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k a p i t e l 2

Saphira

Völlig geistesabwesend kauere ich mich in der Badewanne zusammen, während das Wasser seit einer halben Stunde aus der Duschbrause auf mich herunterprasselt. Die Wunde an meinem Unterleib sollte ich versorgen, doch ich kann nichts anderes tun, außer den brennenden Schmerz zu genießen. Ein Zeichen, dass ich noch am Leben bin. Das Einzige, was mir gerade durch den Kopf geht, sind diese abscheulichen Männer. Sie und ihre Drohungen.

Ich bin verletzt, sowohl äußerlich als auch innerlich, und für diesen einen Moment erlaube ich mir selbst, in Selbstmitleid zu versinken.

Den Job im Stripclub habe ich nur angenommen, weil ich davon ausgegangen bin, dass Mom die Kosten für Miete und Strom vernachlässigt hat. Schnelles Geld haben wir immer gebraucht, also entschied ich mich, ihretwegen meinen Körper zu präsentieren. Welche Wahl hatte ich denn auch, so ganz ohne Berufserfahrung, geschweige denn einen vernünftigen Schulabschluss? Als Kind war es für mich schon schwer genug zu überleben.

Aber dass sie sich derartig hochverschuldet hat, konnte ich mir nicht einmal im Traum ausmalen. Eine sechsstellige Zahl, verfickt nochmal!

Welche Mutter tut ihrem Kind so etwas an?

Ein quälender Schluchzer verlässt meine nassen Lippen, ehe sie zu beben beginnen. Meine Arme habe ich schützend über meinen Kopf gelegt, mein Gesicht zwischen meinen Knien vergraben, während ich mit dem Hintern in der kalten Wanne sitze. Ich versuche mich selbst zu halten und mir den nötigen Trost zu spenden. Leider hilft es nicht, so wie ich es mir erhofft habe, denn ich bin immer noch in diesem gottverdammten Albtraum gefangen.

In meinem Leben sind mir schon einige grässliche Dinge widerfahren, aber das von vorhin? Das hat mir einen weiteren bitteren Riss in meiner bereits kaputten Seele hinterlassen.

Denver hat das geschafft, was er schon, seitdem er in Moms Leben getreten ist, tun wollte ─ mir eine Lektion erteilen. Er geilt sich darauf auf, Menschen Leid zuzufügen, vor allem jungen Frauen wie mir. Irgendwie glaube ich, dass es eine Gattung der Leidenschaft ist, die er entwickelt hat. Verflucht, ich hasse ihn einfach, und ich würde meine Seele dem Teufel verkaufen, wenn er dafür in der Hölle brennen würde.

Meine Haut ist bereits verschrumpelt, deshalb beschließe ich mich aufzuraffen und schaffe es nur mit Mühe, mich aus der Wanne zu hieven. Dabei durchfährt mich erneut ein fieses Ziehen im Unterbauch und Blut quillt ein weiteres Mal aus der Wunde. Dieser Scheißkerl hat ganze Arbeit geleistet.

Nackt laufe ich durch das Badezimmer und nehme mir ein Handtuch zur Hand, um die rote Flüssigkeit auf meiner Haut wegzutupfen. Anschließend hole ich aus dem Kühlschrank den billigen Wodka aus der Tankstelle heraus und nehme einen kräftigen Schluck davon. Die klare Flüssigkeit brennt zunächst in meinem Rachen, ehe ich es dann auch in meinem Magen spüren kann. Dennoch wärmt sie mich von innen, obwohl der Geschmack ziemlich scheiße ist.

Meine Hand greift nach einem Tuch, das ich aus einem der Küchenschränke herausnehme und ich träufle etwas Wodka auf den Stoff. Ich tupfe vorsichtig auf die aufgerissene Wunde und desinfiziere sie. Die Zähne beiße ich zusammen, als es höllisch zu brennen anfängt.

