
Kapitel 53
Josis Sicht:
„Mommy, wo bist du?"
Ich wollte zu meiner Mama, aber ich wusste nicht mehr wie ich zu unserem Zimmer komme.
„Mommyyyy", schluchzte ich hilflos. Der Flur sah so riesig aus. Und ich rannte einfach weiter.
Justin ist böse zu mir gewesen und ich wusste nicht warum. Er hatte mir erlaubt seine Ringe zum Malen zu benutzen! Aber er hatte mich angeschrien.
Meine Mommy war nie böse zu mir. Sie hatte mich ganz doll lieb und ich sie auch. Eigentlich dachte ich, dass Justin mich genauso lieb hatte.
Ein Fahrstuhl ging auf. Vielleicht war Mommy ein Stockwerk tiefer.
Schnell rannte ich hinein und drückte den unteren Knopf, denn nur dort kam ich an. Die Tür schloss sich und ich stellte mich in die hinterste Ecke, weil ich Angst hatte. Ohne Mommy war ich noch nie in einem Fahrstuhl gewesen.
„Mommy?", flüsterte ich leise, als die Tür sich wieder öffnete. Ich lief hinaus und rannte gegen eine Frau. Sie sagte aber nichts zu mir und es war auch nicht meine Mama.
Ich lief durch den großen Raum, der ganz anders aussah als der Flur, aber ich konnte Mama nicht finden.
So schnell wie ich konnte flitzte ich in die hinterste Ecke von dem großen Raum und setzte mich hinter eine Pflanze.
Meine Knie zog ich an meinen Körper.
Vielleicht wusste Mommy wo ich war und holte mich gleich ab.
Grace' Sicht:
„Spinnst du?! Was heißt das, du hast sie angeschrien und sie ist weggelaufen?!", brüllte ich aufgelöst. Meine Tochter war nicht in Justins Suite. Ich hatte sie durchsucht, nachdem er immer wieder genuschelt hatte, sie sei zu mir gerannt.
Ehrlich gesagt war ich enttäuscht von ihm, weil er getrunken hatte. So stockbesoffen war er lange nicht gewesen und es war ein Unding, dass er das in der Anwesenheit meiner Tochter getan hatte! Und jetzt war sie verschwunden.
„Tut mir leid", lallte Justin leise. Und dann rannte er urplötzlich ins Badezimmer und kotzte sich die Seele aus dem Leib. Das hatte er verdient!
Ich schüttelte fassungslos den Kopf und klopfte an der Tür vom Zimmer gegenüber, in dem Mikey war. Er war jetzt meine einzige Hoffnung, dass meine Tochter schnellstmöglich gefunden wurde.
„Du musst meine Tochter suchen! Sie ist weggelaufen, weil Justin ein stockbesoffener, verantwortungsloser Arsch ist!", flehte ich mit Tränen in den Augen. Mein kleiner Engel lief komplett alleine durch dieses Hotel. Natürlich würde ich mich mit auf die Suche begeben, aber es war besser, wenn ich im Zimmer blieb. Für den Fall, dass Josi an der Tür klopfte. Sie hatte wahrscheinlich so eine Angst, da war es gut, wenn sie direkt mein Gesicht sah, falls sie unser Zimmer wiederfinden sollte.
„Ich mache mich sofort auf die Suche und nehme noch ein paar Tänzer mit, sagte Mikey schließlich.
Dann trat Justin in den Flur, der leichenblass im Gesicht aussah. Offensichtlich hatte der Alkohol seinen Magen verlassen.
„Grace, sorry", hauchte er noch einmal. Aber mit einer Entschuldigung kam er nicht davon.
Ich holte aus und knallte ihm meine flache Hand gegen die Wange. Justin verzog schmerzhaft das Gesicht und ich beobachtete, wie seine Wange sich rot färbte.
„Du bist so ein Versager, Justin!"
Justin starrte mich zutiefst verletzt an, aber es interessierte mich nicht, ob ich gerade einen wunden Punkt bei ihm getroffen hatte. Wegen ihm war meine Kleine verschwunden und ihr könnte etwas Schlimmes passieren.
Aufgelöst stampfte ich zurück in mein Zimmer und wenig später kam Elysandra gemeinsam mit Justin dazu. Meine Mutter wäre wahrscheinlich sofort auf Justin losgegangen, aber sie war zu sehr damit beschäftigt, mich zu trösten.
