7 - way home
Auch wenn ich es nicht wollte, ich verspürte eine unglaubliche Wut auf meine Mutter. Das letzte Mal, als sie so viel getrunken hatte, sodass ich sie aus der Bar abholen musste, war an meinem Geburtstag gewesen. Zayn hatte mich an diesem Abend zu einem Kinobesuch eingeladen und gerade nachdem wir das Popcorn besorgt hatten, hatte mich der Anruf erreicht. Ein Teil von mir hatte damals gedacht, einfach entspannt ins Kino zu gehen und sie später abzuholen, aber sie war immer noch meine Mutter und dementsprechend siegte der andere Teil in mir, der Teil mit den Schuldgefühlen, denn ohne mich wären wir jetzt erst gar nicht in der Situation. Dennoch nervte es mich, das meine Mutter unterbewusst auch Schuldgefühle zu hegen schien, aber nichts gegen die Situation unternahm. Egal wie oft ich versuchte, mit ihr zu reden, am Ende war sie diejenige, die Nein zu dem Alkohol sagen musste, aber das schaffte sie nicht.
Völlig außer Puste, ich war den ganzen Weg gerannt, blieb ich vor der Bar stehen. Es war schon lange ziemlich dunkel draußen, da die Sonne durch den Wintermonat schließlich früh unter ging. Dennoch graute es mir jetzt schon davor, gleich mit meiner Mutter nach Hause zu laufen, denn es gab so viele Menschen, die sie selbst bei dieser Dunkelheit sehen konnten. Die Bar wurde von zwei Straßenlaternen erleuchtet, meine Mutter stand aber noch nicht draußen wie Charlie und ich es eigentlich verabredet hatten. Ich würde diese Bar aber auch niemals wieder betreten, dafür gab es viel zu viele Gründe. Sie bereitete mir ein unglaubliches Unwohlsein, so viel Unglück und das wollte ich mir nicht antun.
Umso erleichterter war ich, als die Tür aufging und Charlie mit meiner Mutter an der Hand hinaus kam. Sie torkelte, sie stank und ich wollte wirklich nicht wissen, was sie heute alles wieder getrunken hatte. ,,Danke Charlie." ,,Kein Problem", der ältere Mann nickte mir noch kurz zu und verschwand dann wieder in seiner Bar. ,,Harry, schön dich zu sehen", meine Mutter wollte auf mich zulaufen, stolperte dabei über ihre eigenen Füße und hätte ich sie nicht noch im letzten Moment aufgefangen, hätte sie sich wohl ernsthaft verletzt. Ich legte ihren einen Arm um meine Schulter, meinen Arm legte ich um ihre Taille und sorgte so dafür, dass wir hoffentlich sicher zu Hause ankommen würden.
,,Komm Harry, wir müssen noch ein Geschenk für Gemma kaufen", meine Mutter wollte in Richtung Innenstadt, doch ich zog sie zurück und weiter nach Hause. ,,Die Geschäfte haben seit einer Stunde geschlossen", gab ich zurück, auch wenn ich wusste, dass das in ihrem Gehirn wohl nicht ankommen würde. ,,Wie viel hast du heute getrunken?", fragte ich, gleich nachdem sie ein weiteres Mal gestolpert war. ,,Nicht viel, nur ein Glas Cola", gab sie kichernd zurück und ließ mich ein weiteres Mal seufzen. ,,Du hast wahrscheinlich alles getrunken, außer Cola." ,,Lass mich doch auch mal meinen Spaß haben Harry", lallte sie, ,,ich hab so viel Stress mit Gemma und dir, dann kann ich jetzt auch mal entspannen."
Ich wusste nicht, in welchem Paralleluniversum meine Mutter lebte, aber das sie wirklich daran glaubte, dass sie so viel für uns tat, machte das alles nur noch schlimmer. Diskutieren brachte da aber nun einmal auch nichts. Seit fünf Jahren versuchte ich alles, um sie auf den richtigen Weg zu bringen, hatte versucht, sie genau vor dem hier zu bewahren, doch ich war gescheitert, wie so oft im Leben. ,,Uh Harry, schau! Heiße Männer in Uniform auf zwölf Uhr." Erst wusste ich nicht, was meine Mutter meinte, dann erkannte ich die Polizisten, die uns entgegenkamen. Durch das Licht der Straßenlaternen konnte ich auch ihre Gesichter sehen und am liebsten wäre ich weggerannt, sobald ich beide erkannt hatte. Es waren die Polizisten aus dem Supermarkt, die den Dieb festgenommen hatten, die mich beinahe erwischt hätten. Das durfte doch nicht wahr sein.
,,Guten Abend, ist alles in Ordnung bei Ihnen?", fragte der blauäugige Polizist, dessen Nachname Tomlinson lautete, wenn ich mich recht erinnerte. Den anderen hatte ich schon wieder vergessen. ,,Ja, alles in bester Ordnung, danke", ich wollte mich an ihnen vorbeiquetschen, ich wollte aus dieser unangenehmen Situation, die durchaus gefährlich werden könnte, entkommen. ,,Sicher? Es sieht nicht so aus, als würde es der Frau gut gehen", sagte der Polizist neben Tomlinson und musterte meine Mutter. ,,Das ist meine Mutter, sie...ich..sie war gerade auf einem Geburtstag und hat ein wenig zu viel getrunken, dass kann ja jedem Mal passieren", sagte ich, saugte mir damit wieder einmal eine Lüge aus den Fingern, während meine Mutter kicherte. Würde sie jetzt auch nur ein falsches Wort sagen, würde uns das in große Schwierigkeiten bringen.
