*Pae-a-odog ☆ Aranath Ardheryn
Erste Ankunft in Ardheryns Königreich
1 000 Jahre zuvor:
Achtsam sah ich mich um, beobachtete die Krieger, wie sie ihre Arbeit erledigten. Sie nahmen diesen komischen Wesen, Orks, ihre Waffen ab und legten sie auf einen Haufen. Auf einem anderen stapelten sich die Orkleichen. Gerade zog ein Krieger mit blonden Haaren einen toten Ork zum Haufen. Die Arme der Kreatur hingen schlaff herab. Seine starren Augen blickten direkt in meine Richtung, und obwohl die vielen Kadaver mich eigentlich schockieren sollten, taten sie es nicht. Ich wusste nicht, warum, doch ihre Arbeit war interessant.
Wenn auch etwas verstörend...
»Wenn Ihr nicht zusehen wollt, können wir gerne woanders hin?«, fragte dieser blonde Elb Legolas, der mich nicht aus den Augen ließ. Er hatte mich auf einen Baumstamm gesetzt und gerade befeuchtete er einen Lappen mit Wasser aus seiner Flasche. Klares Wasser tropfte auf den Waldboden.
Als ich den Blick davon nahm, sah ich dem Elben in seine blauen Augen. Er hatte eine Braue erhoben und ich schüttelte auf seine Frage meinen Kopf. Er kommentierte dies mit einem Schulterzucken, dann kam er auf mich zu und ging vor mir in die Hocke. Meine Muskeln spannten sich augenblicklich an, doch ich ließ ihn machen.
»Mir sagen, woher Ihr kommt, tut Ihr zwar immer noch nicht, trotzdem müssen Eure Wunden versorgt werdem.«
Vorsichtig nahm Legolas mein Gesicht in seine Hände und reinigte meine Platzwunde. Der nasse Stoff berührte die Wunde auf meiner Stirn. Ich sog scharf Luft ein, sagte aber nichts. Ich sah Legolas weiterhin entgegen. Seine Augen waren fokussiert auf meine Wunde gerichtet. Behutsam wusch er das Blut fort, folglich musterte er mich und kurz blieb sein Blick an meiner Lippe hängen.
Eine kleine Kruste deutete auf eine zurückliegende Verletzung hin, auch meine alten Schnittwunden auf meiner rechten Handfläche. Legolas sagte jedoch nichts dazu, schien zu ahnen, dass ich ihm keine wahre Antwort geben würde.
Würde ich auch nicht, also bitte, ich bin nicht dumm.
Legolas entfernte seine Finger von meinem Kinn. Er stellte sich wieder aufrecht hin.
Mit einem Blick auf mein Kleid erhob er abermals seine Stimme: »Ihr seid durch einen Sumpf gegangen?«, fragte er fassungslos.
Mein Blick ging zu meinem ehemals hellbraunen Kleid. Der untere Stoff wies Spuren von grau-grünem Schlamm auf, doch ich zuckte nur mit meinen Schultern.
»Warum so schockiert?«
»Es ist ein Wunder, dass Ihr Euren Aufenthalt im Wald bis hier hin überlebt habt.«
Zwar hatte der nervige Krieger durchaus recht, aber ich sprach provozierend: »Ich würde es als pures Können bezeichnen.«
Legolas seufzte tief und rollte mit seinen Augen. Er nuschelte genervte Wörter, doch ich beachtete ihn nicht.
»Gebt es doch einfach zu; Ihr seid durch einen Sumpf gegangen. Der Matsch am Kleid ist Beweis genug.«
»Reimt es Euch selbst zusammen«, erwiderte ich kühl, denn ich würde nicht bejahen; könnte dies ein Indiz zu meiner Heimat sein.
