11 | Hass
Meine Finger schmerzten. Es war jedoch die Art Schmerz, die mir Hoffnung gab. Dieser Bastard hatte mir alles weg genommen, was ich hätte zu einer Waffe bauen können. Einzig einen schwarzen Pullover und eine graue Jogginghose hatte ich von ihm aufs Bett gelegt bekommen. Er bedachte allerdings nicht, dass ich meine Ohrringe noch trug.
Mit diesen konnte ich ihm zwar nicht die Pulsader durchtrennen ... doch das plante ich auch gar nicht.
An der Kommode stehend, hielt ich den Ohrring fest zwischen meinen Fingern. Ich ritzte mit dessen Spitze den Namen Serafino Fernando in das Holz, während ich hoffte, dass niemand es an der Seite entdecken würde.
Tage war es her, seit er die Alte vor mir gefickt hatte. Seitdem ließ er sich täglich nur ein einziges Mal blicken. Er kam ins Zimmer, lehnte sich neben der Tür an sie Wand und rauchte eine Zigarette. Kein Wort kam dabei über seine Lippen. Er beobachtete mich, als wäre ich ein Tier, welches er versucht zu durchschauen. Vermutlich wollte er mich mit seiner Verschwiegenheit dazu bringen, als erste einen Schritt auf ihn zuzumachen. Konnte er sich abschminken. Er würde mich nicht brechen. Auch nicht die Tatsache, dass ich jeden Morgen nur ein Glas Wasser für den ganzen Tag bekam und auch nur zwei Brote.
Am ersten Abend lächelte ich darüber, da ich mir sicher war, im angrenzenden Badezimmer vom Hahn trinken zu können. Das Wasser dort stellte er aber ebenfalls morgens nur für 2 min an.
Mieses Stück scheiße...
"Fuck!", fluchte ich frustriert, als ich mir einen Splitter am Holz einfing. Mit verzogener Miene sah ich herab. Ein Tropfen Blut bildete sich auf der Kuppe. Trotzdem entstand ein Grinsen auf meinem Lippen, da ich fertig wurde. Würde dieser Mistkerl mich töten und abhauen, würde mein Vater seinen Namen wissen. Er würde büßen ... Und das nicht zu wenig.
Den Ohrring zog ich wieder an, als wäre nie etwas gewesen. Danach rückte ich die Kommode wieder zurecht, mit der Hoffnung, es würde nicht entdeckt werden. Genau im selbst Moment, hörte ich Schritte vor der Tür. In eleganten Bewegungen machte ich mich auf den Weg zum Bett. Dabei sah ich mich noch mal genauer um. Es gab keine Kameras in diesem Raum. Zumindest fand ich keine, obwohl ich mich stets beobachtet fühlte und er auch angedeutet hatte, zu wissen, was ich trieb.
Und dann begann wieder dieses dämliche Psychospiel. Die Tür hinter mir öffnete sich. Ich starrte allerdings weiterhin zur Fensterfront hinaus. Wolken zogen vor der Sonne vorbei, sodass das Meer dunkler wirkte. Hinter mir hörte ich das Klicken eines Feuerzeugs. Das Gefühl, vom ihm beobachtet zu werden, jagte mir einen unangenehmen Schauer über den Rücken. Doch weiterhin verharrte ich in meiner Position. Fünf lächerliche Minuten und er würde wieder verschwinden.
Dieses Mal, passierte aber etwas anderes.
"Ich habe ein Video für dich", sprach er und ich konnte es nicht vermeiden, flüchtig über meine Schulter zu ihm zu spähen. Seine dunklen Augen funkelten vor Provokation.
"Kannst es dir sonst wohin stecken." Erneut wandte ich mich zur Fensterfront, wobei ich spürte, wie er sich mir näherte. Jeder Schritt, brachte mein Herz zum aussetzen. Der Hass auf ihn brachte mich innerlich zum Brennen.
"Ich glaube, du solltest es dir ansehen."
Ich zuckte vor Ekel zusammen, als ich seinen Körper genau an meinem Rücken spürte. Links hielt er neben mir die Zigarette. Mit dem rechten Arm umarmte er mich halb, um ein Tablet vor mein Gesicht zu halten. "Willst du vorher ziehen? Der Zug einer Zigarette kann beruhigend wirken."
"Mich beruhigt nur der Gedanke, dich in alle Einzelteile zu zerfetzen!" Ich wollte einen Schritt nach vorne, da umfasste er mich jedoch und legte sein Kinn auf meiner Schulter ab. Mein Gesicht verzog sich vor Wut, doch eine Stimme lähmte mich, sodass ich keinen Widerstand mehr leistete. Mit großen Augen entriss ich seiner Hand das Tablet, um mir das Video genauer anzusehen.
"Es ist schwierig, eine Familie beieinander zu halten. Erst Recht, wenn alle auf der Suche nach der Prinzessin sind und die Schwachen zurückgelassen werden." Ich ignorierte Serafino, während ich auf dem Tablet unseren Garten erkannte. Der Winkel des Videos offenbarte mir, dass die Person, die es filmte, sich auf der Mauer befinden musste. Genau an dem Baum versteckt, den ich immer zum abhauen nutzte.
