110. Kapitel - Das neue Zeitalter
Mein Kopf lag auf Legolas' Brust und ich schlief seelenruhig. Ein angenehmer Wind wehte über uns hinweg. Vögel sangen in den Baumkronen. Sie stimmten die Lieder des Frühlings an, obwohl heute nur ein warmer Tag war. Langsam ging es Richtung April zu und das Wetter spielte bekanntlich verrückt, wie die Bewohner der Natur. Die Vögel zogen ihre Runden am Himmel, Eichhörnchen jagten durch die Bäume und selbst die Flüsse schienen schneller zu fließen. Alles war friedlich und in den letzten Monaten hatte sich viel getan.
Der Wald um den Palast war aufbereitet worden, trotzdem fehlten noch viele Gebiete des nun bereits Grünwaldes. Die Jägerposten waren in den letzten Monaten damit beschäftigt gewesen, die Tiefen des Waldes zu säubern. Überall gab es Hinterlassenschaften von der Zeit der Dunkelheit und auch ich hatte in letzter Zeit oft mitgeholfen. Um den Palast hatte die äußere Mauer an vielen Stellen neue Tore bekommen. Die nördlichen Siedlungen breiteten sich aus und dieses Jahr gab es viele Elbinnen, die ein Kind unter dem Herzen trugen. Wie vorausgesagt, bewirkte der Frieden unter dem Elbenvolk Nachwuchs, der die Wunden des Krieges fort wusch. Gewiss konnten Elbenbabys nicht die Verluste in den Kämpfen ausgleichen und den Angehörigen ihre Trauer nehmen, doch allein der Gedanke an den Grünwald und die neuen Elben und Elbinnen, die in ihm aufwachsen würden, machte alle Trauer des Krieges ertragbarer.
Für mich war in diesem Moment alles perfekt. Legolas und ich befanden uns auf unserem Platz und ausgestreckt benutze ich seinen ganzen Körper als Kissen. Er lehnte mit seinem Rücken am Baumstamm und ich spürte seine Finger in meinen Haaren, als ich langsam aufwachte, meine Augen jedoch weiter geschlossen hielt. Er schien in meine offenen Haare schöne Flechten zu machen und dagegen hatte ich überhaupt nichts einzuwenden; Legolas hatte mich friedlich meinen Mittagsschlaf machen lassen. Eigentlich konnte ich Legolas bereits meinen Mann nennen, doch für mich hatte sich deswegen nichts verändert.
Zwar würde ich mich an diesen Tag für den Rest meines Lebens erinnern, aber, ob es daran lag, dass ich an diesem Tag mit Elif eine Schreieinlage in meinem Gemach geführt hatte sowie überall anders, da sie unglaublich nervig gewesen war, oder, dass ich mich an diesen Tag erinnern würde, weil er Legolas und mich bindend zusammengebracht hatte, konnte ich nicht genau sagen. Wahrscheinlich war es etwas von beidem.
Legolas und ich hatten unsere Zeremonie genau in der Nacht zum neuen Zeitalter abgehalten, aber diese an sich war nicht groß verlaufen, eher ausgeschmückt, denn gewiss hatten alle des Waldlandreiches dabei sein müssen. Elif hatte mich an diesem Tag seit in der Früh in den Wahnsinn getrieben, hatte sich in ihre eigene Hochzeit zurückversetzt gefühlt. Da für mich Legolas und ich aber schon seit unserem ewigen Schwur eine Beziehung geführt hatten, hatte sich meine Einstellung nicht mit der von Elif vertragen. Ich hatte diesen Tag jedoch überlebt und auch die Feier in der Halle nach der Zeremonie. Es war viel gewesen und selbst den König hatte man in der Vorbereitungszeit das ein oder andere Mal gestresst erlebt. Aus Legolas' und meiner Sicht hätte eine einfache Feier ausgereicht, was wir dem Elbenkönig auch mitgeteilt hatten, doch Thranduil hatte auf etwas Großes bestanden. Ich hatte mit Legolas' Vater in dieser Zeit mehr zu tun gehabt und es fühlte sich seltsam an, dem König nun näher zu sein. Ich hatte es sogar an diesem Tag geschafft, meine Überforderung nicht offen zur Schau zu stellen, und erst im Gemach mit Legolas an diesem Abend hatte ich alles verarbeiten können. Auch hatten Legolas und ich nach diesem Tag eigene Räumlichkeiten im Palast bekommen, die dem Prinzen schon immer zugestanden waren, er sie aber nie angenommen hatte. Sein Vater hatte unsere Hochzeit dafür benutzt, seinen Sohn endlich in seinem eigenen Stockwerk des Palastes zu haben, und Legolas hatte zustimmen müssen.
