3. Kapitel
Noch hat er mich nicht gesehen. Das ist gut, zumindest glaube ich das. Früher oder später werden wir uns wohl über den Weg laufen, mir wäre später allerdings deutlich lieber. Er ist doch sowieso Teil der Chefetage, also wird er sich nicht oft beim Training oder den Spielen aufhalten. Vielleicht hat er die Begegnung auch schon wieder vergessen, oder er weiß gar nicht mehr, wer von uns Spielern gestern in der Umkleide war. Möglich wäre das bestimmt. Ich atme tief durch. Wieso drehe ich hier eigentlich so durch? Es ist ja nicht so, als irgendetwas dramatisches geschehen oder als wäre er in einem unpassenden Moment in die Kabine geplatzt. Es war eine ganz normale Unterhaltung, nicht mehr und nicht weniger. Wieso also mache ich mir da so viele Gedanken drum? Das ist noch nicht normal!
Ich bin so in Gedanken versunken, dass ich nur mit einem Ohr zuhöre, wie Warren die neuen Mitspieler vorstellt und zusammenfasst, wer diese Saison nicht mehr für Tampa Bay Lightning spielen wird. Das sind keine neuen Informationen, also brauche ich auch nicht großartig Aufmerksam sein. Das, was er gerade sagt, ist für die Presse, Liam und Zayn hören auch nicht richtig zu. Dann allerdings übernimmt Mister Johnson das Wort. „Soweit zu der Mannschaft; allerdings gibt es auch im übrigen Team ein paar Veränderungen. Wie Sie vielleicht wissen, war in den letzten Jahren Mister Rowland von TAA für das Werbemarketing verantwortlich. Diese Stelle wurde neu besetzt. Mister Styles wird sich dieser Aufgaben ab sofort annehmen. Falls Sie also Presseanfragen haben, wenden Sie sich bitte in Zukunft an ihn." Er sieht zu seiner rechten wo Mister Styles kurz die Hand hebt. „Es freut mich wirklich sehr Tampa Bay Lightning zu unterstützen und ich freue mich auf die Arbeit mit diesem Team und natürlich auch mit Ihnen allen. Auf dem Infozettel, den Sie sich am Ausgang später nehmen können, sind meine Kontaktdaten verzeichnet." erklärt er und lächelt den Presseleuten entgegen.
„Was ist TAA?" fragt Ian mich plötzlich leise und ich zucke leicht zusammen, aber das bekommt er zum Glück nicht mit. „Twist Advertising Agency." flüstere ich. „Mitch Roland hat so Sachen gemacht, wie die Werbeanzeigen, Autogrammveranstaltungen, Pressetermine, Social Media." fasse ich zusammen. „Wieso ist er denn weg? War er schlecht?" fragt Ian weiter, aber Zayn schüttelt den Kopf. „Nein, er wurde befördert, aber er wird Harry vorerst noch zur Seite stehen." Verwundert sehe ich ihn an. „Woher weißt du denn wie der Typ heißt?" - „Das war etwas ganz krasses..." beginnt Zayn und blickt mich ernst an. „Wir haben uns vorhin unterhalten, Wahnsinn oder?" Ich verdrehe die Augen. „Idiot." Zayn interessiert meine Antwort nicht wirklich. „Er ist neu in der Firma und hat die ersten Wochen noch etwas Unterstützung. Ich denke, er ist ganz cool." - „Ganz cool?" skeptisch sehe ich den Verteidiger an. „Er ist nicht so streng wie Johnson." erwidert Zayn nur und sieht wieder nach vorne.
Der neue PR-Kerl hat sich wieder hingesetzt und Drew erklärt gerade, was wir von dieser Saison erwarten, ohne zu viel über unsere Strategie zu verraten. Die Zeit zieht sich wie Kaugummi, auch wenn der Termin gerade mal den Vormittag in Anspruch nimmt. Schließlich müssen wir alle für ein Gruppenfoto nach vorne. Wir als Mannschaft sind das gewohnt und schnell haben wir uns in drei Reihen geordnet. Das Management und Warren und Drew stellen sich hinter und neben uns.
Kamerablitze werden auf uns abgefeuert und ein paar Augenblicke warten wir ab, bis sicher ist, dass einige verwendbare Bilder dabei sein. Mister Johnson bedankt sich bei den Reportern und Fotografen und dann ist der Spuk auch schon wieder vorbei. Ich bin definitiv nicht Eishockeyspieler geworden, um in der Öffentlichkeit zu stehen. Das mag bei einigen ja so sein, aber ich bin kein wirklicher Fan davon, dass ständig Fotos gemacht werden. Beim Spiel selbst blende ich das inzwischen mit Leichtigkeit aus, aber wenn ich direkt in Kameras Blicken muss, merke ich jedes Mal wieder, dass ich es nicht sonderlich mag. Aber das nehme ich für diesen Job gerne hin. Es sind immer noch einige Minuten, das ist machbar.
„Ihr habt eine halbe Stunde, dann fängt das Training an!" sagt Drew laut, als alle, die nicht auf der Gehaltsliste von Tampa stehen, den Raum verlassen haben. Dann wendet er sich an Mister Styles. Kurz darauf lachen beide. Skeptisch beobachte ich das Schauspiel und erwische mich selbst plötzlich dabei, dass das ganz und gar nicht professionell ist. Also wende ich mich ab, in der Hoffnung, dass es niemand mitbekommen hat. „Irgendwie bist du heute merkwürdig." meint Liam dann aber plötzlich nachdenklich. „Wie kommst du denn darauf?" erwidere ich verwundert.
