Sie schloss ihre Augen, konzentrierte sich auf den kühlen Luftstrom, den sie gierig inhalierte. Er belebte ihre Nasenflügel, prickelte kühl durch ihren Rachen und entfaltete sich belebend in ihren Lungenflügeln. Herbst. Es roch eindeutig nach verfärbten Laub und Moos, Nebelschwaden über den Wiesen und Tee, eingekuschelt in einer Decke. Zum Beweis hauchte sie in die Luft, erfreute sich an der kleinen Dampfwolke, die sie kurz zu einem Drachen werden ließ.

Die Feuchtigkeit drang durch die Decke hindurch, setzte sich bereits in ihren Klamotten fest, doch sie bemerkte es kaum. Der sich ihr darbietende Anblick zog sie in seinen Bann, fesselte ihre Augen und katapultierte sie in ferne Welten. Am Nachthimmel funkelten kleine Punkte, die sich bei näherer Betrachtung zu vermehren schienen und sich immer tiefer in das unendliche Weltall ausdehnten. Gerne hätte sie die verschiedenen Sternbilder benennen können, nahm sich für den Moment vor, ihre Wissenslücke noch zu füllen.

Normalerweise konnte sie die Sterne nie in dieser Vielfalt bewundern, nicht in der Stadt, mit ihrem Lichtermeer, das keine Konkurrenz duldete. Doch heute, in der ersten wirklichen Herbstnacht, war die Luft so klar und so rein, dass sie jedem Nachtschwärmer einen Einblick in endlose Weiten gewährte. Dankbar für dieses Geschenk, fasste sie einen Entschluss. Bevor sie sterben würde, wollte sie hoch in den Norden fahren; den feengleichen Tanz der Aurora bewundern und mit ihren eigenen Augen die Milchstraße abfahren, um all ihre Wünsche unbeschwert in den Himmel senden zu können.

Ihr Blick huschte nun von einem Pulk zum nächsten, während ihr Gehirn versuchte die Anzahl der hellen Punkte zu begreifen. Kurz darauf schweiften ihre Gedanken wieder ab, formten lieber Bilder von weit entfernten Galaxien, in denen man ebenfalls auf dem Rücken liegend in den Sternenhimmel blickte, sich fragend, ob man allein in seinem kleinen Universum sei oder ob es da noch jemanden gäbe, der die Schönheit der Nacht bewunderte und auf sie wartete.