9 - present
Natürlich konnte ich Zayn eigentlich nicht versprechen, nicht erwischt zu werden, am Ende hatte ich darauf gar keinen Einfluss. Aber ich gab auf jeden Fall mein bestes, unentdeckt zu bleiben, schließlich wollte ich Gemmas Geburtstag noch miterleben und ihn nicht in einer Zelle verbringen. Ich stapfte durch den Schnee in die Londoner Innenstadt und wie ich schon vermutet hatte, war ziemlich viel los. Dadurch, das heute Samstag war, wurden doch so einige aus ihren Häusern gelockt und einige von ihnen begannen wahrscheinlich jetzt schon, vor allem motiviert durch den Schnee, mit dem Weihnachtsgeschenke besorgen. Mein Ziel war ein Geschäft voll von Kinderspielzeug, wo ich hoffentlich auch das finden würde, was ich mir für Gemma ausgedacht hatte.
Sobald ich den Laden betrat, ging mein erster Blick unauffällig an die Decke. In jeder Ecke und über jedem Regal hing mindestens eine Kamera, einen toten Winkel zu finden, war also gar nicht so einfach. Als ich aber weiter in den Laden hineinging entdeckte ich eine Rolltreppe, hinter welcher sich auch ein Regal befand und dieses war gänzlich unbewacht. Keine Kameras waren in Sicht und ich wusste, hier würde ich mich gleich ein weiteres Mal strafbar machen. Natürlich war das kein schöner Gedanke, aber lieber tat ich das, als meiner Schwester zu erklären, warum ich ihr nichts zum Geburtstag schenken kann. Das würde ihre ganze unbeschwerte Kindheit ruinieren und dafür wollte ich ganz sicher nicht auch noch verantwortlich sein. Sie sollte ohne Sorgen aufwachsen und eine tolle Zukunft haben.
Durch die Menschenmassen an Eltern und quengelnden Kindern bahnte ich mir einen Weg bis zu den Barbiepuppen. Von diesen wollte Gemma unbedingt eine haben, zu Weihnachten wünschte sie sich auch die Spielzeugvilla dazu, aber den Wunsch würde ich ihr leider nicht erfüllen können. Es gab keinen Weg, wie ich die Villa von Barbie unbemerkt aus dem Laden tragen konnte, aber genauso wenig konnte ich es mir leisten, die Villa zu bezahlen. Das war viel zu viel Geld und auch wenn Zayn sicher etwas dazu beigesteuert hätte, selbst dann wäre es immer noch zu wenig, zumal ich so viel Geld sowieso nicht annehmen konnte. Aber Weihnachten war zum Glück noch eine Sorge von morgen, jetzt musste ich erst einmal die Barbiepuppe mitgehen lassen.
Ich nahm mir diejenige aus dem Regal, die Gemma mir einmal gezeigt hatte und musste schwer schlucken, als ich noch einmal auf das Preisschild sah. Für andere war das ein Klacks, das zu bezahlen, für mich war es unmöglich. Und der Polizeikommissar Tomlinson hatte gesagt, es gibt immer eine andere Möglichkeit, aber nein, wenn er mich jetzt sehen könnte, dann würde er bemerken, das es manchmal keine andere Möglichkeit gab. Er war vielleicht wohlbehütet aufgewachsen, wahrscheinlich noch als Einzelkind mit einer super Schullaufbahn und der gesamten Aufmerksamkeit seiner Eltern, aber solch ein Leben konnte nicht jedem gegeben werden. Aber warum dachte ich überhaupt über ihn nach und darüber was er gesagt hatte? Ich konnte Polizisten nicht ausstehen und er war auch nur einer von vielen, der mich hinter Gitter bringen könnte.
Ich schüttelte seufzend den Kopf und ging mit der Barbiepuppe in der Hand zurück zu der Rolltreppe, wo ich den perfekten toten Winkel für die Kameras gefunden hatte. Ich tat so, als würden mich die Kuscheltiere, die dort im Regal standen, total interessieren, bis auch der letzte Kunde mal aus dieser Ecke verschwunden war und ich die Barbie in meinem Rucksack verstecken konnte. Dafür kniete ich mich hin, nahm den Rucksack von meinem Rücken und öffnete ihn. Mein Herz raste, meine Hände zitterten, aber ich musste mich zusammenreißen, ich würde in dieser Ecke wahrscheinlich nicht lange unentdeckt bleiben. Schnell nahm ich die verpackte Barbiepuppe, die ich neben mich gelegt hatte, zur Hand und stopfte sie in meinen Rucksack. Gerade als ich diesen schließen wollte, ertönte über mir ein Räuspern und mein Herz blieb stehen.
Langsam schaute ich auf. Schwarze Stiefel, eine schwarze Hose, welche durch einen Gürtel von dem weißen Oberteil getrennt wurde. Der Gürtel trug den Schlagstock, Handschellen, ein Walkie-Talkie und ähnliches Equipment. An den Schultern des weißen Hemdes war der Dienstgrad sichtbar, Polizeikommissar. Seine Jacke, die ihn draußen vor der Kälte schützen sollte, hatte er hier in der Hand, da die Heizung des Geschäfts ganze Arbeit leistete. Auf dem Kopf trug er den typischen Helm, den ich manchmal als etwas amüsant empfand, der aber zur Uniform dazugehörte und die Autorität des Polizisten nicht weniger werden ließ.
