*28*
„Es warten nun noch drei Geschenke auf unseren Ehrengast. Aber diese drei haben es in sich!" Die Stimme am Mikrofon motivierte mich nicht gerade. Der Masse schien es dagegen zu gefallen, denn sie verfielen wieder in ihren altbekannten Applaus. Eigentlich konnte es mir gerade sehr egal sein, was in den Paketen sein würde. Viel schlimmer könnte es doch sowieso nicht werden. Dachte ich zumindest.
„Auch die letzten Pakete sollen zeitnah geöffnet werden!" Was hatten die mit ihrem scheiß Zeitplan? Hatten die irgendwie Kontroll-Störungen? Ich meine, wenn man selbst die Zeit kontrollieren wollte, war doch irgendetwas ganz und gar nicht richtig..
Mit zittrigen Schritten lief ich auf die „Geschenke" zu. Nein, mein Körper schien das alles überhaupt nicht gut zu verkraften. Auch die Tatsache, dass ununterbrochen Blut an meiner Haut herunterfloss machte es nicht besser. Ich fror am ganzen Körper, wahrscheinlich war es schon spät am Abend. Aber das war doch ein gutes Zeichen, oder? Sie hatten mich immer um 24 Uhr in Ruhe gelassen. Das würden sie dieses Jahr doch bestimmt auch machen. Aber irgendetwas sagte mir, dass in diesem Jahr alles anders werden würde.
Dieses Paket war wieder riesig. Also würde das super für meine Hände werden. Vor allem, da man das Klebeband schon aus zehn Metern Entfernung sehen konnte. Wahrscheinlich hatten sie im Baumarkt das ganze Regal leer gekauft.
Jedes Mal, als ich an dem Klebeband zog, schoss ein höllischer Schmerz durch meine Hände. Ich presste meine Lippen zusammen, um nicht aufzuschreien. Ich wollte ihnen nicht zeigen, wie nah ich am Ende war. Wie sehr meine Augen mit Tränen gefüllt waren. Wie erschöpft und zerstört ich war.
Und egal wie stark ich zog und wie viel Schmerz ich auf mich nahm, das Klebeband bewegte sich keinen Zentimeter. Es war so als würde ich mit meinen Fäusten gegen eine drei Meter dicke Betonwand schlagen. Und das wussten sie. Sie wussten, dass es nicht möglich war. Sie mussten das doch sehen! Kein Mensch war so blind!
Jacobs Perspektive
Wir hatten den Abend fast geschafft und trotzdem stand uns das schlimmste noch bevor. Und Emily sah nicht so aus, als würde sie noch lange durchhalten. Überall war Blut und ihr Gesicht war nass. Schweiß und Tränen hatten sich dort angesammelt. Aber ich konnte und durfte ihr nicht helfen, da musste sie alleine durch. Außerdem wollte ich ihr gar nicht helfen. Sie hatte das alles verdient. Sie war ein hässlicher, egoistischer und arroganter Mensch. Oder? Waren das alles nur meine Ausreden, um mein Gewissen zu beruhigen? Hätte ich mir ein eigenes Bild von ihr machen sollen und nicht auf das hören sollen, was andere über sie erzählten? Aber warum sollte mich jemand über sie anlügen? Das würde keinen Sinn ergeben.. Also musste all das über sie wahr sein..
Aber hat sie dann so etwas hier verdient? Mein Gewissen mischte sich wieder in die Sache ein. Und nein, Emily hatte das hier nicht verdient, niemand hätte das hier verdient, aber jetzt war es sowieso zu spät zum Handeln.
Es ist nie zu spät. Ach halt doch die Klappe. Und selbst wenn es nicht zu spät wäre, ich würde nichts machen. Sie war es nicht wert, es sich mit Mr. Smith zu verscherzen.
Lucas' Perspektive
Wie sie da stand und das Paket versuchte zu öffnen, das zerbrach mir mein Herz. Ihre blutbefleckte Kleidung und ihr nasses Gesicht. Das war alles zu viel. Und normalerweise war ich kein emotionaler Mensch. Aber das alles machte mich einfach nur fertig. Ich war nicht gemacht für diese Sache. Ich konnte das einfach nicht. Spaß daran haben eine andere Person zu verletzen. Das funktionierte bei mir einfach nicht. Und auch die ganzen Sachen, die sie mir über Emily erzählt hatten, änderten daran nichts. Sie meinten, Emily hätte das hier alles verdient, weil sie ein schlechter und hässlicher Mensch sei. Aber ich hatte Emily ganz anders kennengelernt. Zerbrochen und zerstört. Und selbst wenn sie mal der Mensch war, als der sie beschrieben wurde, hätte sie das hier alles trotzdem nicht verdient.
Ich konnte das Ganze hier wirklich nicht mehr lange aushalten, ich musste einfach irgendwas machen. Ihr helfen. Aber höchstwahrscheinlich würde mich das dann zu ihrem neuen Opfer machen, oder? Und das wäre es nicht wert, auch wenn das total egoistisch war.. Aber vielleicht konnte ich ja trotzdem etwas erreichen.. Bei Jace..