Einige Minuten vergehen und die Blutung hat nachgelassen. Trotzdem trinke ich weiter aus der Flasche, bis sie fast halbleer ist. Irgendwann bemerke ich, dass meine Sicht langsam verschwimmt. Dabei begrüße ich den Rausch und schließe genießerisch die Augen.

Ich bin keine heißbegehrte Trinkerin und kann die Sucht nach Alkohol absolut nicht nachvollziehen, aber manchmal, da brauche ich eine Auszeit von der Außenwelt und durch den Wodka ist es mir möglich abzuschalten. Die leeren Augen von Denver und Daxton, wie sie mich herablassend angesehen haben, will ich nur noch vergessen und aus meinem Hirn verbannen.

Als ich meine Augenlider wieder öffne, dreht sich das Wohnzimmer wie in einem Karussell und augenblicklich fange ich an, vor mich her zu grinsen. Ich verliere allmählich die Kontrolle über mich selbst. Oder auch über meinen Verstand. Erst weine ich, dann lache ich.

Für diesen einen Moment ist es akzeptabel.

Immer noch nackt schwanke ich in mein Schlafzimmer, stolpere hin und wieder über meine eigenen Füße und lande erschöpft auf meiner alten Schlafcouch, auf dem die Bettwäsche immer noch ungemacht herumliegt, so wie ich sie vor meiner Schicht verlassen habe.

Meine Gedanken werden leiser und auch meine Gefühle lassen nach, was bedeutet, dass ich kaum um mich herum irgendetwas wahrnehme. In diesem Zustand fühle ich mich gut. Frei von den lästigen Kopfschmerzen, die durch das laute Stimmengewirr in meinem Kopf verursacht werden und frei von meinem verkrampften Herz, welches so viel Leid schon ertragen musste und immer noch muss.

***

Mein Schädel dröhnt, als ich langsam zu mir komme, und nur mit Mühe versuche ich meine Augen zu öffnen, was mir nach wenigen Augenblicken gelingt. Sofort erkenne ich, dass es draußen bereits strahlend hell geworden ist, da wird mir bewusst, dass ich den halben Tag lang meinen Rausch ausgeschlafen habe. Ein Blick auf die Wanduhr an der leeren Wand meines Zimmers sagt mir, dass ich bald wieder im Pink Paradise Club sein muss. Fuck, und ich fühle mich dabei immer noch nicht ganz nüchtern.

Beim Versuch aufzustehen, spüre ich erneut den Schmerz in meinem Unterleib, den ich völlig ausgeblendet habe. Das Adrenalin in meinem Körper hat nachgelassen. Ich beiße die Zähne zusammen, zwinge mich, das Brennen in meiner Wunde zu unterdrücken. Ich muss mich schnellstmöglich darum kümmern, es zu kaschieren, bevor Blaze davon Wind bekommt. Durch die knappe Kleidung, die ich tragen muss, wird es eine schwierige Herausforderung. Fuck, wenn mein Boss es merkt, wirft er mich raus, denn er sieht es nicht gerne, wenn die Körper seiner Mädchen beschädigt sind. Es war schon ein Kampf, diesen Job wegen meiner Größe zu erlangen, da kann ich es mir nicht erlauben, verletzt im Club aufzutauchen.

Ich kann von Glück reden, dass Denver nicht zu weit in die Haut geschnitten hat, dieser miese Wichser. Dennoch wird eine kleine Narbe bleiben. Eine unerwünschte Gravur auf meiner Haut von Mr. Psycho.

Blaze anzulügen und zu behaupten, ich hätte meine Periode, wäre auch nicht richtig. Einen Ausfall kann ich mir nicht leisten, weil ich so viel wie möglich sparen muss, um von hier verschwinden zu können. Je schneller ich das Geld habe, desto früher kann ich Fallbridge verlassen.

Was mache ich nun mit dieser Scheißverletzung?

