9. | Ein bittersüßer Kuss (1/3)
Dracos POV
„Ich denke, wir sollten langsam zurückgehen. Unsere Freunde machen sich bestimmt Sorgen um uns, es ist nämlich schon ziemlich spät.", zerstörte sie nach Stunden oder gar Tagen, ich wusste es nicht, schließlich meine Hoffnung, für immer in dieser Position auf dem Baumstamm zu sitzen, doch ich wusste genau, dass sie recht hatte, denn ihre Freunde hatten vermutlich bereits einen Suchtrupp losgeschickt.
Widerwillig nahm ich also meinen Kopf von ihrem, damit sie sich von meiner Schulter lösen konnte, ehe ich aufstand und ihr meine Hand reichte, um ihr, wie ein Gentleman, dadurch das Aufstehen zu erleichtern und...naja...um ihre Hand zu halten. Lächelnd griff sie nach dieser und ließ sich von mir nach oben ziehen, sodass wir uns im nächsten Augenblick gegenüberstanden und uns ansahen.
Ich verlor mich mit der Zeit immer mehr in den Tiefen ihrer rehbraunen Augen und bekam nur noch schwer Luft, denn ihr Anblick war einfach atemberaubend. Mein Magen machte mehrere Purzelbäume und Saltos, während mein Herz für einen kurzen Moment aussetzte, um anschließend im tausendfachen Tempo weiterzuschlagen.
Ich verstärkte den Druck um ihre Hand, da ich das Gefühl hatte, jeden Moment den Boden unter den Füßen zu verlieren, doch durch diese Geste wurde ihr offensichtlich erst bewusst, dass unsere Hände noch immer verschränkt waren, denn ihre bis eben noch strahlenden Augen weiteten sich augenblicklich und schielten schließlich zu Boden, bevor sie sich aus meinem Griff löste und sich verlegen räusperte.
Mein Körper handelte daraufhin wie von selbst, als ich vorsichtig eine Hand auf ihre Wange legte und ihr Gesicht zurück zu mir drehte, damit wir uns wieder in die Augen schauen konnten.
„Denk nicht so viel.", flüsterte ich und versuchte, sie so liebevoll wie möglich anzulächeln.
Während mein Daumen sanft über ihre weiche Haut streichelte und sie sich dieser Berührung offenbar nicht entziehen wollte, machte ich einen weiteren Schritt auf sie zu und strich ihr eine Haarsträhne hinters Ohr, die sich in ihren Wimpern verfangen hatte.
Mein Blick wanderte dabei zu ihren perfekt geformten Lippen, die mich ein wenig verunsichert anlächelten, woraufhin ich mich wieder auf ihre Augen konzentrierte. Meine zweite Hand fand auf ihrer anderen Wange Platz, die ich keine Sekunde später ebenso zärtlich streichelte wie die andere.
Je länger ich sie ansah, desto mehr verlor ich die Beherrschung und mir wurde immer bewusster, dass ich geliefert war.
Tausend Gedanken schossen mir in diesem Moment durch den Kopf und dennoch interessierte mich nur einer, nämlich, dass ich verdammt nochmal Hermine Granger küssen wollte.
Da ich sie nicht einfach überrumpeln oder über sie herfallen wollte, suchte ich in ihren Augen krampfhaft nach einer Erlaubnis, doch vergeblich.
Ich spürte ihren warmen und unregelmäßigen Atem auf meiner Haut und fragte mich, wann und vor allem wie es passiert war, dass unsere Gesichter nur mehr so weit voneinander entfernt waren, dass unsere Nasenspitzen sich fast berührten.
Alles in mir schrie danach, dem Drang nachzugeben, doch eine letzte, anständige Gehirnzelle in meinem Kopf mischte sich ein und gab mir zu verstehen, dass die ehemalige Gryffindor das nicht gutheißen, geschweige denn überhaupt zulassen würde, doch diese lästige, innere Stimme verstummte sofort, als Grangers Blick plötzlich zu meinen Lippen huschte.
Das war für mein – gerade ohnehin nur aus Wackelpudding bestehendes – Gehirn genug Einverständnis und ich konnte mich diesem Verlangen nicht mehr länger widersetzen.
Ich sah ihr ein letztes Mal tief in die Augen, ehe ich meine eigenen schloss, mich langsam zu ihr herunterbeugte und sie zärtlich küsste.
Bei Salazar, kein Wort dieser Welt konnte beschreiben, wie es war, Hermine Granger zu küssen.
Ihre weichen Lippen drückten sich gegen meine und es war, als wären sie nur für mich gemacht worden. Als wären meine das Gegenstück zu ihren und hätten nur darauf gewartet, endlich zueinander zu finden.
Ich hatte damit gerechnet, dass sie sich sofort von mir lösen oder mir eine Ohrfeige verpassen würde, doch sie erwiderte diesen Kuss von der ersten Sekunde an mit einer Selbstverständlichkeit, die ich niemals für möglich gehalten hatte, und all das setzte eine tiefe Sehnsucht in mir frei, die ich jahrelang zu verstecken versucht hatte.
