Längst nicht gefunden
Jassys POV
„Wir suchen jetzt ihre Lieblingsplätze auf. Früher oder später wird es sie dorthin zurückziehen, man kehrt immer dorthin zurück, wo man sich wohlfühlt.“ Diese psychologische Weisheit schien mir doch sehr einleuchtend.
Ich würde auch immer wieder hierher zurückkehren und natürlich zu meiner Familie. Es war also nicht gerade unwahrscheinlich, dass Faye noch immer dorthin ging, wo sie früher auch war.
„Sollen wir uns aufteilen?“, fragte Rocky. Ihm konnte es wohl gar nicht schnell genug gehen. Aber ich konnte ihn verstehen, wenn Ross verschwände, würde ich vermutlich genauso reagieren.
Aber das Problem war, dass ich Faye nicht erkennen würde. Selbst wenn sie direkt vor mir stände, könnte ich nicht sagen, ob es sich um sie handelte. „Das ist keine gute Idee Rocky, ich kenne sie nicht.
Selbst wenn sie dort wäre, würden wir es nie erfahren, einfach weil ich nicht weiß, wie sie aussieht.“ „Ich könnte sie dir beschreiben.“ Stirnrunzelnd schüttelte ich den Kopf. Es war wirklich bedauerlich, dass wir so wenige Möglichkeiten hatten.
„Rocky, es gibt vermutlich viele Mädchen auf diesem Planeten, die aussehen, wie sie. Dazu kommt noch, dass wir davon ausgehen müssen, dass vielleicht eine neue Haarfarbe oder dergleichen hat.“
Für unwahrscheinlich hielt ich das nicht, immerhin waren an ihrer Entscheidung noch andere Leute beteiligt. Aus ihrer Nachricht las ich heraus, dass sie Rocky nicht wirklich freiwillig verlassen hatte. Wo steckte sie da nur mit drin?
Ich kannte sie zwar nicht, aber wenn Rocky sie so sehr mochte, konnte sie kein schlechter Mensch sein. Oder eben eine verdammt gute Schauspielerin. Am Anfang hatte sie ihn immerhin nur verarscht.
Nachdenklich kaute ich auf meiner Unterlippe herum. Er hatte sich einmal in ihr getäuscht, vielleicht täuschte er sich wieder. Aber noch hatten wir sie ja gar nicht gefunden.
Ich würde ihr definitiv eine Chance geben, immerhin verliebte man sich nicht grundlos. Wenn sie ihn allerdings ein weiteres Mal verletzen würde, wäre es vorbei mit meinem guten Willen.
Rocky zählte zu meinen engsten Freunden und die wurden gefälligst von niemandem verletzt, sonst konnte ich ungemütlich werden. „Also, wo sollen wir anfangen?“, fragte ich Rocky.
In Sachen Faye kannte er sich definitiv besser aus, als ich. „Lass uns die Tanzstudien abklappern und nach ihr Fragen. Die haben wenigstens einen Namen, was die Suche erleichtern sollte.“
Die Suche in den Tanzstudien erwies sich als alles andere als einfach. Niemand wollte uns einen Namen geben, da sie dank des Datenschutzes dazu verpflichtet waren.
Ich und Rocky gönnten uns nach drei Stunden der sinnlosen Suche eine Pause. Wir saßen in einem kleinen Café und aßen Eis. Wenn es nach Rocky ginge, hätten wir überhaupt keine Pause gemacht, aber letztendlich hatte ihn doch dazu überreden können.
„So kommen wir nicht weiter“, stellte ich resigniert fest. Wir könnten alle Tanzstudien in LA aufsuchen, ohne auch nur den kleinsten Hinweis auf Faye zu bekommen. Das war verschwendete Zeit.
„Ich weiß, aber aufgeben werde ich deshalb nicht.“ Ich seufzte und nickte dann. Wir hatten gemeinsam begonnen, also würden wir das jetzt auch gemeinsam bis zum Ende durchziehen.
„Aber es muss noch eine andere Möglichkeit geben, denn das hier ist aussichtslos.“ Ich war mir fast sicher, dass er sich darüber durchaus im Klaren war, er aber dennoch nicht bereit war, aufzugeben.