Ihn anschwärzen, ich wäre irgendwo dagegen geknallt und mir dadurch die Haut aufgerissen? Das mach doch keinen Sinn ...

Meine Gedanken fressen mich beinahe auf und ich drohe erneut in ein tiefes Loch zu fallen. In dem ich nie wieder sein wollte, es dennoch nicht verhindern kann und nun mittendrin feststecke.

Bevor ich etwas tun werde, was ich mir geschworen habe, es nie mehr zu tun, laufe ich zu meinem Kleiderschrank und suche nach schwarzer Unterwäsche.

Fertig gekleidet, mit einer Leggins und einem grauen oversized Shirt, stehe ich nun in der Küche und mache mir einen doppelten Espresso. Nach der wohltuenden Brühe richte ich mich im Badezimmer, lasse alle Anzeichen auf einen dicken Kater verschwinden und zögere nun vor der Tür, um nicht ins Pink Paradise zu gehen. Jedoch ist es nicht der Club oder mein Chef, was mich panisch werden lässt. Sondern Denver und Dax.

Was ist, wenn sie wieder da sind und nur darauf warten, bis ich rauskomme?

Hin- und hergerissen stehe ich da und grübele, was ich nun tun soll. Allerdings kann ich nicht ewig kneifen und unsicher die Tür anstarren.

»Komm schon, Saphira. Du bist taff genug«, spreche ich mir selbst Mut zu. Mehr oder weniger zweifelnd. Du hast schon Schlimmeres überstanden, spukt es in meinen Gedanken und leider muss ich meiner inneren Stimme recht geben. Die Menschen waren schon immer grausam zu mir. Ich mache mir wahrscheinlich unnötig Panik. Um diese Uhrzeit haben die beiden sicherlich etwas Besseres zu tun, als vor meiner Wohnungstür Wache zu halten und geduldig darauf zu warten, bis ich diese endlich verlasse. Wie ich Denver kenne, würde er einen Weg finden, die Wohnung zu betreten.

Ein krummer Gedanke schleicht sich in mein Hirn. Ich verliere keine Zeit mehr, und meine Beine tragen mich zurück in die Küche. Dort hole ich aus einer Schublade ein großes Küchenmesser hervor. Das silberne Metall glänzt im Licht der Deckenbeleuchtung und ich bekomme das Gefühl von Sicherheit zu spüren. Das ist die einzige Waffe, die ich hier im Apartment habe. Auch wenn ich nicht weiß, wie man so ein großes Ding richtig anwendet, ohne sich selbst zu schaden, will mir mein Gewissen einreden, dass ich mich damit verteidigen kann. Nur für den Fall.

Um das Messer wickle ich ein Küchentuch und verstaue es vorsichtig in meine Tasche. Vorher stelle ich sicherheitshalber fest, dass das Messer nicht durch den Stoff dringt und mich aus Versehen schneidet. Wobei mir dies lieber wäre, als wenn Denver mich ersticht.

»Wird schon schiefgehen«, murmle ich zu mir selbst und atme noch einmal tief durch, bevor ich die Apartmenttür öffne und wie eine Paranoide durch die Gänge luge. Niemand ist zu sehen und ehrlich gesagt sollte es mich um diese Uhrzeit nicht wundern. Die meisten gammeln vor dem Fernseher oder sind gar nicht erst zu Hause.

Mit langsamen Schritten bewege ich mich in Richtung Treppenhaus, nachdem ich die Tür hinter mir leise geschlossen habe. Dabei spüre ich, wie mein Herz zu rasen beginnt, wobei es wirklich lächerlich ist. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese Typen noch ein zweites Mal innerhalb von vierundzwanzig Stunden auftauchen würden? Wohl eher gering, oder? Jedenfalls will ich es mir einreden.