All dies waren jedoch nur Andeutungen, wie chaotisch es im Waldlandreich zu dieser Zeit wirklich zugegangen war, und jetzt war ich froh, dass es vorbei war. Ich konnte hier schön an meinen Mann gekuschelt liegen und den kommenden Frühling genießen, zumindest für diesen Moment, denn auch heute stand im Palast etwas an. Elben aus Imladris, zwar nur wenige, und aus Lórien würden ins Königreich kommen, was einen ganz bestimmten Grund hatte: In einiger Zeit würde eine Elbenkolone nach Gondor und Ithilien aufbrechen und Elben aus Imladris und aus dem Goldenen Wald hatten sich angeschlossen. Im neuen Zeitalter hatte Imladris den Herrn Elrond an den Westen verloren und seine beiden Söhne waren nun die neuen Herren von Bruchtal. Auch die hohe Frau Galadriel war in den Westen gesegelt, doch ihr Mann Celeborn verweilte weiterhin in Lórien. Dennoch fühlten diese zwei Elbenvölker die Veränderung im neuen Zeitalter stärker, und so hatten sich einige der Elbenkolone nach Ithilien angeschlossen.
In den letzten Monaten waren Briefe mit dem König aus Gondor ausgetauscht worden und Aragorn freute sich ungemein, bald eine Elbenkolonie neben seinem Königreich zu haben. Selbst die Königin Arwen schien sich zu freuen, dass ihr Volk nun weiter im Südosten Heimat fand. Legolas und ich würden die Elben nach Ithilien bringen und bald hieß es Abschied vom Grünwald zu nehmen. Ich wusste aber, dass ich in meinem Leben meine Heimat noch oft sehen würde. Ebendeswegen freute ich mich auf Gondor und Ithilien. Im Grünwald würden zwar viele zurückbleiben, die ich ins Herz geschlossen hatte, doch sich vom Elbenvolk zu verabschieden, war bloß ein Abschied auf kurze Zeit. In Gondor gab es einen Menschen, der mir ebenso am Herzen lag, und im Gegensatz zu den Elben lebte dieser nicht für immer.
Aus dem Grünwald würden viele Elben mitgehen und mit den anderen beiden Elbenvölkern müssten wir um die über fünfhundert Elben sein. Im letzten Jahr hatte sich viel getan und obwohl ich immer noch nicht glauben konnte, dass auch Gandalf mit Frodo und Bilbo in den Westen gesegelt war, hatte dies nur mein Gefühl beim Abschied vom kleinen Hobbit bestätigt. Schon damals in Isengard hatte ich innerlich gewusst, dass ich Frodo nicht mehr wiedersehen würde. Jetzt war das Vierte Zeitalter angebrochen und alle Ringhüter und Frodo und Bilbo als zwei Ringträger waren in den Westen gesegelt. Andere Elben waren bereits gefolgt, doch im Grünwald blieben sie. In den letzten Monaten hatte sich viel verändert und Frieden war endlich unter den Bäumen eingekehrt. Viel hatte ich vom Wald erkunden können, doch nun freute ich mich auf die Reise zur Weißen Stadt.
Im nächsten Moment kam ich in der wachen Welt an und streckte mich leicht. Ich hatte meine Arme um Legolas' Oberkörper geschlungen und verstärkte diesen Griff nun. Mein Kopf war gegen seinen Oberkörper gedrückt und nur sein Kopfschütteln, auf meine Reaktion hin, konnte ich mit geschlossenen Augen spüren. Gar wollte ich mich nicht von Legolas lösen, da er ein angenehmes Kissen war.
Nach einem Gähnen öffnete ich aber meine Augen, ließ meinen Kopf jedoch weiterhin auf ihm. Ich sah seitlich in die Baumkronen, welche die ersten jungen Blätter des Frühlings trugen. Die ganze Natur strahlte Harmonie aus und folglich richtete ich mich etwas auf. Ich sah Legolas entgegen, der mir entgegenlächelte. Ich saß nun mehr zwischen seinen Beinen als ich lag und er nahm mein Gesicht in seine Hände. Seine Finger richtete behutsam meine Haare und den Schmuck, den ich trug. Wir waren viel zu festlich angezogen, um auf einem Baum zu liegen. Legolas richtete meine Halsketten, dann einen Stirnreif, den man mir gegeben hatte. Er war aus Silber, wie der von Legolas, doch hatte Smaragde eingelassen, wie auch die Ketten und Ohrringe grüne Steine zeigten. Wir beide trugen helle Kleidung, wobei Legolas' silbern war und meine einen glänzenden Ton von einem Pastellgrün zeigte. Das Kleid hatte viele Stickereien, jedoch, wann begrüßte man schon Gäste aus Imladris und Lórien im Waldlandreich, und dann noch als Frau des Prinzen? Eigentlich gar nicht.
Deshalb richtete Legolas meinen Stirnreif und als er damit fertig war, bekam er einen Kuss auf seine Lippen. Nur kurz, dann brachte ich wieder Abstand zwischen uns. Ich bekam einen Kuss auf meine Stirn.
»Ich weiß nicht, wie, doch immer wachst du in den richtigen Momenten auf«, sprach Legolas, sah hin zum Himmel, wo die Sonne den Mittag ankündigte. Unsere Gäste müssten bald eintreffen.
»Man lernt es. Jahrelanges Training, aber psst«, flüsterte ich und brachte ihn zum Lachen. Anschließend musterte ich meine Haare, entdeckte einzelne geflochtenen Zöpfe, die mit mehr als drei Strähnen geflochten waren, und ich freute mich über sie. Auch Legolas freute sich, dass sie mir gefielen und darauf erhoben wir uns. Wir begannen den Abstieg, was mit einem Kleid nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen zählte. Ich überlebte den Abstieg aber mit Legolas' Hilfe. Auch das Kkeid kam unbeschadet mit mir am Erdboden an. An meinem Oberkörper saß es eng, wurde aber weiter und auch hatte es lange Ärmel. Die Ketten fielen in einen V-förmigen Ausschnitt und der Stoff fühlte sich unglaublich weich und leicht an. Weitere Beachtung schenkte ich dem Kleid jedoch nicht, hatte ich ihm schon in der Früh im Spiegel geschenkt.
Stattdessen begannen Legolas und ich unseren Weg zur äußeren Mauer. In der ganzen Umgebung erkannte man den nahenden Frühling und der Himmel war wolkenlos. In der Luft entdeckte ich zwei Vögel, die ihre Kunststücke flogen, sich hin und wieder kopfvoran in die Tiefe stürzten. In der letzten Zeit hatten viele Elben im Wald davon berichtet, dass normale Waldbewohner zurückgekehrt waren, und die Bäume schienen dieses Jahr größere und schönere Blätter zu formen. Sie strahlten in den unterschiedlichsten Grüntönen und die Bäume erinnerten sich, einst in einem Wald gestanden zu haben, der Grünwald hieß.
All diese kleinen Wunder könnte ich für immer bestaunen, wenn wir nicht die äußere Mauer erreicht hätten, an der heute viele Elben Wachdienst hatten. Zugeteilt hatten sie diesen jedoch nicht bekommen, doch die Nachricht über Elben aus Imladris und aus unseren Brüdern und Schwestern des Goldenen Waldes hatte viele neugierig gemacht. Aus diesem Grund tummelte sich auch Fëanor auf der Mauer herum, der heute keinen Dienst hatte. Der Elb war jedoch schon immer der festen Überzeugung gewesen, dass ohne ihm in diesem Königreich nichts passierte, und aus diesem Anlass entdeckte ich ihn auf der Mauer, wie er Elben zurechtwies.
