64 | Plan
"Hat sie es dir verraten?"
Bianca betrat in einem schwarzen Jumpsuit mit zwei Männern den Raum. Ihre Augen fixierten mich, obwohl sie zu Serafino sprach.
"Nein, sie weiß nichts", gab dieser von sich. Nach einem verurteilenden Blick in meine Richtung, verließ er hinter Bianca den Raum. Ich wusste nicht, wie ich ihn einschätzen sollte, fühlte mich aber erleichtert, keinen Raum mehr mit ihm teilen zu müssen. Selbst wenn er mich auf die Insel verschleppt hatte, um mich zu schützen. Das alles hier war nur seine Schuld. Immerhin waren es seine Manipulationen, die mich verrückt machten. Letztendlich auch meine Naivität, nichts dagegen unternommen zu haben.
"Bist du dir sicher, dass du es nicht weißt?" Bianca lenkte meine Aufmerksamkeit wieder auf sich. Dieser Hass in ihren Augen. Ich verstand ihn auf eine Art. Es ging um ihre Mutter, doch wenn sie nur ansatzweise solche Dinge getan hatte, wie Serafinos Vater, dann hatte sie den Tod verdient. Als Bianca einen Schritt auf mich zukam, spannte ich mich bereits an. Es war Ayaz Hand an meiner zu verdanken, dass ich mich sammelte und ruhig durch atmete.
"Ich weiß es nicht", erklärte ich, woraufhin sie einen gespielten Schmollmund zog und ihre Hände etwas anhob. In dem Moment erkannte ich das Blut auf ihrer hellen Haut. Meine Atmung stockte. "Dann muss ich deinen Onkel wohl etwas härter bearbeiten, denn er spricht kein Wort, genau wie du."
Cecilio ...
"Lass ihn in Ruhe! Er hat nichts hiermit zu tun!", wurde ich lauter. Ich riss meine Hand von Ayaz seiner und lief wütend auf diese Bitch zu. "Wenn du ihn nicht gehen lässt, schwöre ich dir, dass du es bereuen wirst!"
"Du bist zu süß." Sie lachte. So hässlich und laut, dass es mir Magenschmerzen bereitete. Ich begann zu zittern. Stellte mir das schlimmste vor, als ich erneut auf ihre Hände blickte. Mein Verstand löste sich und ließ nur Zorn zurück. Eine Emotion, die mich mit sich riss. Wütend zog ich meinen Arm zurück, um meinen Faust nach vorne schnellen zu lassen. Dieser Bastard neben ihr schubste mich jedoch zur Seite, sodass ich beinahe auf den Boden gekracht wäre. Ich hielt im letzten Moment mein Gleichgewicht und fasste an meine bebende Brust.
"Fass sie nicht an!", mischte Ayaz sich ein und nahm den Typen wütend ins Visier. Dieser grinste und holte eine Pistole hervor, die er demonstrativ auf Ayaz richtete. Bianca drehte sich ihm und deutete mit einer Handgeste, dass er die Waffe runternehmen sollte. Er tat es zwar, doch die Situation entspannte sich dennoch nicht. Innerlich war ich zu allem bereit. Äußerlich stand ich still und wartete ab, was sie als nächstes tun würde.
"Also. Deine letzte Chance." Sie musterte mich abwartend, Wagens sie ihren Jumpsuit richtete. Ich zeigte dieser Hure keine Emotion. Keinen Ausdruck. Nichts. Ich schüttelte lediglich meinen Kopf und damit war die Sache erledigt. Sie würde ihren Frust an Cecilio auslassen - oder noch schlimmer, meine Familie töten. Doch was blieb mir übrig? Ich wusste nicht, wer ihre Mutter getötet hatte. Keiner erzählte mir die Geheimnisse der Vergangenheit. Vor kurzem wusste ich nicht mal, dass wir zur Mafia gehörten. Oder wusste ich es und verdrängte es? Mein Kopf schien so durcheinander. Ständig verwechselte ich etwas und erinnerte mich kaum noch daran, was mir alles offenbart wurde. War es doch Cecilio? Oder mein Vater? Würde ich es überhaupt verraten, wenn ich mir 100% sicher wäre, wer ihre Mutter beseitigt hatte?
Nein.
"Gut. Dann wäre das geklärt. Sag später aber nicht, ich hätte dir keine Wahl gelassen." Sie kehrte mir den Rücken zu. Ich machte einen Schritt nach vorne. Der von ihrer Drohung ausgelöste Stress, sagte mir, ich konnte sie nicht gehen lassen. Sie würde an die Grenzen gehen, um die Wahrheiten herauszufinden.