Dennoch lässt mich dieses Gefühl nicht los, beobachtet zu werden. Kurz nachdem ich die Wohnhaussiedlung verlassen und mein Schritttempo erhöht habe, könnte ich schwören, hinter mir eine Präsenz gespürt zu haben. Und jedes Mal, wenn ich nach hinten schaue, sehe ich selbstverständlich niemanden. Es ist bereits verflucht dunkel geworden und die meisten Straßenlaternen funktionieren nicht mehr. Das lässt mich doch gleich viel sicherer fühlen ...

Ich fokussiere mich intensiv auf das Zählen in Gedanken und das gleichmäßige Atmen, was mir dann doch etwas schwerfällt, während ich zügig laufe. Dennoch hilft es mir, nicht gleich direkt in Panik auszubrechen. Eine Methode, die ich damals entdeckt habe, die mich vor den meisten Panikattacken bewahrt hat. Vor allem in der Öffentlichkeit.

Plötzlich ertönt ein Knacken irgendwo aus einer Ecke und ich versuche es trotzdem zu ignorieren, wobei mein Puls mir etwas anderes sagt. Lasse niemanden hinter deine Fassade blicken, sonst bist du angreifbar, wiederhole ich in meinen Gedanken. Dieser Satz hatte mich schon während meiner Schulzeit einiges gelehrt. Doch dies ist wohl eine andere Geschichte, die ich nicht erneut durchkauen will. Also heißt es: Cool bleiben.

Kurz bevor ich den Pink Paradise Club erreiche, leuchten zwei Scheinwerfer auf, die mir die Sicht rauben. Keine Ahnung, woher das plötzlich kommt, aber es blendet mir direkt ins Gesicht. Dann gehen die Lichter aus und eine Person steigt aus dem Auto. Ich erkenne die Person im schwachen Licht nicht, kann aber deutlich sehen, dass er ziemlich groß und breit gebaut ist. Schätzungsweise könnte mich der Unbekannte um fast zwei Köpfe überragen.

Ich bleibe wie angewurzelt stehen und kann nichts anderes tun, außer paralysiert hinzustarren. Er ─ ich gehe davon aus, dass es sich um einen großen Mann handelt ─ mustert mich aus der Ferne und ich kann spüren, dass sich seine Augen in mich hineingebrannt haben. Es ist nicht die Art, wie Denver oder Daxton mich angesehen haben. Irgendwie scheint es mir intensiver zu sein. Etwas, was ich nicht wirklich beschreiben kann.

Mein Mund ist trocken und der Kloß in meinem Hals immer größer. Am liebsten würde ich schreien, doch es kommt kein Ton über meine rissigen Lippen. Stumm blicke ich zu der Gestalt, die sich immer noch am Wagen befindet und mich seelenruhig taxiert. Das Merkwürdige daran ist, dass er einfach nur dasteht und nichts tut.

Dann dreht er sich langsam um und schlägt in dieselbe Richtung ein, genau dorthin, wo ich gerade arbeiten wollte.

So langsam komme ich aus meiner erstarrten Körperhaltung heraus und atme tief Luft ein. Währenddessen habe ich vergessen, meine Lungen mit Sauerstoff zu füllen. Seine Präsenz hat mich in sich aufgesaugt, zu sehr war ich damit beschäftigt, ihn anzustarren.

Meine Bewegung setze ich fort, nachdem ich mich vergewissert habe, dass der mysteriöse Typ im Eingang verschwunden ist. Einen Schritt nach dem anderen gehe ich ins Pink Paradise und schaue mich um, ob sich die Person irgendwo in der Nähe aufhält, die ich noch nie zuvor in dem Club gesehen habe. Von ihm ist aber keine Spur zu sehen, weshalb ich mich weiter voran bewege, und ins Innere gelange. Der vertraute Geruch von Zigaretten, Alkohol und Parfüm dringt in meine Nase. Obwohl nach Schichtende die Türen und Fenster zum Lüften geöffnet werden, hat sich der Duft bereits in den Polstern und an den Wänden eingefressen.

