yoongi den Müll im Laden weg schmiss und das Essen bezahlte, da er dieses Mal mit ausgeben dran gewesen war.
“Ins Krankenhaus.” Verstehend nickte die Dame und reichte dem Jungen sein Wechselgeld, welches er dankend entgegen nahm.
“Geht es Jiwoo mittlerweile besser?”
Schweigend und schweren Herzens musste Yoongi seinen Kopf schütteln. Namjoon war vor einigen Tagen nach der Schule bei ihr gewesen und hatte wieder miterlebt, wie das Mädchen plötzlichen einen erneuten Anfall bekommen hatte.
“Vielleicht haben sie nachher bessere Nachrichten.” Hoffnungsvoll sah die Dame Yoongi an und erwiderte sein schwaches Lächeln mit einem Haufen Traurigkeit im Blick, ehe sich der Junge auf den Weg nach Hause machte.
Mit jedem Schritt, mit dem er sich der Wohnung seiner Eltern näherte, stieg der Drang umzukehren, doch wollte er seine Nacht eben nicht auf der Straße verbringen, auch wenn er den Preis dafür kannte. Schwerfällig kramte er den Schlüssel aus seiner Hosentasche und öffnete die Tür zur ruhigen und aufgeräumten Wohnung und glaubte für einen kurzen Moment, dass er alleine war. Plötzlich flog jedoch eine Tasse nur knapp an ihm vorbei und zersprang in mehreren Teilen an der gegenüberliegenden Wand. Yoongi drehte sich nicht einmal um und ging stattdessen in sein Zimmer und verschloss seine Tür hinter sich. Der laute Lärm von einer Faust, die wütend gegen die Tür schlug verebbte mit einem Mal, als der Blonde seine Kopfhörer aufgesetzt hatte und sich in sein bequemes Bett nieder gelassen hatte. Nur drei Tage, dann bin ich wieder weg, dachte der Junge, ehe er in einen tiefen und friedlichen Schlaf fiel.
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So meine Lieben, ich wollte euch nur eben vorwarnen, dass die nächsten Teile etwas tiefgründiger werden :)
Ich hoffe, ich habt einen schönen Tag und eine schöne Woche❤
Xoxo Mina
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