»Er kann es auch nicht lassen«, sagte ich neben Legolas, als wir uns der Mauer näherten.
»Du hättest ihn früher erleben müssen. In meiner Jugend ist er in den Palast gekommen und hat seinen Dienst bei den Kriegern angetreten. Er hat seinen hohen Posten als Leiter eines Grenzposten aufgegeben, um mich in der Kampfkunst, als einer der besten Krieger des Königreichs, zu unterrichten. Da war er kaum auszuhalten. Zurück an die Grenzen ist er jedoch nicht mehr gegangen, da er Elif kennengelernt hat. Die beiden haben eine Liebesgeschichte für sich, weil Elif mich oft beaufsichtigt hat, auch in meinen Übungsstunden damals, wobei sie Fëanor als brutales Monster beschrieben hat. Ihre Meinung hat sich natürlich geändert«, gedachte Legolas heiter gestimmt an die Vergangenheit zurück und ich schluckte die nächsten Worte herunter, da wir nun in Hörweite kamen.
»Wer lässt sich denn hier blicken!«, freute sich Fëanor und lehnte sich über die Mauer in unsere Richtung. Er war ein komischer Zeitgenosse und im nächsten Moment sprach er weiter: »Berichte zufolge sind die Elben auf dem Weg hierher. Sie wurden vom letzten Posten vor wenigen Minuten gesichtet. Ihr zwei seid pünktlich«, sagte er und aus irgendeinem Grund lag wieder ein komisches Funkeln in seinen Augen, als er sah, dass ich Legolas' Hand immer noch festhielt. Diese ließ ich dann jedoch los, als Legolas und ich uns hin zum Tor der Mauer stellten.
Fëanor behielt recht, denn schon bald entdeckte ich in der Ferne eine Gruppe von Elben. Das Elbenvolk hatte auf ihrer Reise Pferde und kleine Wagen mitgebracht und majestätisch kam die Gruppe näher. Es müsste sich um eine Gruppe von zweihundert Elben und Elbinnen handeln und interessanterweise entdeckte ich drei mir bekannte Gesichter. Ganz vorne auf schönen Rössern ritt Haldir mit seinen Brüdern aus Lórien. Sie schienen die Gruppe zu führen und es war eine Überraschung, sie wiederzusehen. Haldir und seine zwei Brüder Rúmil und Orophin trugen zum Schutz der Elben ihre Waffen und meine Augen beobachten, wie sie sich näherten. Die Elben und Elbinnen strahlten von selbst und es schien eine durchgemischte Gruppe zu sein, die Legolas und ich nach Ithilien geleiten würden. Wie auch bei uns im Waldlandreich würden die unterschiedlichsten Elben und Elbinnen mit nach Ithilien reisen. Von jungen Köpfen, die endlich den Grünwald verlassen wollten, bis hin zu alten Zeitgenossen war alles dabei.
Lange konnte ich die Gruppe jedoch nicht mehr mustern, da sie die Mauer erreichten. Die schaulustigen Krieger und Kriegerinnen auf der Mauer musterten die Ankömmlinge skeptisch. So war das Elbenvolk im Norden leider.
»Guren linna le cened!« (Mein Herz singt bei dieser Begrüßung!), sprach Legolas, als die Pferde zu einem Stillstand kamen. Haldir stieg von seinem Schimmel ab. Geschmeidig kamen wir uns näher und ein Lächeln zierte die Lippen des Elben aus Lothlórien.
