Als Izuna auf der Suche nach seinem Bruder das Zimmer betritt, in dem Kaya liegt, findet er zwar nicht Madara vor, dafür scheint das Mädchen das erste Mal seit neun Tagen wieder wach zu sein – und weint.

Einen Moment lang überlegt er, ob er einfach wieder gehen und so tun sollte, als hätte er nichts mitbekommen. Doch selbst Izuna kann nicht einfach mit gutem Gewissen gehen und das Mädchen alleine weinen lassen. So geht er auf Kaya zu, setzt sich neben sie aufs Bett und wartet still ab, bis sie ihn anschaut.

"Izuna?", schnieft sie mit tränenden Augen, und er nickt unsicher. Er hat normalerweise nicht viel mit Kindern zu tun, und jemanden zu trösten ist für ihn Neuland.

Vor allem liegt das daran, dass alle Mütter ihre Kinder von Izuna fernhalten, seit er einmal aus Versehen ein Baby fallen gelassen hat. (RIP Baby Kagami; jetzt wissen wir, warum er später in Tobiramas Einheit war.)

"Wo ist Mizuki? Bis eben war sie doch noch bei mir", jammert Kaya und wischt sich mit dem Ärmel übers Gesicht.

Izuna ist überfordert. Abgesehen davon, dass er selbst noch bis eben unterwegs war und daher keine Ahnung hat, weiß er nicht, wie er darauf reagieren soll. Etwas Beruhigendes? Die Wahrheit? Oder eine typisch kalte Uchiha-Antwort? Es ist ihm zwar klar, dass Letzteres wahrscheinlich dazu führen würde, dass das Mädchen wieder zu weinen beginnt, aber er ist nicht besonders redegewandt.

Wenn es nach ihm persönlich ginge, könnte Mizuki auch draufgegangen sein, das würde ihn herzlich wenig stören. Und weil er auch nicht besonders gut darin ist, überzeugend zu lügen, räuspert er sich einfach, um vom Thema abzulenken.

"Geht es dir... besser?"

"Hmmm... mir ist schwindelig."

Interessiert Izuna persönlich herzlich wenig, aber das sollte er so nicht artikulieren, weshalb er nur knapp nickt.

"Aber ich habe meine Schwester wieder gesehen, und sie hat gesagt, dass sie uns finden und dann wird alles wieder gut werden", berichtet Kaya lächelnd.

Izuna runzelt irritiert die Stirn. Mizuki hat zwar ein paar Mal von dieser Kaede erzählt, aber ihm erschließt sich nicht, wie Kaya darauf kommt, dass ausgerechnet ihre Schwester bei den Senju ist. Möglicherweise ein Art Fiebertraum. Immerhin war die Kleine über eine Woche nicht ansprechbar.

Sollte er einfach Junichiro suchen gehen und die Verantwortung für das Kind nebenbei auch noch auf ihn abschieben?

"Und Kaede hat gesagt, dass sie bei mir sein würde, wenn sie könnte, aber sie ist im Senju-Clan und hat sich ganz große Sorgen um mich und Mizuki gemacht. Aber ich habe ihr gesagt, dass ihr alle nett seid und euch um uns kümmert. Deswegen bin ich sicher, dass es Kaede auch gut geht."

Izuna versteht nur die Hälfte von dem, was das Mädchen ihm sagen will, aber selbst wenn sie ein krankes Kind ist, weckt der Punkt mit den Senju seine Aufmerksamkeit. Vor allem, da es nicht so lange her ist, dass er Kontakt zu ihnen hatte.

Rein theoretisch wäre es nicht unmöglich. Anscheinend haben die Senju sogar Fremde bei sich aufgenommen. Obwohl es ihn bei Hashirama Senju weniger wundert als bei Madara. Aber warum kommt das Mädchen darauf, dass ausgerechnet ihre Schwester bei den Senju ist?

"Bei den Senju? Hat sie dir das gesagt?", fragt Izuna, und sie nickt. "Ja, sie ist bei Hashimama und Tobilein."

Auch wenn er einen Moment braucht, um zu realisieren, dass sie von Hashirama und Tobirama redet, amüsieren ihn die Namen zugegebenermaßen. (Und deswegen hat Tobirama Izuna abgestochen; Ende-)

"Und sie hat gesagt, dass sie stolz auf mich ist und dass sie mich ganz doll lieb hat."

"Ja, das hätte ich mir früher von meinem Bruder auch mal gewünscht...", murmelt Izuna ohne nachzudenken, woraufhin Kaya den Kopf schief legt.

"Kaede sagt immer, dass Taten mehr bedeuten als Worte. Deswegen soll ich mir böse Worte auch nicht so zu Herzen nehmen, weil meine Schwester mir immer helfen würde, wenn ich sie brauche."

