Kapitel I - Tod und ein Gott
2038. Das Jahr, dass mein Leben komplett auf den Kopf stellte. Genauer gesagt, war es am 18.07.2038. Der dritte Weltkrieg war inzwischen ausgebrochen und wüteteseit Jahren. Immer wieder hörte man, wie ganze Städte durch die neuen biologischen Waffen ausgelöscht und Bomben und Raketen gezielt an bestimmte Orte geschickt würden. Tja, geglaubt habe ich das schon. Aber dass mir so etwas widerfahren würde, nicht.
Es war an diesem Tag, an dem rund um den Ort Raketen runtergingen und uns so im Ort gefangen hielten. Dann fiel plötzlich ein metallener Stab zu Boden. Beim Aufprall hätte man ein Klicken hören können, hätten die Raketen nicht alles übertönt. Nur Sekunden später trat giftgrünes Gas aus. Als die ersten Leute zusammenklappten, fiel es auf und alle, die in der Öffentlichkeit waren, stoben auseinander und versuchten, möglichst schnell in die abgesicherten Bunker zu gelangen, die überall gebaut worden waren. Jeder Ort hatte mindestens einen dieser Bunker erhalten, die unter der Erde lagen und speziell gegen biologische Waffen und die üblichen Bomben, Raketen und sogar Atombomben abgesichert waren. Ja, in diesem einen Punkt hatte der Staat tatsächlich mal was bewirkt. Und sogar rechtzeitig. Geholfen hat es leider nicht. Meine Familie hat es nicht geschafft. Ich war schon im Bunker und wartete. Doch meine Eltern kamen nicht. Als die Entwarnung kam, war ich einer der ersten Personen, die den Bunker wieder verließen. Ich stürzte Richtung unseres Hauses, obwohl ich eigentlich schon wusste, was passiert war.
Unser Haus lag direkt am Stadtrand, dort, wo die Raketen eingeschlagen hatten. Eine der Raketen war in unser Haus gestürzt und hatte es bis auf die Grundfesten zerstört. Und meine Eltern lagen unter dem Schutt begraben. Ein Arm schaute zwischen den Trümmern hervor und bedeutete das unheilvolle Ereignis, dass hier stattgefunden hatte. Wütend und traurig setzte ich mich auf die kleine Treppe vor dem Haus, die wie ein Wunder noch stand, und vergrub meine Händen in meinem Gesicht. Mir lag so vieles auf der Zunge, und doch kam kein Wort über meine Lippen.
Nach einer Weile sah ich aus dem Augenwinkel, wie sich jemand neben mich setzte. „Es tut mir leid", meinte eine freundliche Stimme. „Sie können ja nichts dafür." „Das stimmt. Aber es nie schön, wenn man seine Familie verliert. Unter welchen Umständen auch immer." „Mmm." Ich sagte nichts, schon da ich nicht konnte. In meinem Hals steckte ein dicker Kloß, und ich spürte, wie sich Tränen in meinen Augen sammelten. Der Typ neben mir schien das zu bemerken und legte mir eine Hand auf meine Schulter. "Lass sie einfach laufen. Manchmal ist es wichtig, dass man seinen Gefühlen den Raum gibt, den sie gerade brauchen. Glaub mir, ich weiß dass besser, als jeder andere." Er lachte leise. Ich erwiderte nichts. Ich zog schlicht meine Knie näher an mich ran und befolgte seinen Rat. Tränen liefen über mein Gesicht und unkontrollierbare Schluchzer kamen aus meinem Mund. Nach einer gefühlten Ewigkeit verebbten die Tränen wieder, doch ich blieb in meiner Position, die Beine eng am Körper, die Arme um die Beine geschlungen und mein Kopf zwischen den Knien. Es war, als wäre ein wichtiger Teil in mir unheilbar zerbrochen.
Schließlich hob ich dann doch meinen Kopf, um dem Typen neben mir zu danken. „Danke..." Mein Atem stockte, als ich erkannte, wer die Person neben mir war. Neben mir saß eine Person mit zurückgekämmtem, leicht lockigem, etwa schulterlangem, schwarzen Haar. Seine blauen Augen strahlten irgendwas beruhigendes aus. Er trug eine grüne Jacke aus einem Stoff, der an Leder erinnerte, an den Ärmeln waren vergoldete Muster eingenäht worden und an einem Gürtel trug er einen Dolch, dessen sichtbarer Griff ebenfalls aus Gold zu bestehen schien. Und obwohl seine Gesichtszüge sich von denen aus den Filmen unterschied, war es doch eindeutig. Vor mir saß niemand anderes als Loki, der Gott des Schabernacks, Sohn von Laufey, Adoptivsohn von Odin, dem Allvater. Aber es war nicht der Schauspieler, denn das war unmöglich, da dieser einer der vielen Opfer des Krieges geworden war. Und das bedeutete, dass dies wirklich Loki war. „Sind... Sind... Sind Sie... ähm... Sind Sie... Loki?" Loki schaute mich überrascht an und nickte dann. "Woher weißt... Woher wissen Sie das?" „Es gibt da so eine Filmreihe, wo sie den Bösewicht spielen. Aber... heißt das... also... das es Asgard und so wirklich gibt?" „Ja. Was mache ich im der Filmreihe?" „Also..." Mir lagen so viele Fragen auf der Zunge, doch ich versuchte, erst mal auf eine Antwort auf Lokis Frage zu finden. „In... In der Reihe bist du eifersüchtig auf Thor, findest raus, dass du eigentlich der Sohn von Laufey bist, stirbst ein paar mal scheinbar, versucht, den Tesserakt zu stehlen, hilfst Thor, wirst irgendwann wieder gut und stirbst dann durch Thanos, während eine Vergangenheitsversion von dir den Tesserakt in die Zukunft mitbringt und dann in einer eigenen Serie weiterlebt. Die musste dann irgendwann abgebrochen werden, weil der Darsteller von Loki,... also... von dir... dank dem Krieg gestorben ist. Ach ja, und bei dem Versuch, den Tesserakt für dich zu nutzen, legst du New York mithilfe der Centauri in Schutt und Asche." „Wow." Loki sagte eine ganze Weile nichts mehr. Offenbar musste er die neuen Informationen erstmal verdauen.