„Ich will ihn nicht hier haben!", brüllte ich wütend und starrte Justin dabei an. Er verschränkte die Arme vor dem Bauch und sah schuldbewusst auf den Boden. Elysandra hockte sich vor mich und sah mir in die Augen.
„Ich weiß, aber ich habe den Auftrag bekommen auf Justin achtzugeben. Für den Fall, dass er nochmal versucht sich zu betrinken. Und gleichzeitig möchte ich aber für meine beste Freundin da sein", hauchte Elysandra lächelnd. Ich warf Justin einen hasserfüllten Blick zu und wischte mir die Tränen von den Augen.
„Sobald Josi wieder hier ist, sind wir weg!", sagte ich mit ernster Stimme zu Justin. Er antwortete nicht darauf, sondern setzte sich auf meine Couch und starrte seine zitternden Hände an.
Ich vergrub mein Gesicht an der Schulter meiner Mutter und schluchzte lautstark.
„Meine Prinzessin ist ganz alleine!"
„Ihr passiert nichts, mein Schatz", hauchte meine Mutter selbstsicher.
Ich bekam kaum noch Luft vom Heulen und machte mir solche Vorwürfe. Wieso hatte ich Josi bei einem Drogensüchtigen abgegeben? Warum hatte ich sie mit Justin alleine gelassen? Ich hätte wissen müssen, dass er rückfällig wurde – entweder mit Drogen oder Alkohol.
„Grace, ich...", fing Justin an, aber ich unterbrach ihn sofort fauchend.
„Halt die Klappe!"
Offensichtlich war er wieder etwas nüchterner. War aber auch kein Wunder, wenn er alles wieder ausgekotzt hatte.
Nach einer qualvollen Stunde klopfte es endlich an der Tür und ich öffnete sie hektisch. Mykell stand vor mir und auf dem Arm hielt er Josi.
Ich grinste vor Freude und begann sofort noch mehr zu heulen, als ich ihm meine Tochter abnahm.
„Mein Liebling... jag Mommy nie wieder so einen Schreck ein!", flehte ich leise. Ich drückte sie fest an mich und Josi krallte ihre Finger in mein T-Shirt und weinte ebenfalls.
„Ich wusste nicht wo du bist, Mommy. Justin war böse zu mir."
Ich funkelte Justin vorwurfsvoll an, aber dann konzentrierte ich mich nur noch auf meine Kleine.
„Jetzt bist du ja wieder hier."
Ich kuschelte ein paar Minuten mit meiner Tochter und reichte sie dann an meine Mutter weiter, damit ich mich bei Mykell bedanken konnte.
„Wo hast du sie gefunden?", fragte ich ihn leise.
„Sie saß zusammengekauert in der Lobby hinter einer Pflanze und hat geweint. Ich habe jeden Winkel dieses Hotels abgesucht", antwortete er lächelnd. Ich schlang meine Arme um seinen Hals und er legte seine Hände an meine Hüfte, um mich enger an sich zu ziehen.
„Danke", flüsterte ich leise in sein Ohr. Ich hauchte ihm einen Kuss auf die Wange und lächelte ihn kurz an, bevor ich mich wieder zu meiner Tochter gesellte.
„Schätzchen, möchtest du baden?", fragte ich meine Tochter leise. Sie nickte und konnte endlich wieder lachen.
„Aber ich will nicht mehr bei Jussy sein", flüsterte Josi schließlich und versteckte sich hinter meinen Beinen, weil Justin auf uns zukam. Ich warf ihm einen eindeutigen Blick zu, sodass er stehenblieb und seine Hände in den Hosentaschen versteckte.
„Geh mit Oma ins Badezimmer, ja? Ich komme gleich nach", versprach ich Josi schließlich. Als meine Mutter mit Josi verschwunden war, wollte auch Elysandra gehen.
„Justin, kommst du?", fragte sie.
„Nein, ich will kurz mit Grace reden."
Sie sah mich fragend an, aber ich nickte selbstbewusst. Er konnte mir gerne sagen, was er zu sagen hatte. Aber er würde sein Verhalten der letzten Tage nie wieder gut machen können. Als Elysandra verschwunden war, stampfte ich ins Schlafzimmer, damit ich das Wichtigste erledigen konnte, während er sprach: Packen.
„Was machst du da?", fragte Justin mich verwirrt, als ich meinen Koffer aufklappte und alle Sachen reinstopfte, die noch im Zimmer herumlagen.
„Wonach sieht es denn aus? Ich packe. Ich werde noch heute mit Josi und meiner Mum nach Hause fliegen!"
Justin kam auf mich zu und legte seine Hand an meinen Rücken, doch ich drehte mich sofort um und schlug sie weg. Er sollte mich nicht anfassen. Nie wieder.
„Geh nicht", flüsterte Justin leise. „Ich brauche dich."
„Das ist mir egal! Ich kündige und fliege nach Hause! Ich halte es nicht eine Sekunde länger in deiner Nähe aus!", zischte ich wütend. Ich schmiss weiter Sachen in meinen Koffer und fing dabei fast wieder an zu weinen. Es tat so weh, dass Justin hinter mir stand. Es tat weh, den Koffer zu packen. Es tat weh, weil ich in diesen Mann verliebt war und ich nichts dagegen tun konnte.
„Grace, bitte tu das nicht", flehte Justin hoffnungsvoll. „Denk daran, dass du das alles hier für Josi tust. Ich würde es nicht ertragen, wenn sie stirbt, nur weil ich ein Drogenjunkie bin!"
Seine Worte ließen mich nachdenken. Wenn ich jetzt kündigte, konnte ich zwar noch einen Teil der Therapie bezahlen. Aber wer wusste schon, wie lange die Therapie andauerte? Ich brauchte das Geld und ich wollte weiterhin meinen Traum auf der Bühne leben.
Ich atmete tief ein und aus und starrte den gepackten Koffer an. Ich durfte es Josi nicht antun, dass ich alles hinschmiss, nur weil ich mit Justins Nähe nicht klarkam. Ich würde ihm in nächster Zeit einfach aus dem Weg gehen und ließ Josi nur noch in seine Nähe, wenn ich sie dabei im Auge hatte.
„Okay. Ich bleibe. Und jetzt verschwinde aus meinem Zimmer."
Justin diskutierte nicht mit mir, sondern ging einfach aus dem Raum und ließ mich endlich alleine.
Mit einem gezwungenen Lächeln ging ich ins Badezimmer und sah meiner Tochter beim Baden zu.
Justins Sicht:
Ich hatte es verbockt.
Grace würde nie wieder ein Wort mit mir reden, weil ich ein Idiot war. Wie konnte ich nur so dumm sein und mich in Josis Anwesenheit betrinken?
Diese Frage stellte ich mir den ganzen Tag und ich hatte schon wieder den Drang Kokain zu nehmen oder irgendetwas alkoholisches in mich reinzuschütten, um die Schmerzen zu betäuben. Doch das konnte ich nicht machen, denn heute hatte ich meine erste Therapiesitzung mit meinem Therapeuten Mr. Harsen.
Ich saß gelangweilt auf einem Stuhl in seinem Zimmer und konnte die Therapie jetzt schon nicht richtig ernst nehmen, weil wir in einer Hotelsuite saßen und nicht in einer Praxis. Aber für Grace und Josi musste ich mich zusammenreißen und diesen Entzug durchziehen.
Ich wollte nicht in einer Klinik landen, denn dann müsste ich die gesamte Tour absagen und das würde mir das Herz brechen.
„Also Justin, wieso sind Sie hier?"
„Weil Scooter Sie eingestellt hat", murmelte ich leise und musste ein wenig schmunzeln, aber Dr. Harsen räusperte sich und ich gab eine ernsthafte Antwort von mir: „Weil ich Drogen nehme."
„Würden Sie von sich selbst behaupten, dass Sie süchtig sind?"
Ich starrte ihn mit gerunzelter Stirn an.
„Ja, ich denke schon."
Dr. Harsen schrieb sich irgendwelche Notizen in sein Büchlein. Das ganze Gespräch bestand nur aus seinen Fragen und meinen kurzen Antworten.
„Von welcher Droge sind Sie abhängig?"
„Kokain."
„Wann haben Sie das letzte Mal Kokain genommen?"
Ich überlegte kurz, ob ich lügen sollte. Aber mein Therapeut musste über alles schweigen, was wir in diesem Raum beredeten, sodass ich mich doch dazu entschied, die Wahrheit zu sagen.
„Letzte Nacht."
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Ich hoffe euch gefällt das Kapitel :)
Freue mich auf eure Kommentare <3
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