40 - led away
Ich spürte, wie mir jegliche Farbe aus dem Gesicht wich. Ich hatte damit gerechnet, dass heute noch ein Anruf von Charlie kommen würde und ich meine Mutter abholen sollte, aber noch mehr hatte ich darauf gehofft, das so ein Anruf gar nicht kommen würde. Zudem war es gerade erst Mittag, ich hatte das Drama nicht vor den späten Abendstunden erwartet, dadurch traf es mich nun völlig unerwartet. Ein weiterer Grund, weshalb ich den Todestag meines Vaters verabscheute. Der Tag gab mir Schuldgefühle, eine unglaubliche Welle von Trauer und Wut und wäre das noch nicht genug, dreht meine Mutter an diesem Tag mehr durch, als an jedem anderen. Mehr Alkohol im Körper als Blut, mehr in ihrer Fantasiewelt als an all den anderen Tagen im Jahr. Jedes Jahr fürchtete ich an diesem Tag den Anruf von Charlie und nun war es wieder soweit.
,,Was meinst du? Was ist passiert? Weshalb soll ich sofort vorbeikommen Charlie?", fragte ich, die Panik stieg in mir auf und auch das Zayn meine Hand hielt half nicht viel. Die Emotionen und Gefühle gingen mit mir durch und in dieser Situation würde wohl selbst Louis nicht mehr helfen können. Da konnte er mir noch so oft beweisen, das vielleicht nicht alle Polizisten gleich waren, denn das würde meinen Vater auch nicht wieder lebendig machen. ,,Harry, komm bitte einfach her und beeil dich, okay? Wir haben nicht mehr viel Zeit glaube ich. Ich erkläre dir dann alles, sobald du hier bist." Mit diesen Worten legte Charlie auf, ich erhielt keine weitere Erklärung und seine Antwort jagte mir eine riesige Angst ein.
Stumm rannen Tränen über mein Gesicht, Zayn nahm mir mein Handy aus der Hand, wischte immer wieder mit einem Taschentuch über mein Gesicht, aber es half nicht viel. ,,Harry, was ist los?", fragte er besorgt. ,,Ich muss sofort zur Bar", murmelte ich wie in Trance, ,,ich weiß nicht was los ist, aber Charlie sagt, ich habe nicht viel Zeit." ,,Okay, ich komme mit", sagte Zayn sofort, doch ich schüttelte den Kopf. ,,Nein, bitte tu mir den Gefallen und bleib hier. Ich weiß nicht was los ist, ich weiß nicht, was passiert ist, wer anwesend ist und ich möchte nicht, dass du irgendwo mit reingezogen wirst. Am besten kannst du mir helfen, wenn du Gemma um sechs bei Henry abholst, bitte. Ich weiß nicht, wie lang ich weg sein werde." Zayn nickte sofort, ich wusste das ihm das nicht gefiel und er mir lieber beistehen würde, aber damit half er mir gerade am besten.
Ich schlüpfte in meine Schuhe, zog meine Jacke an und bedankte mich noch einmal bei Zayn, bevor ich losrannte. Die eisige Kälte draußen, die immer noch vorherrschte, betäubte meine Tränendrüsen, ich konnte nicht mehr länger weinen und für den Moment war ich darum ziemlich dankbar. Ich wünschte, jetzt schon zu wissen, ob Louis eine Bedrohung oder eine Hilfe für mich sein könnte, denn in so einem Fall war es sicher nicht schlecht, einen Polizisten an seiner Seite zu haben, der für und nicht gegen einen kämpfte, egal was einem auch zur Last gelegt werden würde, das Wort eines Polizisten war immer doppelt so viel Wert. In diesem Sinne verstand ich Zayn eindeutig, wenn er sagte, das man einen Polizisten lieber zum Freund als zum Feind haben sollte.
Andererseits wusste ich nicht, was mich gleich erwarten würde und dementsprechend konnte ich auch nicht einschätzen, inwiefern und ob Louis überhaupt helfen könnte. Sobald ich bei der Bar ankam, überkam mich eine erneute Welle an Panik. Das Gebäude betreten war für mich unmöglich, da war es sogar noch wahrscheinlicher, das ich Louis um ein Treffen bitten würde. Also holte ich mein Handy hervor, rief Charlie an und kündigte ihm an, das ich da war, woraufhin er sagte, das er sofort rauskommen würde. Und das tat er auch, keine Sekunde später stand er völlig aufgelöst und nach Luft schnappend vor mir. ,,Es tut mir so leid Harry, du bist zu spät. Sie haben deine Mutter gerade abgeführt."
Mein Herz blieb stehen, ich glaubte meinen Ohren nicht trauen zu können. Es konnte sich nur um einen schlechten Scherz handeln, das durfte nicht wahr sein. Sowas war noch nie passiert, meine Mutter war noch nie verhaftet worden, weder mit noch ohne Alkohol im Blut, da hatten wir bis jetzt immer wirklich Glück gehabt, das war mir klar gewesen, aber ich hätte nicht damit gerechnet, dass dieses Glück nun auch noch nachgeben würde. ,,Was meinst du damit? Man hat sie verhaftet? Warum? Sie trinkt doch jedes Jahr, jeden Monat, jede Woche, jeden Tag bei dir, sie wurde noch nie verhaftet." Ein dicker Kloß bildete sich in meinem Hals, ich war froh, Zayn nicht mitgenommen zu haben, andererseits hätte ich mich jetzt gerne auch heulend in seine Arme geschmissen.
,,Ich weiß Harry, aber wir wissen beide auch, was für ein Tag heute ist. Ich hab versucht, die Verhaftung zu verhindern, aber dann hätten die Polizisten mich auch noch mitgenommen. Dieses Mal hat deine Mutter wirklich viel zu viel getrunken oder durch ihre ganzen Emotionen und Gefühle ist der Alkohol ihr schneller zu Kopf gestiegen. Sie ist durchgedreht, sie hat randaliert, andere Gäste angegriffen und geschlagen, nach ihrem Mann, nach deinem Vater gerufen und kurz nachdem ich dich angerufen hatte stand plötzlich die Polizei in meiner Bar und hat sie mitgenommen", erzählte Charlie, erklärte mir endlich was vorgefallen war, aber dadurch wurde meine Wut nicht weniger. ,,Du verdammtes Arschloch. Du hättest das verhindern können, eben weil du weißt welcher Tag heute ist, aber nein, du bist nur hinter dem Geld her und schenkst ihr immer wieder das Glas voll ein. Ich hoffe du schmorst in der Hölle", wütend machte ich auf dem Absatz kehrt und ließ Charlie hinter mir.
Ich wusste nicht, was es nun bedeutet, das meine Mutter verhaftet war. Ich wusste nicht, ob das für Gemma und mich irgendwelche Folgen haben könnte und gerade diese Unwissenheit machte mir eine höllische Angst. Ich hätte heute mit allem gerechnet, bloß nicht damit, das meine Mutter auf dem Polizeirevier landet. Genau dahin rannte ich jetzt auch, kurz geisterte mir durch den Kopf, Louis anzurufen, vielleicht könnte er irgendetwas drehen und sie dort rausholen, aber das er das wirklich für mich tun würde, hielt ich für unwahrscheinlich. Außerdem wollte er Antworten haben, Antworten, die ich ihm nicht geben konnte, die er sich aus der Situation heraus aber selbst erschließen konnte.
Zayn schrieb ich eine kurze Nachricht, was passiert war. Er hatte mich gebeten, ihn wenigstens auf dem Laufenden zu halten und in meiner Nachricht bat ich ihn noch einmal inständig, sich aus dieser Angelegenheit rauszuhalten. Ich wusste nicht, wie schlimm es um meine Mutter und ihren Zustand stand, ich wusste nicht, wie die Polizei die Situation werten würde, ob sie das mit dem Unfall jetzt auch noch einmal ausgraben würden. Ich wusste nur, das ich Zayn da nicht mit hineinziehen wollte. Er sollte mit der ganzen Sache nichts zu tun haben, Abstand und Unwissenheit würden ihn am besten schützen.
Vor der Polizeistation blieb ich stehen, in Panik und völlig außer Atem. Meine Hände zitterten, mein Herz raste, ich schwitzte und ich war mir sicher, man sah mir die Angst an. Gerade sah ich wahrscheinlich selbst aus, wie ein Schwerverbrecher und in gewisser Weise war ich das auch, vielleicht kein schwerer, aber auf jeden Fall ein Verbrecher der laut Gesetz ins Gefängnis gehörte. Und laut Gesetz müsste nach so einem Vorfall einer alkoholisierten, alleinerziehenden Mutter auch ein Sozialarbeiter alarmiert werden und ich konnte nur beten, das ich noch früh genug kommen würde, um das zu verhindern.
Ich wollte die Polizeistation nicht betreten, Polizisten weit und breit, die sich die Finger leckten, wenn sie jemanden verhaften konnten. Man konnte ihnen nicht vertrauen und Louis war da vielleicht eine einmalige Ausnahme aber auch diese Vermutungen würde ich vielleicht erst nach einem weiteren Treffen bestätigen können. Aber wer weiß, ob das jetzt überhaupt noch zustande kommen würde, denn gerade sah es für meine Familie nicht gerade gut aus. Ich durfte keine Zeit mehr verlieren, ich musste die Polizeistation betreten, auch wenn ich nicht wollte. Ich musste meine Mutter finden, herausfinden was los ist und mir möglichst schnell einen Plan überlegen, wie ich sie daraus bekomme, andernfalls könnte das eindeutig Übel ausgehen.
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Was wird Harry jetzt wohl auf der Polizeistation erwarten? Wird er seine Mutter dort so herausbekommen oder wird es ernsthafte Probleme geben..? :(
All the love xx
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