17. | Look closer - Verschollene Erinnerungen (1/3)
Erzähler POV
„Was soll das sein?", wollte Hermine aufgebracht wissen und tauchte bewusst aus den Erinnerungen von Draco auf.
Dieser saß ihr nach wie vor im Raum der Wünsche gegenüber und sah sie nun schuldbewusst an.
„Die Wahrheit.", antwortete er bedrückt, doch die Brünette glaubte, sich verhört zu haben.
„Die Wahrheit?! Ich werde mich doch wohl daran erinnern, wenn ich mit dir geredet hab! Was versuchst du mir hier eigentlich weiszumachen?!" „Hermine, bitte. Schau dir doch erst mal den Rest an und-"
„Nein!", fiel sie ihm scharf ins Wort. „Sag mir erst, was das soll! Und warum eigentlich inzwischen Hermine, hmm?"
„Bitte, schau dir den Rest an, dann verstehst du es! Du glaubst mir gerade nicht, was ich auch verstehen kann, denn es... es hat einen Grund, warum du es nicht kennst." „Was?"
„Na, die Erinnerung von eben. Du kennst sie nicht, weil... verdammt, bitte! Vertrau mir nur dieses eine Mal!", flehte der Blondschopf sie an und hatte sichtlich mit Tränen zu kämpfen, was auch Hermine nicht entging und sie stutzig werden ließ.
„Bitte.", bat er sie ein weiteres Mal, was letztlich etwas in der Brünetten auslöste, denn es schien ihm wirklich wichtig zu sein. Sonst würde er wohl nicht mit nassen Augen und diesem betrübten Blick vor ihr sitzen, oder?
Er hatte ihr ja gesagt, dass einige seiner Erinnerungen verschwommen und unklar sein würden, weil er sie damals hatte verstecken müssen, doch warum kam ihr dann alles so unbekannt vor?
Wenn sie an das erste Schuljahr zurückdachte, fielen ihr nämlich nur die Erlebnisse mit Harry und Ron ein, aber eine Unterhaltung mit Draco Malfoy wäre ihr doch sicherlich im Gedächtnis geblieben, oder?
„Okay...", gab sie sich schließlich geschlagen, da sie viel zu neugierig war, um diese Sache hier einfach zu beenden, was den Blonden erleichtert aufatmen ließ.
Sie sah ihm wieder tief in die Augen, flüsterte den Zauberspruch und tauchte erneut in die von ihm als Wahrheit betitelte Welt ein.
Das Bild war etwas unklar, doch das Wesentliche war dennoch zu sehen, denn Hermine sah ihr jüngeres Ich, nach wie vor im ersten Schuljahr, in der Bibliothek sitzen.
Dem Wetter nach zu urteilen, das sie aus einem der Fenster beobachten konnte, musste diese Szene irgendwann im Winter gespielt haben, denn die Ländereien und Bäume waren von Schnee bedeckt.
Sie stöberte interessiert in einem Buch, das beinahe größer war als sie selbst, und schien alles um sich herum auszublenden, denn sie bemerkte den kleinen, blonden Jungen, der auf sie zuging, nicht.
„Hallo mein kleiner Bücherwurm.", begrüßte dieser die kleine Hexe, die daraufhin zusammenzuckte und ihren Blick schließlich doch von ihrer Lektüre abwandte.
„Da bist du ja endlich! Du bist ja schlimmer als Harry und Ron!"
Erneut konnte die echte Hermine nicht fassen, was sie zu sehen bekam, denn Dracos und ihr eigenes jüngeres Ich schienen sich mehr als nur gut zu verstehen, was ihr nach wie vor ein riesiges Rätsel war.
„Ich bin tatsächlich in etwas besser als der heilige Potter?", spottete der junge Draco, der laut gluckste und sich neben die Brünette setzte, die nach seiner Aussage mit den Augen rollte.
„Ja, im Zuspätkommen! Wie auch immer...Was machst du in den Weihnachtsferien?" „Ich fahr nach Hause zu meinen Eltern."
„Ja, schon klar. Aber wie feiert ihr Weihnachten so?", fragte die Kleine neugierig, was ihre ältere Version verstört zur Kenntnis nahm, denn sie konnte nicht glauben, dass sie sich über Weihnachten unterhielten, oder besser gesagt, überhaupt miteinander sprachen, doch sie hatte Malfoy ja versprochen, ihm zu vertrauen und seine Erinnerungen anzusehen.
„Gar nicht.", antwortete dieser, was die kleine Hexe geschockt dreinschauen ließ.