So sah ich Legolas weiter an, erkannte, dass sich seine Augen zu Schlitzen verengten. Versucht ruhig atmete er aus, denn er versuchte schon die ganze Zeit herauszufinden, woher ich kam, und warum ich mich mitten im Wald aufhielt. Ein anderer Krieger, mit dunklen Haaren und braungelben Augen, hatte seine ganz eigene Theorie, denn für ihn war ich eine Elbin, die vor einer Hochzeit floh. Mit der Flucht hatte er zumindest recht und das schien auch Legolas zu wissen. Hätte ich mich verlaufen, würde ich die Krieger bitten, mich nach Hause zu bringen.
Und gerade, als ich an den anderen Krieger gedacht hatte, entdeckte ich ihn links hinter Legolas. Er warf drei schwarze Klingen auf den Waffenberg und schielte zu uns. Seine Elbenohren vermochten natürlich das Gespräch zwischen Legolas und mir zu verstehen.
Als seine braungelben Augen meinen Blick trafen, winkte ich provokant in seine Richtung. Es reichte, um ihn dazu zu bringen, sich wieder abzuwenden. Mit Legolas blieb ich bedauerlicherweise weiterhin konfrontiert.
»Ihr seid stur«, seufzte er schon.
Meine Augen nahmen ihn ins Visier. Ich antwortete ihm nicht, sondern zuckte abermals mit meinen Schultern. Anschließend blickte ich zurück zu den Kriegern, die ihren Pflichten nachgingen. Ich musterte sie, wie sie einen Ork auf den anderen legten. Gelegentlich sah einer neugierig zu mir, wobei ich den Blick dann ebenso intensiv erwiderte, sodass sie bald von selbst wegsahen.
Legolas blieb die ganze Zeit neben mir stehen und spielte Aufpasser. Wegrennen könnte ich natürlich mit meinem Knöchel nicht, trotzdem wurde ich mit seiner Anwesenheit beglückt. Ungefähr eine Stunde später traten die Krieger die Heimreise an, wobei ich Legolas lange mit Schweigen bestrafte.
Wir kamen in einem kleinen Waldreich an, als wir durch eine Mauer schritten. Hinter ihr war eine weite Ebene mit Bäumen, einer Weide für Pferde und in der Ferne erhoben sich sogar einige Häuser mit Feldern. Ein Königreich, das auf den zweiten Blick doch nicht so klein war, wie am Anfang vermutet.
Ich riss meine Augen auf und blickte in den Himmel, wo die Strahlen der Abendsonne den Düsterwald in ein warmes Licht tauchten. Meine Augen verfolgten die Schönheit, saugten sie auf und nie wollte ich sie mehr vergessen. Die Strahlen tanzten um die Bäume, die sich in ihrem eigenen Lied der Natur bewegten - gar schien es mir so, als ob sie zum Liede des Windes tanzen würden. Sie schwangen leicht hin und her und sofort fühlte ich mich sicherer unter dem dicken Blätterdach. Ich fühlte mich sicher, was ich nicht gedacht hatte zu tun.
Bei den Orks und noch bei meinem Vater hatte ich keinen Hauch von Sicherheit gespürt, ihn mir nicht einmal erträumen können. Eine Sicherheit, welche ich mir sehnlichst gewünscht hatte.
»Mund zu, sonst fliegt noch etwas hinein, bevor wir noch im Palast von Ardheryn ankommen«, bemerkte der Elb Legolas heiter an.
Schnell schloss ich meinen Mund, der in der Tat leicht offengestanden hatte. Als wären seine Worte ein Weckruf gewesen, spürte ich seine Arme um meinen Körper viel stärker. Sein muskulöser Oberkörper, der gegen mich gepresst war, und die Wärme, die von ihm ausging. Der Elb trug mich immer noch, hatte dies schon mehrere Stunden getan und an Loslassen schien er nicht zu denken. Wahrscheinlich kannte er dieses Wort.
Meine Füße hingen in der Luft und trotzig musste ich mir eingestehen, dass ich lieber getragen wurde, anstatt mit meinem verstauchten Knöchel über den unebenen Waldboden zu laufen, geschweige denn in meinem dünnen Elbenkleid samt noch dünnerem Mantel umherzulaufen. Da genoss ich lieber die Wärme, die von einem Fremden mit einer viel zu großen Klappe ausging.
Ja, für mich war er eingebildet, aber mir war jeder Elb lieber, der nicht mein Vater war, vor dem ich auf der Flucht war. Seit einer Woche schon auf der Flucht und am Ende meiner Kräfte. Gestorben wäre ich, ohne mit der Wimper zu zucken, wenn mich dieser Schönling nicht gerettet hätte.
Deshalb musste ich ihm mit Widerwillen und Unbehagen von meiner Seite aus doch etwas Freundlichkeit schenken. Meine Freundlichkeit bestand darin, ihn nicht länger anzuschweigen, was mindestens für mich ein ziemlich großer Schritt war.
Nein, gigantischer Schritt.
»Danke Euer Besorgnis, doch mir wird schon nichts in meinen Mund fliegen.«
»Ihr könnt ja sprechen«, witzelte Legolas schon.
Sofort bereute ich, dass ich überhaupt meinen Mund zum Sprechen benutzt hatte. Der blonde Elb hob eine Braue interessiert, da ich die ganzen Stunden unserer Reise geschwiegen hatte, und er sah mich überrascht an, doch ich zog nur eine grimmige Miene. Ich entschloss, mich wieder meiner Umgebung, anstatt dem Elben, zu widmen, der dem Anschein nach Blut geleckt hatte. Blut verstanden als Sarkasmus und Ironie. Ich hatte nämlich die ganze Zeit unserer Reise geschwiegen und hätte das eigentlich so belassen sollen. Nur ein Dank hatte meine Kehle verlassen, als die Krieger mir in einer Pause etwas zu Essen und Trinken angeboten hatten.
»Ja, ich kann in der Tat sprechen, danke Euch der Nachfrage.«
»Netheb enni, Lithil« (Es tut mir leid), erklang Legolas' Stimme neben meinem spitzen Ohr und einige der anderen Krieger, welche übrigens sehr gut gelaunt waren, da sie im Kampf keinerlei Verluste zu beklagen gehabt hatten, lachten leicht, »Es kam nur plötzlich, da Ihr mich die ganze Zeit über mit Eurem Schweigen bestraft habt, seitdem wir aufgebrochen sind.«
»Zu dem ich volles recht habe«, setzte ich dagegen.
»Ja genau, weil ich Euch lieber im Wald sterben hätte lassen sollen, wenn ich Euch zurückgelassen hätte?«
Ich spürte beinahe, wie er seine Augenbrauen hob, ohne es sehen zu müssen, da mein Blick immer noch stur auf die Natur vor mir gerichtet war. Eine Natur, die schon viel länger lebte als die Wesen, die auf ihrer wanderten. Eine Natur, die mir keine dummen Fragen stellte.
Auf Legolas' Frage antwortete ich nur mit einem Grummeln, was für ihn Antwort genug war. Auch für seine Kumpanen, wobei die allesamt von zu viel Männlichkeit gesteuert wurden und wieder dumm kicherten. So kicherten, dass ich meine vorherige Aussage vielleicht noch einmal überdenken müsste.
»Warum Ihr überhaupt in so eine Lage hineinkommen konntet, verschweigt Ihr immer noch.«
»Weil es Euch auch nichts angeht!«, hisste ich fast in einem Atemzug und hoffte, dass man meine vielen blauen Flecken nicht sehen konnte. Zumindest die alten, da ich mir einige auf meiner einwöchigen Flucht zugezogen hatte. Die alten könnte ich nicht allzu leicht erklären, wenn ich den wahren Grund für mein Erscheinen im Wald weiterhin geheim halten wollte.
»Eigentlich schon, da Ihr gerade mit dem Prinzen sprecht«, sprach plötzlich der dunkelhaarige Elb mit den braungelben Augen, der rechts von uns ging.
Mein Kopf schnellte hinüber zu ihm. Auch Legolas' Augen lagen nun auf dem Elben, der ein Schwert führte, und Legolas schien nicht begeistert zu sein, dass sein Kollege seinen Titel angesprochen hatte. Mir war es egal, wer er war, aber eines störte mich, und zwar, dass er als Prinz wirklich das Recht hatte, mir zu befehlen, ins Waldlandreich mitzukommen.
Toll, Lithil, du hast es geschafft, vom verdammten Prinzen gerettet worden zu sein...
Zusätzlich hast du ihn schroff behandelt...
»Auta miqula orqu« (Geh' und küss einen Ork), die Worte verließen meine Kehle und das Gesicht des dunkelhaarigen Elben war unschlagbar. Glatt hätte man einen Maler diesen Ausdruck in ein Gemälde festhalten lassen müssen. Der Elb hatte wohl nicht mit solchen Worten von mir gerechnet und sah demnach ziemlich dumm aus der Wäsche. Legolas hingegen schien seinen Missmut von vorhin vergessen zu haben, denn sein Körper bebte vor Lachern.
»Dies habe ich nicht erwartet, gar vorhersehen können. Vielleicht seid Ihr doch gar nicht so verklemmt!«, rief mein Träger aus. Ich verdrehte meine Augen genervt. Er war nicht nur eingebildet, sondern noch gleich der Prinz vom Waldlandreich.
Ich hatte ich eine böse Vorahnung, dass ich den Düsterwald für eine längere Zeit nicht mehr verlassen würde. Ich fühlte mich ein bisschen wie eine Gefangene, obwohl ich so oder so keinen Ort gewusst hätte, wo ich hingehen hätte können.
Nichtsdestotrotz spürte ich nun den Griff von Legolas viel stärker auf mir. Mit etwas Unbehagen in meiner Magengrube traten wir kurz darauf ins kleine Königreich ein, das von einer weiteren Mauer umrundet wurde.
Unsere Gruppe wurde von vielen Elben begrüßt, die allerlei Tätigkeiten nachgingen. Die Krieger schienen noch bessere Laune zu bekommen, was ich nicht für möglich gehalten hätte, und so traten wir auf die Mitte eines kleinen Platzes. Ich konnte mir gut vorstellen, dass hier am Morgen ein kleiner Markt war, doch nun, da die Sonne schon fast untergegangen war, war der Platz leer.
Als wir zu einem Halt gekommen waren und sich die ganzen Krieger voneinander verabschiedet hatten, waren nur mehr Legolas und ich übrig. Der blonde Elb ging etwas in die Knie, ließ mich hinunter. Ich stellte mich auf meinen linken Fuß, um meinen rechten Knöchel zu entlasten, und schwankte bedrohlich.
Im Stand durchfuhr ein stechender Schmerz meinen Kopf, da ich beim Orküberfall auf meinen Kopf gefallen war. Zischend sog ich Luft ein. Ich hielt mir meinen Kopf, der indessen angefangen hatte, zu pochen. Legolas schien mehr Ernst in der Lage zu sehen, denn als ich abermals bedrohlich schwankte, meine Sicht nur mehr verschwommen war, packte er mich an meinen Oberarmen. Mein Mantel rutschte von meinen Schultern.
Natürlich musste es so kommen...
Meine Schultern, ein Teil von meinem Schlüsselbein und Rücken waren entblößt. Zu sehen war nicht nur meine Haut, dazu die ganzen Verletzungen auf ihr, die nicht von einfachem Hinfallen stammen könnten. Die Flecken waren der anschauliche Beweis, dass ich von jemandem geschlagen und getreten worden war und dies nicht einmal. Sie waren der Beweis für eine Misshandlung, dafür, dass es mir schlechter ging, als der Prinz vermutet hatte.