Mein Körper wurde von einer enormen Hitzewelle durchströmt, während meine Gefühle und Emotionen mich überrollten wie eine Lawine, was mich beinahe umhaute.
Granger roch verdammt nochmal wie eine personifizierte Blumenwiese und brachte mein Herz für einige Sekunden zum Stillstand, als sie ihre zarten Hände an meine Taille legte und mich noch näher zu sich zog - falls das überhaupt noch möglich war.
Meine Euphorie machte allerdings allmählich der bitteren Realität Platz, denn ich hatte keine Ahnung, was nach unserem Kuss passieren würde oder wie sie reagieren könnte und das bereitete mir zunehmend Sorgen.
Vorsichtig und in Zeitlupentempo lösten wir uns wieder voneinander und während ich immer noch ihr Gesicht in meinen Händen hielt, da ich Angst hatte, sie würde einfach davonlaufen, öffnete ich todesmutig meine Augen.
Ihre Wangen hatten einen rötlichen Ton angenommen und ihr lieblicher Duft vernebelte mir das letzte bisschen Denkvermögen, das sich während des Kusses noch nicht aus dem Staub gemacht hatte.
Auf ihren Lippen zeichnete sich ein Lächeln ab, das um ehrlich zu sein eher gezwungen als gewollt aussah, doch ich konnte es ihr nicht verübeln. Ich wusste gerade selbst nicht, wie ich hätte reagieren sollen oder was ich noch hätte sagen können, und während ich ihr in diesem Moment jedes Wort geglaubt hätte, wäre alles, was ich hätte sagen wollen, unangebracht gewesen.
Und damit meinte ich auch alles, doch als wäre die Situation nicht schon unangenehm genug gewesen, meldete sich ausgerechnet der dümmste Teil meines Gehirns zu Wort.
Obwohl es lediglich ein Flüstern war, verstand sie jedes Wort und ihr geschocktes Gesicht im Anschluss gab mir den Rest.
Kurz gesagt: Ich hatte vollkommen verkackt.
„Ich mag dich übrigens auch. Und zwar schon länger, als du dir überhaupt vorstellen kannst."
Hermines POV
„Ich mag dich übrigens auch. Und zwar schon länger, als du dir überhaupt vorstellen kannst."
Scheiße noch eins, was sollte das denn bitte heißen? Er hatte mich in den letzten Jahren bei jeder Gelegenheit gedemütigt, sich über mich lustig gemacht und mich Schlammblut genannt, also warum verdammt sagte er das?
Hätte er nicht einfach nichts sagen können? Hätte er mich nicht einfach ins Wasser schmeißen können und mir spottend klarmachen, dass alles nur ein Scherz war? Dass selbst ein Schlammblut wie ich einem Malfoy früher oder später verfallen würde?
Doch nichts dergleichen geschah.
Stattdessen lächelte er mich an und streichelte über meine Wangen, die vermutlich wieder einmal viel zu rot waren.
Ich hatte Draco Malfoy geküsst.
Ich hatte den Feind geküsst.
Doch das Schlimmste an der ganzen Sache war wohl immer noch, dass ich es gewollt, zugelassen und genossen hatte.
Sämtliches Sprach- und Denkvermögen hatte sich ab dem Moment, in dem seine Lippen meine berührt hatten, von mir verabschiedet und so konnte ich ihn jetzt nur fassungslos anstarren. Der Grund hierfür war jedoch weniger der Kuss an sich, sondern viel mehr sein seltsamer Kommentar, aus dem ich einfach nicht schlau wurde.
Ich hatte das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen, da sich ein riesiger Kloß in meinem Hals gebildet hatte, der mich zu ersticken drohte.
In meinem Kopf herrschte ein einziges Chaos und ich musste mich stark zusammenreißen, nicht in Tränen auszubrechen, denn diese Reaktion auf einen Kuss wäre vermutlich genauso dämlich gewesen, wie sein zusammenhangsloser Satz, doch wenn eines klar war, dann, dass ich hier nicht länger bleiben konnte.
Etwas zögerlich trat ich ein paar Schritte zurück und umfasste seine Handgelenke mit meinen Händen, um mich aus seinem Griff zu lösen und so viel Abstand wie möglich zwischen uns zu bringen.
Mit ernüchtertem Blick verfolgte er jede meiner Bewegungen, während ich mich immer weiter von ihm distanzierte.
Ohne ein weiteres Wort zu sagen, drehte ich mich kopfschüttelnd um und rannte den steilen Hügel hinauf nach Hogwarts.
„Granger! Warte!", hörte ich ihn mir hinterherrufen, doch ich wollte nicht stehen bleiben.
Ich wollte weg von ihm, alleine sein und hoffen, dass das alles nur ein böser Traum war...
>>>
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro