IV - Taken Over
~•○•~
Erschrocken vom runterschwingenden Arm weicht er zurück. Er beobachtet die Frau im Bett, wie sie schläft. Doch er kann keine weitere Bewegung vernehmen, bis er auf ihre Atmung achtet. „Das ist ungewöhnlich!", überlegt er und bemerkt Unregelmäßigkeiten bei jedem Atemzug. Langsam schwebt er näher auf sie zu, dann erkennt er den Grund.
Er sieht den Schaum, der ihr langsam aus den Mundwinkeln läuft, und beginnt, die Umgebung abzusuchen. Die kahlen, kalten Wände werden nur durch das spärliche Licht der Nachttischlampe erhellt. Auf dem Nachttisch erkennt er das Bild ihrer Eltern, bis sein Blick auf die leere Tablettendose auf dem Boden fällt. 'Das hast du nicht gemacht...', spricht er seine Gedanken beinahe laut aus.
Dann sieht er der Frau ins Gesicht, beobachtet, wie ihre Augen flackern und wild umherschweifen, auf der verzweifelten Suche nach einem Ziel, nach einem Funken Hoffnung.
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Doch dann bemerkt sie etwas – eine Anwesenheit.
Irgendetwas ist hier, sie kann es spüren.
Ihre Augen sehen wild umher,
doch kann sie nichts entdecken,
wenn sie sich nur bewegen könnte.
Es scheint sich ein Schatten über sie zu legen –
sollte es etwa das Ende sein?
~•○•~
Langsam bewegt sich die Rauchgestalt
über die Frau und
beobachtet sie.
Sie schläft nicht, soviel ist sicher.
Ihre Augen beginnen sich zu weiten,
das Blinzeln wird immer langsamer,
bis sie ihn direkt ansieht.
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Es ist kein Schatten, nein, eher eine Art Rauch.
Schwarzer Rauch, der sich langsam über sie schiebt,
bis er direkt über ihrem Gesicht zu schweben scheint.
Im nächsten Moment blitzen rote Augen auf,
in die sie erschrocken starrt.
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Er sieht sie an, überrascht von ihrem Blick.
„Kann sie mich etwa sehen?", fragt er eher sich selbst.
Doch als sie ihn mit weit geöffneten Augen anstarrt,
ist sogar das Blinzeln verschwunden.
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Hat der Rauch sie etwa gerade angesprochen?
Sie starrt ihn an, kann nicht mehr blinzeln,
vor Schreck und Panik gleichermaßen.
Will er mich holen? Ist es das Ende?
Doch im nächsten Moment kneift sie die Augen zusammen,
ihre Brust verkrampft sich erneut,
sodass ihr die Luft zum Atmen fehlt.
Diese Attacken werden immer schlimmer und länger.
Sie öffnet die Augen wieder und starrt den Rauch flehend an.
Mach, dass es aufhört, mach,
dass es nicht zu Ende geht, will sie ihm sagen.
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Das kann nicht sein.
Sein Blick fällt auf
die leere Tabletten Dose
auf dem Boden.
Hat sie sich etwa eine Überdosis gesetzt?
Warum hat sie das gemacht?
Das ist der direkte Weg nach unten,
und da will sie sicher nicht hin.
Doch dann sieht er,
wie sie ihre Augen zusammenkneift.
Ihre Atmung verflacht; er kann sehen,
dass sie Schmerzen hat und keine Luft bekommt.
Sie ist kurz davor, die Schwelle zu übertreten;
es wird nicht mehr lange dauern.
Allerdings können sie sich gegenseitig helfen.
Er muss auf Nummer sicher gehen!
„Hast du mich verstanden?"
~•○•~
Jetzt gibt es keinen Zweifel mehr:
Dieser Rauch spricht zu ihr.
Doch wie soll sie sich bemerkbar machen?
Sie hat eine Idee und blinzelt einmal, in der Hoffnung,
dass er das versteht.
~•○•~
Er bemerkt das sie ihn einmal zublinzelt:
„War das ein ja?"
~•○•~
Ein weiteres Blinzeln bestätigt dies.
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„Dann denke ich, dass wir uns gegenseitig helfen können.
Ich löse mich bald auf und verschwinde;
das ist unsere Art zu sterben.
Du scheinst zu viele Tabletten geschluckt zu haben,
ich fürchte, das hält dein Körper nicht aus!"
~•○•~
Doch es erwischt sie eine erneute Attacke,
unsägliche Schmerzen breiten sich aus,
die Luft wird aus ihren Lungen gepresst.
Sie verdreht die Augen und kneift sie zusammen,
sodass es einen ziemlichen Moment dauert,
bis sie ihre Augen wieder öffnet.
~•○•~
Er bemerkt das und fühlt mit ihr,
doch wie soll er ihr erklären,
dass er nur mit ihrer Einwilligung helfen kann?
„Wir müssen uns beeilen,
es dauert nicht mehr lang
dann bist du nicht mehr ansprechbar.
Dann haben wir beide verloren."
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Sie blinzelt sofort zweimal, als hätte sie nichts mehr zu verlieren.
Sie bereut ihre falsche Entscheidung
– warum hat sie nur die Tabletten genommen?
Tränen steigen ihr in die Augen.
