18
Am darauf folgenden Samstag klärte Alenia das Anliegen, weswegen sie zur Direktorin wollte, schon Morgens. Als ich sie fragte, was den dieses Anliegen war, meinte sie es sei nicht der Rede wert und wechselte das Thema. Ich fragte nicht weiter nach und dachte mir auch nichts dabei.
Alenia und ich saßen beide in unserem Zimmer. Sie auf ihrem Bett, ein Buch lesend, ich auf dem Stuhl am Schreibtisch. Gerade schrieb ich den Brief für Irina zu Ende.
Liebe Irina,
Es ist jetzt mein zweiter Tag hier und Freunde habe ich auch schon gefunden. Alenia und Lenné. Ich kenne sie nicht lange, aber sie sind wirklich nett!
Lenné ist ein Erd-Elementes, wie du, Alenia ist eine Luft-Elementes. Wir teilen uns ein Zimmer.
Die neuen Fächer sind cool, die normalen gehen eigentlich.
Heute beim Kampftraining musste ich gegen Adrian (Feuer) kämpfen und er hat mich wütend gemacht. Ich bin ausgeflippt und habe ihn mit einem Tornado gegen die Wand knallen lassen. Er liegt bewusstlos im Krankenzimmer.
Bevor du über mich urteilst, es war keine Absicht! Meine Magie hat es von alleine gemacht.
Das hatte ich vor ein paar Tagen geschrieben. Wenn ich ihr jetzt noch von meinem Kontrollverlust erzählen würde und von der Tatsache, dass ich beinahe gestorben wäre, würde Irina vollkommen durchdrehen. Wir wollen sie nicht mit den Ereignissen bombandieren, die nur für Probleme und Fragen gesorgt hatten.
Also schrieb ich nicht mehr als:
Mach dir keine Sorgen mir geht es gut. Die Schule ist super und ich lerne meine Kräfte besser kennen. Tut mir leid, dass ich so lange gebraucht habe mit dem Brief.
Hab dich lieb!
Lillith.
Ich setzte meine Unterschrift am Ende des Textes und las ihn einmal durch, um ihn auf Fehler zu korrigieren.
Er war am Anfang zwar nicht mehr wirklich aktuell, aber Irina würde schon von allein dahinter kommen.
Dann faltete ich das Papier und steckte es in einen Umschlag, den ich in der Schublade meines Schreibtisches gefunden hatte. Anscheinend gehörte das zur Grundausstattung hier. Alenia erzählte, dass die Briefumschläge in unseren Schubladen nach den Ferien immer aufgefüllt wurden. Praktisch.
Nachdem ich den Umschlag zugeklebt hatte wandte ich mich Alenia zu. Diese hatte meinem Blick wohl gepürt, denn sie schaute von ihrem Buch auf: "Ja?"
"Wie und wo verschicken Elementes Briefe?", wollte ich wissen.
Alenia klappte geschäftig das Buch zu und ging quer durch das Zimmer zu mir. "Das kommt auf das Element an. Wir veschicken sie mit unserem Element. Zum Beispiel
Feuer-Elementes verbrennen den Brief sozusagend. Er taucht beim Empfänger einfach mit einer Flamme auf."
Und ich dachte Elementes verschicken es auf die Traditionelle und langsame Weise.
"Wie mache ich das bei Luft?"
Alenia nahm sich ein leeres Blatt von meinem Tisch, ließ es erstmal über ihrer Hand schweben, bevor sich ein Tornado um das Blatt bildete. Als der Tornado sich löste, war das Blatt verschwunden.
Wenige Sekunden später tauchte ein Tornado in der Größe des Blattes vor mir auf. Der Tornado verschwand und vor mir segelte das Blatt auf den Boden.
"Cool.", grinste ich und nahm meinen Brief in die Hand. "Also. Was genau muss ich tun?"
Alenia schaute mich streng an: "Keine Magie bis Dienstag."
"Aber ich muss Irina den Brief geben!"
"Dann verschicke ich ihn für dich.", sagte Alenia bestimmt, "Hast du ein Foto von ihr?"
Ich nickte, zog mein Handy aus der Hosentasche, öffnete Galerie und suchte ein Selfie aus, wo Irina und ich zusammen im Park auf einer Bank saßen. Es war auch ein Samstag gewesen an dem wir einen lustigen Tag zu zweit verbracht hatten. Wortlos reichte ich Alenia mein Handy. "Ich muss mir deine Adoptivmutter vorstellen können.", begründete Alenia ihr Vorgehen, während sie Irina betrachtete.
Bei dem Wort 'Adoptivmutter' zuckte ich ein wenig zusammen. Es klang immernoch komisch und falsch. Ich hatte sie mein fast ganzes Leben lang als meine Mutter gesehen.
"Sie ist hübsch.", meinte Alenia, den Blick immernoch auf Irina gerichtet, "Erde oder?"