„Was?" „Wir feiern kein Weihnachten. Meine Familie steht nicht so auf den ganzen Kitsch. Bei uns ist das ein Tag wie jeder andere." „Das heißt...keine Geschenke? Kein Festessen? Kein...gar nichts?"
„Nope.", resümierte der Blonde und kassierte einen verständnislosen Blick seines Gegenübers.
„Aber...das ist doch die beste Zeit im ganzen Jahr und-"
„Ganz bestimmt nicht!", fiel er ihr ins Wort.
„Aber Zeit mit der Familie zu verbringen ist das Schönste, was es g-"
„Hermine! Nein! Glaub mir, in meiner Familie ist die schönste Zeit, wenn ich keinen der beiden zu Gesicht bekomme.", unterbrach er sie erneut, wodurch sie letzten Endes verstummte.
„Reden wir über was anderes bitte! Was liest du da?", lenkte er schließlich das Gespräch in eine andere Richtung, dem die Brünette nur zu gern zustimmte, denn seine Aussage hatte ihr tatsächlich für einige Sekunden die Sprache verschlagen.
„Eigentlich nichts Besonderes. Ich hab das Buch in den Regalen gefunden und wollte es lesen."
„Worum geht's in dem riesigen Schinken denn?", staunte der Blonde nicht schlecht, als er das hüfthohe Werk auf dem Tisch genauer betrachtete.
„Das ist eine Auflistung über außergewöhnliche magische Gegenstände und besondere Zauberer."
„Besondere Zauberer? Steh' ich da auch drin?", feixte der kleine Draco, was sowohl die jüngere, als auch die ältere Hermine zum Schmunzeln brachte, denn in dieser Szene erkannte sie das erste Mal den Draco, der er in den letzten Jahren tatsächlich gewesen war, nämlich ein sehr von sich selbst überzeugter Bengel.
„Irgendwann bestimmt.", lächelte ihre mittlerweile zwölfjährige Version jedoch süßlich, was Hermine einmal mehr aus dem Konzept brachte.
Sie fragte sich, wie um alles in der Welt es dazu gekommen sein sollte, dass sie sich jemals derartig freundlich mit Draco Malfoy unterhalten hatte. Ohne sich auch nur im Geringsten daran zu erinnern wohlgemerkt.
„Hast du keine Angst, dass deine dämlichen Freunde uns hier sehen könnten?", hakte sein jüngeres Ich gelassen nach, sodass Hermine wieder aufhorchte.
„Sei nicht so gemein. Aber nein, hab ich nicht. ICH hab nämlich kein Problem damit, dass ich mit dir befreundet bin. Ich würde es ihnen sogar erzählen, aber du musst ja was dagegen haben." „Ey, ich hab auch kein Problem damit! Aber-"
„Jaja, dein Vater!", unterbrach die kleine Hexe ihren gleichaltrigen Freund und verdrehte dabei die Augen.
„Kann ich doch auch nichts dafür. In den Ferien erzähl ich ihm einfach von dir und davon, wie schlau du bist. Dann merkt er ja, dass seine Ansichten nicht stimmen."
„Wenn du meinst." „Sei jetzt nicht eingeschnappt! Und jetzt komm mit, ich hab 'nen ziemlich coolen und abgelegenen Ort gefunden."
„Was sollen wir da machen?", wollte sie wissen, doch der Blonde hatte sie bereits an der Hand gepackt und sie von ihrem Stuhl gezogen.
„Warte! Ich will mir das Buch noch ausleihen!", hielt sie ihn zurück und rannte erneut zu ihrem Platz, um den 'riesigen Schinken' mitzunehmen.
Die Szene war nach wie vor unscharf, doch Hermine erkannte das Buch bei genauerem Betrachten sofort, denn es war das, in dem sie nach den Weihnachtsferien im ersten Schuljahr den Beitrag über Nicolas Flamel und den Stein der Weisen gefunden hatte.
In ihrem Kopf ratterte es erneut gewaltig, denn diese ganzen Eindrücke waren zu viel für sie.
Einmal mehr suchte sie in ihrem Kopf nach ihren eigenen Erinnerungen, denn diese Szene war ihr ebenso suspekt wie die anderen, doch auch dieses Mal fand sie nichts.
Dass sie das Buch ausgeliehen hatte, wusste sie natürlich, doch nach genauerem Überlegen fehlte ihr das 'Wann?', 'Wie?' und 'Wo?'...
Sollte das also wirklich die Wahrheit sein?