,,Genau Liam, das kann doch jedem Mal passieren", sagte der Wuschelkopf leise zu seinem Kollegen, welchem das wohl gar nicht schmeckte. ,,Ich hätte gerne einmal Ihre Ausweise, um zu überprüfen, ob das wirklich Ihre Mutter ist." Seufzend leistete ich dem Befehl des Polizisten Folge, gab ihm meinen Ausweis zuerst und danach den meiner Mutter, welchen ich aus ihrer Tasche fischte. ,,Ich werde das überprüfen", sagte dieser Liam und nahm dann ein paar Meter Abstand. ,,Hey, Sie kommen mir bekannt vor, waren Sie nicht am Mittwoch im Supermarkt?", fragte Tomlinson plötzlich. ,,Unmöglich, ich gehe immer einkaufen", meldete sich meine Mutter zu Wort, die sich in ihrem Rausch gerne die Realität so ausmalte, wie sie ihr gefiel. ,,Ja, das war ich. Darf ich fragen, was mit dem Dieb passiert ist?", traute ich mich zu fragen und ignorierte die Aussage meiner Mutter.
,,Er wartet auf seine Gerichtsverhandlung, ist wohl ein Wiederholungstäter gewesen. Keine Ahnung, wie man Diebstahl begehen kann, es gibt doch immer eine Lösung." Ich schluckte schwer und nickte bloß auf die Worte des Polizisten. Ich hätte auch erwischt werden können, ich könnte jetzt auch auf meine Gerichtsverhandlung warten. Ich musste wirklich verdammt vorsichtig sein, damit mir das niemals passiert. ,,Sie sehen etwas verängstigt aus. Nehmen Sie das mit Polizeikommissar Payne nicht so schwer, er hat heute nur einen schlechten Tag", sagte der Polizist Tomlinson und lächelte mir aufmunternd zu. ,,Ich versuch's", gab ich zurück und zwang mich ebenfalls zu einem Lächeln, was wahrscheinlich auch ziemlich erzwungen aussah.
Gerade als Liam Payne wiederkam und mir schon die Ausweise entgegen streckte, beugte sich meiner Mutter vorne über und übergab sich. Mir war das total unangenehm, ich lief knallrot an und außerdem schwitzte ich vor lauter Panik auch noch ziemlich. Dennoch hielt ich meiner Mutter erst einmal die Haare zurück, bis sie sich vollständig von ihrem Mageninhalt verabschiedet hatte und sich wieder aufrichten konnte. ,,Es tut mir so leid", murmelte ich, sah beschämt zu den Polizisten, die das ganze mit angesehen hatten. ,,Darf ich fragen, wann diese Geburtstagsfeier angefangen hat? Schließlich haben wir es noch nicht so spät und sich dann jetzt schon von Alkohol zu übergeben..", skeptisch sah der Kommissar Payne mich an und wie so oft versuchte ich mich so unauffällig wie möglich zu verhalten und mich mit einer Lüge zu retten.
,,Ach, der fing schon heute Morgen an, sie und ihre Freundinnen haben zusammen gefrühstückt und ab dann ging es los. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, müsste ich aber langsam wirklich nach Hause. Ich muss noch meine kleine Schwester von einer Freundin abholen", sagte ich schüchtern, hatte ziemlichen Respekt vor den Polizisten, auch wenn ich sie nicht ausstehen konnte, war aber immerhin ganz froh, dass dieser Tomlinson so nett war. ,,Ja klar, wir sind hier fertig. Hoffentlich ist Ihre Mutter bald wieder auf dem Damm", sagte dieser nun und nachdem ich mich bedankt und die Ausweise zurück erhalten hatte, setzte ich schweißgebadet meinen Weg fort. Durch die schlechte Laune des Polizeikommissars Payne wäre fast so einiges rausgekommen, was besser im Privaten bleiben sollte.
Polizeikommissar Tomlinson schien mir da etwas naiver, aber zum Glück auch freundlicher, so lange schien er den Job also noch nicht zu machen. Hoffentlich musste ich diesen Polizisten jetzt aber nie wieder begegnen, zweimal innerhalb einer Woche war dann doch zu viel des Guten. Sobald ich meine Mutter nach Hause und ins Bett gebracht hatte, holte ich Gemma etwas verspätet ab, was diese aber gar nicht schlimm fand, da ihre Freundin und sie noch Spirit geguckt hatten. Als dann auch meine Schwester zu Hause und von mir ins Bett gebracht worden war, widmete ich mich den gut hunderten Nachrichten von Zayn, dem ich morgen vor Gemmas Geburtstagsfeier wohl noch einiges erzählen musste.
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Die nächste Begegnung mit den Polizisten ist ja gerade noch einmal gut gegangen..aber ob es die letzte bleibt, so wie Harry es sich erhofft?🌝
All the love xx
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