"Du bist genauso geblendet von der Vergangenheit, wie Serafino es ist!", sprach ich das aus, was mir im Kopf herumspukte. Mein Gesicht zu Ayaz gewandt, sah ich ihm tief in die Augen. Ich sprach die folgenden Worte an Bianca, ließ Ayaz dunkle Augen dennoch nicht los. "Jeder macht Fehler. Fehler, die nicht rückgängig zu machen sind. Wir überleben es aber. Wir überleben jeden Tag mit diesem Schmerz und irgendwann muss der Punkt kommen, an dem wir akzeptieren müssen, was passiert ist, anstatt weiterhin unsere Zukunft aufgrund der Vergangenheit zu zerstören."
Ayaz Lippen öffneten sich. Ich wollte nicht mehr gegen ihn ankämpfen. An diesem Punkt wurde mir egal, was war. Es wurde unwichtig. Wie ein verblasster Alptraum, der so lange her ist, dass man nur noch den Hauch einer Erinnerung daran mit sich trug. Doch auch dieser würde verschwinden. Er würde Platz machen für neue Träume. Neue Erinnerungen, die einen mit einem Lächeln einschlafen und aufwachen lassen und nicht dafür sorgen, schweißgebadet aus dem Schlaf hochzuschrecken.
"Jeder macht Fehler?" Biancas leise und doch bedrohliche Stimme lenkte meine Aufmerksamkeit wieder auf sie. Sie drehte sich zu mir. "Wie kannst du es wagen, den Mord an meiner Mutter als einen Fehler zu bezeichnen!?"
Sie stürmte auf mich zu und wollte mir ins Gesicht schlagen. Ich hob allerdings meine Hand und wehrte ihren Schlag ab. Da sie damit nicht geregnet hatte, starrte sie mich fassunglos an. Schnell fasste sie sich wieder. Der Hass aus ihre Augen, brachte ihre Wangen zum glühen.
"Deine Familie hat meine zerstört! Das ist kein Fehler! Das ist Krieg!" Sie schubste mich wütend zurück, doch ich blieb standhaft.
"Du hast doch gar keine Ahnung, was früher passiert ist! Genauso wenig wie ich!"
"Meine Mutter ist tot! Tot, wegen-"
"Nunzio und Jennifer haben dich wie eine Tochter großgezogen! Sie waren für dich da! Immer!" Stille kehrte ein. Stille, die mich fest schlucken ließ. Ich erkannte Tränen in ihren Augenwinkeln. Sie zeigten mir, dass wenigstens Nunzio und Jennifer ihr etwas bedeuteten. Tief im Innern wusste sie, dass sie falsch handelte. Ich musste weiter drauf eingehen. Ihr klar machen, dass der Weg der Rache nicht der Richtige war. Ehe ich hätte weitersprechen können, kehrte sie mir erneut den Rücken zu und lief zur Tür.
"Lasst sie auf Toilette. Danach kommt ihr zu mir zu Cecilio. Mal sehen wie lange er heute durchhält."
"Nein!", brüllte ich, aber sie hielt nicht inne. Sie verschwand im Flur, während die zwei Männer mir den Weg versperrten. "Bianca!", rief ich ihr nach. "Denk an Nunzio! Denk an die Familie, die dich aufgezogen hat!"
"Zurück", warnte mich einer der Männer und umfasste meine Schulter. Adrenalin floss durch meine Adern. Die Erkenntnis, dass Cecilio sterben könnte, ließ mein Herz rasen.
"Bianca!" Mein Schrei hallte von den Wänden wieder. Ich bemerkte kaum den Schmerz, den der Mann mit seiner Hand an meiner Schulter auslöste. Er drückte fest zu und drängte mich zurück.
"Lass mich los!", schrie ich, da schubste er mich und grinste. Ich taumelte einige Schritte rückwärts und verlor den Halt, doch Ayaz war rechzeitig bei mir, um mich zu stützen.
Er umfasste meine Taille, wodurch ich zu ihm aufsah.
"Sie werden ihn töten. Wir müssen etwas unternehmen", flüsterte ich leise. Er nickte und sah genau wie ich zu den zwei Männern, von denen einer gelangweilte an der Wand neben der Tür lehnte. Der andere kam auf uns zu. Als er vor mir stehen blieb, streckte er seine Hand aus. Er wollte mich mit sich zum Badezimmer führen. Ehe er mein Handgelenk zu fassen bekam, packte Ayaz seine Hand und verdrehten sie, wodurch der Kerl laut aufschrie.
"Du bist tot!", schrie der Kerl, da kam der andere und zog seine Waffe. Er zielte auf Ayaz. Ich hielt den Atem tief in meiner Lunge und hörte nur noch diesen Schuss, der mein Herz zum stehenbleiben zwang.
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