Sie war zu dieser Zeit nur mit Harry und Ron befreundet gewesen, das wusste sie genau, doch warum versuchte Draco gerade, ihr etwas anderes weiszumachen?
Tausend Fragen schossen ihr durch den Kopf, doch sie versuchte angestrengt, den weiteren Bilder zu folgen, um nicht noch einen wichtigen Hinweis zu übersehen.
Ihr jüngeres Ich schlenderte neben dem kleinen Draco, der ihr wie ein echter Gentleman das Buch abgenommen hatte, durch die Korridore von Hogwarts, bis der Blonde in einen Gang abbog.
Und erneut verschlug es der echten Hermine die Sprache, denn sie kannte diesen abgelegenen Ort.
Nicht, weil sie sich selbst an damals erinnern konnte, sondern weil es jener kleine Gang war, in dem sie und Malfoy sich im neuen Schuljahr des öfteren begegnet waren. Zuletzt nach ihrer Flucht aus Verteidigung gegen die dunklen Künste, als er sie dort weinend vorgefunden hatte.
Nun beobachtete sie mit klopfendem Herz ihr Erinnerungs-Ich und den kleinen Draco, die sich nebeneinander vor dem großen Fenster niedergelassen hatten.
„Ich hab uns bisschen was mitgebracht.", erzählte der Blonde ganz hibbelig und schüttete seine Tasche über dem Boden aus, sodass einige Schulbücher, Pergamente und Unmengen an Süßigkeiten herausfielen.
„WOW!", staunte die kleine Hexe mit großen Augen.
„Aber du weißt schon, dass man nicht zu viel davon essen darf, oder? Meine Eltern sind nämlich Zahnärzte und die sagen immer, dass zu viel Zucker schlecht für die Zähne ist!", plapperte die Zwölfjährige schließlich, was den Blonden offensichtlich nicht interessierte, denn dieser hatte bereits einen Schokofrosch verschlungen und eine Packung Bertie Botts Bohnen geöffnet.
Hermine belächelte die Situation, denn ihr wurde einmal mehr vor Augen geführt, wie verdammt besserwisserisch sie manchmal gewesen war.
„Was sind Zahnärzte?", erkundigte er sich, während er sich eine der Bohnen in den Mund warf, die er jedoch wenige Sekunden später wieder ausspuckte. „Ihhhh Erbrochenes!"
Anders als die echte Hermine, die auf diese Aktion hin angewidert das Gesicht verzog, brach ihre jüngere Version in schallendes Gelächter aus und klopfte ihrem Freund belustigt auf die Schulter, was ihr letztlich erneut das Herz erwärmte, denn diese Szene war wirklich goldig.
„Was sind denn jetzt Zahnärzte?", hakte der Blonde interessiert nach, als sie sich wieder beruhigt hatten und er sich gerade einen weiteren Schokofrosch nahm.
„Die behandeln und untersuchen Zähne. Und so viele Schokofrösche wie du isst, musst du da bestimmt auch mal hin!"
„Das ist es mir wert. Hier, nimm dir eine von den Bohnen.", schmunzelte der kleine Draco und hielt der Brünetten die große Schachtel mit den bunten Bonbons hin, in die sie mit geschlossenen Augen griff.
Etwas zögerlich ließ sie die kleine Süßigkeit in ihren Mund wandern und kaute vorsichtig darauf herum, bis sie erleichtert aufatmete und genüsslich den Rest verschlang.
„Was war es?", wollte der Kleine wissen und sah seine Freundin gespannt an.
„Pfefferminz." „Ihhh, Pfefferminz? Und das schmeckt dir?"
„Ja, es schmeckt wie Zahnpasta.", grinste die kleine Gryffindor süßlich und schnappte sich nun auch einen der vielen Schokofrösche.
Die Szene löste sich auf, was Hermine etwas wunderte, denn wirklich schlau war sie daraus nicht geworden.
Ähnlich wie in der ersten Erinnerung, befand sie sich in der nächsten erneut im Hogwarts-Express. Auch diese war leicht verschwommen, doch sie fand den kleinen Draco dank seiner hellen Haare sofort und neben ihm, mal wieder, ihr eigenes jüngeres Ich.
„Wann war das?", fragte die echte Hermine laut, in der Hoffnung, Malfoy könnte ihr dies trotz der laufenden Erinnerung beantworten, was er auch tat.
„Immer noch erstes Schuljahr. Wir sind in die Weihnachtsferien gefahren."
Hermine meinte, aus seiner Stimme etwas Verzweiflung herauszuhören, doch sie konzentrierte sich vorerst auf die Bilder, die sie sah.
