Maze in the Mirror
Zeitgleich übten die Jungs immer noch, als plötzlich Yeonjuns Handy klingelte.
„Wartet mal kurz", bat er und wunderte sich über die Nummer, die ihm angezeigt wurde. „Wer ist das denn?"
„Hast du die Nummer nicht eingespeichert?", fragte Kai.
Yeonjun schüttelte den Kopf und Taehyun zuckte mit den Schultern. „Vielleicht ist es die Krankenschwester"
Daran hatte er gar nicht mehr gedacht. Sofort ging er ans Telefon.
„Yooo, hier ist Choi Yeonjun"
Bora war sich nicht sicher, ob sie nicht doch wieder auflegen sollte.
„Ich bins. Lee Bora", sagte sie so leise wie möglich.
Ein breites Grinsen durchströmte sein Gesicht und die Jungs ahnten sofort, dass sie es sein muss.
„Die Krankenschwester", lächelte er.
„Schön, du erinnerst dich noch an mich", entgegnete Bora sarkastisch. „Ähm, hör zu, das ist mir mega peinlich, aber ich weiß nicht, wem ich sonst anrufen soll..."
„Eeeey, komm raus, du Schlampe!", unterbrach einer der Typen, was sie gerade sagen wollte.
Bora zuckte zusammen und ihr Puls ging wieder schneller. „Komische, betrunkene Typen sind hinter mir her und ich..."
„Wo bist du?"
Bora erstaunte, wie ernst er auf einmal klang. Sie sah sich um und versuchte ihm die genaue Straße zu nennen und wo sie sich befand.
„Ich bin gleich da. Bleib, wo du bist", sagte Yeonjun.
„Danke..."
Sie legten auf.
Die Jungs sahen Yeonjun überrascht an.
„Was ist passiert?", fragte Soobin sofort.
Yeonjun sprang auf und zog sich seine Jacke an. „Ich muss los. Ich erkläre es euch später"
„Ist was mit der Krankenschwester?", fragte Beomgyu.
„Ich erkläre es euch später, okay?"
Er stürmte aus dem Zimmer und aus der Wohnung und die Jungs sahen ihm verdutzt nach.
Soobin seufzte tief aus. „Das gefällt mir gar nicht. Es muss ihr irgendwas zugestoßen sein"
„Seltsam, weil wir doch vorhin noch darüber gesprochen haben", überlegte Taehyun.
„So viel zu deiner These, dass sie verzweifelt sein muss, um Yeonjun anzurufen, wenn sie in Not ist", kam es teils ernst, teils unernst von Beomgyu.
„Vielleicht hat sie keine Familie mehr und er war wirklich ihr einziger Ausweg", murmelte Kai. „Hmmm, wir hätten mitgehen sollen"
Soobin schüttelte den Kopf und zeigte auf Taehyun und Kai. „Euch zwei hätte er niemals mitgenommen, aber er sah nicht so aus, als hätten Beomgyu und ich mit ihm diskutieren können" Er machte eine kurze Pause. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich so was mal denke, aber... er scheint sie echt zu mögen"
„Was??" Beomgyu war so erschrocken über Soobins Worte, dass er fast vom Stuhl fiel.
Glücklicherweise fand Yeonjun in der Nähe der Stelle, die Bora ihm genannt hatte, einen Parkplatz, auf dem er parkte. Fast hätte er vergessen, sein Auto zu zusperren.
Er rannte in die Richtung, in der sich Bora befinden müsste und sah sich um. Da es schon dunkel war, konnte er nicht so viel erkennen, doch schon bald konnte er die Betrunkenen hören.
Er tat so, als sei er ein normaler Fußgänger und sah sich weiterhin nach Bora um. Schließlich sah er sie hinter den Mülltonnen sitzen. Er vermutete, dass sie für die Betrunkenen nicht sichtbar war aufgrund der Mülltonnen und dass nur er sie sehen konnte, weil von seiner Perspektive aus nichts im Weg stand.
Bora sah ihn, doch Yeonjun legte seinen Finger an den Mund, um ihr zu verdeutlichen, dass sie leise bleiben sollte.
Da sprach einer der Betrunkenen ihn an: „Ey, hast du so ne heiße Schnecke gesehen, die hier rumläuft?"
Yeonjun gab sich cool. „Die, die weggerannt ist?"
„Ja"
„Ja, die ist mir entgegengekommen. Sie ist in diese Straße abgebogen"
Er zeigte in die dunkle, enge Gasse links von ihm. Er wusste, niemand wäre so dumm in diese Gasse zu laufen, weil sie nämlich mit einer dicken Mauer und Unkraut endete und es nicht mehr weiterging. Doch er hoffte einfach, dass die Männer zu betrunken waren, um das zu wissen.
„Danke Bro!"
„Gerne!", rief Yeonjun ihnen nach und hob den Daumen hoch.
Alle vier Männer rannten an ihm vorbei bzw. humpelten teilweise an ihm vorbei und als er sie nicht mehr sehen konnte, rannte er zu Bora, nahm ihre Hand und zog sie mit sich.
„Warte! Wo laufen wir hin?", rief sie ihm zu.
Er antwortete nicht, doch schließlich blieb er keuchend vor seinem Auto stehen. Völlig außer Atem und zitternd sah Bora ihn verwirrt an.
„Ist das deins?"
Er nickte und bemerkte, wie sehr Bora zitterte. „Ist dir kalt?"
„Nein, geht schon"
Yeonjun verdrehte die Augen, zog seine Jacke aus und hängte sie Bora um. „Lüg doch nicht" Dann hielt er ihr die Beifahrertür auf. „Steig ein"
„Ich steig doch nicht in dein Auto. Ich kenn dich nicht und du kennst mich nicht", sagte Bora mit grimmigen Gesicht. „Außerdem ist meine Wohnung nicht weit"
„Ich habe dir gerade wahrscheinlich dein Leben gerettet und das mit dem Kennenlernen können wir ändern" Yeonjun lächelte sie flirty an.
Nun war Bora diejenige, die die Augen verdrehte und tief ausseufzte. „Aber ich kann auch zu Fuß gehen. Es ist wirklich nicht weit"
„In meinem Auto ist es warm und dir passiert nichts"
„Du meinst, ich soll dir vertrauen?" Er nickte und grinste. „Ich vertraue niemals jemanden. Niemals"
Yeonjun sah, wie verletzt sie wirkte, als sie dies sagte und sein Blick wurde versöhnlicher.
„Bitte. Nur noch dieses eine Mal. Lass mich dich nachhause bringen"
Eine Zeit lang, sah Bora ihn wütend an. Es widerstrebte ihr, seine Hilfe erneut anzunehmen. Es sprach gegen ihre Prinzipien, doch ihr war so kalt und sie war so müde und eigentlich hatte sie heute sowieso schon gegen ihre Prinzipien verstoßen, indem sie ihn angerufen hatte. Warum war er gekommen? Warum wollte er ihr unbedingt helfen? Und warum wirkte er jetzt so viel anders als neulich im Krankenhaus? Dort hatte er wie ein kompletter Vollidiot gewirkt, wie einer, der Frauen nur verarschte und sie war schon fast angewidert von ihm gewesen, aber jetzt wirkte er wie der süßeste Kerl, der ihr je begegnet war.
Ihre Miene erweichte sich, sie seufzte und sagte: „Okay, aber wehe, du kommst mir zu nahe!"
Yeonjun grinste schelmisch. „Dann steig ein"
Bora hielt inne. „Aber dann mache ich deinen Sitz nass"
„Du glaubst gar nicht, wie egal mir das ist"
Sie stieg ein, gurtete sich an und wischte sich unauffällig die Tränen in ihren Augen weg.
Bevor Yeonjun ausparkte, schaltete er die Heizung auf höchste Stufe. Danach sagte niemand etwas, doch tatsächlich war es Bora, die das Schweigen brach: „Warum hast du mir geholfen?"
„Ich habe dir doch gesagt, ruf mich an, wenn du Hilfe brauchst"
„Aber du kennst mich nicht"
„Das ist richtig, aber das würde ich gerne ändern" Er sah kurz zu ihr rüber und lächelte. „Du scheinst cool zu sein"
„Das denkst du? Ich bin durchgehend gemein zu dir"
„Genau deswegen"
Bora lachte. „Was?"
„Ja, jede Frau ist mir bis jetzt immer nachgelaufen, aber du warst die ganze Zeit genervt von mir und hattest meine Nummer schon seit einer Woche, ohne anzurufen"
„Muss schlimm sein, beliebt zu sein", sagte Bora in Sarkasmus getränkt.
Yeonjun lachte auf. „Schlimm ist es nicht, aber nach einer Weile nervt es"
Dazu sagte Bora nichts mehr. Sie erklärte ihm lieber den Weg und schwieg.
„Wird dir langsam warm?", fragte er schließlich und Bora nickte. Als er an einer roten Ampel hielt, fragte er: „Hast du keine Familie oder Freunde? Jeder an deiner Stelle hätte zuerst dort angerufen"
„Darauf antworte ich nicht"
„Und... hast du jetzt einen Freund?"
„Darauf antworte ich erst recht nicht!"
„Na ja, das wird sich dann ja bald ändern"
„Was?"
„Ich habe nichts gesagt", lachte Yeonjun und fuhr bei Grün über die Ampel.
Wenige Minuten später parkte Yeonjun vor Boras Wohnblock. Bora zog Yeonjuns Jacke aus und gab sie ihm wieder. Es war ihr extrem unangenehm, weil sie nicht wusste, was sie sagen sollte.
Peinlich berührt, stiegen beide aus.
„Also... Yeonjun... danke..."
Er lächelte breit und fuhr sich durch die Haare. „Immer wieder gerne. Ich bin gerne dein Ritter in goldener Rüstung"
Bora verdrehte die Augen. „Gute Nacht und... fahr vorsichtig"
Yeonjun grinste verschmitzt. „Klar"
Die beiden verbeugten sich voreinander und Bora kramte nach dem Haustürschlüssel, während sie weg ging. Yeonjun sah ihr noch eine Weile nach und sein Lächeln ebbte ab. Als er wieder ins Auto stieg und nachhause fuhr, dachte er nur daran, was wohl dazu geführt haben musste, dass sie nicht über ihre Familie oder Freunde sprach oder warum sie so offensichtlich keine Hilfe annehmen konnte. Trotz Todesangst hatte sie gezögert, in sein Auto zu steigen.
Er würde auf alle Fälle versuchen, sich ihr anzunähern. Er spürte, dass sie jemanden brauchte. Jemand, auf den sie sich verlassen konnte und dieser Jemand wollte er sein.
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