J-RESIDENCE
Ich wurde unsanft aus dem Schlaf gerissen, als sich etwas Schweres auf mich drauffallen ließ und begann mir ins Ohr zu trällern.
„Lass mich in Ruhe Mel.", brummte ich und versuchte sie von mir zu schieben.
„FRÜHSTÜÜÜÜÜÜÜÜCK!", rief sie und sprang unbeirrt auf mir herum.
„Ich hasse dich.", murmelte ich und öffnete die Augen.
Eine Stunde später saßen wir in der Londoner Innenstadt und vertilgten Lachsbrötchen. Eigentlich hätten wir Paul Bescheid sagen müssen, aber es widerstrebte uns beiden ihn am Samstagmorgen zu wecken, nur weil wir in der extrem belebten und vollen Innenstadt brunchen gingen.
Louis hatte uns nur verschlafen nachgeblickt und sich am Hintern gekratzt, als wir das Haus leise verlassen hatten.
Ich wusste, dass Mel es nicht besonders gut heißen würde, wenn ich ihr die neuesten Harryereignisse erzählen würde. Die Sache mit der Kellnerin würde ihr bestimmt ein Dorn im Auge sein, vor allem, weil Logan sie damals selbst betrogen hatte. Ich schob das Thema also so gut ich konnte vor mir her.
Als sie auf die Toilette ging, lehnte ich mich entspannt zurück, nippte an meinem Orangensaft und genoss die Sonne in meinem Gesicht. Übermorgen war mein Geburtstag! Es war fast genau ein Jahr her, dass die Jungs vor meiner Tür gestanden hatten. Mein altes Leben war so unglaublich weit entfernt. Ich saß hier, mitten in London, in einem Nobellokal und brunchte mit meiner besten Freundin um einen Preis, den ich früher im Monat für alle meine Lebensmittel ausgegeben hatte. Mein Kontostand war so hoch, dass ich ihn eigentlich gar nicht mehr kontrollierte. Bald würde er in einen Bereich steigen, von dem ich früher nicht einmal geträumt hatte. Ich hatte für mich beschlossen, das Angebot für den Film anzunehmen. Ein Jahr Los Angeles. Wenn Harry tatsächlich eine Pause machen würde, könnte er mit mir nach L.A. ziehen. Harry. Ich lächelte vor mich hin, bei dem Gedanken an ihn. Ich beobachtete die Leute, die durch die Straßen schlenderten und blieb an einem Mann hängen, der bewegungslos dastand. Es kribbelte in meinem Nacken. Ich beobachtete ihn mit einem mulmigen Gefühl. Als hätte er meinen Blick gespürt, drehte sich der Mann um. Mein Glas fiel scheppernd zu Boden und der Saft spritzte quer über den Boden. Alle Blicke waren auf mich gerichtet, doch ich starrte weiter in das Gesicht, das nur zwei Meter von mir entfernt stand.
Er war so nah. Er stand hier. Ich bildete ihn mir nicht ein. Das waren seine Augen die mich hämisch anlachten, seine Zunge die nervös über seine spröden Lippen fuhr, das konnte nicht eingebildet sein. Ein Passant rempelte ihn an und er strauchelte einen Moment. ER WAR HIER!
Plötzlich hob er die Hand, drehte sich um und verschwand.
Ich starrte ihm hinterher. Konnte mich nicht bewegen. Meine Atmung ging stoßweise und ich war kurz davor zu hyperventilieren.
„Miss?", riss mich die Kellnerin aus meiner Starre, „Miss, ist alles in Ordnung? Geht es ihnen gut?".
Ich nickte schwach und blickte auf den Boden.
„Tut mir leid, ich habe mich ein bisschen erschrocken.", hauchte ich. Sie lächelte mich breit an: „Das macht doch nichts!". Als der Scherbenhaufen beseitigt war, kam Mel zurück und sah der Kellnerin stirnrunzelnd hinterher.
„Erfahre ich heute noch, was gestern passiert ist?", fragte sie und lächelte schief.
Ich nickte schwach.
„Ist alles okay?", fragte sie und musterte mich eingehend.
Ich seufzte, fuhr mir durchs Haar und sah sie lange an. „Mel. Ich bilde mir das mit Chace nicht ein. Er war gerade hier.", sagte ich leise.
„Okay.", antwortete sie, „Was hat er gesagt?".
„Nichts.".
Ich sah wie ihr Blick mitleidig wurde: „Ella, ist dir schon mal aufgefallen, dass du Chace immer nur alleine siehst? Er kommt nur, wenn niemand bei dir ist, er kommt nur, wenn du mental gestresst bist. Er kommt nur, wenn irgendwas mit dir und Harry ist.".