Ehrlich gesagt würde ich nicht freiwillig mit ihm reden, weil der Typ echt komisch war, aber das hier war eine Art Notfall. Oh Gott, ich werde das hier noch sehr bereuen..
„Heyy Jace! Wie sieht's mit dem Zeitplan aus?" Zum Glück zitterte meine Stimme nicht. Das wäre nämlich wirklich peinlich gewesen, schließlich hatte ich auch einen Stolz. „Wir sind eindeutig in Verzug. Aber wahrscheinlich werden wir dann einfach überziehen. Sie hat sowieso keine Uhr und kann nicht sehen, ob wir länger als um Mitternacht machen.", meinte Jacob. „Das klingt gut. Emily scheint wirklich noch sehr lange zu brauchen.", stellte ich fest, während ich sah, wie sie angestrengt an dem Klebeband zog. Das ging nun schon fast eine halbe Stunde so.. „Aber denkst du nicht, dass die Zuschauer bald gelangweilt sein könnten?", warf ich ein. „Ja, daran hatte ich auch schon gedacht. Eigentlich bleiben uns drei Optionen:
1. Wir schicken die Zuschauer weg und machen im kleinen Kreis weiter.
2. Wir schicken Emily noch einmal Helfer.
3. Wir machen Emily mehr Druck.
Was sagst du dazu?", fragte Jace mich. Ja, der Anführer der Blacks fragte gerade MICH nach einem Ratschlag. Wahrscheinlich wäre das für jedes Mitglied eine riesige Ehre gewesen, für mich war es einfach nur Horror. Konnte ich denn etwas falsches sagen? Was würde dann passieren? Das kannst du nur herausfinden, indem du es probierst.
„Ich würde die Optionen 1. und 2. ausführen. Emily würde unter mehr Druck zusammenbrechen und dann könnten wir den restlichen geplanten Teil vergessen. Und die Zuschauer hat Emily sowieso schon fast ausgeblendet. Das wird keinen großen Unterschied machen. Na ja, und ohne Helfer sitzen wir hier noch bis in einer Woche, denn so richtige Fortschritte scheint Emily ja nicht zu machen.", erklärte ich. Dabei ignorierte ich die Tatsache, dass Emily bei jeder dieser Optionen zusammenbrechen würde...
„Gut Lucas, ich glaub ich werde dich in Zukunft noch öfter um Rat bitten. Ich werde deinen Vorschlag umsetzen." Mit diesen Worten verschwand Jace in der Masse und lies mich zurück. Zurück mit einer kleinen Hoffnung.
Simons Perspektive
„Heyy Simon.", begrüßte mich Jace. Ich konnte schon an seinem Gesichtsausdruck sehen, dass nun etwas kommen würde, was mir nicht gefiel. Schließlich kannte ich ihn jetzt schon mehrere Jahre lang. „Was gibt's?", fragte ich skeptisch. „Okayy, also bevor du mich gleich unterbrichst, lass mich ausreden.", meinte er. Ich nickte und bedeutete ihm fortzufahren. Ich musste wissen, was er sich wieder in seinen Kopf gesetzt hatte. „Also, wir werden unseren Plan verändern. Die Zuschauer werden gehen und nur noch die ersten drei Ränge werden bleiben. Und wir werden Emily wieder Helfer zu Verfügung stellen.", erklärte er ruhig. Aber ich war alles andere als ruhig. „Warum? Wieso wird unser Plan verändert? Er war doch so perfekt. Sieh doch, wie zerstört sie ist.", ich deutete stolz auf Emily. Aber das schien Jace nicht mehr zu überzeugen. „Auch die besten Pläne müssen irgendwann überarbeitet werden, Simon." „Aber.." „Kein aber, Simon. Mein Entschluss steht fest und als Anführer der Blacks musst du mir gehorchen." Und weg war er. Ich hasste es, wenn er diese Anführer Karte ausspielte. Eigentlich hasste er es sogar, Anführer zu sein. Aber trotzdem wurde er ausgewählt. Und ich musste ihm gehorchen. Obwohl das den ganzen Plan zerstörte. Meinen Plan. Ich hatte ihn fast alleine entworfen und Jace hat ihn an vielen Stellen etwas verharmlost. Jace war generell eher der Typ, der anderen so wenig weh tun wollte wie möglich. Deshalb war es mir immer noch ein Rätsel, warum ausgerechnet er ausgewählt wurde..
Heyy Leute, in diesem Kapitel habt ihr noch mal die boyys ein bisschen besser kennengelernt. Wollt ihr in Zukunft noch mehr Kapitel aus verschiedenen Sichten, oder immer nur aus Emilys Sicht?
Ich wünsche euch noch schöne Ferien und ich hoffe ihr kommt alle gut durch den Lockdown..
Liebe Grüße und danke für die vielen reads :-))
Franzi3332
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