Leider sah ich wenige Optionen, die vielversprechender waren. Wir könnten nicht stundenlang vor jedem Tanzstudio warten und hoffen, dass sie zufällig daran vorbeilaufen würde. Das würde uns nur frustrieren.
„Meinst du, sie will mich überhaupt wiedersehen?“, frage Rocky unvermittelt. Sein trauriger Unterton war unüberhörbar, aber wie ich ihn richtig trösten konnte, wusste ich auch nicht.
Mir war von Anfang an klar gewesen, dass das alles vermutlich nicht so einfach werden würde, wie er sich das vorgestellt hatte. Ich fragte mich, wie das in den Märchen und Geschichten immer so einfach funktionieren konnte.
Da gab es auch immer Schwierigkeiten, nur konnten diese innerhalb von wenigen Tagen gelöst werden. So einfach würde das bei uns sicher nicht werden. Ich wollte ja optimistisch bleiben, aber andernfalls wäre ich am Ende nur enttäuscht, weil die ganze Mühe umsonst gewesen war.
„Ja, sicher. Sie hat sich immerhin in die verliebt. Warum sollte sie dich nicht wiedersehen wollen?“ Etwas hielt sie davon ab. Das alles war ja nicht geschehen, weil sie es unbedingt wollte, sondern weil jemand sie dazu gebracht hatte.
Sie selbst wäre vermutlich sehr froh, ihn zu sehen, aber wer auch immer sie dazu gezwungen hatte –ich nahm stark an, dass sie gezwungen worden war- wäre sicher nicht glücklich, die beiden wieder zusammen zu sehen.
Wenn unsere großen Unbekannten sie also einmal dazu gebracht hatten, ihm Lebewohl zu sagen, würden sie das wahrscheinlich auch ein zweites Mal schaffen.
„Ich weiß nicht. Wir haben uns immerhin lange nicht gesehen. Wer weiß, ob sie inzwischen nicht weitergezogen ist.“ Obwohl das Weitergezogen auf ihre Gefühle bezogen war, brachte es mich auf den Gedanken, dass Faye vielleicht gar nicht mehr hier war.
Abwegig erschien mir diese Möglichkeit leider nicht. Aber noch war Rocky guter Dinge und ich würde das jetzt nicht schon wieder kaputtmachen. „So einfach zieht man nicht weiter. Selbst wenn man sich lange nicht sieht.“
Eigentlich konnte ich das nur schwer beurteilen. Ross war meine erste Beziehung und ich hoffte, deren Ende lag noch in sehr, sehr, sehr weiter Entfernung. Am liebsten wäre es mir, wenn sie überhaupt nicht enden würde.
Aber aktuell ging es nicht um mich, sondern um Rocky. Und ich würde ihm solange helfen, bis wir sie entweder gefunden hatten, oder er selbst die Suche aufgab. „Und du weißt wirklich nicht, wo sie wohnt?“
Rocky schüttelte den Kopf: „Wir haben uns nie bei ihr getroffen und da sie mich nie eingeladen hat, war ich auch nie dort.“ Ich atmete tief durch: „Und das kam dir nicht irgendwie seltsam vor?“
Er zuckte mit den Schultern: „Doch, schon, aber mit sowas hätte ich eben auch nie gerechnet.“ Nachdenklich stütze ich meinen Kopf auf meinem Arm ab. So langsam gingen mir die guten Ratschläge aus.
Ich hatte doch selbst gar keine Ahnung, warum hörte er überhaupt auf mich? „Also, lass uns weitersuchen“, sagte ich energisch und stand auf. Wäre doch gelacht, wenn wir sie nicht finden würden.
Jede Geschichte hatte ein Happy-End verdient, man musste nur aufpassen, wann man sie beendete. Und jetzt war es definitiv noch viel zu früh.
------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Die Suche nach Faye wird nicht ganz so leicht, wie es die nach Senna war :D Aber im echten Leben wäre es vermutlich völlig aussichtslos, und ich denke jedem hier ist klar, dass sie früher oder später gefunden wird ;) Ich könnte ihr Verschwinden auf Ewigkeit ja niemandem zumuten :D Wie wollt ihr, dass es weitergeht? :)
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