Ich schüttelte den Kopf: „Ich weiß nicht wieso, aber ich bilde ihn mir nicht ein. Er ist hier gestanden, hat mich angesehen, gewunken und ist dann weggegangen. Es ist sogar jemand in ihn hineingelaufen.".
„Ach Ella...", seufzte sie leise.
Ich wurde langsam wütend, ich war mir so sicher, dass er da gewesen war. Ich war nicht verrückt, bestimmt nicht.
„Jetzt erzähl mir erst mal von Harry.", drängte sie.
Ich atmete tief durch um mich zu beruhigen und erzählte ihr von unserem Abend. Ihre Augenbrauen wanderten immer höher, als ich die Kellnerin in New York erwähnte, stöhnte sie auf und schüttelte den Kopf.
„Und jetzt seid ihr wieder zusammen?", fragte sie skeptisch.
Ich zuckte mit den Schultern: „Wir haben es nicht angesprochen, weil wir von vorne beginnen, aber ich würde schon sagen, ja.".
„Darf ich ehrlich sein?", fragte sie und lehnte sich zurück um sich eine Zigarette anzuzünden, ich tat es gleich und nickte.
„Ich denke, dass du die Sache überstürzt. Niall hat dich freigegeben und du tust das, was du immer tust. Du gehst zurück zu den Dingen die dir bekannt sind. Du nimmst Harry, weil du weißt wie es ist, mit ihm zusammen zu sein. Du siehst dich gar nicht nach anderen Möglichkeiten um. Du hängst dich an den erstbesten Popstar, der sich dir zu Füßen legt, du versuchst gar nicht mehr einen normalen Mann zu finden, weil du dich selbst mittlerweile in einer anderen Klasse siehst. Und tief drinnen weißt du das. Du weißt, dass du einen Fehler machst und deswegen bildest du dir ein, Chace zu sehen, du fühlst dich zu wenig beachtet.".
Ich starrte sie mit offenem Mund an. Das hatte gesessen. Mitten ins Herz.
„So denkst du von mir?", hauchte ich leise.
Sie nickte und starrte auf ihre Finger: „Du hast dich verändert Ella.".
„Du bist doch selbst mit Liam zusammen, du hast dir doch einen Popstar geangelt.", fauchte ich und zog das Wort Popstar lächerlich in die Länge.
„Ich mag Liam aber, weil er ein ehrlicher, verlässlicher, netter Typ ist.".
Ich war so wütend. Ich sprang auf und pfefferte ein paar Scheine auf den Tisch.
„Ach und ich mag Harry nur weil er reich ist und ich auf ihn angewiesen bin. Ist ja nicht so, als würde ich selbst genug Geld haben und du lebst hier auf meine Kosten einen Lebensstandard, den die wenigsten Studenten kennen! Wer bist du und was hast du mit meiner besten Freundin gemacht?", schrie ich und stürmte aus dem Lokal.
Mir war egal, dass mich wahrscheinlich gerade zehn Paparazzi fotografiert hatten, als ich ausgerastet war, mir war egal, dass ich nicht alleine durch die Stadt laufen sollte und Mel nicht alleine lassen durfte, mir war alles egal. Ich wollte bloß weg von hier. Weg von ihr.
„Verfluchte Scheiße!", schimpfte ich und rannte blindlings durch die Gassen. Irgendwann war ich im Soho angekommen, keine besonders gute Gegend, dachte ich und stöhnte leise auf. Ich war so dumm, ich sollte nach Hause fahren. Soho war das Viertel mit der größten Verbrecherrate, ich trug ein weißes Kleid und goldene Schuhe, ich hätte mir genauso gut ein blinkendes Schild umhängen können, auf dem „REICH" stand.
Ich stand am Straßenrand und hielt Ausschau nach einem Taxi, doch natürlich war keines zu sehen.
Ich zog mir meine Tasche von der Schulter und kramte nach meinem Handy, Paul würde sicher sauer sein. Plötzlich wurde ich hart angerempelt. Im nächsten Moment sah ich nur jemanden laufen. Mit. Meiner. Tasche.
Ich schrie erzürnt auf und versuchte den Dieb zu verfolgen, doch in meinen Schuhen, hatte ich keine Chance, binnen weniger Sekunden, hatte ich den Kerl aus den Augen verloren.
„FUCK!", schrie ich und wischte mir über meine nassen Wangen. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass ich zu weinen begonnen hatte. Dann würde ich eben zu Fuß gehen, bis zu Jonathans Laden war es nicht all zu weit. Ich ging schimpfend und mit Tränen in den Augen los, als ich plötzlich meinen Namen hörte. Ich wirbelte herum.
„Ariella. Wie schön.".
Ich stand vor ihm. Er sprach mit mir. Er war wirklich da. Er war es. Das war keine Einbildung. FUCK.
Ich wich einen Schritt zurück und sah panisch in Chaces Gesicht.
„Wie?", hauchte ich nur.
Plötzlich packte mich jemand hart am Arm.
„Das erzähle ich dir, wenn wir uns in Ruhe unterhalten, Zuckerstück.", flüsterte Jason mir ins Ohr. Ich wollte schreien, doch seine Hand wanderte sofort zu meinem Mund. Jason und Chace? Ich verstand die Welt nicht mehr. In meinem Kopf drehte sich alles, das war zu viel für mich, ich war kurz davor umzukippen.
Ich vernahm einen eigenartigen Geruch, der von Jasons Hand ausging. Mir wurde so schwindlig, alles drehte sich und plötzlich wurde mir schwarz vor Augen.
Als ich die Augen wieder aufschlug, sah ich nur weiß. Ich lag flach auf einer weichen Oberfläche. Ich rappelte mich hastig auf. Ich lag auf einem Bett.
„Auch schon wach.".
Mein Kopf schnellte herum.
„Jason.", krächzte ich sprang auf.
„Nana... wer wird denn hier davonlaufen.", lachte er sanft, „Ariella, nur um das gleich klarzustellen, dir wird hier niemand etwas tun. Ich hole mir lediglich das, was mir zusteht, ich möchte mich nur mit dir unterhalten. Du kannst schreien, du kannst versuchen davonzulaufen, aber wir sind nicht mehr in London. Wir sind im Landhaus meines Dads, du kennst es.".
Natürlich kannte ich das beschissene Haus. Hier hatten früher Jasons Geburtstagsfeiern stattgefunden, bevor er ein kriminelles Arschloch wurde.
Ich ließ mich schwach zurück aufs Bett fallen.
„So ist es brav.", er lächelte breit.
„Chace.", flüsterte ich und sah mich im Raum um.
„Oh. Also das ist eine sehr lustige Geschichte.", kicherte Jason, „Daniel! Kommst du?", rief er plötzlich und die Tür öffnete sich wenige Momente später.
Da stand er wieder und sah mich an.
Ich wimmerte leise auf und rutschte ein Stück zurück.
„Das meine Liebste, das ist Daniel. Der Zwillingsbruder von Chace Millers, den du ja recht gut kennen solltest, er dich in letzter Zeit ein bisschen beobachtet.".
ZWILLINGSBRUDER! OH MEIN GOTT. Ich hatte an meinem Verstand gezweifelt und alle anderen hatten mir Wahnvorstellungen nachgesagt, doch an einen Zwilling hatte niemand gedacht.
„Wir haben uns gedacht, jemand der aussieht, wie jemand der im Gefängnis sitzt, ist als Spitzel vielleicht ganz gut.", lachte er und grinste mich stolz an.
„Okay.", ich atmete tief durch. Das hier war nur Jason. Ich wusste wie dieser Typ nackt aussah. Ich kannte ihn seit 8 Jahren, ich wusste, wie er mit Zahnspange und dem Mund voller Schokoeis aussah. Ich bekam sicher keine Panik, wegen fucking Jayjay. „Was willst du Jay?", fragte ich gelassen, ich benutzte absichtlich seinen Spitznamen, um seine Autorität ein wenig zu untergraben.
„Weißt du Süße, du hast mich und meinen Dad eine ordentliche Stange Geld gekostet, das hätten wir gerne wieder zurück.".
„Wieviel?", knurrte ich.
„Vier Millionen.".
Ich schnappte nach Luft. Das war mehr als ich gedacht hatte.
„Ich dachte mir schon, dass das ein Problem sein könnte.", sagte er und lächelte breiter, „erstens geben wir dir ein wenig Zeit um das Geld zusammenzukratzen, du bist immerhin umgeben von millionenschweren Schwuchteln und zweitens, schenke ich dir eine halbe Million, wenn du etwas für mich tust.".
Ich sah ihn fragend an.
„Zieh dich aus Ariella.", sagte er und erhob sich langsam von seinem Stuhl.
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Ihr Süßen!
Das ist nur der erste Teil des Kapitels, heute Abend kommt noch mehr, versprochen! :)
Ich würde mich trotzdem über Reviews freuen, auch wenn ihr mich anmotzt, weil ich mittendrin aufhöre.. haha
xx Lena
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