
Kapitel 92
Justins Sicht:
Da ich nicht wusste, wo ich hingehen sollte, ohne dass die Paparazzi oder Fans mich belästigten, setzte ich mich in die Tiefgarage in mein Auto und umklammerte mein Lenkrad so fest es ging. Mein Leben war gerade eine einzige Katastrophe.
Grace turtelte mit Shawn.
Meine Tochter hasste mich.
Und ich hatte in wenigen Stunden Geburtstag und hatte überhaupt keine Lust irgendjemanden zu sehen.
Eine Stunde lang saß ich im Auto und vegetierte vor mich hin. Inzwischen waren Grace, ihre Mum und Shawn wohl schon zuhause und ich konnte nochmal zurück zu Josi gehen. Vorsichtig spähte ich durch das kleine Fenster an ihrer Tür und sah, dass sie tief und fest schlief.
Leise betrat ich ihr Zimmer und setzte mich neben ihr Bett. Die Kleine sah so friedlich aus beim Schlafen. Und sie wirkte jetzt schon viel gestärkter als vor der Transplantation. Hoffentlich nahm ihr Körper meine Spende an.
„Ich hab dich lieb, Josi", hauchte ich leise.
Sie bewegte sich ein bisschen und ich dachte schon sie würde aufwachen, doch stattdessen berührte sie meine Hand und legte ihre kleinen Finger um meine Hand. Diese Geste reichte mir um mich zum Lächeln zu bringen. Vielleicht merkte sie gar nicht, dass ich neben ihr saß, aber das war mir egal.
„Ich werde dich immer beschützen, mein Engel. Dein Papa passt auf dich auf", flüsterte ich und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn. Dann verließ ich das Krankenzimmer wieder und ging zurück zum Auto.
Ungefähr eine Stunde später war ich wieder in meiner Suite und zum Glück war ich nicht alleine.
„Was tust du da?", fragte ich lachend, während ich ein Bier in der Hand hielt und mich gegen den Kühlschrank lehnte. Ein kühles Bier vertrieb Kummer und Sorgen und ich versuchte heute Abend nicht daran zu denken, dass Grace mit Shawn zusammen war. Ich wusste, dass die Zwei nur sehr gute Freunde waren und ich hatte kein Recht eifersüchtig zu sein, aber es tat trotzdem weh die Beiden zusammen zu sehen.
„Ich koche uns was?", säuselte Selena.
„Das sehe ich, aber warum? Es gibt einen Zimmerservice", antwortete ich grinsend und streckte meinen Hals um zu sehen, was genau sie dort tat. Nachdem ich sie angerufen hatte, ob sie vorbeikommen wollte, hatte sie eine riesen Tasche mit Lebensmittel mitgebracht.
„Dein Geburtstag ist zwar erst Morgen, aber da wir morgen Essen gehen dachte ich mir, dass ich heute etwas Leckeres für uns koche."
„Ich lasse mich überraschen", sagte ich lächelnd. Neugierig setzte ich mich auf die Couch und schaltete den Fernseher an, um auf andere Gedanken zu kommen. Von hier aus konnte ich auch Selena in der Küche beobachten.
Auch heute hatten wir uns wieder in meinem Hotelzimmer verkrochen, weil ich es einfach nicht über das Herz brachte nach Hause zu fahren. Außerdem bestand hier keinerlei Möglichkeit für die Paparazzi, Fotos von uns zu machen. Und zuhause müsste ich erstmal den gesamten Garten absuchen, ob nicht irgendwo Drohnen oder Kameras versteckt wurden.
Vielleicht sollte ich bald einfach mal in den Urlaub fliegen, um auf andere Gedanken zu kommen. Auf irgendeine einsame Insel.
Grace Sicht:
Als wir zuhause ankamen, spürte ich zum ersten Mal seit Tagen wie viel Hunger ich hatte. Mein Magen knurrte wie verrückt und ich versuchte mich daran zu erinnern, wann ich das letzte Mal etwas Vernünftiges gegessen hatte. Ehrlich gesagt war das schon ein paar Tage her. Zuletzt hatte ich vor knapp 8 Stunden ein trockenes Brötchen in mich reingestopft und wirklich satt gemacht hatte mich der Snack nicht.
