*26*
Ich hielt ein kleines Kästchen in der Hand. Es war zu meinem Glück nicht verpackt.. Anscheinend hatte jemand Mitleid mit meinen Fingern gehabt.. Wobei das doch sehr unwahrscheinlich wäre.. Aber Zufall konnte es doch auch nicht sein, oder?
Vorsichtig öffnete ich das Kästchen und fand zwei kleine Briefumschläge. Auf den Umschlägen stand in einer Schnörkelschrift 7+8. Vorsichtig öffnete ich den ersten Brief und zog ein schweres Papier hinaus..
Bevor ich irgendwie reagieren konnte, öffnete sich eine große Tür und zwei Männer betraten die Halle.. Genauso gekleidet, wie man sich den typischen Priester und Bestatter vorstellte: Der Priester in einem Umhang ganz in schwarz und der Bestatter im Anzug. Also wenn das alles nur ein Traum war, wäre jetzt der richtige Zeitpunkt zum Aufwachen. Aber ich wachte einfach nicht auf..
Wie erstarrt stand ich nun da in dieser Halle und sah die zwei Männer auf mich zukommen. Was wollten die denn jetzt von mir? Schlagartig erwachte ich aus meiner Starre und hatte nur ein Ziel. Ich wollte hier raus! Hektisch blickte ich mich nach Fluchtmöglichkeiten um. Da war nur ein großes Tor, durch das ich auch gekommen war.. Es würde schwer werden, dort unauffällig hinzugelangen. Vor allem, da bestimmt 100 Augenpaare auf dich gerichtet sind. Nicht hilfreich!
Aber es war leider die Wahrheit, das mit meiner Flucht konnte ich wohl oder übel vergessen..
„Hallo Emily, schön sie kennenzulernen!" Die Stimme des Bestatters beförderte mich wieder zurück in die Realität.. „Ja, die Freude ist ganz meinerseits." Ernsthaft? Wie sprichst du denn bitte? Du bist doch keine 65! Nein, ich war noch nicht 65 aber meine Sprache war wohl einfach ein bisschen eingerostet in der Zeit, in der ich mit niemandem gesprochen hatte..
„Auch wenn der Anlass nicht der schönste ist, können wir ja trotzdem das Beste daraus machen, oder?" Der Bestatter hatte mittlerweile ein ernstes Gesicht aufgesetzt, was vermutlich seriös wirken sollte. Auf mich wirkte es einfach nur lächerlich.. „Ja." Mehr konnte ich ihm nicht entgegnen, einfach weil ich wirklich keine Ahnung hatte, worum es ging..
„Da dieses Thema ja immer sehr mit Schmerz und Trauer verbunden ist, haben wir gedacht es ist für alle Beteiligten am leichtesten, wenn wir es schnell machen." erklärte der Bestatter.. „Ja, schnell ist immer gut. Was haben sie sich denn so vorgestellt?" Okay, vielleicht hatte er sich auch nichts vorgestellt, aber irgendwie musste ich schließlich herausfinden, was dieser Bestatter von mir wollte.. „Ja, also die Bestattung soll etwas außergewöhnliches werden und da sie ja nicht mehr lange leben werden, können wir ihre restliche Zeit nutzen, um ihre Beerdigung zu planen." Was? Das, das hatte ich doch bestimmt falsch verstanden, oder? Verzweifelt blickte ich mich in dem Raum um, aber ich sah nur Gesichter, die stark bemüht waren, ihr Lachen zu verkneifen. Lachen, richtig, dass hier alles war bestimmt nur ein kleiner harmloser Scherz. Gleich würden sie das alles auflösen. Aber es kam keine Auflösung..
„Miss Miller, also haben sie sich denn schon Gedanken gemacht? Also ich weiß, es ist nie leicht Beerdigungen zu planen, vor allem nicht seine eigene, aber ich werde Sie auf diesem schwierigen Weg begleiten. Sie sind nicht alleine. Es gibt viele sterbenskranke Jungendliche." Ach, ich war jetzt also eine Sterbenskranke. Wie außerordentlich kreativ sie doch waren. *Ironie* Aber ich konnte dem Bestatter ja schlecht sagen, dass das alles eine Lüge war, oder? Vielleicht versuche ich das alles einfach schnell hinter mich zu bringen. Es wird ja sowieso nichts bedeuten.
„Ja, also ich habe schon lange darüber nachgedacht, sodass ich emotional auch nicht sensibel bin. Ich habe mich irgendwie damit abgefunden. Also, ich hatte mir vorgestellt, dass es eine kleine Beerdigung wird, mit nur drei Gästen. Als Blumenschmuck hätte ich gerne schwarze und rote Rosen. Aber keine Schnittblumen, sie sollen noch lebendig sein. Ach ja, und ich würde gerne begraben werden. Gibt es sonst noch irgendetwas, dass geplant werden muss?" Der Mann hatte eifrig mitgeschrieben, während ich meine eigene Beerdigung beschrieben hatte. Die Sachen waren nicht einmal ausgedacht, ich hatte mir wirklich schon oft Gedanken über meinen Tod und meine Beerdigung gemacht. „Das hört sich doch schon mal gut an. Ich hätte auch nur noch zwei Fragen, wer genau kommt auf die Gästeliste und wo soll die Beerdigung stattfinden?" „Meine Mutter, Samantha und Phil. Hier auf dem Friedhof." Ich schrieb ihm die Namen auf eine Liste. Natürlich hatte ich mir irgendwelche ausgedacht. Ich meine, allein die Vorstellung, dass ein Bestatter zusammen mit meiner Mutter meine Beerdigung planen würde, die zudem noch erfunden ist, war einfach viel zu seltsam. „Okay, das war's dann auch schon. Leb wohl, Emily. Es war schön, sie kennengelernt zu haben." Mit diesen Worten verschwand der Priester und der Bestatter.
„Gut, da das ja jetzt erledigt ist, gehen wir über zum neunten Geschenk." Wieder Applaus.
Ich hatte ganz vergessen, dass hier so viele Menschen waren und mir zusahen. Was müssen sich denn der Priester und der Bestatter gedacht haben? Sie waren bestimmt eingeweiht.
„Dieses Geschenk ist bis jetzt mein absolutes Highlight, aber das kann sich natürlich im Laufe des Tages noch verändern. Viel Spaß euch allen!" Wieder Applaus.
Und ich suchte nach der 9. Mittlerweile gab es nur noch vier Geschenke, weshalb ich das Paket sehr schnell fand. Es war sehr schmal und lang, aber ich hatte wieder keine Ahnung, was drin sein könnte..
„Also mittlerweile müsste ja klar sein, dass die Geschenke ZEITNAH ausgepackt werden sollen!" Wieder Applaus.
Angetrieben durch die Stimme am Mikrofon begann ich, den Karton aufzureißen. Auf diesem Paket war zwar deutlich weniger Klebeband, aber meine Finger waren schon so geschwächt, dass mir das auch nicht gerade half. Und das schienen auch andere zu bemerken.
Lucas und Alex wurden mir wieder als Hilfe geschickt und somit war das Paket auch sehr schnell ausgepackt. Mit zitternden Fingern öffnete ich den Karton und zog eine Schippe hervor. Ich hatte bereits eine dunkle Vorahnung, was jetzt kommen würde..
„Natürlich haben wir bereits etwas vorbereitet und sobald ihr das seht, ist die Aufgabe eigentlich selbsterklärend. Frohes Graben!" Applaus und Gelächter machten sich in der Lagerhalle breit. Gewidmet nur mir. Was eine Ehre. *IRONIE*
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