[28 - Gedankenleser - Kaede]
Ich muss zu den Uchiha gelangen.
Ich werde mich wohl nicht auf die Senju verlassen können.
Und das bedeutet wiederum ich muss den Senju-Clan auf eigene Faust verlassen.
Ich habe hier sowieso schon viel zu viele Umstände bereitet. Es ist wirklich an der Zeit aufzubrechen.
Und auch wenn ich eigentlich geplant hatte, einige Male im Zimmer auf und ab zu gehen, um dieses Taubheitsgefühl loszuwerden, wird daraus nichts, weil Tobirama aus irgendeinem Grund keine Anstalten macht zu gehen.
"Ich meine das nicht böse, aber hast du nichts Dringenderes zu tun?", frage ich unsicher nach.
"Doch."
"Ich komme klar", will ich ihm erklären, er schüttelt aber nur entschieden den Kopf. "Man sieht dir deinen Tatendrang an. Sobald ich den Raum verlasse, wirst du versuchen aufzustehen und bestenfalls nur umkippen."
Am liebsten würde ich nachhaken, wie man das einem ansieht, oder versuchen, mich rauszureden und ihm das Gegenteil zu versichern. Doch sehe ich da ziemlich schwarz. Lügen ist manchmal ein notwendiges Übel, aber Tobirama Senju anzulügen, ist wohl, wenn überhaupt, lebensmüde.
Mich beunruhigt nur sein Satz mit dem "bestenfalls nur umkippen". Warum "bestenfalls" und warum "nur"? Ich meine, ich weiß ja selbst nicht, unter was ich eigentlich leide. Ich weiß nur, dass es irgendwas mit zu viel Chakra zu tun hat. Und selbst wenn ich nachfragen würde, würde ich höchstwahrscheinlich kein Wort verstehen.
"Was sollen eigentlich diese... Holzarmbänder bewirken?", frage ich unsicher und deute auf meine Handgelenke. Es erinnert mich mehr an Handfesseln, doch würde ich eigentlich auf Hashiramas medizinische Fähigkeiten vertrauen.
"Es garantiert nichts, ist aber eine Vorsichtsmaßnahme, um eine gewisse Menge deines Chakras zu absorbieren, damit du nicht gleich wieder zusammenbrichst, wenn dein Chakra spontan ansteigen sollte."
"Dann... sollte ich Hashirama auch danken."
"Also, was geht dir durch den Kopf?" Vielleicht leide ich ja unter einem ernsthaften Hirnschaden. Ansonsten würde ich gerade ernsthaft davon ausgehen, dass Tobirama Senju sich nach meinem Wohlergehen erkundigt und bei mir bleibt, da er sich Sorgen macht. Und um unangenehmes Schweigen vorzubeugen, startet er ein Gespräch.
Ernsthaft... deute ich die Situation gerade falsch, ist das hier ein Gen-Jutsu oder hab ich Fieber?
"Synapsen."
"Synapsen?"
"Nein, was...", murmele ich irritiert. Etwas anderes fiel mir spontan nicht als Antwort ein.
"Ich...", setze ich an, halte dann aber inne. Sollte ich ihm erzählen, was ich geträumt habe? Würde mir jemand erzählen, derjenige habe per Gedankenlesen oder derart mit einem Familienmitglied kommuniziert, würde ich denjenigen für bescheuert halten. Aber ist das in dieser Shinobi-Welt wirklich so unglaubwürdig?
"Ich mache mir Sorgen um meine jüngere Schwester."
"Ist das diese Kaya?"
Ich blicke überrascht auf. Habe ich sie schon mal erwähnt?
"Du hast den Namen hin und wieder vor dich hingemurmelt", klärt er mich auf, bevor ich nachfragen kann.
Das ist gruselig. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, er ist Hellseher.
"Ja."
Damit tritt eine seltsame Stille ein.
"Also..."
"Wieso versuchst du, vom Thema abzulenken?"
Ich nehme alles zurück, er ist offenbar doch Hellseher. Ansonsten könnte er mich doch zumindest mal aussprechen lassen.
"Weil das Thema beendet ist?", entgegne ich unsicher.
"Ich merke, dass du dein Leben lieber für dich behältst. Wenn du das nicht willst, werde ich nicht weiter nachhaken. Du hast jedes Recht, deine persönlichen Angelegenheiten privat zu halten."
Langsam wiederhole ich mich, aber er ist wirklich rücksichtsvoll. Das passt nicht mal annähernd zu dem Bild, das ich vorher von ihm hatte. Aber gut, wer sein ganzes Leben an Hashirama Senjus Seite verbringt, kommt wohl nicht dagegen an, sich ein wenig anzustecken. Sogar Madara hat sich mitten im Krieg hingesetzt und darauf gewartet, dass Hashirama Zeit aufbringt, mit ihm zu kämpfen.
"Dann danke dafür."
Eigentlich ein wenig seltsam, dass man sich dafür bedankt, dass man nicht zu etwas gezwungen wird... aber andere Welten, andere Ansprüche.
"Warum sagst du mir nicht Bescheid, wenn sie wach ist?", wendet Hashirama sich an seinen Bruder. Ich frage schon gar nicht mehr, woher der so urplötzlich kommt.
