8 - birthday
Durch die Ereignisse am Abend konnte ich lange Zeit nicht einschlafen. Ich überlegte zwanghaft, ob mir eine Lösung für all das hier einfallen könnte, doch es schien zwecklos. Egal was mir auch in den Sinn kam, am Ende würde es höchstwahrscheinlich darauf hinauslaufen, das ich Gemma verlieren und im Gefängnis landen würde, das konnte ich auf keinen Fall riskieren. Ich schlang meine Arme um meinen Körper und versuchte mir einzureden, das mich gerade jemand wohl behütet im Arm halten würde, das nicht ich es war, der sich selbst umarmte. Es klang traurig, das war es vielleicht auch, aber für Gemma musste ich stark bleiben, Gemma sollte hier rauskommen und all das hier sollte für sie irgendwann nur noch eine blasse Erinnerung sein.
Vielleicht hatte Zayn auch Recht, vielleicht sollte ich noch einmal versuchen, mit meiner Mutter zu reden. Vielleicht konnte ich ihr irgendwie vor Augen führen, das es nicht so weitergehen konnte, wie schon die letzten fünf Jahre. Sie hatte ihren Ehemann verloren, aber Gemma und ich hatten auch unseren Vater verloren, möglicherweise konnte ich ihr das noch einmal deutlich zu verstehen geben. Das alles war auch nicht gut für ihre Gesundheit und sie verpasste Gemmas gesamte Kindheit, sollte sie irgendwann wieder auf dem richtigen Pfad landen, würde dieser Gedanke sie wahrscheinlich zerstören.
Aber auf der anderen Seite, ich hatte schon so oft versucht mit meiner Mutter zu reden, seit Jahren führte ich ihr immer wieder vor Augen, was sie anrichtete, was sie verlieren würde, wenn sie es nicht irgendwann beendet und doch waren wir immer noch an dem selben Punkt. Ihre Ängste, ihre Sorgen, all das ertränkte sie in der Substanz, die sie für die Lösung hielt. Sie immer und immer wieder darauf anzusprechen war wirklich kräftezerrend, zumal sie meist ohnehin nicht nüchtern war und alles nach ein paar Stunden wieder vergaß. Trotzdem, es war meine Schuld, das wir uns in dieser Situation befanden und irgendwie musste ich uns da wieder hinaus manövrieren, das schaffte ich auch ohne staatliche Hilfe, ohne das Risiko Gemma zu verlieren und ohne meine Mutter noch mehr an den Abgrund zu treiben.
Irgendwann musste die Nacht mich glücklicherweise doch zu sich geholt haben, denn als ich das nächste Mal die Augen öffnete, schlichen sich die ersten Sonnenstrahlen durch den geöffneten Spalt zwischen meinen Gardinen. Ausgelaugt griff ich nach meinem Handy, hatte schon eine morgendliche Nachricht von Zayn, die mich zum Lächeln brachte und in welcher er auch Gemma gratulierte. Sobald mir einfiel, dass heute schon Gemmas großer Tag war, saß ich kerzengerade im Bett, jede Müdigkeit war verflogen und schleunigst stand ich auf. Zuerst schaute ich im Schlafzimmer meiner Mutter nach, es roch nach Erbrochenem und hätte ich mich nicht schon so an den Geruch gewöhnt, hätte ich die Nase jetzt sicher zugehalten. Da meine Mutter selbst schon wieder weg war, wahrscheinlich um in der Bar zu arbeiten, öffnete ich das Fenster, verließ dann wieder das Zimmer und schloss die Tür hinter mir.
Danach schaute ich nach Gemma, die schlief aber zum Glück noch, weshalb ich mich daran machte, ihr ein Frühstück vorzubereiten. Wir hatten noch alle Zutaten für Pancakes, was mich erleichtert ausatmen ließ. Schleunigst bereitete ich die Köstlichkeit zu, aß währenddessen diejenigen, die nicht ganz perfekt wurden oder ein wenig verbrannten und hatte am Ende für Gemma sechs Pancakes übereinander gestapelt. Diese schmückte ich noch mit etwas Puderzucker, nahm mir dann den Teller und Besteck und ging zurück in Gemmas Zimmer, um ihr das Frühstück am Bett zu präsentieren. ,,Happy Birthday to you, Happy Birthday to you, Happy Birthday dear Gemma, Happy Birthday to you", begann ich leise zu singen, stellte die Pancakes auf dem Nachtschrank ab und setzte mich auf die Bettkante.
Dadurch wachte meine kleine Schwester langsam auf, öffnete ihre Augen und sah mich sofort strahlend an, als sie realisierte, dass endlich Samstag war. ,,Harry", rief sie freudig und umarmte mich. ,,Guten Morgen. Alles Gute zum Geburtstag Gems. Jetzt bist du schon sechs Jahre alt", sagte ich und tat so, als würde ich staunen, wodurch Gemma nur noch breiter grinste. ,,Ja, ich bin schon groß", erwiderte sie stolz und ließ sich noch einmal von mir umarmen. ,,Sobald du gefrühstückt hast, hab ich noch eine Überraschung für dich und danach gehen wir schon zu Zayn, okay? Da bekommst du dann auch dein Geschenk", bei dem Wort Geschenk leuchteten Gemmas Augen sofort und auch wenn ich das noch besorgen musste, ich wusste zumindest ganz genau, was ich besorgen wollte.
Die Überraschung, die Gemma nachdem Frühstück erhalten würde, war zumindest etwas, was ich nicht bezahlen musste. Es hatte über Nacht geschneit und ich wusste, wie sehr sie das freuen würde. Zudem waren die Temperaturen vielversprechend dafür, dass der Schnee nicht so schnell schmelzen würde, ein weiterer Pluspunkt des Tages. Dadurch das ich das Wort Überraschung auch nur erwähnt hatte, beeilte sich Gemma damit, die Pancakes zu essen und kümmerte sich nicht darum, dass ihr ganzes Gesicht voll von Puderzucker war und sie nun selbst aussah, als hätte ihr jemand einen Schneeball ins Gesicht geworfen.
,,Danke für das Frühstück Harry, das war sehr lecker, was ist nun die Überraschung?", hibbelig sprang Gemma von ihrem Bett auf und stand von mir. Lächelnd beobachtete ich sie kurz, war froh, dass ich sie bisher von all dem Drama fernhalten konnte, bevor ich ihr eine Antwort gab. ,,Schau mal aus dem Fenster", sagte ich geheimnisvoll, weshalb Gemma genau das tat und zum Fesnter rannte. ,,Ahhh Harry! Es hat geschneit." Sie kam zurück zu mir und zog an meiner Hand. ,,Wir müssen sofort raus, bevor der Schnee wieder schmilzt." Lachend sah ich Gemma an, die in ihrem mit Bären bedruckten Schlafanzug und ohne Schuhe vor mir stand. ,,Gemma, erstmal werden Zähne geputzt, danach ziehst du dir etwas für deinen großen Tag an und dann gehen wir zu Zayn, dort kannst du dann im Schnee spielen, bis die Gäste kommen."
Dies gab Gemma die nötige Motivation sich fertigzumachen und sofort rannte sie ins Bad, wo sie begann, sich die Zähne zu putzen. Auch wenn sie jetzt schon sechs war und sie sich selbst für groß hielt, ich passte dennoch auf, dass sie sich auch vernünftig die Zähne putzte. Danach half ich Gemma beim Heraussuchen der Klamotten, anziehen konnte sie sich aber schon alleine, weshalb ich in der Zeit Zayn schrieb, um ihm Bescheid zu geben, das wir gleich losgehen würden. Ich wollte Gemma so viel Ablenkung wie möglich geben, damit sie ihren Tag einfach genießen konnte und nicht daran dachte, dass unsere Mutter kein Teil davon war. Die Schuldgefühle, die sie gestern veranlasst hatten, so viel zu trinken, mussten jetzt schon wieder schnell verblasst sein, sonst wäre sie schließlich hier und würde mit ihrer Tochter Geburtstag feiern.
,,Können wir los?", fragte ich Gemma, sobald sie fertig angezogen in meinem Zimmer erschien. ,,Gleich, könntest du mir noch einen Zopf flechten Harry?", fragte sie und hielt ein Haargummi in die Höhe. ,,Natürlich, komm her", sagte ich sofort, steckte mein Handy in die Hosentasche und kam Gemmas Bitte nach. Ich bürstete noch einmal ihre Haare, nahm danach drei Strähnen und flechtete ihre Haare. Vor einiger Zeit waren meine Haare auch einmal so lang gewesen, das ich sie flechten konnte, doch dann hatte ich spontan bei Zayn beschlossen, dass ich sie kürzer haben wollte, weshalb er sie mir abgeschnitten hatte. Sobald Gemmas Frisur fertig war, sie diese noch einmal im Spiegel betrachtet hatte und zufrieden war, konnten wir los.
In ihren dunkelblauen Winterstiefeln hüpfte sie freudig durch den Schnee, nahm immer mal wieder etwas Schnee in die Hand und formte einen Schneeball, nur um mich damit abzuwerfen. Natürlich rächte ich mich, jagte meiner Schwester mit Schneebällen hinterher und so kamen wir völlig außer Puste bei Zayn an. Die Haustür stand offen, weshalb wir gleich in den zweiten Stock gingen und an der Wohnungstür meines besten Freundes klingelten. Dieser öffnete sofort, als hätte er schon vor der Tür gewartet und nahm Gemma sogleich auf den Arm. ,,Herzlichen Glückwunsch, du bist ja jetzt schon richtig alt geworden. Und kann es sein, dass du auch noch ein Stück gewachsen bist? Das ist ja unglaublich!", sagte Zayn zu ihr, zauberte meiner kleinen Schwester damit mal wieder ein Lächeln aufs Gesicht und ich war ihm unheimlich dankbar dafür.
,,Danke Zaynie. Es hat geschneit und Harry hat gesagt, wir drei können jetzt noch im Schnee spielen, bis meine Freunde kommen." ,,Ja, also ihr könnt noch im Schnee spielen", korrigierte ich sie, ,,ich muss noch einmal für ein paar Minuten weg, aber ich bin bald zurück, versprochen." Seufzend setzte Zayn Gemma ab. ,,Gems, in meinem Schlafzimmer neben meiner Gitarre liegt mein Geschenk für dich, hole das doch schon einmal." Gemma nickte und sobald sie verschwunden war, sah Zayn zu mir. ,,Wo musst du hin?" ,,Nur eben schnell ein Geschenk besorgen." Ich wusste, worauf er hinaus wollte, doch es war nicht so dramatisch, wie er es sich ausmalte. ,,Jetzt noch? Und wenn du erwischt wirst?", Zayn sah mich besorgt an. ,,Ich werde nicht erwischt, keine Sorge. In einer halben Stunde bin ich zurück, versprochen." Ich umarmte meinen besten Freund noch einmal, um meine Worte zu bestätigen und machte mich dann noch einmal auf zum nächsten Einkaufszentrum.
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Wollen wir mal hoffen, dass Zayns Befürchtung sich nicht bewahrheitet..glaubt ihr, Harry schafft es? Oder wird er erwischt? ._.
All the love xx
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