»Und das meine ruft vor Freude!«, frohlockte Haldir höflich, »Zum ersten Mal begegneten wir uns in dunklen Zeiten und nun in der Zeit des Lichts sehen wir uns wieder. Es ist schön, bei unseren Verwandten im Norden zu sein. Ganz andere Bäume als die in Lórien, doch wunderschön«, endete er und nachdem Legolas den Gesandten Lóriens begrüßt hatte, reichte auch ich ihm meine Hände.
»Wahrlich schön, Haldir, Euch und Eure Brüder wiederzusehen. Überhaupt schön, alle zu sehen«, erklang meine Stimme und die Elben auf der Mauer schienen überrascht zu sein, dass Legolas und ich welche aus dieser Gruppe kannten.
»Wahre Worte«, sagte Legolas und schenkte mir ein liebevolles Lächeln, »In der Zeit des Lichts sind uns Gäste aus den anderen Elbenvölkern stets recht! Wir begrüßen euch alle im Waldlandreich, im Königreich Thranduils! Nun kommet und folget, denn eine lange Reise habt ihr hinter euch. Nun wollen wir zu meines Vaters, des Königs, Hallen vorschreiten!«
Nach diesen Worten setzten wir uns in Bewegung. Wir schritten durch die Mauer, machten uns mit der Gruppe auf zum Palast. Auf der Mitte des Weges warteten Elben und nahmen den Reisenden ihre Pferde und Gepäck ab. Alle Elben und Elbinnen sahen sich neugierig um. Bei der inneren Mauer warteten viele Waldelben, um ihre Verwandten zu begrüßen, und der Palast zeigte sich von seiner besten Seite. Elif hatte die letzten Tage die Dienerschaft durch den Palast und um dessen Gelände gehetzt und bei Nacht erstrahlte der Norden um den Palast bereits in vielen Lampen und Laternen. Sie waren denen in Lórien ähnlich, doch zu Ehren des Grünwaldes strahlten sie nur grünes Licht. Die Magie war in den Wald zurückgekehrt.
Als wir die Gruppe durch die innere Mauer geleiteten, empfing sie bereits König Thranduil. Legolas und ich stellten uns zusammen neben den König, wobei uns dieser ein Nicken schenkte, dann wandte er sich seinen Gästen zu.
»Ich bin erfreut, euch ferne Gäste in der Heimat uns Waldelben im Norden begrüßen zu dürfen!«, sprach der König und streckte seine Arme von seinem Körper. Der König trug eine weiße Robe und er strahlte nichts anderes als Größe aus.
»Das meine Reich soll dies eure für die nächste Zeit werden! Ihr habt gewiss eine lange Reise hinter euch. Gemächer in meinen Hallen wurden euch bereitgestellt und am Abend findet ein Festessen statt, willkommen im Waldlandreich!«
Nachdem den Elben Gemächern zugeteilt wurden und alles in den Hallen im Palast für ihren Empfang vorbereitet worden war, fand ein großes Mahl statt. Unsere Brüder und Schwestern aus den anderen Elbenreichen wurden begrüßt und auch die Waldelben aus dem Grünwald interessierten sich für ihre Verwandten. Ich sprach bei der Zusammenkunft mit vielen sowie mit Haldir und seinen Brüdern. Diese hatten die Elbenkolone nur von Lórien nach Norden geleitet, doch würden nicht mit nach Ithilien ziehen. Ich erinnerte mich, dass Haldir und seine Brüder Elben waren, die ihre Heimat im Goldenen Wald wahrscheinlich nie verlassen würden. Selbst ohne der Magie und den Einfluss ihrer Herrin war Lothlórien immer noch einer der schönsten Orte Mittelerdes.
