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Devon und ich hatten den Wall verlassen und standen Hand in Hand am Rande der Plattform.
Unsere Tattoos leuchteten und sowohl unsere Magie als auch unserer Energie verbanden sich. Ein Kribbeln jagte durch meinen Körper und meine Magie wuchs wieder. Beide Teile waren jetzt zusammengefügt. Auch wenn es nur ein kleiner Teil meiner ganzen Magie war, war sie doch recht stark.
Auf Devons Arm bildete sich Gänsehaut und er sah mich an. Zu meiner Überraschung waren seine Augen nun ebenfalls komplett schwarz.
„Diese ganze Macht... musstest du kontrollieren?", stieß er hervor.
Ich nickte. „Das ist nur ein Teil. Meine Magie ist noch nicht vollständig regeneriert."
In seinen Augen leuchtete Bewunderung auf.
„Ich glaube du verfügst über mehr Kontrolle, als du denkst. Mir fällt es sehr schwer nicht einfach alles..."
Er schluckte.
„Zu zerstören", vollendete ich den Satz für ihn, „Alles zu töten und der Welt die Macht zu zeigen."
Devon nickte angespannt. „Genau."
Kurz schätzte ich die Lage ein. Hunter schlugen recht und links von uns auf die Barriere ein. Einige standen weiter weg und befeuerten sie mit Elementen. Uns bemerkte man kaum, man war zu beschäftigt die Barriere zu zerstören oder die fliehenden Saver zu jagen.
Soll ich das übernehmen?
Devon fuhr heftig zusammen und sah sich erschrocken um.
„Was zum Teufel ist das?!"
Die Mischung aus Zischen und Fauchen war noch neu für ihn. Und eine Stimme im Kopf zu hören erst recht.
„Das ist der Dunkle Mond", klärte ich ihn auf, „Wir sind mit ihm verbunden und er kann die Magie für uns übernehmen. Dazu können wir auf sein gesamtes Wissen zugreifen und jede Facette unserer Magie verwenden."
Devon nickte und hielt eine Hand auf sein klopfendes Herz.
„Mann, hat er mich erschreckt."
Ich bitte um Verzeihung, Devon.
Er zuckte zusammen, schien aber jetzt gefasster.
„Nicht schlimm."
„Zeig Devon was du kannst.", sagte ich jetzt und richtete mein Blick auf die Hunter, „Wir verschaffen Alenia Zeit sich vorzubereiten."
Nichts lieber als das.
Ich spürte die Magie in mir aufsteigen und Devon fühlte dasselbe. Seine Muskeln spannten sich an und er zog die Luft ein.
Wir hoben die jeweils freie Hand und Schatten schossen aus ihnen hervor. So ähnlich, wie die aus der Quelle, aber schneller und härter.
Mehrere Stränge wuchsen und wirbelten um uns herum. Unsere Haare begannen zu wehen und es zerrte an unseren Hemden.
Durch das plötzliche Freisetzen von Macht wurde man jetzt auf uns aufmerksam. Viele Hunter wurden bei unserem Anblick blass und starrten uns an. Andere rannten auf uns zu oder machten sich bereit uns mit ihren Elementen anzugreifen. Sie alle spürten die Bedrohung, die von uns ausging.
Mit dem herrlichen Gefühl von Macht in den Adern, sah ich zu drei Huntern, die mit ihren Waffen auf uns zu rannten. Drei Schattenrankem schossen pfeilschnell vor und wickelten sich um ihre Hüften. Sie schrieen erschrocken auf, als sie in die Luft gerissen wurden.
Devon lächelte und tat das gleiche seinerseits mit zwei weiteren Huntern.
Nacheinander schossen Schattenarme aus dem schwarzen Wirbel und jagten den Huntern hinterher. Viele versuchten auszuweichen, aber unsere Schatten folgten ihnen, bis wir sie hatten. Elemente waren wirkungslos Angesicht der uralten Magie, die wir dafür verwendeten.
Irgendwann erstreckten sie sich über die ganze Ebene und hielten kämpfende Hunter in die Luft.
Devon lachte über die Szene, die sich bot und sah mich mit leuchtenden Augen an.
„Ich fühl mich so lebendig."
Auch ich spürte die Magie, die durch meine Adern jagte und legte den Kopf in den Nacken.
„Ich weiß."
Meine Wachsamkeit ließ nach, als ich sein Profil bewunderte. Seine zerzausten Haare, die Schatten um uns herum und sein genüssliches Lächeln. Die schwarzen vor Freude leuchtenden Augen.
So bemerkte ich den Pfeil aus Trackles der unsere Schatten durchbohrte viel zu spät. Er traf Devons Schulter und dieser biss zischend die Zähne aufeinander. Gleichzeitig ging er in die Knie, um einem darauf folgenden Geschoss auszuweichen. Sein Teil der Schattenarme löste sich auf und die Hunter fielen wieder auf die Brücken oder auf den Waldboden.
„Devon!", ich kniete mich neben ihm und wollte den Pfeil rausziehen, aber er hielt mich davon ab.
„Das ist erstmal das einzige, das verhindert, dass das Blut austritt. Lass ihn stecken."
Er biss die Zähne aufeinander und brach den Pfeil ab. So steckte ein Teil zwar immer noch in seinen Fleisch, aber das ganze Ding stand nicht mehr von seiner Schulter ab.
Ächzend stand er auf uns suchten den Schützen mit seinen Augen. Auch wenn der Pfeil noch drin steckte, färbte sich seine Schulter langsam rot.
Dieses Mal hörte ich den Pfeil vorher und druckte mich. Er surrte über meinen Kopf hinweg und bohrte sich hinter mir in das Holz der Plattform.
„Hab ihn", knurrte Devon und er nickte mit den Kopf nach vorne. Seine Augen funkelten tödlich und ein Schatten schoss vor. Vorne war er spitz und würde sich in den Körper des Hunters bohren.
Jetzt sah ich den Schützen auch. Er kniete auf einem Dach der Hütte, halb von Blättern verborgen und legte den nächsten Pfeil an.
„Devon", warnte ich, „Halt dich zurück."
Aber er hörte mich nicht und der Schatten bohrte sich direkt in den Bauch des Hunters. Dieser riss erschrocken die Augen auf und fiel vom Dach. Auf der Plattform bildete sich eine Blutlache unter ihm. Das Gesicht des Hunter war in einem Ausdruck der Überraschung festgefroren.
Schluckend warf ich Devon einen Seitenblick zu. Dieser atmete schwer und die Schatten peitschten wütend um ihn herum. Doch jetzt schien er zu realisieren, was er getan hatte und seine Schultern sackten ein Stück herab. Fluchend schloss er die Augen.
Wortlos drückte ich seine Hand und übernahm seine Schatten. Noch mehr Hunter wurden in die Luft gerissen.
Kurz warf ich einen Blick nach hinten. Myalos Barriere hielt und seinem Gesicht nach zu urteilen, schien er etwas entspannter zu sein. Er nickte uns dankend zu, also drehte ich mich wieder zurück.
Devon hatte die Augen noch immer geschlossen und er zitterte leicht. Er musste gegen die Mordlust ankämpfen, wohingegen ich geübt genug war, um sie auszusperren.
Also trat ich einen Schritt näher ran und zerrte mehr von meiner Magie zu mir rüber. Mein Durst stieg, aber Devon hörte auf zu zittern. Als er jetzt die Augen wieder öffnete, waren sie zwar von der Iris her dunkler als gewöhnlich, aber nicht länger schwarz.
„Danke", murmelte er.
Ich antworte nicht und packte stattdessen mit einem meiner Schattententakel den nächsten Hunter. Seine Welle aus Wasser zerschlug ich mit einem Wink meiner Hand.
Doch ohne Vorwarnung bohrte sich ein stechender Schmerz in meinen Kopf.
Devon neben mir zuckte zusammen und wir sahen uns verwirrt an. Es war kein starker Schmerz aber er breitete sich im ganzen Körper aus.
Die Magie ist fast aufgebraucht.
Devon und ich tauschten einen Blick und ich biss die Zähne aufeinander. Trotz der Schmerzen riss ich weiter Hunter in die Höhe und behielt sie auch dort. Inzwischen erstreckten sich unsere Schatten über die ganze Ebene.
