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Schnell holte ich meine Mathe Sachen heraus und schlug die Hausaufgaben auf, so wie unser Lehrer es immer wollte. Da ich Langeweile hatte, las ich sie mir noch einmal gut durch. Okay, vielleicht entsprach ich schon ein bisschen dem Nerd-Klischee, aber ich wusste wirklich nicht, was ich sonst machen sollte.. Ich konnte mich ja schlecht mit meinen Freunden unterhalten, wenn keine von ihnen existierten.. Und nein, ich würde ganz sicher nicht anfangen mit der Luft zu sprechen. Das war selbst für mich eine Nummer zu seltsam.
Als ich alle Hausaufgaben durchgelesen hatte, guckte ich aus dem Fenster und wartete, bis ich Herrn Meier sah. Es dauerte nicht lange, bis er dann auch kam, denn er gehörte zu den wenigen Lehrern die auf Pünktlichkeit Wert legten. Also versteht mich nicht falsch, ich hatte kein Problem damit wenn Lehrer zu spät oder bestenfalls gar nicht kamen, aber es regt mich einfach total auf, wenn die Lehrer dann meinen Schüler fertig machen zu müssen, die vielleicht eine Minute zu spät waren. Na ja, generell spielten sich die meisten Lehrer ziemlich überheblich auf, nur weil sie ihr Abitur schon haben..
Ich beobachtete, wie der ach so nette Herr Lehrer sich unserer Klasse immer weiter näherte. Der Zug war immer noch nicht angekommen, als Herr Meier uns begrüßte. Eine steinzeitliche Begrüßung, meiner Meinung nach, aber wir verbrauchten viel Unterrichtszeit damit, was ich gut fand. Trotzdem war dieser Singsang seines Namens einfach nur grauenvoll und alle, die noch wach waren, sind spätestens jetzt wieder im Land der Träume...
Herr Meier war noch auf dem Weg zum Pult, als ein Viertel aller Anwesenden den Finger hob. Als Lehrer hätte ich dann schon keine Lust mehr, denn erfahrungsgemäß kam an dieser Stelle nur." Ich habe meine Hausaufgaben vergessen! Ich auch! Meine sind verschwunden! Ich wusste gar nicht, dass wir welche aufhatten, bis sie fragten! Ich war vor drei Wochen krank, deswegen konnte ich die Hausaufgaben von gestern nicht machen. Meine Aufgaben sind ins Aquarium gefallen. Meine wurden von meiner Katze aufgegessen" Und weitere von diesen unnötigen Fragen und Aussagen. Mal im Ernst, wie wahrscheinlich war es, dass jemand sowas glaubt? Na ja, aber wenn man Lehrer wurde, war einem wahrscheinlich bewusst, auf was man sich einließ.. Trotzdem verstand ich nicht, warum man freiwillig Lehrer wurde.. Die meisten Schüler hassten einen und wünschten, sie wären woanders. Und mit seinem Unterricht erreichte man generell nur die wenigsten..
Und so war es auch bei mir, denn ich hatte schon nach den ersten paar Minuten jegliches Interesse an dem Unterricht verloren.. In der Ferne konnte ich auf den Bahnhof blicken und sah, dass gerade ein Zug ankam. Mein Blick weilte für einige Zeit auf dem Zug und schließlich kamen vier Mädchen aus dem Gebäude des Bahnhofs. Sie beeilten sich nicht sonderlich, man könnte auch sagen sie gingen extra langsam und würde nicht lügen. Anscheinend hatten sie genauso wenig Lust auf Mathe wie ich. Ich wandte meinen Blick von ihnen ab, denn ich hatte keine Lust, mir das neue Thema nachher selbst beizubringen. Mathe war zwar nicht mein bestes Fach, aber mit meiner zwei war ich deutlich zufrieden. Wir fingen an die Hausaufgaben zu besprechen, ich meldete mich, wurde aber nicht dran genommen, und so ging es die gesamte Stunde weiter; ich melde mich, der Lehrer guckte sich um, und nahm eine andere Person dran, die er bei der Frage davor auch schon drannahm. Ein blödes Gefühl, wenn selbst die Lehrer dich nicht normal behandelten, denn sonst hätte er mich ja wenigstens ein Mal von den zwanzig die ich aufgezeigt hatte, drannehmen müssen. Vielleicht mochte er mich ja nicht, so wie der Rest dieser Klasse, Oh Gott wie der Rest dieser Welt, aber das dürfte dann eigentlich nicht beeinflussen wie oft ich drankam. Aber seien wir mal ehrlich, welcher Lehrer bewertete schon fair?
Die restlichen Stunden verliefen langsam, die Pausen verbrachte ich alleine. Aber das war ich ja bereits gewöhnt. So verlief mein Leben jetzt schon seit mehreren Jahren...
Die Leute aus meiner Klasse ließen mich überraschenderweise weitestgehend in Ruhe, aber ich glaube daran sollte ich mich nicht zu schnell gewöhnen. Denn sie würden nie aufhören, da war ich mir sicher..
Schließlich besserte sich meine Laune ein wenig, als die letzte Stunde anbrach. Politik, ein sehr einfaches Fach, doch trotzdem war es nicht mein Lieblingsfach. Eigentlich hatte ich gar kein Lieblingsfach, da ich Schule generell nicht mochte. Und das, obwohl ich ja angeblich ein Nerd war.. So viel zum Thema Klischees. Na ja, aber dass ich Schule nicht mochte lag wahrscheinlich an den Leuten, die ich dann immer sehen musste..
