Zwei
Wir sind gerade einmal hundert Meter in den riesigen Wald gegangen, als uns einfällt, dass wir eigentlich gar nicht wissen, was wir machen sollen.
Wir lassen uns auf einer kleinen, sonnigen Lichtung nieder. Während Louis in der Mappe herumblättert, die er von Benjamin bekommen hat, zeigt uns Sebastian seine ganze Ausrüstung. Ich interessiere mich nicht wirklich für diese ganzen Sachen – warum sollte ich auch? Es ist nur ein Sommercamp und kein Überlebenscamp – aber mir gefällt seine Art. Er ist so aufgeregt und freut sich wie ein kleines Kind, wenn Zoe und ich ihn über einige seiner Gerätschaften ausfragen.
„Leute, seht euch das hier an! Sebastian! Hast du nicht ein Taschenmesser?" Zoe hat sich abgewendet und durchsucht das Gebüsch um uns herum.
Louis sieht aus der Mappe auf und schleicht zu Zoe. Ich folge ihm. Sie hat eine undurchsichtige Glasflasche gefunden, halb im Boden vergraben und mit einem Korken verschlossen. Sie öffnet die Flasche mit dem Korkenzieher an Sebastians Taschenmesser. „Da ist ein Zettel drin", sagt sie, als sie in den Flaschenhals späht. Mit ihren kleinen, dünnen Fingerchen kann sie ihn problemlos herausziehen.
„Gib mal her!", ruft Louis und entreißt Zoe den Zettel.
„Oh mein Gott, ihr seid wie Kleinkinder", stöhnt Meggie genervt. Ich drehe mich zu ihr um und hätte beinahe laut losgelacht. Wie eine Diva hockt sie auf einem Baumstumpf, in der einen Hand einen kleinen Schminkspiegel und in der anderen den grellpinken Lippenstift, den sie gerade nachzieht.
„Wenn Lady Margarete von Blödheit dann fertig ist, kann sie uns gerne einmal helfen!", speit Zoe und wirft Meggie eine Handvoll Dreck auf den weißen Minirock. Es ist so lächerlich, ich muss lachen. Kaum zehn Minuten in diesem Wald, und schon der erste Streit.
Louis liest laut den Zettel vor und unterbricht so die beiden in ihrem Streit. „Ihr habt also euer zweites Rätsel gefunden! Nun befindet ihr euch nur noch dreihundert Meter südlich von eurem nächsten Ziel entfernt." Während er liest, schüttelt Sebastian die Flasche. Es klappert leise.
„Hier ist noch etwas drin!" Ein Schlüssel fällt in seine Hände, als er die Flasche über Kopf hält. Er ist klein, und auch schon recht abgegriffen. Bestimmt haben auch schon andere Gruppen genau diesen Schlüssel benutzt, um... was auch immer zu öffnen.
„Hier steht 7.2 drauf", bemerke ich mit Blick auf den Zettel in Louis' Händen. Er hat für einen Mann sehr gepflegte Hände, sie sind glatt und seine Nägel sind zwar sehr kurz, haben aber eine gleichmäßige Form.
„Ja, 7.1 ist in der Mappe da drin. Dank Zoe brauchen wir das ja nicht mehr. Weiß jemand, wo Norden ist?"
Sebastian zieht beinahe sofort einen Kompass aus einem Seitenfach. „Mein Held", spottet Zoe leise, doch Sebastian versteht den Spaß und grinst bis über beide Ohren. Er erinnert mich immer noch an ein Kind.
„Norden ist da!", sagt er und deutet in die Richtung, wo der Wald dichter und dunkler wird.
Wir schultern unsere Rucksäcke und treten wieder auf dem schmalen Trampelpfad, um weiterzugehen.
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