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Das zweimalige Blinzen wurde bemerkt:
„Nein? Wenn wir uns gegenseitig helfen wollen,
musst du mir dein Einverständnis geben,
das ich von deinem Körper besitz..."
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Doch bevor er die Möglichkeit hat,
seinen Gedanken zu Ende zu formulieren,
blinzelt sie ihm sofort einmal zu,
als ob sie seine Worte schon vorwegnehmen könnte.
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Überrascht sieht er sie an:
„...bist du dir sicher?
Ich will dir nichts vormachen,
aber ich bin ein Dämon,
der aus der Hölle verbannt wurde,
um hier auf der Erde zu sterben.
Ich kann nur überleben,
wenn ich einen Menschen finde,
der mich in seinen Körper lässt."
~•○•~
Er macht eine kleine Pause, die Stille um ihn herum wirkt wie ein gespanntes Seil, das jederzeit reißen könnte. Zweifel nagen an ihm, flüstern leise in seinem Ohr, ob dies die richtige Entscheidung ist. Die Schatten der Vergangenheit tanzen vor seinem inneren Auge, jede Erinnerung ein Argument gegen seinen Entschluss. Doch tief in seinem Herzen weiß er, dass nur er sie noch retten kann – die letzte Hoffnung, die wie ein schwaches Licht in der Dunkelheit flackert. Und gleichzeitig ist er sich bewusst, dass auch sie die einzige Person ist, die ihm den Weg zurück ins Leben weisen kann. Ihre Schicksale sind untrennbar miteinander verwoben,
und der Druck der Verantwortung lastet schwer auf seinen Schultern.
Es ist an der Zeit zu handeln, die Konsequenzen zu akzeptieren, gleichgültig, wie schmerzhaft die Wahrheit sein mag. Denn in diesem Augenblick, zwischen Angst und Entschlossenheit, liegt das Schicksal von beiden.
~•○•~
„Ich kann dich retten, du wirst nicht sterben.
Allerdings bin auch ich ziemlich geschwächt;
es wird Zeit brauchen,
bis wir uns aneinander gewöhnen.
Genau genommen weiß ich nicht, wie das läuft,
da ich das auch noch nie gemacht habe!"
Er holt tief Luft, als er sieht,
wie sie erneut im Kampf gegen die
übermächtigen Schmerzen versinkt.
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Ihre Augen verzerren sich,
und der Schatten des Leidens gleitet zu ihm hinüber.
In diesem Moment wird ihm schmerzlich bewusst,
wie schwer die Last des Unaussprechlichen
auf ihren Schultern ruht.
Die Luft um ihn herum scheint stillzustehen,
während ihr Herz einen weiteren unheilvollen Schlag aussetzt.
„Also, ich frage dich jetzt nur das eine mal.
Willigst du ein, das ich von dir besitz ergreifen darf?"
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Ihr einmaliges Blinzeln bestätigt dies.
Doch danach kneift sie die Augen zusammen,
während unendliche Schmerzen sich ausbreiten.
Ihr Brustkorb wird zusammengedrückt,
als würde er gleich zerbrechen.
Es ist ihr egal, ob ihr Gegenüber wirklich ein Dämon ist
oder ob es alles stimmt, was er sagt.
Sie ist sich nicht sicher,
ob das alles ein Hirngespinst ist
oder ob sie sich alles nur einbildet.
Fest steht nur, er bietet ihr einen Weg aus der Dunkelheit.
Ob es eine Halluzination im Fieberwahn ist,
vermag sie nicht zu sagen.
~•○•~
Der Rauch bemerkt es und schwebt senkrecht empor,
als würde er von einer unsichtbaren Kraft ergriffen.
Mit zunehmender Geschwindigkeit dreht er sich in einem wirbelnden Strudel,
der die Luft um sich herum aufwirbelt
und ein unheilvolles Flüstern in ihre Ohren trägt. Plötzlich stürzt er, wild wie eine Windhose,
in ihren offenen Mund, verschlingt ihre Schreie,
die in der Dunkelheit verklingen.
In diesem Augenblick erstarrt ihr ganzer Körper, wird steif wie ein marionettenloses Spielzeug.
Ein unkontrollierbares Zittern überfällt sie; die Welt um sie herum verschwimmt,
während die Schatten der Möbel in grellen Silhouetten tanzen. Ihre Arme schlagen heftig um sich, streifen die Nachtischlampe, die mit einem klirrenden Geräusch zu Boden fällt,
und das Bild ihrer Eltern fällt vom Nachtschrank, das hilflos zu Boden taumelt.
Ein letzter verzweifelter Versuch, sich zu befreien, endet in völliger Ohnmacht.
Ihr Körper sinkt nieder, wie ein nasser Sack, der kraftlos und entwurzelt in das weiche Bett zurückfällt.
Die Nacht um sie herum dringt ein, nimmt sie auf, während der Rauch wie ein Schatten der Dunkelheit ins Nichts entschwindet.
Stille legt sich sanft über den Raum, als wäre nie etwas geschehen.
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Das flackernde Licht fällt auf das Bild ihrer Eltern, das die umherfliegenden Staubkörner es wie ein Szene aus vergangenen Zeiten wirken lassen.
Damals, als die Welt noch in Ordnung war.
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