„Du bist so still. Das ist Tommo-Untypisch." - „Tommo-Untypisch? Willst du mich verarschen, Liam?" Ich schüttle leicht den Kopf. „Schon gut." er hebt beide Hände. „Ich wusste ja nicht, dass du auch noch so gereizt bist." Ich schnaube und würde am liebsten sofort zur Umkleide verschwinden, aber noch sind alle hier.
„Hi." Augenblicklich spanne ich mich an. Mister Styles steht hinter mir und nur widerwillig gehe ich einen Schritt zur Seite und drehe mich dann um. „Ich bin Harry, ich wollte mich bei euch noch einmal persönlich vorstellen." lächelt er. Und das Team begrüßt ihn und stellt sich vor. Drew gesellt sich zu uns. „Ihr wisst was morgen ist, richtig?" Liam seufzt. „Doppelter Spieltag." - „Das heißt zwei Spiele an einem Tag, richtig?" fragt Ian mit großen Augen und ich nicke. „Ja, erst geht es nach Florida, dann nach Carolina."
„Dass das verdammt Anstrengend sein wird, brauche ich nicht sagen, aber ihr packt das. Ich will einen vernünftigen Saisonauftakt sehen. Montag habt ihr einen Ruhetag, Dienstag fängt der Tag dann wie heute an; es wird ein Fotoshooting geben." Innerlich stöhne ich genervt auf. Nicht das auch noch. Eigentlich hätte mir das klar sein müssen, aber ich habe es tatsächlich vergessen. „Es werden neue Autogrammkarten und Fanartikel damit hergestellt, also seht zu, dass ihr pünktlich seit. Mister Styles wird das beaufsichtigen, macht also keinen Mist." - „Ist das Shooting hier?" fragt Ian noch. Harry nickt. Oder sollte ich ihn Mister Styles nennen? „Sowohl auf dem Eis, als auch in einer kleinen aufgebauten Kulisse." erklärt er knapp.
Das ist meistens so und nimmt am Ende ja doch immer den ganzen Tag in Anspruch. Normalerweise ist der Plan, dass das Shooting Vormittags von statten geht, aber irgendetwas geht ja doch immer schief und es verzieht sich so lange alles nach hinten, dass es sich zeitlich nicht einmal lohnen würde, sich umzuziehen. Schlimm finde ich das nach einem Tag wie Morgen nicht, aber ich verstehe nicht ganz, wieso es nach wie vor so geplant wird. Meine Aufgabe ist es nicht, ich brauche mich damit nicht zu beschäftigen. Das ist jetzt Mister Styles' Aufgabe.
Er sieht kurz zu mir, ich sehe weg. Ich muss jetzt wirklich nicht über gestern sprechen, oder nur daran denken. Also bin ich einer der ersten, der aus dem Raum flüchtet. Mein Puls beruhigt sich erst wieder, als ich durch die Tür zur Umkleide trete. Wie gestern auch, wärmen wir uns mit Trockenübungen auf, aber dann geht es recht schnell aufs Eis. Wir konzentrieren uns auf die Strategien für die Spiele morgen, Angriffe und Verteidigungen, von denen Warren erwartet, dass sie morgen klappen.
Ich bin heute nicht bei der Sache. Irgendwann bemerke ich, dass der neue PR-Typ neben Drew an der Bande steht und prompt bemerke ich den Punkt nicht, den Ian in meine Richtung schießt. „Ah fuck." fluche ich leise und zwinge mich, alles zu geben. Ich will verdammt nochmal in die erste Reihe und das wird nicht klappen, wenn ich meine Gedanken an diesen neuen Kerl verschwende.
Völlig ausgelaugt stelle ich später unter der Dusche das warme Wasser an und schließe für einen Moment die Augen. Ich bin müde und geschafft und wenn ich an morgen denke, möchte ich nur noch schneller in mein Bett kommen. Treffpunkt ist hier um sieben Uhr morgens, dann geht es in Richtung Süden. Die Fahrt dauert etwas mehr als drei Stunden. Drei Stunden, in denen ich definitiv auch schlafen werde. Von dort machen wir uns mehr oder weniger ohne Pause auf nach Carolina. Der Flug dauert etwa zwei Stunden, aber zum Flughafen müssen wir schließlich auch noch kommen.
Niemand von uns ist Fan dieser doppelten Tage, aber manchmal lässt sich das einfach nicht vermeiden. Direkt am ersten unserer Spieltage, ist es aber schon eher unschön. Niemand beschwert sich deswegen. Wir denken es alle, aber niemand spricht es wirklich aus, denn das könnte das Aus der Karriere bedeuten.
Meinen Schlüssel lege ich ganz bewusst nicht auf den Schrank, sondern schließe meinen Spind direkt auf. Wir alle wollen nur nach Hause und als ich daran denke, dass ich ja mit dem Rad hier bin, seufze ich genervt. Als ich das Gebäude verlasse stehen Drew und Mister Styles an der Seite, Styles' Blick gleitet zu mir. Wieso schaut der Typ mich ständig an? Skeptisch schließe ich mein Fahrrad ab und werde den beiden einen letzten Blick zu, bevor ich mich aus dem Staub mache.
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Als optimales erstes Treffen kann man das wohl nicht beschreiben. Meint ihr, Louis wird es schaffen in die erste Reihe zu kommen? Und bleibt er so abweisend Harry gegenüber?
Love, L
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