Legolas konnte eins plus eins rechnen und seine Augen wurden größer, als er meinen Rücken sah, wo faustgroße lila Flecken zu sehen waren. Seine Hände hielten mich immer noch fest und drehten mich leicht schräg, dann zog er mit seiner anderen Hand den Mantel zur Seite, um meinen Rücken zu begutachten.
»Sain lavar ne idh...« (Lasst mich in Ruhe), nuschelte ich leise, doch er ignorierte mich gekonnt, hielt mich weiterhin an Ort und Stelle fest.
Der Prinz sog scharf Luft ein, dann sah er mich streng an und erhob seine Stimme: »Ihr hättet sagen sollen, dass Ihr so stark verletzt seid!«
»Wozu, dass man mir Mitleid schenkt?«, fragte ich unter Schmerzen, als ich meine Augen etwas zusammengekniffen hatte. Legolas sah mich streng an, dann meinte er: »Nein, dass man Euch hilft!«
»Helfen...«, ich sprach dieses Wort ganz langsam aus, »tut man sich nur selbst. Ich kann damit umgehen, danke.«
Doch der Elb schüttelte seinen Kopf, sein Kiefer spannte sich an. Versucht ruhig atmete er ein und aus, dann sah er mir mit seinen eisblauen Augen in die meinen.
»Um so zu denken, muss Euch wahrlich Leid widerfahren sein. Leid, welches mich nichts anzugehen hat, wenn Ihr es nicht aus freien Stücken erzählt«, seine Worte klangen erzwungen, »Was meine Wenigkeit jedoch etwas angeht, ist, dass jedem im Waldlandreich geholfen wird, und so bringe ich Euch nun zu einem Heiler. Anschließend werdet Ihr ein Gemach bekommen, in dem Ihr Euch ausruhen könnt, bis Ihr wieder laufen könnt. Danach wird König Thranduil über Euer Schicksal entscheiden, ob und unter welchen Bedingungen Ihr bleiben könnt, wenn dies Euer Wunsch ist.«
Nur ein knappes Nicken meinerseits war die Bestätigung, dass ich mir helfen lassen würde. Ein Nicken, das sich wie eine Erleichterung anfühlte, was ich selbstverständlich nicht offen zugegeben hätte.
»Ihr seid wahrhaftig stur«, waren Legolas' Worte, als wir durch viele Gänge schritten. Wir war der falsche Begriff, denn Legolas trug mich wieder. Etwas froh war ich doch darüber. Allein hätte ich sicher eine knappe Ewigkeit gebraucht, überhaupt den Weg zu finden, geschweige denn, auf einem Bein zu humpeln.
So trug mich der Elb, der dies schon den ganzen Tag über tat. Meine Füße baumelten leicht hin und her. Mein rechter Knöchel war in Verbände gehüllt, die in eine heilende Salbe getränkt worden waren. Auch meine Wunde auf meinem Kopf war behandelt worden. Der Heiler war höflich und zurückhaltend gewesen, was ich von meinem Träger nicht behaupten konnte, denn er schien noch nicht zu Ende gesprochen zu haben: »Aber von einer jungen Elbin, wie Ihr sie seid, hatte ich nichts anderes erwartet.«
»Pf, und Ihr habt die Weisheit mit dem Löffel zu Euch genommen?«
»Nein, in die Liege gelegt bekommen. Ist das nicht offensichtlich?«, konterte er ironisch und ich biss mir leicht auf meine Unterlippe, »Euer Schweigen scheint mir eine Interpretation zu sein, dass ich recht habe.«
Wir bogen um eine Ecke. Ich seufzte tief.
»Und? Dann bin ich halt jung mit meinen 253 Jahren«, erklang meine Stimme, die kleinlaut war, und ich befürchtete stark, dass meine Schlagfertigkeit im vorherigen Gang liegengeblieben war.
»Süß.«
»Süß?!«, entfuhr es mir.