Warum ich sitzen geblieben war, weiß ich bis heute nicht. Aber es sorgte für so einiges, was ich mir nie hätte ausmalen können. Wobei, wer weiß, was passiert wäre, wäre ich gegangen. Aber wohin hätte ich auch gehen sollen. Ich hatte kein Zuhause mehr, meine gesamte Familie war im Krieg getötet worden und Kontakt zu meinen Freunden aufzunehmen war ebenfalls nicht möglich. Also saß ich auf der Treppe neben einem Gott, von dem die Filme nichts Gutes bereithielten und fragte mich, wie dass alles sein konnte. Loki fragte schließlich die Frage, mit der alles begann: „Sind die Filme, also, sind sie in deiner Erinnerung gespeichert?" Ich überlegte kurz. „Ja. Denke schon. Wieso?" „Ähm, also... ich kenne einen Ort, an dem man sich Erinnerungen nochmals anschauen kann. Und ich denke, ich würde mir die Filme gerne einmal anschauen." „Aha." Irgendwie war das Ganze so seltsam, diese ganze Situation, dass ich während eines Krieges neben dem Gott des Schabernacks saß, der eigentlich nur in Geschichten existieren sollte, mich nun irgendwie getröstet hatte und nun bat, ihm meine Erinnerungen zu zeigen. „Und, wie bist du wirklich?", war das einzige, was ich schließlich herausbekam." „Nun, ich hatte es tatsächlich nicht einfach in meiner Kindheit", erzählte Loki, „ich war immer eifersüchtig, da ich das Gefühl hatte, dass Odin Thor mehr mochte als mich und ihn bevorzugen würde. Irgendwann erklärten Odin und Frigga mir dann, dass ich als Kind von Laufey geboren wurde, aber von Odin in den Wirren eines Krieges gefunden und adoptiert worden war. Tja, ich ging zu Laufey und er bestätigte mir das Ganze. Laut ihm hatte er Odin indirekt gebeten, sich um mich zu kümmern, da er nicht in der Lage dazu gewesen war. Er war damals sehr froh gewesen, als er die Nachricht erhielt, dass Odin mich wie einen zweiten Sohn aufgenommen hatte. Er lehrte mir einige Tricks der Frostriesen und ich verbrachte einige Zeit bei ihm, bevor ich mich verabschiedete und nach Asgard zurückkehrte. Dort entschuldigte ich mich bei Odin, Frigga, Thor und Heimdall, weil ich ihnen Unrecht getan hatte. Nachdem ich die Nachricht meiner wahren Herkunft nämlich erhalten hatte, hatte ich sie angeschrien und war regelrecht ausgerastet. Das tat mir leid, mir war vollkommen bewusst, dass ich die Kontrolle verloren hatte. Wider meinen Erwartungen, waren alle froh gewesen, mich wiederzusehen. Sie hatten sich riesige Sorgen um mich gemacht. Und als ich ihnen erzählte, was ich erlebt hatte, waren sie noch glücklicher, denn ich hatte mich entschieden, bei der Familie, bei der ich großgeworden war, also in Asgard, zu leben. Seitdem hat mich auch das Volk akzeptiert und ich schätze, ich bin zwar immer noch ich, Loki, der Typ mit den Streichen, der definitiv nicht auf einen Thron gehört, aber ich bin trotzdem ein Ase. Wenn auch nur adoptierter Ase." Bei den letzten Worten zwinkerte er mir zu. Das musste ich erst mal verdauen. Da schien Loki etwas einzufallen. „Sag mal, warum vertraust du mir eigentlich? Ich meine, für jemanden wie dich muss sich dass alles doch vollkommen verrückt anhören." Ich nickte. „Tut es auch. Aber seit du nicht der Schauspieler sein kannst, musst du der echte Loki sein, schon, weil es in diesen Zeiten niemanden gibt, der sich verkleiden würde, geschweige denn, solche Klamotten zuhause hätte. Wenn..." Ich sprach diesen Satz nicht zu Ende, aber Loki verstand auch so, was ich hatte sagen wollen. „Wäre dir eine Ablenkung in Form einer erneuten Anschauung der Filmreihe, von der du sprachst, genehm?", fragte er mit einer etwas verstellten, tieferen Stimme. So, wie er es sagte, musste ich unwillkürlich kurz lachen und nickte. Ja, dass wäre sehr nett, Herr Gott." „Bitte, Loki reicht", schmunzelte er und wenig später entführte er mich in eine Welt, aus der zurückzukommen ich definitiv nicht plante. Denn er führte mich nach Asgard.
Dort wurde ich Odin, Frigga und Thor vorgestellt und ich fühlte mich, als würde ich durch einen Traum wandeln. Nur, dass ich nicht schlief. Loki erhielt von Odin die Erlaubnis, nach Bor, dem Labyrinth der Erinnerungen zu gehen, dass nach dem Vater von Odin benannt worden war. Dort begannen wir, die Marvelfilme durch meine Erinnerungen hindurch erneut zu schauen. Wir freundeten uns immer mehr an, alberten herum und hatten allgemein eine schöne Zeit. Loki half mir, meine Trauer zu verarbeiten, und ich war ihm dafür auf ewig dankbar.
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