Ich nickte leicht lächelnd.
"Wie heißt sie?"
"Irina Flynt."
Alenia nahm das mit einem Nicken zu Kenntnis und streckte die Hand nach meinen Brief aus. Etwas widerwillig gab ich ihn ihr, worauf Alenia ihn mühelos mit einem Tornado verschickte.
"Wieso kannst du das alles schon? Und so gut?", fragte ich neugierig. Ich hatte das Gefühl, Alenia konnte schon alles. Vielleicht lag es daran, dass ich nicht wusste, was mit meinem Kräften alles möglich ist, aber sie war so gut! In Kämpfen, Schwertbändigen und es schien als hatte sie ihre Magie komplett unter Kontrolle. (Ganz im Gegensatz zu mir.)
"Mein Eltern haben schon mit mir vorgearbeitet.", erklärte Alenia, "sie haben mich vorbereitet."
"Auf was?"
"Auf mögliche Situationen, wie zum Beispiel einen Hunter.", ihre Mund wurde zu einer schmalen Linie, als sie von ihnen sprach.
Ich dachte an Devon und meine Brandwunden an meinem Rücken. Als ich heute morgen aus der Dusche kam, hatte ich mir beinahe den Hals verrengt, um meinen Rücken im Spiegel sehen zu können. Ich hatte eine rosa Narbe, die einmal quer über meinem Rücken verlief. Sie fing bei meiner rechten Schulter an, erstreckte sich über die Wirbelsäule und endete ungefähr 10 cm über meinem Steißbein. Ich hatte mich damit abgefunden, dass die Narbe bleiben würde. Weh tun tat sie jetzt überhaupt nicht mehr.
Alenias Augen hatten sich getrübt und sie starrte auf die Tischplatte, während sie in Gedanken versunken zu sein schien.
Es sah nicht gerade nach schönen Gedanken aus.
Vorsichtig tippte ich ihren Arm an, um sie aus ihrer Starre zu reißen: "Alles gut?"
Alenia blinzelte einmal und realisierte, dass ich immer noch vor ihr saß.
"Entschuldige was?", Alenia setzte ein Lächeln auf, was nicht ganz so fröhlich aussah, wie es wohl aussehen sollte. "Willst du reden?", bot ich ihr an, doch Alenia schüttelte den Kopf.
"Danke, aber nein.", murmelte sie und setzte sich wieder auf ihr Bett, um zu lesen.
Ich zog die Augenbrauen zusammen. Was war mit den Hunter und ihr passiert?
Bevor ich mich enscheiden konnte, ob ich nochmal nachfragen oder es doch lieber lassen sollte, schwang die Tür auf, sodass ich erschrocken von meinem Stuhl aufsprang, Alenia aber lediglich den Kopf hob, bevor sie weiter las. Wir schlossen die Tür nur ab, wenn wir was wichtiges zu bereden hatten, oder wir außerhalb waren.
Im Türrahmen stand Cole und sein Blick schwang sofort zu mir. "Lillith.", er hörte sich erleichtert an und mit großem Schritten durchquerte er den Raum. Ehe ich mich versah, fand ich mich in seinen Armen wieder.
Davon war ich so überrumpelt, dass ich erst keine Zeit hatte zu reagieren. Ich wollte die Umarmung gerade erwidern, da hielt er mich auf Armlänge von sich: "Wie geht es dir?"
"G-Gut.", stotterte ich immernoch überrascht. Er war mein Bruder, gut, aber es war trotzdem komisch von ihm umarmt zu werden. Ich kannte ihn kaum!
"Ich habe von Alenia und Lenné gehört was passiert ist. Ich hatte Angst jetzt auch noch mein letztes Familienmitglied zu verlieren, aber...", er schaute mich einmal prüfend an, "du scheinst mir quicklebendig."
Ich lächelte zögerlich und erwiderte: "Ja, mit geht es gut. Bin gestern Abend entlassen worden."
"Und du hielst es nicht für nötig mich zu informieren?"
"Also naja... wir kennen uns noch nicht lange und..."
Cole lies seine Hände von meinen Schultern gleiten und meinte: "Ich weiß. Für mich ist es auch komisch, aber wir sind Geschwister ich denke wir sollten versuchen uns gegenseitig zu vertrauen und dem anderen erzählen, wenn etwas vorgefallen ist. Versteh das nicht falsch ich will dich zu nichts zwingen, aber wir sollten amfangen den anderen zu informieren- das hört sich so komisch an."
"Ich weiße was du meinst. Einfach Bruder und Schwester sein.", unterbrach ich ihn schmunzelnd.
Cole grinste wie allzu oft und steckte die Hände in die Hosentasche: "Da wir nun Geschwister sind kannst du dir vorstellen, dass ich öfter kommen werde."
"Ohne mich vorzuwarnen?"