„Was möchtet ihr essen?", fragte meine Mutter neugierig, als wir unsere Schuhe unter unsere Treppe stellten.
„Spaghetti", sagte ich sofort und sah Shawn fragend an. Er stimmte mir lächelnd zu und steckte seine Hände nervös in die Hosentasche. Es musste ziemlich seltsam für ihn sein so plötzlich von meiner Mutter hierher eingeladen worden zu sein.
„Wir sind dann mal oben", murmelte ich schnell und schnappte Shawns Hand. Bevor meine Mutter etwas sagen konnte, zog ich ihn die Treppe hinauf und schloss schnell die Tür von meinem Zimmer. Endlich hatten wir nicht mehr meine Mutter um uns herum, die irgendwelche peinlichen Sprüche von sich gab. Shawn schaute sich neugierig in meinem Zimmer um und begann zu lächeln.
„Gemütliches Zimmer", kommentierte er leise.
Ich stimmte ihm zu, auch wenn ich mich schon länger nicht mehr richtig wohlfühlte in diesem Zimmer. Mein eigentliches Zuhause war das Haus, das Justin mir zu Weihnachten geschenkt hatte. Unser gemeinsames Haus.
Aber von diesem Traumhaus konnte ich mich wohl verabschieden, genauso wie von meinem Traummann.
„Es tut mir leid, wie meine Mutter sich verhalten hat. Sie ist manchmal ein bisschen peinlich."
Shawn grinste und setzte sich auf den Stuhl vor meinem Schreibtisch. Er sah mich eindringlich an, während ich die Bettdecke über meine Beine warf und es mir auf dem Bett gemütlich machte.
„Sie mag Justin nicht, oder?", stellte Shawn erschrocken fest.
Ich schüttelte den Kopf und faltete meine Hände auf der Bettdecke zusammen.
„Sie mochte ihn noch nie, aber eigentlich wollte sie ihm eine Chance geben. Doch jetzt, da wir nicht mehr zusammen sind, hat sie keinen Grund mehr ihn zu akzeptieren", erklärte ich Shawn leise. Er runzelte verwirrt die Stirn und leckte sich über die Lippen. Mir wurde gerade bewusst, dass ich ihm noch gar nicht erzählt hatte, wie es zu der Trennung von Justin und mir gekommen war. Aber genau diese Frage stellte Shawn mir im nächsten Atemzug.
„Warum seid ihr nicht mehr zusammen? Wenn ich fragen darf."
„Klar, darfst du das fragen. Es tut gut mit jemandem darüber zu sprechen. Bis jetzt habe ich nur mit meiner besten Freundin über alles geredet und sie steht bei dieser Situation natürlich auf meiner Seite. Deswegen tut es ganz gut, dass ich auch mit dir darüber sprechen kann, um eine zweite Meinung zu haben."
Shawn fuhr sich durch die Haare und lächelte mich an.
„Justin ist Josis Vater. Ich wusste es die ganze Zeit und habe es verheimlicht, weil ich vor so vielen Dingen Angst hatte. Ich weiß, dass es falsch war und ich hatte oft genug die Chance ihm die Wahrheit zu sagen, aber ich konnte es nicht. Als Josi ins Krankenhaus gekommen ist, war mir klar, dass Justin eventuell ein passender Spender sein könnte und ich habe ihm alles erzählt. Er hat Schluss gemacht Josi steht für ihn immer noch an erster Stelle, aber mit mir will er nichts mehr zu tun haben", murmelte ich leise und sofort flossen wieder Tränen über meine Wangen.
Ich schluchzte verzweifelt und vergrub mein Gesicht in meinen Händen, weil Shawn mich nicht so fertig sehen sollte.
Auf einmal spürte ich seine Arme um meinem Körper. Er nahm mich in den Arm und drückte mich an sich.
„Jeder macht Fehler, Grace und ich kann mir vorstellen was für Gründe du gehabt hast, die Wahrheit für dich zu behalten. Mach dir keine Sorgen Wenn Justin dich wirklich liebt, dann wird er zu dir zurückkommen."
Ich löste mich leicht aus Shawns Umarmung und schaute ihm tief in die Augen.
„Glaubst du wirklich?"
Shawn nickte und strich mir eine Haarsträhne hinter das Ohr. Ich konnte mir ein kleines Lächeln nicht verkneifen, weil es wirklich schön war, was er zu mir gesagt hatte.
„Das wird er, Grace. Ich kenne Justin jetzt schon etwas länger und er kann ein richtiger Sturkopf sein, aber er kämpft immer für das, was er liebt."
Ich hoffte einfach, dass Shawn recht hatte mit seinen Worten. Vielleicht brauchte Justin einfach nur ein paar Tage Zeit, um das Geschehene zu verarbeiten. Vielleicht würde er irgendwann anfangen mich zu vermissen und uns dann nochmal eine Chance geben.
Ich durfte die Hoffnung nicht aufgeben.
Shawn und ich quatschten noch ein wenig über belanglose Dinge, bis meine Mutter uns zum Essen rief. Ich bereitete mich mental schon auf einen sehr peinlichen Abend vor, denn meine Mutter hatte hundertprozentig vor Shawn auszufragen. Offensichtlich fand sie ihn jetzt schon besser als Justin. Aber leider musste sie akzeptieren, dass ich Justin liebte und Shawn nur ein sehr guter Freund war. Außerdem war der Altersunterschied zwischen uns viel zu groß. Fünf Jahre lagen zwischen uns, weshalb Shawn für mich definitiv nur ein Freund blieb.
„Und wo kommst du her, Shawn?", fragte meine Mutter, als wir alle unseren Teller mit Spaghetti gefüllt hatten.
„Aus Kanada. Ich wurde in Toronto geboren und lebe mit meiner Familie in Pickering", sagte Shawn lächelnd, bevor er sich einen Löffel mit eingedrehten Spaghetti in den Mund schob. Dass das schiefging, war eigentlich vorprogrammiert, denn der Löffel war viel zu voll und somit vielen die Hälfte der Nudeln wieder auf den Teller und eine blieb an seinem Kinn hängen.
Ich lachte lautstark los und hielt mir die Hand vor den Mund. Shawn musste ebenfalls lachen und nahm die Serviette zur Hand, um das Chaos zu beseitigen.
„Ein Kanadier also...", sagte meine Mutter, während sie mich vorwurfsvoll anstarrte. Wahrscheinlich passte ihr das nicht, weil Justin ebenfalls ein Kanadier war. Die guten Talente wurden nun mal in Kanada geboren, da konnte ich nichts für.
„Und du machst Musik?", fragte meine Mum weiter.
„Ja", antwortete Shawn kurz angebunden, weil er wieder eine Portion Spaghetti im Mund hatte.
Meine Mutter runzelte fraglich die Stirn und legte ihr Besteck an die Seite des Tellers.
„Hattest du schon mal Kontakt mit Drogen?"
Ich verschluckte mich beinahe beim Essen und sah sie wütend an.
„Mum! Bitte!", ermahnte ich sie genervt. Nur weil Justin ein Drogenproblem hatte, als wir uns kennenlernten, hieß es nicht, dass Shawn auch eins hatte. Nicht jeder Musiker wird drogenabhängig.
„Nein, Liz. Ich nehme keine Drogen und hab auch noch nie welche genommen."
Shawn lächelte charmant. Offenbar waren ihm die Fragen nicht unangenehm.
„Wie habt ihr euch kennengelernt?", wollte Mum nun wissen. Dieses Mal griff ich ein und übernahm das Antworten.
„Durch ein Date mit Justin. Er wusste, dass ich ein großer Fan von Shawn bin und hat mich zu einem seiner Konzerte ausgeführt. Da habe ich Shawn Backstage getroffen und an Silvester war er auch auf der Party", erklärte ich ihr lächelnd.
„Aha."
Als wir endlich fertig gegessen hatten, half Shawn beim Abräumen des Tisches, was ich wirklich aufmerksam und lieb von ihm fand.
„Grace, kann ich noch kurz mit dir sprechen?", fragte meine Mutter schließlich, als ich im Begriff war mit Shawn nach oben zu gehen. Schnaubend blieb ich stehen und nickte.
Shawn verließ die Küche und ließ und Beide alleine stehen. Ich war sehr gespannt, was meine Mutter jetzt von mir wollte.
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