Jetzt, wo ich hier im Club stehe, staut sich ein anderes Gefühl in mir auf. Das Pink Paradise ist kein Ort, welchen man als sein zweites Zuhause bezeichnen kann. Auch hier geschehen diverse krumme Dinge, die nur abgehärtete Seelen ertragen können.

Meine Schultern straffe ich durch, und ich suche den Korridor auf, um in das Umkleidezimmer der Mädchen zu gelangen. In diesem Raum halten sich junge Frauen auf, die entweder in einer Notlage stecken, wie ich, oder bereits so verkorkst sind, dass sie sich teilweise für gutes Geld prostituieren. Egal wie verlockend sich die Summe anhört, so weit kann ich niemals gehen. Es war eine große Überwindung, mich halbnackt an die Stange zu stellen, da werde ich ganz bestimmt nicht meine Beine für irgendwelche Säcke öffnen, die ihren Frust in diesem Club herauslassen wollen. Außerdem könnten sie in dem Alter meines Vaters sein, den ich, nebenbei bemerkt, nie kennengelernt habe.

Wahrscheinlich klammere ich mich deshalb kaum an einen Mann und suche das Weite, sobald Annäherungen stattfinden. Aus Angst, sie würden mich genauso verlassen wie er.

Das Traurige daran ist, dass ich mich nicht einmal an ihn erinnern kann. Weder seine Stimme noch sein Aussehen. Mom hat ihn auch nie erwähnt und ich habe nie danach gefragt. Irgendwie war auch das Bedürfnis kein einziges Mal da gewesen, zu wissen, wer er war. Die Beziehung zu meiner Mutter hat es auch bisher erschwert und wenn ich ehrlich bin, ist es nicht unser Ding, über sentimentale Themen zu sprechen.

Sobald ich die Türschwelle zu dem Umkleideraum betrete, leert sich mein Kopf. Mit einer stummen Geste begrüße ich meine Kolleginnen, ehe ich mich zu meinem Spind begebe und dort meine Tasche ablege. Anschließend ziehe ich mich bis zur Unterwäsche aus, gehe zur Kleiderstange, um mir mein Outfit herauszusuchen, werde dabei aber von einer plötzlich aufschwingenden Tür unterbrochen. Meine Hände verharren an dem Kleiderhaken, als ich Blaze im Türrahmen stehen sehe.

Ich schlucke, beobachte ihn mit großen Augen und ziehe den Kopf ein, nachdem er folgenden Satz ausgesprochen hat: »Alle raus hier! Bis auf Saphira.«

Doppelte Scheiße!

Mein Blick wandert zu den wenigen Mädchen, die sich noch im Umkleidezimmer aufgehalten haben und ich sehe zu, wie sie mit mitleidigen Gesichtsausdrücken den Raum verlassen. Dann schließt Blaze die Tür hinter sich und tritt etwas näher, damit er mich genauestens ins Visier nehmen kann.

So unwohl wie jetzt, habe ich mich schon lange nicht mehr gefühlt. Halbnackt stehe ich vor meinem Chef, der mich so ansieht, als hätte er schon unzählige Frauen in BH und Slip gesehen und es für ihn nichts Aufregendes mehr zu sein scheint. Besser für mich.

Seine dunklen Augen sind wie immer leblos und matt. Und als sein scharfer Blick zu meiner Verletzung wandert, legt sich ein unheimlicher Schleier um seine Iriden. So als würde ein böser Sturm in ihnen toben.

Ich hatte noch nicht die Gelegenheit dazu, mich darum zu kümmern. Denn das war mein eigentlicher Plan, sobald ich ein passendes Outfit gefunden und es anprobiert habe. Nur hat mir Blaze nicht viel Zeit verschafft, als hätte er den richtigen Riecher dafür.

»Was ist das?«, fragt er mich barsch und deutet mit seinem Zeigefinger auf meinen Bauch.

Ich schlucke hart, nichtwissend was jetzt passieren wird, wenn ich ihm die Wahrheit sagen würde. Wahrscheinlich wird er es mir nicht einmal glauben wollen. Blaze ist ein stures Arschloch, der nur seinen Bedürfnissen nachgeht. Alles andere ist ihm scheißegal.

Während er mir einen Schritt näherkommt, wage ich es, einen Schritt zurückzuweichen. Es sollte nicht schon wieder passieren, dass ich durch die Gewalt eines anderen diese höllische Panik bekomme.

Je weiter ich einen Schritt rückwärts mache, desto unvorhersehbarer wird es, als ich plötzlich an einem Hocker stolpere, mit dem ich zusammen auf den harten Boden krache und schmerzerfüllt die Augenlider schließe. Ehe ich sie wieder öffne, ist Blaze schon vor mir und starrt mich hasserfüllt an. Die Abneigung steht ihm ins Gesicht geschrieben, weswegen ich mich nun für diesen Anblick schäme.

»Wo hast du dir schon wieder diese hässliche Narbe zugezogen, hm?«, knurrt er gefährlich nah an meinem Gesicht und verzieht dabei eine abfällige Grimasse. Ich kann diesen heftigen Sturm in seinen Augen sehen, der sich so langsam zu einem Orkan verwandelt.

Blaze weiß so gut wie ich, dass die Wunde an meinem Unterleib das geringere Problem an mir ist. Nur macht es ihn rasend vor Wut, dass es eine weitere Narbe geben wird, die meinen Körper ziert.

»Antworte, Angel!«, spuckt er mir entgegen und betont extra meinen Künstlernamen.

»Ich ... ich habe ... es war ein Überfall«, entscheide ich mich für die Lüge und versuche dabei meine zitternde Stimme unter Kontrolle zu bekommen. Blaze darf niemals die Oberhand über mich ergreifen. Niemand darf meine Gefühle und mich selbst beeinflussen. Denn Worte schneiden tiefere Wunden als es ein Messer je tun könnte, und dies darf mich nie wieder erreichen.

Ein tiefes Knurren entweicht aus seinem Mund und ich zucke erschrocken zusammen. »Hör auf zu lügen, Angel! Mir reichen schon die Narben an deinen Schenkeln. Wer will dich denn nun mit diesem hässlichen Ding noch anschauen? Du wirst mir Verluste bringen!«, zischt er mich an, wobei sich mein Herz bei jedem ausgesprochenen Satz schmerzlich zusammenzieht. Blaze will mir damit verdeutlichen, dass ich nichts mehr wert bin. Dass mich meine Narben hässlich machen.

Verdammte Scheiße, wieso müssen Menschen so grässlich sein?

Tränen sammeln sich in meinen Augenwinkeln und drohen auszubrechen. Erneut zucke ich schreckhaft zusammen, als mein Boss gegen einen anderen Hocker kickt und ihn mit einem Stoß zum Umfallen bringt. Er ist wütend und wer weiß, was ihm gerade durch den Kopf geht. Wahrscheinlich überlegt er, wie er mich am besten loswird. Eine kurze und schmerzlose Kündigung würde reichen, aber auch dann würde es mich in den Abgrund reißen. Ich würde ohne Job und ohne Geld dastehen und somit die Wohnung verlieren. Und Fallbridge zu verlassen, kann ich dann wohl auch knicken.

Ein lautes Klopfen an der Tür reißt mich aus meiner Starre heraus und Blaze flucht leise in sich hinein. Der Kopf eines anderen Mädchens lugt hervor, und ich schließe erleichtert die Lider. Dabei atme ich leise aus und bedanke mich geistig bei ihr, mich bei dieser Scheiße gerettet zu haben. Was auch immer unser Boss mit mir vorhatte.

»Was ist?«, brummt er Naomi genervt an, die jedoch keinerlei Reaktion ihm gegenüber zeigt. Sie arbeitet hier genauso lange wie ich und sie macht mir den Anschein, dass sie von Blaze' Verhalten abgehärtet ist. Das ist wohl ein Großteil seiner Mitarbeiter, wohlgemerkt. Alle, außer ich.

Ihr stumpfer Blick lässt keinerlei Regung in ihren Gesichtszügen zu, und ich bin mir sicher, dass es Blaze nur noch mehr provoziert. Für seine Verhältnisse ist es eine respektlose Geste, wenn seine Mädchen nicht ihre Blicke senken. Er wird impulsiv und auch manchmal handgreiflich. Genauso wie er es gerade bei mir versucht hat.

»Mr. Carter erwartet Sie in Ihrem Büro, Mr. Watkins«, antwortet sie auf seine schroffe Frage und verzieht weiterhin ihre Mundwinkel nicht. Sie sind zu einer dünnen Linie geformt und keine einzige Falte ist in ihrem Gesicht zu sehen. Manchmal frage ich mich selbst, wieso ich nicht auch eine Maske aufsetzen kann, ohne eine Regung zu zeigen. Bei Denver gelingt es mir, aber nicht bei Blaze, warum auch immer.

»Sag dem Wichser, dass ich gleich da bin. Ich habe hier noch mit der hier ...«, er nickt zu mir, »... ein Hühnchen zu rupfen.«

Naomi öffnet den Mund, um etwas sagen zu wollen, doch ihre Stimme geht durch ein anderes, tieferes Geräusch unter.

»Wichser also, ja?«, höre ich jemanden sagen, dessen Stimme ich keiner bekannten Person zuordnen kann.

Blaze erhebt sich, den Kopf in seine Schultern eingezogen, während seine Haltung angespannt wirkt. Es scheint so, als hätte er vor diesem unbekannten Mann Angst.

Ehe ich wahrnehmen kann, um wen es sich handelt, bleibt mir der Atem in meiner Luftröhre stecken. Meine Augen werden zu riesigen Kugeln und ich schlucke erneut. Ein gutaussehender Mann, vielleicht Mitte dreißig, steht in einem feinen Anzug gekleidet vor meinem Boss und überragt ihn um fast einen ganzen Kopf. Der mysteriöse Riese wirkt wie ein verdammter Bär neben dem Blondschopf. Unter dem Stoff, welcher sich bei jeder Anspannung eng um seine Arme und Brust schmiegt, kann ich jeden Millimeter seiner steinharten Muskeln erkennen. Nicht sabbern, Saphira!

Wie kann ich auch in so einer beschissenen Situation an so etwas denken? Was ist nur falsch mit mir?

Immer noch auf dem Boden hockend, schaue ich zu dem faszinierenden Kerl auf, der mich vor Blaze' Übergriff bewahrt hat und wage es nicht ein einziges Mal wegzuschauen. Auch er hält den Blickkontakt zu mir und ich kann nicht anders als mich in seine wunderschönen, goldbraunen Augen zu verlieren. Ich bin nicht besonders gut in Menschenkenntnis, deshalb kann ich nicht erkennen, was sein starrender Blick zu bedeuten hat.

»Da-Das ist ein Missverständnis, Mr. Carter«, stottert mein sonst so keifender Boss, der sich ein schiefes Lächeln erzwingt und sich nervös seine Hände in die Hosentaschen steckt. Jetzt ist die Kacke am Dampfen und ich muss zugeben, dass ich es ein wenig genieße.

Blaze wird so gut wie nie aus der Fassung gebracht. Wer Mr. Carter wohl sein mag, der meinen Arschloch-Chef so einschüchtert? Und wieso sieht er mich immer noch so komisch an? Doch nicht etwa wegen der Wunde? Denkt er auch, dass sie hässlich ist? Findet er mich also ebenfalls unattraktiv? Warum mache ich mir darüber Gedanken? Was kümmert es mich, was dieser fremde Typ von mir hält? Und wieso zum Teufel will ich ihm gefallen?

Während er mir immer noch in die Seele starrt, spricht er zu Blaze: »Denken Sie an Ihre Existenz, Mr. Watkins.« Der drohende Unterton in seiner tiefen Stimme ist mir nicht entgangen.

Ich sehe Blaze zu, wie er eifrig mit seinem blonden Schopf nickt und dem großen Mann mit einer Handbewegung andeutet, vorauszugehen. Der Unbekannte wirft mir einen letzten prüfenden Blick zu, ehe er langsam durch die Tür verschwindet und das Arschloch von Boss ihm folgt.

Immer noch auf dem Boden sitzend, versuche ich das Geschehen zu verarbeiten. Beinahe hätte Blaze mir etwas angetan. Ob es bedeutend schlimmer gewesen wäre als die hässliche Narbe an meinem Unterleib? Kann er denn überhaupt schlimmer als Denver sein?

»Ist alles okay?«, höre ich jemanden fragen und sehe dann, dass Naomi immer noch an der Türschwelle steht, und ein kurzer, besorgter Blick blitzt in ihren dunklen Augen auf. Das ist das erste Mal, seit ich sie kenne, dass sie richtige Emotionen zeigt.

Ich nicke nur als Antwort, da ich im Moment nicht in der Lage bin, einen vernünftigen Satz herauszubringen. Und irgendwie hoffe ich, dass sie mich für einen Moment allein lässt, weil ich die Ruhe brauche, bevor ich an die Arbeit gehe.

Ja, ich will nach den ganzen Vorfällen noch Geld verdienen gehen. Schließlich hängt davon gerade mein Leben ab. Die Sache mit den Drogendealern war mein Highlight gewesen. Möglicherweise bin ich einfach nur zu abgefuckt, um mich zu verkriechen und zu heulen. Zu Hause hätte ich es getan, der Club ist aber nicht mein Zuhause.

Naomi schenkt mir einen letzten Blick, bevor sie geht, womöglich um sicher zu gehen, dass ich wirklich okay bin. Ich weiß, dass sie nichts mit Emotionen anfangen und auch keine Empathie zeigen kann. Deshalb nehme ich es ihr nicht übel. Generell bin ich kein nachtragender Mensch, außer die Personen heißen Denver und Samara.

Ehe ich gleich in Tränen ausbreche, beschließe ich aufzustehen und mich für meine Schicht fertig zu machen. Gerade erlaube ich es mir mal nicht, auf die Tränendrüse zu drücken. Nicht wenn hier die Mädchen jederzeit ein- und ausgehen können. Beim Vorbeigehen an der Garderobe mit den verschiedensten und buntesten Kleidungsstücken entdecke ich einen weißen Spitzen-Body, der mit einem schmalen Schnitt nur die Brüste und teilweise den Bauch bedeckt. Perfekt, um die Verletzung zu bedecken.

Im Verbandskasten, der gleich neben der Tür hängt, suche ich nach einem Wundpflaster, das ich mir dann direkt auf die Hautstelle klebe. Anschließend rücke ich den Stoff des weißen Bodys zurecht und beobachte mich im großen Spiegel.

Meine grauen Augen sehen müde und erschöpft aus und wenn ich mich nicht selbst kennen würde, dann würde ich es mir nicht einmal anmerken. Die Frau, die mir gegenübersteht, hat in ihren jungen Jahren vieles durchgestanden. Es grenzt fast schon an ein Wunder, dass sie immer noch auf beiden Beinen steht.

Mein Kinn recke ich nach vorne und setze mir eine kühle Miene auf. Zugegebenermaßen gefällt mir diese Version besser. Angel und Saphira ist ein und dieselbe Person und dennoch sind sie verschieden. Während Saphiras Leben in Trümmerhaufen zerfällt, lebt Angel für die Nacht, in der sie sein kann, wer sie möchte. Sie ist dynamisch und voller Leben, sobald sie tanzt. Und genau die will ich heute Nacht sein.

Ich will frei sein.

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