Neben Haldir sprach ich mit seinen Brüdern und musste daran denken, dass ich das erste Mal einen Fuß nach Lórien mit dem Elben Orophin gesetzt hatte. In Moria war ich verletzt worden und in Lórien war mir geholfen worden. Es war schön zu wissen, dass in Zukunft in Ithilien nicht nur das Elbenvolk aus dem Norden, sondern auch die beiden anderen leben würden. Bald brachen wir nach Ithilien auf und zum Anbruch des späten Frühlings sollten wir es erreichen. Ich freute mich, auch wenn dies hieß, dass ich mich wieder vom Grünwald verabschieden müsste. Solange Legolas jedoch an meiner Seite war, ging ich jeden Weg und diese Gedanken teilte ich ihm auch mit, als wir spät in der Nacht auf unserem Balkon standen. Es war mehr eine Terrasse und vor uns funkelten die zahlreichen Laternen in den Bäumen. Aus den Hallen dröhnte weiterhin Musik und man hörte schönes Elbensingen. Was ich am heutigen Tag mitbekommen hatte, verstanden sich die Elben und Elbinnen, die zusammen nach Ithilien wandern würden, gut miteinander und nur das zählte.
»Wie denkst du, wird die Zukunft aussehen?«, fragte ich Legolas neben mir und diese Frage sah mir nicht ähnlich. Ich dachte nie an die Zukunft, doch so nah vor einem Abschied kam mir der Gedanke.
»Wie weit gedenkst du an die Zukunft?«, kam die Gegenfrage und ich nahm den Blick von den funkelnden Laternen. Ich drehte mich in Legolas Armen um, hatte nun die Reling im Rücken. Ich sah zu Legolas auf, dessen Augen in der Dunkelheit grau wirkten. Seine Hände hielten am Geländer fest und ich erhob meine Stimme: »Nun, wir reiten nach Ithilien und bauen dort eine Elbensiedlung. Wahrscheinlich wird sie zukünftig und hoffentlich in Schönheit Imladris gleichen und was machen wir dort? Spielen wir Herr und Herrin von Ithilien? Werden wir dort Verantwortung tragen, oder leben wir dort unser Leben und besuchen hin und wieder unseren Freund, den König von Gondor? Gewiss werden wir wieder den Grünwald sehen wollen und wahrscheinlich werden wir einmal eine Familie haben, also nehme ich einmal an, denn auf ewig keine Kinder zu bekommen, wäre seltsam«, sprach ich viel zu viel und bei jedem weiteren Wort hatte Legolas zu grinsen begonnen.
»Warum siehst du mich so an?«, fragte ich und in diesem Moment spürte ich eine Windböe in meinem Rücken. Der Stoff meines Kleides flatterte leicht und ich trug immer noch das hellgrüne Kleid. Wir waren nach der Feier in unser Gemach, dann auf den Balkon gegangen, um die Sterne zu bestaunen, die heute wunderschön zur Geltung kamen.
»Was, wenn wir uns erst Gedanken darüber machen, wenn es so weit ist?«, er hob eine Braue und es schien mir, als ob Rollen zwischen uns getaucht worden wären. Legolas benutzte meine eigene Philosophie gegen mich, dann sprach er weiter: »Seit meiner Kindheit trage ich viel Verantwortung als Prinz, Lithil. Auf der Ringreise bin ich bloß ein Gefährte gewesen und dies hat mir gefallen. Es hat mir gefallen, jeden Tag in Ithilien mit dir in einem Zelt aufzuwachen, einfach den Tag zu genießen. Die Sonne bei ihrer Wanderung beobachten, den Wolken zusehen, wie sie sich verformen oder einfach den Liedern der Bäume zu lauschen. Ich konnte dort ich sein und das Leben mit dir genießen, das Wichtigste in meinem Leben«, er gab mir einen Kuss auf meine Stirn, »Jetzt sind wir wieder hier und du an meiner Seite. Wie heute hast du erlebt, was meine Aufgaben als Sohn meines Vaters sind und auch wenn ich gerne der Prinz bin, es mit dir an meiner Seite viel schöner ist, bin ich noch immer ich. Ich könnte die nächsten tausend Jahre mit dir im Grünwald verbringen und dieses Leben leben, doch auch könnten wir in Ithilien dieses Leben führen. Gewiss könnten wir dort abgeschieden leben, ein paar Kinder alle hundert Jahre in die Welt setzen und glücklich sein, ein gelassenes Leben führen. Da ich aber weiß, dass wir beide immer noch etwas zu tun haben müssen, spricht doch nichts dagegen, sich in Ithilien einzusetzen. Herr und Herrin von Ithilien spielen, hört sich irgendwie unterhaltsam an«, endete er und meine Mundwinkel gingen nach oben.