»Ja, süß. Ich treffe selten neue Elben und Elbinnen, die jung sind. Manchmal kommt es mir sogar so vor, dass es nirgends mehr junge Elben gibt«, sprach Legolas weiter und ich glaubte zu verstehen, was er meinte. Ich konnte nicht behaupten, jemals jemanden getroffen zu haben, der jünger als ich war. Alle älteren Elben waren mir demnach immer als viel zu, nun, alt eben erschienen.
Dass ich somit niedlich für Legolas bin, kann ich nicht hinnehmen!
Bevor mir jedoch Zeit zu irgendwelchen Protesten blieb, schienen wir mein Gemach erreicht zu haben. Legolas öffnete eine schwere Holztüre mit seinem Ellenbogen. Meine Widerworte aufgrund seiner vorherigen Worte blieben mir auf der Zunge liegen. Ich ließ mich von Legolas durch den Raum tragen und auf einen Sessel setzen, der vor einem Tisch stand, wo eine Kerze brannte. Vor der Kerze waren etwas Lembas, ein Wasserkrug und ein bisschen Obst zu finden. Die kleine Kerze erleuchtete den dunklen Raum, und nachdem mein Blick einmal durch jenen gewandert war, sah ich wieder zum blonden Elben, der mir einen hölzernen Gehstock an den Tisch lehnte.
»Also, hier werdet Ihr einmal verweilen. Das Bad ist links die Tür. Mit diesem Gehstock könnt Ihr Euch etwas bewegen, obwohl der Heiler Euch Bettruhe verschrieben hat. Es wurden neue Gewänder für Euch bereitgestellt, welche auf dem Bett liegen, und für die nächsten Tage werdet Ihr Essen in Euer Gemach bekommen, bis Ihr wieder auf den Beinen seid, Eure ganzen Wunden verheilt sind«, erklärte Legolas und hatte während dem Reden mit seiner rechten Hand die ganze Zeit durch den Raum gedeutet, sodass ich einen leichten Schwindel hinter meinen Augen spürte. Mir fehlten dennoch die Worte. Ich konnte Legolas nur mit großen Augen ansehen.
»Mir fehlen die Worte. Mit so viel Großzügigkeit habe ich nicht gerechnet.«
»Keine Großzügigkeit, es ist einfaches Helfen«, verbesserte er mich, lächelte mich an. Es war ein Lächeln, das seine Augen erreichte, und unweigerlich lächelte ich leicht zurück.
Als er sich darauf zum Gehen umwandte, rief ich ihn zurück: »Legolas, wartet!«, er drehte sich um und sah mich neugierig an, »Ich habe in meinem Missmut ganz vergessen, mich zu bedanken. Nicht nur, dass ich nun hier in einem gemütlichen Raum sitze, sondern auch, dass Ihr mein Leben gerettet, mich zusätzlich ohne Pause getragen habt. Ich möchte einfach danke sagen, und ich hoffe, dass ich mich eines Tages revanchieren kann.«
Meine Worte schienen den Prinzen zu erfreuen, denn lächelnd erhob er seine Stimme: »Da gibt es nichts zu danken; für mich war dies alles selbstverständlich. Ich wünsche Euch eine gute Nacht und Erholung. Willkommen im Waldlandreich, Lithil.«, Legolas verbeugte sich leicht, dann verschwand er aus dem Zimmer.
Wenig später lag ich sauber, gesättigt und umgezogen im großen Bett. Ich konnte nicht glauben, was alles passiert war. Innerhalb von einer Woche hatte sich mein Leben verändert. Ich war meinem Vater entkommen und die Welt drehte sich nicht mehr um ihn, sondern das erste Mal musste ich mich nur um mich selbst kümmern. Dies war neu für mich, doch ich glaubte, dass ich diese Aufgabe meistern könnte.
Demnach schloss ich endgültig meine Augen. Ich kuschelte mich in die weichen Decken und binnen weniger Sekunden überkam mich die Erschöpfung. So schlief ich ein und seit einer viel zu langen Zeit konnte ich das erste Mal wieder ruhig einschlafen, mit einem leichten Lächeln auf meinen Lippen.
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