"Ach ja?"

"Und Madada ist bestimmt genau so immer für dich da, wenn du ihn brauchst. Nicht wahr?", erschließt Kaya sich strahlend.

"Mag sein", erwidert Izuna, und sein Mundwinkel zuckt in die Höhe. Das klingt zwar alles ziemlich kitschig, aber dass ein kleines Kind ihn ernsthaft belehrt... ist irgendwie etwas Neues. Vor allem, wenn das Kind noch nicht einmal einen einzigen Namen richtig aussprechen kann und dann mit solchen Phrasen kommt.

"Was ist deine Schwester für ein Mensch?", fragt Izuna nach. Er versteht selbst nicht so ganz, warum diese Unterhaltung sein Interesse geweckt hat. Er mag diese Kaede – auch wenn es nur erste Eindrücke sind – jetzt schon lieber als Mizuki.

"Hmm... Kaede ist immer für mich da, wenn ich Hilfe brauche. Aber wenn Mizuki Hilfe braucht, dann schimpft sie immer mit ihr. Und dann fangen die beiden zu streiten an, weil Kaede meint, Mizuki wäre zu verantwortungslos für ihr Alter. Mizuki lacht dann immer, aber meine Schwester findet das gar nicht so lustig, weshalb sie dann meistens auf ihr Zimmer geht. Mizuki meint, Kaede teilt ihren Humor nicht und ist empfindlich, aber ich habe immer das Gefühl, dass das nur Mizuki so sieht. Wenn sie nicht dabei ist, spielen Kaede und ich ganz viele Brettspiele, dann haben wir immer Spaß, und ich erzähle ihr, was ich in der Schule erlebt habe. Kaede hört mir immer zu, aber sie will nie etwas von sich erzählen. Und wenn ich sie frage, dann erzählt sie nur Dinge, die ich sowieso schon weiß. Und manchmal, wenn ich Kaede wecken will, hat sie einfach ihre Tür abgeschlossen, als wolle sie nicht, dass ich reinkomme. Von solchen Sachen abgesehen, ist sie die großartigste Schwester auf der Welt, weil sie alles mit mir macht. Ich kenne zwar nicht viele Schwestern, aber eine Freundin hat mir mal erzählt, ihre Schwester sei immer genervt von ihr. Und Kaede freut sich immer, wenn wir zusammen etwas machen. Aber dürfte ich mir noch eine Schwester aussuchen, dann würde ich wohl Mizuki als Schwester haben wollen. Kaede kann immer ganz streng werden, wenn es um Sachen geht, die nicht für mein Alter sind, während Mizuki mir alles erlaubt, was ich will. Mizuki erzählt mir immer neue Sachen über Shinobi, woraufhin Kaede immer meckert, sie brauche mich nicht darüber zu informieren... wenn ich alt genug bin, soll ich das selbst nachschlagen gehen. Solange du das nicht kannst, bist du sowieso noch nicht alt genug für solche Themen."

Es irritiert Izuna wirklich, wie schnell und viel sie ohne Punkt und Komma darauflosreden kann. Aber scheinbar hat Kaya eine umfassende Meinung zu ihrer Schwester. In dem Sinne empfindet er es eigentlich sogar als angenehm, ihr zuzuhören. Immerhin wäre das einzige, das er über Madara sagen würde, irgendwas im Sinne von "Ist halt mein Bruder".

Aber so sehr wie Mizuki die letzten Tage auch seine Nerven strapaziert hat, ist abzusehen, dass Izuna sie immer weniger ausstehen kann. Dementsprechend findet er, auch wenn er selbst kein Experte in normalem Geschwisterverhalten ist, dass Kaede ziemlich vernünftig klingt.

Sollte sie wirklich bei den Senju und so sein, wie Kaya das beschreibt, kann Izuna sich nicht vorstellen, dass sie so unvorsichtig ist, dass sie ohne Strategie ihre Schwester suchen würde. Höchstwahrscheinlich würden sie in dem Fall also früher oder später Probleme mit den Senju erwarten.

"Sollen wir Madara und Mizuki vielleicht gemeinsam suchen?", bietet Izuna schließlich an, was Kaya fröhlich annimmt. Immerhin bringt es gerade noch nichts, sich Gedanken darüber zu machen, was in der Zukunft sein könnte. Bisher hat er nur die Aussagen eines Kindes.

Erst hat Izuna kurz Angst, dass Kaya beim Aufstehen gleich wieder umkippt, aber scheinbar findet das Mädchen ihr Gleichgewicht schnell und greift nach Izunas Hand, was ihn perplex zu ihr schauen lässt.

"Dann verliere ich dich in dem großen Haus nicht", lächelt sie ihn an, was Izuna so akzeptiert. Immerhin ist sie immer noch ein Kind.