»Herrin und Herr von Ithilien spielen, also? Bräuchten wir dann nicht einen eigenen Namen für dies neue Elbenreich, der werte Herr? Und gewiss müssen wir ja hin und wieder in den Grünwald. Der König muss ja seine Enkel bestaunen können, die dann schön in die Grundausbildung des Palastes kommen, um mit Waffen umzugehen. An unseren freien Tagen wandern wir durchs Land im Süden; dôr uin en meth, am Ende Mittelerdes, wo alle Elbenvölker vereint leben, neben den Menschen« (Land vom Ende), sprach ich, »Und auch die Zwerge werden oft nach Minas Tirith kommen. Nachdem Aragorns Herrschaft zu Ende geht, wird sein Erbe ihm auf den Thron folgen und immer so weiter, denn der Frieden wird nie wieder zu einem Ende kommen. Wenn wir genug gesehen haben, segeln wir in den Westen, doch alles bleibt Spekulation, wir wollen es ja ruhig angehen lassen.«
»Ja, obwohl es sich nach einem Plan anhört, werden wir es ruhig angehen«, bestätigte Legolas und dann mussten wir über uns selbst lachen.
Was wir zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht wissen konnten, war, dass unsere Zukunft fast genauso aussehen würde. In Zukunft würde es in Ithilien wirklich eine Elbenstadt geben, die in Schönheit keinem anderen Elbenreich nachstand. Die Elben aus Imladris, Lórien und dem Grünwald würden diese neue Elbenstadt in dem Glanz ihrer drei Heimaten strahlen lassen. Legolas und ich würden wirklich so etwas wie der Herr und die Herrin dieses Reiches werden, und doch würde es dort zur Bestimmung von Angelegenheiten einen Rat der Oberen geben. In Zukunft würde es ganz normal sein, dass die Elben so nah an den Menschen lebten, und auch die Zwerge würden in diesem neuen Reich immer willkommen sein, sie bauten den Elben sogar schöne Bauten. In Zukunft würden Legolas und ich deswegen jedoch nicht den Bezug zu unserer Heimat verlieren. Alle Jahre würden wir in den Grünwald reisen und dort unser Leben genießen. Auch würden wir eine Familie gründen und alles kam, wie wir es an diesem Abend auf einem Balkon im Grünwald besprochen hatten. In diesem Moment konnten wir das alles jedoch noch nicht wissen und lachten über diese Vorstellung, obwohl sie tief in unsere Herzen bereits Anker gefunden hatte. Im Hier war bloß Legolas vor mir wichtig und dies blieb auch so für den Rest unseres Lebens.
Folglich schlang ich meine Arme um den Elben. Sofort gingen seine Arme um mich herum. Immer noch spürte ich dieses Kribbeln in meinem Bauch, wenn ich ihm so nahe war, und gleich wurde mir wärmer. Ich sah ihm entgegen, lehnte mich in einen Kuss hinein. Unsere Lippen berührten sich und ich schloss meine Augen. In diesem Augenblick zählte nur Legolas und keine Gedanken über meine Zukunft, denn diese war er bereits. Er war meine Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft; er war mein Alles.
Als wir uns lösten, berührten sich unsere Köpfe und ich flüsterte: »Ich würde jeden Weg der Zukunft mit dir gehen. Solange du an meiner Seite bist, ist alles perfekt. Le melithon anuir.« (Ich werde dich für immer lieben.)
»Und auch ich werde jeden Weg nur mit dir gehen. Du bist der Sinn in meinem Leben. Orthach 'uren ir tirach enni. Le melin« (Mein Herz macht Sprünge, wenn ich dich ansehe. Ich liebe dich), war die Antwort und unsere Lippen verbanden sich zu einem weiteren Kuss. Es war nicht der letzte, denn viele würden folgen, aber es war der letzte Kuss dieser Geschichte.
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