Gerade als ich dachte, es nicht mehr länger halten zu können, tauchte Alenia auf. Sie schwebte elegant und mit konzentrierten Blick in die Mitte der Brücken und Plattformen. Sofort spürte ich die starke Magie, die von ihr ausging und meine eigene erzitterte. Alles in mir schrie Gefahr! Feind! Bedrohung!
Denn Alenias Magie war der Gegensatz zur meinen. Ihr Licht zerstörte meine Schatten und andersrum.
Aber ich hielt den Instinkt sie anzugreifen im Zaum und beobachtete schweigend was sie tat.
Immer noch in der Mitte schwebend, breitete sie die Arme aus und weiße Flügel wuchsen aus ihren Rücken. Ihre Augen begannen golden zu leuchten und ihr ganzer Körper begann sanft zu strahlen. Es war kein blendendes Licht, das von ihr ausging, eher etwas warmes und gütiges.
Jetzt bildeten sich Fäden aus Licht in ihren Händen, die sich ruckartig ausbreiteten. Sie trafen jeden Hunter nacheinander in der Brust und wirbelten um denjenigen herum. Dort, wo ihr Licht meine Fäden aus Schatten kreuzte, zerstob die Schwärze und die Hunter fielen wieder zurück auf die Brücken. Allerdings griffen sie nicht wieder an und Schmerzen schienen sie auch nicht zu haben.
Alenias Haare wehten von der freigesetzten Macht und ihr Zopf löste sich. Um jeden Hunter wirbelten dünne Streifen aus goldenen Licht und weitere sausten über die ganze Ebene. Meine Schatten waren größtenteils zerstört und den Rest hatten wir zurück gezogen.
Ein Blick über die Ebene machte klar, dass die Hunter gebannt auf Alenia starrten, die Hand auf die Brust gelegt, wo sie das Licht getroffen hat.
Um nun sprach die Scheinende. Ihre Stimme war melodisch und klar. Hoffnung im Licht der aufgehenden Sonne.
„Ich bin die Scheinende und spreche im Namen der Wahrheit. Hört mich an und verinnerlicht, was ihr tief im Inneren als wahr empfindet, wenn ich euch folgendes sage: Weder der Dunkle Mond, noch ich sind die Ursache für das Ungleichgewicht."
Viele Hunter runzelten die Stirn und sahen sich gegenseitig an.
„Das Ungleichgewicht wird durch viel Tod ausgelöst. Also wenn Massen an Leben verschwinden, dem Lauf der Dinge widersprechen und so der Welt genommen werden. Anders ausgedrückt: Mord.
Es herrscht ein empfindliches Verhältnis zwischen Leben und Tod. Beides kann alleine nicht existieren, aber beides ist unvermeidlich.
Falls dieses Gleichgewicht beschädigt wird, muss es einen Ausgleich geben. Dafür werden Prodigias geboren, die mehr Magie zu Verfügung haben, als andere. Denn die Leben, die diese Magie vorher besaßen, sind fort."
Alenia sah sich mit ihren goldenen Augen um und sogar ich spürte die Wahrhaftigkeit ihrer Worte.
Devon neben mir erschauerte.
„Ihr spürt, dass meine Worte wahr sind", sagte sie als gäbe es keinerlei Zweifel. Als wären Zweifel gar nicht erst möglich. „Ihr spürt es in eurem Inneren und ihr werdet erkennen, dass ihr aus falschen Antrieb hier seid. Ebenso wird euch gleich klar werden, welches Unrecht ihr dem Dunklen Mond angetan habt."
Ich atmete auf und kurz sah Alenia mich an. Feindschaft stieg in mir auf, aber ich stieß den Dunklen Mond beiseite und senkte dankbar den Kopf.
„Der Dunkle Mond hat heute das Gleichgewicht wiederhergestellt. Dafür war es allerdings nicht nötig, dass er durch meine Hand stirbt."
Verwirrung zeigte sich auf den Gesichtern der Hunter. Das, was sie gelernt hatten, kämpfte gehe das, was ihr Herz durch Alenias Magie als wahr erkannte.
Alenia hatte nähmlich zwei ihrer Fähigkeiten kombiniert. Ihre Magie die Wahrheit zu spüren und ihre Magie den Menschen ins Herz zu schauen.
„Der Dunkle Mond vollführte das Ritual und opferte dabei fast sein Leben", fuhr Alenia in der Stille fort, „Ich war dabei, aber meine Macht konnte nichts tun. Es benötigte die Dunkelheit des Dunklen Mondes, um das Gleichgewicht zu richten. Nicht ich bin eure Retterin, er ist es."
Verwundert sah ich wieder zu den Huntern. Viele senkten ergeben den Kopf und schienen die Worte der Scheinenden zu akzeptieren. Andere schlugen sich die Hand vor den Mund und schienen zu erkennen, was diese Wahrheit für ihr Handeln bedeutete.
„Der Dunkle Mond ist kein Monster. Er ist der Retter unserer Welt, denn ohne ihn, würden wir bald nicht mehr leben.", sie machte eine Pause und jetzt schwang unterdrückte Wut in ihrer Stimme mit. Viele zuckten zusammen oder schlossen die Augen.
„Ihr habt Prodigias nach und nach umgebracht. Ihr habt den Tod verursacht, der das Gleichgewicht erst beschädigt hat. Ihr habt das mit euren Angriffen auf unschuldige Elementes-Dörfer noch verschlimmert!"
Alenia atmete aus und beruhigte sich wieder. Ihr Blick war dadurch aber nicht weniger intensiv.
„So wie euch die Wahrheit meiner Worte bewusst wird, wird euch die Tragweite eures Zusammenschlusses bewusst. Euer Anführer Er wusste um die Konsequenzen. Die letztendliche Funktion der Hunter, war nicht etwa die Rettung des Gleichgewichts, sondern seine Zerstörung. Das große Ziel eures Anführer war es, ein neues Gleichgewicht nach den eigenen Regeln zu schaffen. Dafür hat er den Untergang des Lebens in Kauf genommen."
Sie machte eine Pause und ließ die Worte einsinken. Mehrere Hunter brachen betroffen zusammen oder schüttelten geschockt den Kopf. Immer noch herrschte Stille.
„Also mit diesem Wissen fordere ich euch auf, eure Waffen fallen zu lassen. Gebt den Kampf auf. Verlasst die Heimat der Saver und geht eure eigenen Wege. Kämpfer auf beiden Seiten sind gefallen. Blut wurde durch die jeweils andere vergossen. Es gibt keine Rache zu begleichen. Geht."
Mit diesen Worten ließ Alenia die Arme sinken. Die Fäden aus Licht verblassten und verschwanden schließlich ganz.
Alenia allerdings blieb noch immer leuchtend in der Luft und unter ihren Blick richteten sich die Hunter auf. Die Flügel auf ihrem Rücken schlugen kräftig und gleichmäßig.
Jemand trat vor und sank auf die Knie. Eine Frau mir teilweise ergrauten Haar.
„Vergebt uns"
Nacheinander knieten sich immer mehr Hunter hin und senkten den Kopf.
„Vergebt uns"
„Vergebt uns"
„Es war falsch"
„Wir bitten um Vergebung."
Ungläubig sahen Devon und ich uns an. Mein Blick glitt wieder zurück zu Alenia. Ihr Blick begegnete meinen und sie lächelte.
Ich lächelte ganz klein zurück.
„Ihr wusstet es nicht besser"
Ich wirbelte herum und sah Verena, die sich am Rande der Plattform hinstellte, damit jeder sie sehen und hören konnte. Ihre Stimme war klar, obwohl sie etwas mitgenommen aussah. Der Dutt hatte sich gelöst und Strähnen hingen herab. Ruß und Blut klebte an ihrer Kleidung. Das Schwert steckte wieder in der Scheide, aber ich war mir sicher auch an dieser Klinge klebte Blut.
Verena holte Luft und verkündete laut: „Verlasst unser Lager. Verschwindet und lasst uns in Ruhe. Hört auf Jagd auf uns zu machen. Das ist das mindeste, das ihr tun könnt"
Der Blick den sie den Huntern dabei zuwarf steckte voller gezügelter Wut. Aus dem Augenwinkel sah ich einige zusammenzucken.
„Wir werden einen Waffenstillstand aushandeln. Geht jetzt und versorgt eure Verletzten. Morgen kann einer von euch zurück kommen und wir besprechen wie es von nun an mit beiden Seiten weiter gehen wird."
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