12 Im Club
Kapitel 12
Im Club werden wir von stickiger Luft erschlagen. Die Leute tummeln sich auf der Tanzfläche und an der Bar.
„Der Club ist klein, er ist nicht mit dem in Miami zu vergleichen."
„Liam", stoße ich belustigend hervor. „Miami ist eine ganz andere Nummer als diese Stadt. Natürlich kann man die Clubs nicht miteinander vergleichen", rufe ich ihm laut zu. Die Musik dröhnt in meinen Ohren, die Lichter flackern vor meinen Augen. Es ist alles so, wie ich es in Erinnerung habe. Das Lied wechselt sich und der Beat lässt mein Blut in den Adern pulsieren.
„Lass uns tanzen!", rufe ich ihm zu, zerre Liam mit mir auf die Tanzfläche.
„Aber wir brauchen, was zu trinken!"
„Nach diesem Lied!"
Ich dränge mich mit Liam an der Menschenmasse vorbei, bis zu einer freien Stelle der Tanzfläche. Meine Hüfte lasse ich kreisen, indessen Liam seine Hände an sie legt und sich gegen mich drückt. Wir bewegen uns im Rhythmus, genießen die Freiheit, tanzen wild, wie zwei frisch verliebte. Die Hände strecke ich in die Luft, lasse sie nach hinten gleiten, umfasse Liams Kopf und recke mich an seinem Körper. „Babe-", raunt Liam und vergräbt seinen Kopf in meinen Haaren. „Du tanzt gut, zu gut."
Breit grinse ich und drehe mich zu ihm um. Seine Augen brennen sich in meine, leicht öffnet er den Mund und ich verschließe ihn mit meinem. Die Hände lasse ich langsam an seinem Körper sinken, lege sie an seine Seiten. Liam greift ruckartig nach ihnen, fixiert sie an seiner Hüfte. „Hör auf, sonst-", sagt er und bricht den Satz ab.
„Sonst was?"
„Kann ich mich nicht beherrschen."
„Ach ja?"
Liam schiebt seine Hüfte nach vorne, lässt sie an mir kreisen. Wir sind wie starke Magnete. Magnete, die sich anziehen, fest anziehen und zusammenhalten. Es ist schwer sie je wieder voneinander zu trennen – genau so fühle ich mich. Einmal in Liams eisblauen Augen gesehen, bin ich im Ozean versunken, einmal von ihm berührt worden - schon fällt es mir schwer, die Finger von ihm zu lassen.
Das Lied wechselt und Liam lässt mich los. „Ich geh uns was zu trinken holen. Was möchtest du?", fragt er mich schweratmend.
„Überrasch mich."
Liam nickt mir zu. „Nicht bewegen, bleib genau hier", fordert er mich auf. Er verschwindet in der Menschenmenge. Ich suche mit den Augen meine Freundinnen im Club. Keiner von ihnen erblicke ich. Wo stecken sie nur? Augenblicklich gleitet mein Blick zu Liam an der Bar. Er lehnt am Tresen, beugt sich nach vorne, um uns etwas beim Barkeeper zu bestellen. Plötzlich nähert sich ihm eine schlanke Blondine, lehnt sich neben ihn an den Tresen und lässt ihre Augen aufschimmern. Mir wird schlagartig bewusst, dass ich, seitdem ich mit ihm zusammen bin, nie außerhalb seines Freundeskreises feiern war. Das letzte Mal als Liam und ich im selben Club feierten, war er mir noch egal. Er war Single, ich war Single und wir hatten noch kein großes Interesse aneinander. Damals habe schon ich bemerkt, welche Wirkung er auf Frauen hat, aber er war zu beschäftigt mit dieser einen Frau, dass ihn keine andere Frau mehr ansprach. Heute ist es anders. Diese aufgetakelte Blondine lässt ihn nicht los. Sie fasst ihn sogar am Arm an, was meine Eifersucht aufkochen lässt. Liam mustert sie irritiert, sagt etwas und schüttelt ihre Hand ab. Diese Geste von ihm, die Geste von Ablehnung ist Genugtuung für mich. Er springt nicht auf die Flirtversuche an, was ich auch nicht geglaubt hätte. Die Frau mit den blonden Haaren zuckt mit den Schultern, wirft ihre langen Strähnen nach hinten und entfernt sich von ihm. Mein Verlobter beginnt zu lachen und dreht sich zur Bar um.
„Unsere Wege kreuzen sich in letzter Zeit oft."
Die Stimme hinter mir lässt mich zusammenzucken und ich drehe mich um. Ben. Was macht er hier? Warum spricht er mich an?
„Was machst du hier?", frage ich ihn, werfe ihm einen abfälligen Blick zu.