Ihre jüngere Version saß in einem Abteil mit dem Blonden, der die vorbeiziehende Landschaft beobachtete und nervös seine Hände knetete.
Sie fragte sich, warum sie nicht bei Harry und Ron gewesen war, doch nur wenige Sekunden später fiel es ihr wieder ein, denn die beiden hatten die ersten Weihnachtsferien gemeinsam in Hogwarts verbracht, da Harry nicht bei den Dursleys hatte feiern wollen und Rons Eltern bei seinem Bruder in Rumänien gewesen waren.
„Bist du aufgeregt?", vernahm sie ihre eigene, zwölfjährige Stimme, die ihr Gegenüber besorgt musterte.
„Ein bisschen. Aber es wird schon alles gutgehen. Mein Vater wird seine Meinung bestimmt auch ändern, wenn ich erst mal von dir erzählt hab."
„Hmm...", murmelte die kleine Hexe betrübt und sah ebenfalls aus dem Fenster, worauf die Szene erneut wechselte.
Diese spielte offenbar nur wenige Stunden später, denn die beiden saßen noch immer im Zug und schnatterten wild durcheinander, während sie sich einmal mehr ihre Bäuche mit tonnenweise Süßkram vollschlugen.
„Wir sind gleich da. Wir müssen noch den Saustall hier aufräumen und dann muss ich gehen.", meldete sich der kleine Draco zu Wort und verstaute seine Sachen, die er im gesamten Abteil verteilt hatte, wieder in seiner Tasche.
Dann nahm er seinen Koffer von der Ablage und wuchtete diesen auf den Sitz, um ihn zu öffnen und eine große Tüte Bonbons herauszuholen. Er strich kurz über die Verpackung und drehte sich letztlich zu seiner kleinen Freundin um, die jeden seiner Handgriffe genau verfolgt hatte.
„Das ist für dich.", streckte er ihr diese beinahe schon schüchtern entgegen, während seine Bäckchen sich zartrosa färbten.
„Frohe Weihnachten, Hermine.", fügte er hinzu und gab der Kleinen einen flüchtigen Kuss auf ihre Wange, die daraufhin ebenso rot wurde wie er selbst.
Mit kleinen Tränen in den Augen verfolgte die echte Hermine diese kindliche und doch liebevolle Geste, was ihr Herz auf das Doppelte anschwellen ließ. Sie begutachtete die Verpackung genauer und begann daraufhin wirklich fast zu weinen, denn der kleine Bengel hatte sich tatsächlich Gedanken gemacht.
Draco hatte ihr eine große Packung 'Zahnweiß-Pfefferminzlakritze' gekauft, auf die er in leicht krakeliger Schrift geschrieben hatte:
'Weil du Pfefferminz und Zahnpasta so gerne magst. In der Hoffnung, dass du nach diesen nicht auch zum Zähnearzt musst.'
Sie konnte nicht anders, als über die Bezeichnung 'Zähnearzt' zu lachen, doch gleichzeitig fand sie es verdammt niedlich, dass der kleine Blonde sich diese Information damals gemerkt hatte.
„Ich hab auch was für dich.", strahlte die kleine Hexe und griff tief in ihre Tasche, um ein in grün und silber verpacktes Geschenk herauszuholen.
Vorsichtig nahm der kleine Draco das kleine Präsent entgegen und öffnete es ganz langsam. Seine Augen weiteten sich schlagartig, als er den Schokofrosch und den Schlüsselanhänger entdeckte, den ihm seine gleichaltrige Freundin schenkte.
Der Blonde nahm den Anhänger und strahlte überglücklich, während er mit seinem Daumen über das Foto strich, das sich in dem kleinen, herzförmigen Bilderrahmen des Schlüsselanhängers befand.
Darauf waren die kleine Hermine und der kleine Draco zu sehen, wie sie nebeneinander standen und frech in die Kamera grinsten.
„Das war der Tag, an dem ich dir gezeigt hab, wie ein Fotoapparat funktioniert. Ich hab mir gedacht, dass ich es dir als kleines Andenken schenken könnte.", erklärte die kleine Brünette dem Elfjährigen und somit auch der echten Hermine, der es nach einem Blick auf das süße Foto nun doch die Tränen aus den Augen trieb.
Gerade als sie sich diese wegwischen wollte, spürte sie etwas an ihrer Hand, was sie erschrocken zusammenzucken und zurück in den Raum der Wünsche katapultieren ließ...
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