27 - reduce prejudices
Nachdem Louis mich gebeten hatte, etwas über mich zu erzählen, konnte ich ihm erst einmal nicht antworten, selbst wenn ich wollte. Nun kam der Gedanke so richtig bei mir an, dass ich hier mit einem Polizisten saß und er etwas über mein Leben erfahren wollte, doch alles was ich ihm erzählen könnte, würde ihn auf mein nicht gerade leichtes Leben aufmerksam machen. Würde ich ausblenden, welcher Arbeit er nachging und würde ich ausblenden, dass ich eigentlich keine neue Person in meinem neuen Leben haben wollte, dann würde ich Louis eindeutig anders behandeln, ich würde ihn nicht von mir stoßen wollen, sondern hätte wahrscheinlich schon von der ersten Sekunde für ihn geschwärmt. Diese blauen Augen, diese wuscheligen Haare und dann diese viel zu freundliche Art, all das zog mich in einen Bann, aus dem ich kaum entfliehen konnte.
Aber ich musste daraus ausbrechen, ich durfte mich nicht einfach fallen lassen und meinen Gefühlen nachgehen, ich musste im Hinterkopf behalten, dass er ein Polizist war und ich eigentlich keine weitere Person in meinem Leben haben wollte. Es würde alles nur noch komplizierter machen, es war ja jetzt schon schwer genug, alles vor Louis zu verstecken, wie würde das wohl erst sein, würden da Gefühle im Spiel sein? ,,Harry, alles okay? Weißt du nicht wirklich, was du über dich erzählen sollst?", fragte Louis vorsichtig und traf damit ein weiteres Mal ins Schwarze. ,,Ja, ich weiß ehrlich gesagt nicht wirklich, was ich erzählen könnte, was du wissen möchtest", murmelte ich, kratzte nervös meinen Hinterkopf und wollte auch einfach nur nicht zu viel verraten. ,,Das macht doch nichts. Dann erzähle ich erst einmal was über mich, okay?" ,,Okay", bestätigte ich und fühlte mich damit eindeutig wohler.
,,Okay, also", Louis räusperte sich und wollte gerade mit der Erzählung über sein Leben beginnen, da wurde uns unsere Bestellung gebracht. Bei dem Stück Schokokuchen lief mir das Wasser im Mund zusammen und auch der heiße Kakao sah köstlich aus. ,,Lass es dir schmecken", Louis grinste mich an und das ließ ich mir nicht zweimal sagen, sondern griff nach der Gabel und genoss den ersten Bissen des fluffigen Kuchens. Sowas hatte ich schon eine halbe Ewigkeit nicht mehr gehabt und so genüsslich, wie ich gerade das Gesicht verzog, sah Louis mir das wahrscheinlich auch an. ,,Danke, du dir auch", gab ich zurück, gabelte noch ein Stück Kuchen auf, aß es und nahm dann einen Schluck des Kakaos mit der Sahne. Als ich die Tasse abstellte, grinste Louis mich wieder an und für einen Polizisten war er mir fast schon zu nett und fröhlich.
,,Hübscher Bart", mein Gegenüber lachte und erklärte damit den Grund für sein breites Grinsen, während ich beschämt mit dem Handrücken über meine Oberlippe fuhr, um den Bart aus Sahne zu entfernen. ,,Sehr witzig", murmelte ich mit roten Wangen und schaute wieder auf meinen Kuchen. ,,Okay also, soll ich anfangen zu erzählen?", fragte Louis noch einmal, weshalb ich nickte und froh um die Ablenkung war. ,,Gut, nun als wir von Gemmas Geburtstag gemeinsam zu dir nach Hause gelaufen sind, hatte deine kleine Schwester ja schon angesprochen, dass ich Geschwister habe. Ich hab sechs Stück an der Zahl, fünf Schwestern und noch einen kleinen Bruder. Ich bin der älteste und hatte schon immer die meiste Verantwortung, hab auf meine Geschwister aufgepasst und sie beschützt und bin wohl auch deshalb Polizist geworden.
Ich möchte in dieser Welt einen Unterschied bewirken, ich möchte, dass sich die Menschen ein Stück weit sicherer fühlen können und vielleicht hast du mich auch gerade deshalb mit deiner ablehnenden Haltung so neugierig gemacht. Bisher hatte ich immer nur positive Erfahrung gemacht, die Leute haben sich gefreut, wenn wir kamen, um ihnen zu helfen, aber du..du bist das komplette Gegenteil und willst dir auch scheinbar gar nicht helfen lassen. Naja, in Doncaster, dort wo ich geboren und aufgewachsen bin, wie ich dir auch auf dem Heimweg nach Gemmas Geburtstag erzählt habe, war nie sonderlich viel los. Ich hab mich als Polizist einfach überflüssig gefühlt. Natürlich gab es hier und dort mal einen kleinen Raub oder eine Rauferei unter Jugendlichen, aber ich wollte mehr bewirken und ich dachte, dass man das am besten in einer Großstadt wie London tun könnte."
Louis war wirklich sehr gesprächig und schien Freude daran zu haben, einfach hier mit mir zu sitzen und zu reden, auch wenn ich eher weniger Redeanteil hatte. Durch seine Erzählung sah ich ihn ein Stück weit mehr als Mensch an, ich sah nicht nur die Uniform, die mich so abschreckte, sondern auch ein Herz, Gefühle und Empfindungen und all das machte mir Angst. Ich wollte keine emotionale Bindung zu einem Polizisten aufbauen. Ich wollte gar keine Bindung zu ihm aufbauen, ich durfte nicht vergessen, wie gefährlich das war und wie schlimm das für Gemma und mich enden könnte. Louis hatte nichts zu verheimlichen, er konnte mir offen und ehrlich alles aus seinem Leben erzählen, aber bei mir sah das dann schon wieder anders aus.
,,Da hat sich bei dir in der Familie sicher nie jemand allein gefühlt, ich meine bei so vielen Geschwistern. Und sowohl sie als auch deine Eltern sind sicherlich unheimlich stolz auf dich", murmelte ich, trotz das ich Gemma hatte und Zayn, der für mich wie ein Bruder war, fühlte ich mich oft einsam und ich hatte niemanden, der auf mich stolz war, ich tat allerdings auch nichts, worauf man stolz sein könnte. Das ich am Anfang so viele Vorurteile gegenüber Louis gehabt hatte, tat mir mittlerweile schon ein wenig leid. Er schien nicht wie viele andere Polizisten daran zu glauben, dass sich Fälle von selber lösten, sondern er wollte sie lösen, er schien, als wolle er Verständnis für die Menschen aufbringen und ihnen tatsächlich helfen. Doch natürlich könnte das alles auch nur Fassade sein, er hatte mich bei möglichen Diebstählen erwischt und vermutete, dass meine Mutter Alkoholikerin ist, also die Karten standen nicht gut für mich und das könnte er ausnutzen, um mich als weitere Trophäe ins Gefängnis zu bringen.
,,Naja, also selbst bei so vielen Geschwistern kann es manchmal vorkommen, dass man sich alleine fühlt und meine Familie, dass ist alles eine etwas kompliziertere Geschichte", murmelte Louis, aß das letzte Stück seines Kuchens und spülte dies dann mit etwas Kakao runter. ,,Inwiefern komplizierter? Also nur, wenn du darüber reden willst, versteht sich", fragte ich neugierig, denn Louis war es gewesen, der mich davon überzeugen wollte, dass nicht alle Polizisten gleich sind, das einige eine menschliche Seite haben und auch wenn er auf einem guten Weg war, ein paar Zweifel hatte ich dennoch noch und Louis einfach blind vertrauen würde ich auch nicht. Aber wenn ich Louis schon nicht loswerden konnte, dann hatte Zayn Recht, es war besser sich einen Polizisten zum Freund zu machen, als ihn zum Feind zu haben.
,,Mein Vater ist kurz nach meiner Geburt abgehauen, der nächste Mann, mit dem meine Mutter dann zusammenkam, war soetwas wie eine Vaterfigur für mich, allerdings haben auch die beiden sich irgendwann wieder getrennt und der letzte Mann, an der Seite meiner Mutter, kümmert sich jetzt um meine sechs Geschwister, während meine Mutter selbst vor ein paar Jahren an Leukämie verstorben ist." Ich schluckte schwer und fühlte mich selbst noch furchtbarer, als ich daran dachte, wie ich Louis ein verwöhntes, entspanntes Vorstadtleben zugesprochen hatte, während er in Wahrheit schon einiges durchmachen musste. ,,Das tut mir leid", murmelte ich, ,,ich weiß, wie du dich fühlst, mein Vater ist auch gestorben." Bevor ich überhaupt bemerkte, dass ich das sagte, war es schon ausgesprochen und im nächsten Moment wollte ich mir dafür ins Gesicht hauen. Louis hatte es tatsächlich geschafft, dass ich ihm etwas sehr privates aus meinem Leben anvertraut hatte.
,,Alles gut, ich komme damit klar und mittlerweile bin ich alt genug, hab das alles verarbeitet und kann einigermaßen glücklich leben. Das mit deinem Vater tut mir aber auch leid. Darf ich fragen, wie das passiert ist?", fragte Louis vorsichtig, doch ich schüttelte sofort den Kopf, schaltete auf Abwehrhaltung und wollte ihn nicht näher an mich heran lassen. ,,Darüber möchte ich nicht reden." ,,Okay natürlich, das verstehe ich", sagte Louis sofort und lächelte sanft, ,,aber da ich nun einiges erzählt habe, möchtest du jetzt nicht vielleicht doch etwas von dir erzählen?" So lieb und nett Louis das auch fragte, ich musste ihm erneut eine Ablehnung erteilen, als ich auf die Uhr sah und realisierte, wie spät es schon war.
,,Ich muss Gemma jetzt leider abholen, sie ist bei Henry, aber du bist doch sein Nachbar, oder nicht? Dann könnten wir das Stück noch zusammen laufen", ich wusste nicht, wieso ich das vorschlug, vielleicht weil Louis mir aufgrund seiner Geschichte leid tat, vielleicht weil ich sichergehen wollte, ob sie wirklich der Wahrheit entsprach und er mich nicht in den Knast bringen wollte , aber als er nach meinem Vorschlag so glücklich lächelte und wieder irgendwas von Schicksal faselte, überkam auch mich ein kurzes Zucken der Mundwinkel. Dennoch schwebte mir eins die ganze Zeit weiterhin im Kopf, Louis war immer noch ein Polizist und ich musste wirklich vorsichtig sein.
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Harry hat sich zwar Louis noch nicht wirklich geöffnet, dafür hat Louis einiges über sich erzählt und meint ihr, er hat damit schon einen kleinen Fortschritt bei Harry erzielt? Ob Harry Louis nun etwas über sich erzählen wird und wenn ja, was? Oder bleibt er am Ende doch wieder stur? :(
All the love xx
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