Fünfundzwanzig
„Anna, lauf!", schreit Zoe. Matthias steht vor Schmerz gekrümmt direkt vor ihr und rudert mit den Armen, um sie festzuhalten. Vom Anblick des Blutes, das aus der Wunde strömt, wird mir schwindelig und ich spucke auf den Boden. Ich kann schon spüren, wie mir die Galle hochkommt. „Lauf!", kreischt Zoe. Sie kann wegen der Fußfesseln nicht weglaufen.
Matthias fährt herum und stolpert in meine Richtung, um mich aufzuhalten. Ich greife sofort nach der Waffe, die mir am nächsten ist – ein schwerer Hammer – und schwinge ihn in Matthias' Richtung. Er weicht aus und ich erwische ihn nur noch an der Schulter. Ohne weiter nachzudenken komme ich endlich Zoes Aufforderung nach, fahre herum und stürme die Treppe hinauf. Die Tür nach draußen ist verschlossen. Ich will ein Fenster suchen, dass ich einschlagen kann, doch jedes einzelne Fenster ist in neun kleine Teile aufgeteilt, und diese einzelnen Teile sind zu klein, als dass man dadurch fliehen könnte. Aus dem Keller höre ich einen Schrei von Zoe und beginne sofort, panisch mit den Zähnen zu knirschen.
Erst nach gefühlten Stunden fällt mir etwas viel einfacheres ein: Ich kann die Fenster ganz normal öffnen. Sofort zerre ich an einem Fenster, doch sie lassen sich nur einen Spalt weit öffnen. Dies liegt an einer kleinen Metallschiene, die das Fenster mit dem Rahmen verbindet. Bis mir das auffällt, vergehen weitere wertvolle Sekunden. Ich hebe den Hammer, den ich zu Boden fallen lassen habe, und lasse ihn auf die Metallschiene krachen. Sie zerbricht sofort und ich kann endlich das Fenster ganz öffnen.
Mein erster Instinkt ist es, aus dem Fenster zu springen und der Todesgefahr zu entkommen, doch dann zögere ich. Was ist mit Zoe? „Geh raus, Anna! Ich komme schon!", höre ich ihre Stimme. Hinter ihr stürmt Matthias die Treppe hinauf. Ich klettere aus dem Fenster und laufe. Matthias' Haus liegt im Wald und ich muss Bäumen und Baumwurzeln ausweichen.
Zoe holt mich schnell ein und läuft keuchend neben mir. Ihr Bein blutet wieder, der Verband ist blutig. „Wir brauchen Hilfe!" Sie würgt und spuckt Blut auf den Boden. Hinter uns brüllt Matthias, dass wir gefälligst stehenbleiben sollen.
„Aber woher?", antworte ich Zoe hechelnd. Langsam macht sich die Tatsache bemerkbar, dass ich seit ungefähr zwei Tagen nichts gegessen habe und nur kurz und nicht sonderlich gut geschlafen habe. „Hier muss doch jemand sein..." Ich sehe mich um. Es ist dämmert bereits, ich bin mir sicher, dass es die Morgendämmerung ist. Irgendwo müssen doch andere Gruppen sein, oder Spaziergänger, oder irgendjemand!
Langsam aber sicher holt Matthias uns ein, bald kann ich seine schweren Schritte hören. Zoe hat die eine Hand an ihren Kopf gepresst, mit der anderen deutet sie nach rechts, um dann direkt in genau diese Richtung zu laufen. Ich folge ihr ohne Widerspruch, bin sowieso zu erschöpft, um zu reden. Und einen besseren Plan habe ich auch nicht.
Unser Vorsprung wird immer kleiner, weil wir immer langsamer werden. Der einzige Grund, warum Matthias uns noch nicht eingeholt hat, ist der Schmerz seiner Wunde, die immer noch blutet. Wie kann er überhaupt noch auf den Beinen sein? Just in dem Augenblick, in dem ich das denke, fällt Matthias zu Boden.
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