"Selbstverständlich. Wo ist der Spaß wenn ich dich nicht erschrecken darf?"
Ich boxte ihn zur Antwort leicht in die Seite, worauf er gespielt das Gesicht verzog.
Cole war wirklich sympathisch und auch wenn es sich alles so komisch anfühlte, war es schön einen Bruder zu haben.
"Ich geh dann mal wieder. Lance, mein Freund, wartet schon auf mich.", er nickte zum Fenster, "ist super Wetter draußen."
Damit verabschiedete er sich und ließ uns wieder allein.
Dir nächsten Stunden waren nicht sehr spektakulär. Ich erledigte einige Hausaufgaben, die ich Dienstag abgeben musste und sonst unterhielten Alenia und ich uns über unsere Lieblingsbücher.
Rechtzeitig zum Abendessen fanden wir Lenné schon wartend in der Haupthalle. Als sie uns entdeckte, winkte sie uns lächelnd und wir setzten uns zu ihr.
Wir hatten uns schon. Am Frühstück gesehen, als sie mich dreimal gefragt hatte, ob es mir gut ging.
"Wieso habt ihr bei dem Wetter den ganzen Tag in eurem Zimmer gesessen?", fragte sie, als wir uns mit unserem Essen hinsetzten. "Keine Ahnung.", meine Alenia schulterzucked, "hatten einfach keine Lust."
Lenné gab sich damit zufrieden und aß weiter.
Als wir alle fertig gegessen hatten, brachten wir unser Tablett, worauf der Teller und die Becher standen, zu dem Tisch, wo das ganze dreckige Geschirr gestapelt wurde.
Das kann ich gleich alles abspülen.
Nach jeder Mahlzeit musste ich in die Küche gehen, um meine Strafe abzuarbeiten.
Auf den Weg zu den Tisch, an einer Wand der Halle, wo weniger Esstische waren, mussten wir an Larissa vorbei. Sie saß mit zwei aufgestylten Mädchen an einem Tisch und musterte mich bitterböse, als ich an ihr vorbei kam. Ich bemühte mich um einen doppelt so finsteren Blick, weshalb ich nicht merkte, wie eine ihrer Freundinnen mir ein Bein stellte.
Also landete ich nicht gerade elegant mit ein überraschten Aufschrei auf dem Boden. Der Teller, mein Becher und das Geschirr rutschten vom Tablett. Der Teller zerbrach mit einem scheppern, was die Aufmerksamkeit, der Leute in der Nähe auf mich zog.
Gelächter ertönte.
Ich hielt mir die schmerzende Wange mit meiner etwas aufgeschürften Händen, während ich mich wütend zu Larissa umdrehte. Meine Wangen wurde heiß, aber ich überspielte das, indem ich Larissa - hoffentlich - wütend anfunkelte. "Wofür war das!?"
Larissa spielte träge an ihren heute offenen Haaren. "Ich weiß nicht.... vieleicht dafür dass mein Bruder wegen dir im Krankenbett liegt!", sie sagte es nicht wütend oder so und von außen wirkte sie vollkommen gefasst, aber in ihren Auge loderte es.
"Es war keine Absicht.", stieß ich hervor.
Larissa lachte ungläubig, bevor sie zischte: "Wenn ich mich recht erinnere hast du gesagt 'das war ein Fehler' worauf du ihn an die Wand geschleudert hast, obwohl der Kampf vorbei war." Ich atmete einmal ein und aus, um gefasster zu erwiedern: "Er hat mich hinterücks angegriffen."
"Wurdest du verletzt?"
"Nein, aber er - "
"Also er liegt jetzt bewusstlos, mit gebrochenen Bein und einer Gehirnerschütterung im Bett, während du.", sie lies ihren funkelnden Blick über mich gleiten, über mein mit Essensresten beschmiertes Top und meine geballten Fäuste, "stehst quicklebendig vor mir und hast nicht besseres zu tun als mich anzuschreien."
Ich atmete ein und aus und versuchte nicht schon wieder auszurasten. Wegen meinem Magieverlust die Tage davor, war meine Magie abgeschwächt und die Wut nicht so stark, trotzdem spürte ich das verlangen etwas kaputt zu zu machen. Vielleicht ihre Nase?
Alenia, die währedessen mit Lenné schweigend zugeguckt hatte, wie gefühlt die ganze Schule, legte eine Hand auf meine Schulter. "Greif sie nicht an, sie will dich nur povozieren.", raunte sie mir ernst zu. Sie musste an meiner Haltung erkannt haben, was in mir vorging.
Ich ballte die Hände zu Fäusten, öffnete sie und ballte sie wieder zu Fäusten. Nicht ohne Larissa einen dunklen Blick zuzuwerfen, hob ich meine Sachen auf, donnerte sie auf den Abstelltisch und verließ mit schnellen Schritten die Halle.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro