Kapitel 8
Alina lag in ihrem Bett, schnüffelte am Kissen.
Sie hatte extra nicht gelüftet, um den Duft von Mann und Sex zu erhalten.
Wieder räkelte sie sich wohlig.
Ihre Gedanken machten sich auf die Reise.
Was für ein Tag, was für ein Mann!
Ja! Was für ein Mann! Richtig, Alina.
Da war wieder die mahnende Stimme in ihrem Kopf.
Was war er denn für ein Mann?
Er sieht gut aus, ist gut im Bett!
Und sonst?
Er ist Autoverkäufer, betrügt offensichtlich seine Frau!
Mir doch egal! fauchte sie zurück. Ich will ja nichts von ihm! Was ich wollte, habe ich ja schon bekommen. Dazu noch ein paar Einschlafträume!
Ihr Finger suchte ihre Klit, rieb sie, aber der Orgasmus, den sie sich verschaffte, war lau.
Sie schlief nicht gut, trotz der Einschlafträume.
Sie stand zweimal auf, schenkte sich ein Glas Wein ein, rauchte dazu auf der Terrasse.
Es war eine wunderschöne, warme Sommernacht.
Keine Nacht zum alleine sein! dachte sie, und die erste Träne kullerte.
Zuerst weinte sie still vor sich hin, schließlich schluchzte sie um die vielen verlorenen Jahre.
Doch dann erwachte der alte Kampfgeist wieder in ihr.
Der sie dazu gebracht hatte, das zu studieren, was sie wirklich interessiert hatte, auch wenn es viele Bedenken bei ihrer Familie gegeben hatte, auch wenn die Kommilitonen sie anfangs ignoriert und dann sogar gemobbt hatten.
Doch nach nur einem Semester hatten sie kapituliert, vor ihrer Intelligenz, vor ihrer Auffassungsgabe, vor der Anerkennung, die ihr die Professoren entgegenbrachten.
Zuerst einer, dann immer mehr der Jungs hatten sie um Rat gebeten, hatten sie zu Feten eingeladen.
Beraten durfte sie – tat es auch gerne.
Feiern war wegen der Ratte nicht möglich.
Und jetzt würde sie ihr Leben genauso in den Griff bekommen wie damals, oder wie nach der Trennung von der Ratte.
Sie war Alina Arnheim!
Sie würde die Spiele beginnen – und es würden ihre Spiele werden.
Ein wenig beschwipst stieg sie die Stufen zum Schlafzimmer hinauf, musste dabei ein wenig kichern, weil sie sich erinnerte, wie sie heute Adrian hinter sich hergezogen hatte.
Heute!
Mein Gott! War das wirklich erst heute gewesen?
Am nächsten Tag war sie zwar etwas übernächtigt, aber voll Schaffensdrang. Sie hatte nur ein bisschen von grünen Augen unter einem dunklen dichten Haarschopf geträumt, es war eigentlich gar nicht der Rede wert!
Als sie die Entwicklungsabteilung ihrer Firma betrat, empfingen sie die Kollegen seltsamer Weise mit Standing Ovations.
Sie sah sich verblüfft nach einer versteckten Kamera um.
Da kam auch schon die Assistentin des Chefs angetrippelt, beladen mit einem Tablett voller Champagnergläser.
Hinter ihr schleppten einige Sekretärinnen Platten mit Häppchen.
Der Boss der Abteilung folgte ihnen mit einem breiten Lächeln.
„Frau Dr. Arnheim!" begrüßte er sie enthusiastisch.
Alina verstand nur Bahnhof.
Doch sie konnte ihre kesse Lippe nicht bremsen. „Herr Dr. Seinfeld! Wie nett, dass sich alle so über meine Scheidung freuen!"
Lautes Klopfen auf die Tische ertönte, der Chef grinste. „Gut! Das ist natürlich für mich und Ihre männlichen Kollegen ein sehr erfreuliches Ereignis, doch hier und heute geht es um etwas Fundamentaleres!"
Sie ritt der Schalk. „Es gibt kein fundamentaleres Ereignis als die Tatsache, dass ich diese Ehe hinter mich gebracht habe!"
Wieder johlten und lachten alle.
Die kleine Schönheit war ja heute gut drauf!
Aber irgendwie hatte sie auch recht!
Sie hatten ihren Typen kennenlernen müssen, einen überheblichen, schmierigen Kerl.
Keiner hatte es verstanden, dass eine Frau wie sie einen solchen Mann geheiratet hatte!
Er hatte sie dumm angequatscht, hatte ungeniert mit den Sekretärinnen geflirtet, hatte aber nicht deren ungläubige und abschätzige Blicke wahr genommen.
Er hatte wohl einen kleinen Antiquitätenladen in der Innenstadt, prahlte mit seinem Kunstverstand und Erfolg, tat so, als ob seine Frau nur für ihr Taschengeld arbeiten musste, hielt endlose Vorträge über Kunstepochen und Ähnliches.
Er war auf den wenigen Abteilungsfesten, auf denen sie ihn hatten ertragen müssen, ein Stimmungskiller in Reinkultur gewesen.
Der Chef stand immer noch grinsend vor ihr, wollte sie ihren Auftritt genießen lassen.
Er schätzte sie auch menschlich sehr.
Sie kümmerte sich immer um die Neulinge im Team, war zwar die einzige Frau, wurde aber von allen geachtet, weil alle ihr unglaubliches Talent anerkennen mussten.
Deshalb war sie auch ganz schnell zur Teamleiterin aufgestiegen, und es hatte keinen Tropfen an bösem Blut gegeben – auch nicht bei denen, die schon wesentlich länger in der Abteilung arbeiteten.
Sehr oft hatte er sich schon zu der Entscheidung beglückwünscht, ihre Einstellung gegen den Widerstand des Vorstandes durchgedrückt zu haben.
Als sich alle wieder beruhigt hatten, wurde Alina klar, dass sie den Chef etwas hatte auflaufen lassen.
„Sorry, Doc! Ich bin heute ein wenig neben der Kapp!" erklärte sie, sah aber erleichtert sein Lächeln. Sie mochten sich, das hatte sie schon beim Vorstellungsgespräch gefühlt.
Dr. Seinfeld nutzte nun seine Chance, den eigentlichen Anlass für die Spontanfeier vorzubringen.
„Frau Dr. Arnheim! Ich darf Ihnen heute die freudige Botschaft übermitteln, dass das neue Modell, für das Sie, was Software und Antrieb anbelangt, hauptverantwortlich sind, den deutschen Innovationspreis erhalten hat. Die Summe von 100.000 Euro wird anteilsmäßig innerhalb der Abteilung verteilt, den Förderpreis vom Freistaat Bayern in Höhe von einer Million schiebe ich ein!"
Jetzt war der Jubel grenzenlos, Alina verschlug es jedes einzelne Wort. Sie wusste, dass der Chef scherzte, dass das Fördergeld der Innovationsabteilung zugutekam.
„Wow!" meinte sie schließlich überwältigt.
Sie hatte gar nicht gewusst, dass die Firmenleitung ihre Arbeit eingereicht hatte. „Wow!" wiederholte sie.
Dr. Seinfeld lachte, wandte sich an die anderen Mitarbeiter. „Sie ist sprachlos! Das wollte ich ein einziges Mal erleben!" Schon bei den ersten Gesprächen war ihm ihre sprachliche Begabung aufgefallen.
Bei einer Informatikerin und Elektroingenieurin hätte er eher ein etwas nerdiges, verklemmtes Benehmen erwartet gehabt.
Doch der Chef war noch nicht mit allen Ankündigungen durch. „Nächste Woche fahren Sie übrigens mit Ihrem Co-Entwickler zum Nürburgring. Pressetermin. Sie werden das Geschoss vorführen, den Jungs und Mädels so richtig einheizen. Sie kennen ja Dr. Gedack!"
„Kennen wäre zu viel gesagt!" antwortet sie. „Wir haben während der Entwicklung oft gemailt und viel geschrieben, wir haben toll zusammengearbeitet, aber getroffen haben wir uns nie!"
Was für Alina nicht außergewöhnlich gewesen war, da sie in verschiedenen Niederlassungen untergebracht waren. Bis der Neubau beim Hauptwerk im Osten der Stadt fertig war, befand sich ihre Abteilung in angemieteten Räumen im Westen.
Der Chef sah sie etwas seltsam an. Na, wenn die beiden sich treffen, wird es ordentlich blitzen und donnern! Das wäre ja das Traumpaar schlechthin! dachte er. Er musste seiner Assistentin danken, die die Idee für diesen etwas anderen Pressetermin gehabt hatte. „Na! Dann lassen Sie sich überraschen!"
Alina war etwas verwundert über sein Grinsen.
War der Kollege von der Konstruktionsabteilung ein Idiot?
Ein Gnom?
Sie hatte ihn als überaus kompetent erlebt, ohne Ressentiments einer Frau in ihrem Job gegenüber. Über sein Aussehen hatte sie sich nicht die geringsten Gedanken gemacht.
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