,,Sie schon wieder, was treiben Sie denn da?", ertönte die Stimme des Mannes, welchem ich nun schon zum dritten Mal in dieser Woche begegnete. Polizeikommissar Tomlinson, aber dieses Mal ohne seinen Kollegen Payne, den ich sogar schon beim Vornamen kannte. ,,Das gleiche könnte ich auch von Ihnen sagen", gab ich zurück, denn bis vor einer Woche hatte ich nie solch einen Kontakt zu Polizisten. ,,Ja, ich bin neu hier in diesem Gebiet und dementsprechend natürlich die meiste Zeit unterwegs, um mich perfekt auszukennen", antwortete er und bestätigte somit meine Vermutung von gestern, das er hier tatsächlich neu war. ,,Aber was treiben Sie nun da?", fragte er erneut und nickte auf meinen Rucksack, in welchem ich gerade die Barbiepuppe verschwinden lassen wollte. ,,Ähm..ich..-", stotterte ich, suchte krampfhaft nach einer Ausrede und war dankbar um die Glühbirne, die gerade in meinem Gehirn erstrahlte.
,,Ich wollte nur schauen, ob das in meinen Rucksack passt, sonst wäre ich nämlich noch einmal mit einer größeren Tasche wiedergekommen", sagte ich relativ gefasst und versteckte meine zitternden Hände hinter meinem Rücken. Dadurch, dass der Polizist nun für mich kein Fremder war und er gestern auch so nett gewesen war, fiel es mir leichter, ihn zu belügen. ,,Achso, aber Sie wissen schon, dass Sie hier auch einfach eine Tüte für wenig Geld kaufen könnten?", fragte der Polizist und sah mich an, als wäre ich nicht die hellste Kerze auf der Torte. ,,Doch, das weiß ich, aber ich möchte keine Plastiktüten und sowas mehr kaufen, wissen Sie? Ich reduziere meinen Plastikverbrauch", entgegnete ich, denn das war nicht einmal gelogen.
,,Achso ja, das verstehe ich. Sagen Sie mal, wohnen Sie hier eigentlich in der Nähe oder warum laufen wir uns so oft über den Weg?", fragte der Polizist und ich wusste zwar nicht, ob das nun eine Frage wegen seines Jobs oder rein aus Interesse war, aber ich beantwortete sie ihm dennoch. ,,Mein bester Freund, bei dem ich gerade zu Besuch bin, wohnt ein paar Straßen weiter, aber ich wohne auch nicht weit weg. Zu meinem besten Freund müsste ich jetzt aber auch mal zurück", sagte ich, die halbe Stunde war sicher bald um und Zayn würde mich umbringen, wenn ich später kommen würde. ,,Natürlich, ich wollte Sie auch gar nicht aufhalten. Ich habe jetzt auch ohnehin Feierabend, also einen schönen Tag noch." ,,Danke, gleichfalls."
Während ich an Ort und Stelle stehen blieb, machte der Polizist zum Glück einen Abgang. Ich fühlte mich unnormal unwohl, mit Polizeibeamten zu sprechen, die Erfahrung, die ich bisher mit ihnen gesammelt hatte, war sehr negativ und dementsprechend konnte ich sie sowieso nicht leiden. Sie waren wahrscheinlich tatsächlich solche, die am liebsten in ihrer Dienststelle saßen, Donuts aßen und daran glaubten, dass sich die Fälle von selber lösen. Zudem konnten sie nicht einen Fünkchen Verständnis für Menschen wie mich aufbringen, wahrscheinlich noch nicht einmal Mitleid und deshalb wollte ich so wenig mit ihnen zu tun haben, wie nur möglich. Da konnten sie auch noch so attraktiv sein, wie Tomlinson, also nicht das mir das aufgefallen wäre, aber auch er hatte kein Verständnis für Menschen wie mich, wie er gestern bei der Begegnung mit meiner Mutter klar gemacht hatte.
Sobald ich mir sicher war, das kein Polizist mehr in der Ecke war, kniete ich mich wieder zu meinem Rucksack, in welchem die Barbiepuppe immer noch verstaut war und verschloss ihn eilig, um ihn mir dann wieder um die Schultern zu legen. So unauffällig wie möglich kam ich hinter der Rolltreppe hervor, sah mich noch einmal um, aber konnte niemanden entdecken, der mich gesehen haben könnte, was mich erleichtert ausatmen ließ. Schnell bahnte ich mir einen Weg durch die Menschen nach draußen, wo es wieder zu schneien begonnen hatte. Gemma war gerade sicherlich außer sich vor Freude, weshalb ich schleunigst den Weg zu Zayn antrat, da ich ihre fröhliche Art nicht verpassen wollte. Außerdem musste ich mich dringend ablenken, durch die Begegnung mit dem Polizisten stand ich wieder voll unter Strom und das wollte ich dringend abschütteln.
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Harry ist ein weiteres Mal davon gekommen, hättet ihr ihm seine Ausrede abgekauft? Und ob Louis ihm die Ausrede abgekauft hat..?😳
All the love xx
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