„Tanzen? Mit meinen Jungs feiern? Ich denke, ich mache hier das Gleiche wie du hier mit deinen Mädels."
„Was willst du?", formuliere ich meine Frage um, ohne auf seine Äußerung einzugehen.
„Tanzen?"
„Träum weiter", lache ich und entferne mich von ihm.
„Ach Sophia", lacht Ben und folgt mir.
„Lass mich in Ruhe. Liam ist auch hier und glaub mir, wenn er dich in meiner Nähe sieht, wird er außer sich sein."
„Dein protziger Amerikaner?", lacht Ben.
„Genau, jetzt verzieh dich!"
„Sei doch keine Spaßbremse, ich will nur, dass du meine Entschuldigung annimmst. Mir tut es wirklich leid, was ich dir in unserer Beziehung angetan habe."
„Ich will es nicht hören, mir ist es egal."
Ben dreht mich an den Schultern zu sich und blickt mir tief in die Augen. „Was hast du, an verzieh dich nicht verstanden?", sage ich energisch, schlage ihm die Hand von meinen Schultern.
„Hier für dich Babe, einen Tequila Sunrise -" Liam. Endlich ist er zurück. „Was zur Hölle, willst du hier?", fragt er. Ich drehe mich um, sehe den Zorn in seinen Augen. Schnell greife ich nach meinem Cocktail und seiner Hand, um Schutz vor Ben zu suchen. Mein Ex ist wie eine lästige Fliege, die seit meiner Ankunft hier in Deutschland, um mich kreist, mich verfolgt.
„Mich bei Sophia entschuldigen", sagt er und baut sich vor ihm auf.
„Ich habe dich aber nicht darum gebeten und jetzt verzieh dich!", wiederhole ich erneut, diesmal lauter, auf Englisch, damit Liam mich auch versteht.
„Sophia ....", beginnt Ben und sieht traurig zu mir herab.
„Hast du sie nicht verstanden?", stößt Liam zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Seine Muskulatur verspannt sich, selbst der Händedruck wird fester. Ich sehe an ihm hoch. Im gedämmten Licht sehe ich seine harten Gesichtszüge und den angespannten Kiefer.
„Misch dich nicht in die Angelegenheit ein, es ist eine Sache zwischen mir und Sophia!", stößt Ben genauso aufbrausend, wie Liam hervor.
Er löst seine Hand aus meiner, tritt näher an Ben. Liam ist ein Kopf größer als er und viel muskulöser. Glaubt er wirklich, gegen ihn anzukommen?
„Wir können es auch wie zwei Männer draußen vor dem Club klären", schlägt Ben vor und drückt seine Brust hervor. Wenige Millimeter trennen die Körper von meinem Verlobten und meinem ehemaligen Verehrer. Was wird das? „Nein!", kreische ich und suche in der Dunkelheit, nach Liams Hand. Die beiden sind wie zwei Löwen, die sich um die Löwin streiten. Einer wütender als der andere.
„Was ist den hier los?", fragt Julia, die sich uns schnell nähert. „Ben!", schreit sie und zieht ihn von Liam weg. Er war so in den bevorstehenden Zweikampf vertieft, sodass er Julia nicht bemerkt und unter ihrer Berührung zusammen zuckt. „Julia", knurrt er.
„Verpiss dich!", sagt sie mit verengten Augen.
„Ben!", ruft eine männliche Stimme hinter ihm. Er dreht sich um und dreht sich dann erneut zu mir. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, marschiert er dem Klang der Stimme nach, lässt uns zurück.
„Lass dich nicht von ihm provozieren", sage ich, drehe Liam zu mir. Wie aus einer Trance erwacht, sieht er auf mich hinab. „Er ist es nicht wert. Ben ist mir sowas von egal und bald wird er kein Problem mehr sein. Bald werde ich mit dir in den USA leben, in New York."
Nickend zwingt er sich ein Lächeln auf den Mund.
Die restliche Nacht feiern wir ausgelassen. All meine Freunde, Liam und ich lassen die Sau raus, trinken Alkohol und feiern mit uns unsere Verlobung. Bis in die frühen Morgenstunden tanzen wir im Club und lassen uns erst als die Sonne wider aufging ins Bett fallen. Erst dann kommen wir mit der Bahn nach Hause – können jetzt erst schlafen gehen. Es war ein toller Abend mit ihnen, der mir hoffentlich noch lange im Gedächtnis bleibt. Solche Erinnerungen möchte ich in den nächsten Wochen immer mehr erschaffen, solche, die ich nicht vergessen werde, um mich an die Zeit hier, an das Leben hier, bis in alle Ewigkeit zurückentsinnen.
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