Die Lehrerin, Frau Steins, unsere Klassen- sowie auch Deutschlehrerin, kam endlich herein, begrüßte uns ziemlich motiviert und erhielt als Antwort ein leises gelangweiltes und schläfriges Grummeln ihres Namens. Manchmal fragte ich mich echt, wie die Lehrer es in unserer Klasse aushielten... Und sofort brach eine Lautstärke an, die keinesfalls gut für die Ohren sein konnte, doch da irgendwie alle aber keiner für die Lautstärke verantwortlich war, konnte auch keiner bestraft werden. Langsam schien es endlich immer leiser zu werden, anscheinend hatten alle genug über die Ferien gesprochen, was ich bezweifelte. Die meisten aus meiner Klasse würden es wahrscheinlich schaffen, selbst stundenlang über das Wetter zu reden.
Für ihre Gespräche hatten sich die wenigen Jungs auffällig und provozierend in der einen sowie die Mädchen in der anderen Ecke in einem geschlossenem Kreis versammelt und senkten ihre Stimmen von Schreien auf Reden- ein Fortschritt. Ich saß irgendwo dazwischen, aber das war schon immer so. Vermutlich hätte ich mich unwohl oder ausgeschlossen fühlen müssen, aber ich fühlte gar nichts. Naja, vielleicht nur ein bisschen Müdigkeit.
Schließlich schaffte die Lehrerin es, die Gruppengespräche aufzulösen, fing aber nicht mit dem Unterricht an, sondern setzte ein merkwürdiges Grinsen auf, das ihr überhaupt nicht stand und woran man sofort erkannte, dass sie nicht oft lachte. Ich hoffte wirklich so würde ich nicht enden. Du bist aber auf dem direkten Weg dorthin. Überleg mal, wann hast du das letzte Mal gelacht? Mein Unterbewusstsein hatte schon recht, es war wirklich schon einige Zeit her... Einige Zeit? Wohl eher einige Jahre!
Unerwartet plötzlich fing die Lehrerin an, uns etwas langsam und deutlich zu erklären, doch ehe die Worte bis zu mir nach hinten durchdrungen, wurde der kleine Raum von wütenden, ängstlichen, sowie gemeinen Kommentaren durchflutet. Als die Lehrerin es leicht genervt wiederholte, verstand auch ich das Gesagte. In unsere Klasse sollte ein elfter Junge kommen. Ich verstand das Drama darum nicht.. Es gab deutlich schlimmere Dinge, über die man sich aufregen konnte.. Zum Beispiel die Dummheit der ganzen Leute hier. Nein Spaß, ich wollte nicht gemein sein.
Na ja, die Leute aus meiner Klasse sahen das Ganze wohl anders.. Aber die konnten sich auch über alles aufregen, es schien manchmal so, als wäre das ihr Hobby. Oder ihr Lebensinhalt. Natürlich neben ihrer Lieblingsaktivität, denn die war ganz klar, mich zu zerstören..
Wie Lehrer nun mal waren, versuchte sie direkt mit dem Unterricht weiterzumachen, aber dafür war sie hier eindeutig in der falschen Klasse. Empörte Schreie und Ausrufe durchströmten den Raum und nach nur wenigen Sekunden schwollen sie zu einer ohrenbetäubenden Lautstärke an.
Also nochmal für alle: ein weiterer Junge soll in unsere Klasse kommen und deswegen schreien jetzt hier alle rum. Das macht natürlich sehr viel Sinn. Oh Gott wo bin ich hier nur gelandet?
Auch das Schreien und wilde Gestikulieren der Lehrerin halfen nicht gegen das Gekreische, ja es schien sogar so, als würde sie die Lautstärke nur weiter antreiben. Normalerweise hielten solche Phasen bei uns nie lange, sodass noch ein wenig Unterricht gemacht werden konnte, doch heute war dies keinesfalls möglich. Mit einem Blick durch die Klasse erkannte ich schnell die beiden Gruppen, die sich im Raum befanden, einmal die Mädchen und einmal die Jungen, und die Lehrerin, die schon fast aufgegeben hatte und ihre verlorene Stunde zu akzeptieren schien. Für mich hieß das wohl, warten bis die Stunde endete. Trotz der starken Lautstärke schwirrten meine Gedanken um den neuen Mitschüler. Wer er wohl war und wie die anderen Mädchen wohl mit noch einem Jungen klarkamen. Würde er Alex und Tobi auf deren Posten Konkurrenz machen? Das fände ich mal gut! Aber er könnte auch so einer wie Alex und Tobi sein, so arrogant und unfreundlich. Das würde ich womöglich nicht aushalten. Oder aber er wird einer von den beeinflussbaren, naiven anderen Jungs, im Schatten hinter Alex und Toby. Ich weiß nicht was ich besser fände... Aber das schlimmste wäre, wenn er so war wie er. Aber das war doch bestimmt sehr unwahrscheinlich, oder? Ganz ganz unwahrscheinlich.. Ich redete mir das immer weiter ein, bis ich mich wieder ein bisschen beruhigt hatte und erneut dem Vorgehen im Klassenraum folgen konnte.
Das Erstaunliche war aber, dass der Neue bereits in zwei Wochen in unsere Klasse kommen wird. Vermutlich waren deswegen alle ein bisschen überdreht.. Wobei die Leute aus meiner Klasse eigentlich 24/7 überdreht waren... Schlagartig riss mich der Gong aus meinen Gedanken, ich packte meine Sachen, und verließ den Klassenraum um zur Bushaltestelle zu gelangen, doch so weit kam es erst gar nicht...
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