Ich erkannte Enzo, der am Pool saß und die Zeitung las, während Elio einfach nur auf einer Liege lag und in den Himmel starrte. Er wirkte so niedergeschlagen... Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Auch Antonio entdeckte ich am Rand des Gartens. Er spielte auf seinem kleinen Trampolin.
"Wenn alle aufgescheucht umher irren ... Wer beschützt sie dann?", flüsterte Serafino mir von hinten ins Ohr und damit brachte er solchen Zorn in mir hervor, dass ich mich nicht mehr zurückhalten konnte. Fest das Tablet umfassend, drehte ich mich ruckartig zu ihm. Ich schlug nach ihm, doch er grinste nur und wich zurück.
"Wenn du Elio zu nah kommst, breche ich dir dein Genick! Das ist ein Versprechen du dämlicher Bastard!" Erneut holte ich mit dem Tablet aus, da umfasste er jedoch meinen Arm und riss mich unsanft an sich. Das Tablet fiel aus meinen Fingern, da ich meine Hände dazu nutzte, Serafino von mir zu schubsen. Er bleib standhaft. Ich hatte körperlich keine Chance.
"Pssst... Ihm passiert schon nichts", hauchte er an meine Wange und nahm mein Kinn zwischen seine Finger, um mich mit seinem triumphierenden Lächeln zu mustern.
"Du wirst sterben...", zischte ich, doch seine Freude schien von meiner Drohung noch größer zu werden.
"Nicht, wenn du es verhinderst."
"Als würde ich das tun!", regte ich mich auf, da drückte er mein Kinn fester, was mich schmerzte. Ich zeigte jedoch keine Reaktion.
"Du entscheidest. Entweder, du machst deiner Familie weis, dass wir uns lieben gelernt haben und du mich heiraten willst... Oder aber dein Bruder wird für deine Sünden bezahlen. Wäre ja nicht das erste Mal, dass du einen deiner Brüder psychisch kaputt machst."
"Lass mich los! Krankes Arschloch!", brüllte ich und schubste ihn mit solch einer Kraft von mir, dass ich endlich den Abstand bekam, den ich wollte. "Du kannst mich mal! Mein Vater wird meinen Bruder zu schützen wissen! Was du mit mir machst, ist mir egal! Du kannst mich gleich hier auf der Stelle töten, denn ich würde nichtmal mit einer Waffe am Kopf ja zu dir sagen!"
"Gut, du hast doch entschieden. Wirklich bedauernswert. Aus ihm hätte echt was werden können."
Innerlich zerissen mich meine Emotionen. Ich bekam Panik, dass er Elio umbringen würde ... Doch was würde es bringen, diesem Bastard seine Wünsche zu erfüllen?! Er hätte mich auf ewig in seiner Hand! Nie würde ich ihm entkommen! Es glich der Situation von Madrisa. Noch mal würde ich nicht zulassen, dass unsere Familie erpresst wurde. Dazu würde mein Vater vermutlich einen Herzinfarkt erleiden...
Moment ... Mein Vater war kein gewöhnlicher Vater. Er würde ihn töten, selbst wenn ich all den scheiß behaupten würde. Selbst wenn ich ihn überzeugen würde, Serafino aus ganzem Herzen heiraten zu wollen ... Er würde ihn foltern und erledigen.
"Stop!", rief ich also, als Serafino bereits an der Tür stand und die Klinke zur Hand nahm. "Ich stelle dich liebend gerne meinem Vater vor. Zuerst will ich aber wissen, wieso du das alles tust! Was es dir bringt, dich in meine Familie einzunisten."
"Du denkst, du hast Forderungen an mich zu stellen?", erwiderte er mir und drehte sich zu mir.
"Natürlich. Du stellst mir ja auch welche!"
"Ich befinde mich auch in der höheren Position."
"Aber nur wegen deinen Gorillas! Eins gegen eins würde ich dich zerstören. Mal sehen, wer dann gewinnen würde."
Er kam in langsamen Schritten zu mir zurück, um sich genau vor mich zu stellen.
"Sag ja zu mir und unterschreib den Ehevertrag, dann kannst du auch Anforderungen an mich stellen."
"Ehevertrag?", hakte ich irritiert nach, woraufhin er seine Hand an meine Wange legte. Ich machte einen Schritt zur Seite, um seiner Berührung auszuweichen.
"Keine Sorge. Ich möchte mich nur absichern, falls dein Vater mir eine Kugel durch den Kopf jagt. Es ist ein etwas anderer Ehevertrag, den es so nur unter Mafia Familien gibt."
"Als ob ich den Scheiß unterschreibe!"
"Wirst du, denn ich halte dort auch fest, dass ich niemanden aus deiner Familie weder körperlich, noch psychisch schaden werde, solange du an meiner Seite bist. Auch werde ich niemanden damit beauftragen."
"Ich hasse dich so sehr", flüsterte ich voller Abneigung. Dabei hoffte ich immer noch, dass jede Sekunde mein Vater hier auftauchen und ihn erledigen würde. Doch er kam nicht ...
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