"Solltest du nicht mit der Antwort an die Hyuga beschäftigt sein?", fragt Tobirama monoton nach.
"Ist erledigt."
"Muss ich da nochmal drüber schauen?"
"Nein."
"Hast du ein Friedensangebot verfasst?"
"Nein."
"Könnte es andere Leute an ein Friedensangebot erinnern oder enthält Andeutungen, die in dieselbe Richtung gehen und etwas derartiges erahnen lassen? Oder enthält das Schreiben Versprechungen, die du nicht einfach alleine entscheiden kannst und beim Leser Erwartungen wecken, die wir nicht erfüllen können?"
Daraufhin schweigt Hashirama.
Keine Antwort ist wohl auch eine Antwort.
Tobirama verdreht nur die Augen, bevor er aufsteht.
Kompliziertes Geschwisterverhältnis, ich bin glücklich, dass Kaya dann doch noch ein wenig einfacher ist. Zumindest, wenn Mizuki nicht da ist. Mizuki ist für Kaya ein unter den schlechtesten Einflüssen schon ziemlich weit oben liegender schlechter Einfluss.
"Ich werde da drüber schauen. Und du kannst in der Zeit... überprüfen, ob bei Kaede alles in Ordnung ist."
Damit geht Tobirama raus, und Hashirama bleibt bei mir.
So einfach werden wohl Rollen getauscht. Nun gut, auch wenn sie Probleme anders angehen, vertreten die beiden letztendlich so ziemlich dieselben Werte und streben ähnliche Ziele an. Und Unstimmigkeiten sollen bei Geschwistern nun mal vorkommen.
"Wie geht es dir?", erkundigt Hashirama sich sofort.
"Den Umständen entsprechend", gebe ich ehrlich zu. Mir ging es eindeutig schon schlimmer, seit ich hier bin. Als gut würde ich meinen körperlichen Zustand allerdings auch nicht betiteln. Als Schulnote würde ich meinem momentanen Wohlergehen maximal ein "ausreichend +" geben.
"Allgemein oder körperlich?"
"Körperlich."
Ich will nicht, dass er davon ausgeht, dass ich psychische Probleme habe. Das würde alles nur noch komplizierter machen.
"Zumindest nur das", meint er aufmunternd lächelnd. Ich versuche mir ebenfalls ein Lächeln aufzuzwingen, das klappt aber eher so halb.
Auch wenn man es am häufigsten tut, finde ich es am schlimmsten, mich selbst zu belügen.
Ich werde nämlich niemals von anderen erwarten können, ehrlich zu mir zu sein, wenn sie nicht mal ehrlich zu sich selbst sind.
Mizuki ist das perfekte Beispiel dafür. Aus ihr sprudeln die Worte wie bei einem Wasserfall, aber wenn es um sie selbst geht, weicht sie mit ihren Antworten immer aus. Wenn man sich allerdings wie sie nicht eingesteht, dass man Probleme hat, kann man diese auch nicht angehen, und das ist essenziell, um sich weiterzuentwickeln.
Man muss erstmal zu sich selbst ehrlich sein, bevor man sich bewusst dazu entscheiden kann, einen anderen anzulügen. Solange man selbst von einer Wahrheit überzeugt ist, ist es keine Lüge, wenn man diese Überzeugung verbreitet, die sich am Ende als unwahr entpuppt.
"Wie viel hast du von dem um dich herum mitbekommen, als ich betäubt war?"
"Das meiste", gebe ich zu. Es hätte mich sowieso gewundert, wenn Hashirama nicht selbst klar ist, wie seine Betäubung wirkt.
"Verstehe", seufzt der Senju, "Zumindest ist chakra-technisch gerade alles in Ordnung mit dir. Es ist noch immer ein wenig viel Chakra, weshalb du vielleicht auch ein wenig Schwierigkeiten haben könntest, dich zu bewegen, da es eine Belastung für deinen Körper darstellt, doch das wird bestimmt wieder. Du musst nur Bescheid geben, wenn es dir nicht gut geht, damit wir Risiken vorbeugen. Auch wenn es für mich selbst seltsam klingt, das über ihn zu sagen, ich bin mir sicher, dass Tobirama ein Auge auf dich geworfen hat und zur Stelle ist, wenn du was brauchst. Und wenn er mal ein wenig griesgrämig erscheint, dann wahrscheinlich nur, weil er ein Sturkopf ist, okay?"
Ich nicke erneut, einmal überfordert. Und ich dachte, solch klischeehafte Situationen gäbe es nur in Serien und Filmen... andererseits bin ich so gesehen in einer Serie, also sollte es nicht mal so außergewöhnlich sein.
Auch wenn ich das nicht glaube, immerhin ist Hashirama in meinen Augen ein sehr voreilig und zu optimistisch urteilender Mensch, könnte etwas an seinen Worten dran sein.
Vielleicht hat Tobirama kein Auge im klassischen Sinne auf mich geworfen, aber zumindest behält er mich im Auge. Ich sollte aber gar nicht erst anfangen, irgendwas in die ganze Sache rein zu interpretieren, das schafft nur Verwirrung für mich selbst.
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