Kapitel 5
Adrian
Adrian war froh, dass sein Bruder ihm Asyl gewähren konnte und nicht gerade mit einer heißen Mietze zugange war.
Aber der Ältere hatte es ja in der letzten Nacht auch ordentlich krachen lassen.
Wenn er sich recht erinnerte, war er mit zwei Puppen abgezogen, als der Club schloss.
„Du siehst scheiße aus!" begrüßte ihn Patrick.
Er schlug dem Bruder auf die Schulter. „Danke! Ich freue mich auch, dich zu sehen!"
„Zoff zu Hause?" wollte Patrick wissen.
„Sie hat eine Dessous-Party! Die Wohnung ist voll mit gackernden Weibern!" Adrian verdrehte die Augen.
Patrick schüttelte sich demonstrativ, ging zum Kühlschrank, holte ein Bier für den „Kleinen". Doch der schob die Flasche beiseite. „Hast du etwas zum Beißen für mich?"
„Ich kann eine perfekte Tiefkühlpizza in den Ofen schieben!" schlug der Ältere vor.
„Okay! Besser als nichts!" Als Patrick zurückkam, war Adrian beinahe eingeschlafen.
„Warum hat sie das nicht gestern gemacht?" fragte er den Bruder.
„Sie sagt, sie hat die Tage verwechselt! Aber es verschafft mir noch einen Monika-freien Abend!" Adrian nippte an dem Bier.
Patrick wollte die Chance nutzen, da sein Bruder gesprächsbereit schien. Die Pizza würde noch eine Weile brauchen. „Könntest du mir jetzt endlich mal erzählen, warum du diese Tussi unbedingt hast heiraten wollen?" wagte er sich auf sehr schwieriges Terrain vor.
Bisher war sein Bruder nie bereit gewesen, über dieses Thema mit irgendjemandem aus der Familie zu sprechen. Und sie hatten es bei Gott oft genug versucht – vor der übereilten Hochzeit und auch danach.
Adrians Blick schweifte ab.
Ja!
Fuck!
Er sollte mit Patrick endlich einmal reden!
Er musste mit jemandem darüber reden!
„Wir haben auf dem Feuerwehrfest rumgemacht!" begann er. „Und ich muss ziemlich dicht gewesen sein, weil ich sie mit zu mir nach Hause genommen habe. Am nächsten Tag, als ich meinen Kater überlebt hatte, war sie schon halb bei mir eingezogen. Mich hat es nicht so sehr interessiert, ich war in der Arbeit ziemlich gefordert. Ich war eh wenig zu Hause. Und es war nicht so unpraktisch, in dieser hektischen Zeit, ein weibliches Wesen im Bett vorzufinden, ohne dass man lange jagen musste!"
Er grinste den Bruder schief an. „Nach zwei Monaten hat sie mir einen positiven Schwangerschaftstest präsentiert. Ich war zuerst geschockt, doch dann habe ich mich mit dem Gedanken angefreundet, Vater zu werden. So einen kleinen Menschen gemacht zu haben, hat mir gefallen! Auf der Hochzeitsreise hat sie dann die Packung mit den Tampons auf der Fensterbank stehen gelassen. Ich habe sie gefragt, warum sie die braucht, wenn sie doch schwanger ist. Sie hat zu weinen begonnen, sie hätte das Kind verloren, ich habe mit ihr um mein ungeborenes Kind geweint!
Nach ein paar Tagen ist es mir dann wie Schuppen von den Augen gefallen, dass das ja deutsche Tampons waren, die sie eingepackt hatte. Da habe ich begriffen, dass ich in eine brutale Fake-Baby-Falle getappt war!"
Er schüttelte den Kopf, als er sich an seine Dummheit damals erinnerte. „Sie hat einen fürchterlichen Tanz aufgeführt, dass ihre Eltern sie umbringen würden, wenn sie die Wahrheit erfahren würden, dass die ganze Familie sie verstoßen würde. Und du weißt ja, was das für ein bigotter Verein ist!"
Der Ofen meldete mit einem Bing, dass die Pizza fertig war.
Patrick sprang auf, war noch ganz benebelt von dem, was Adrian ihm da erzählt hatte. So ein Mistvieh!
Er hatte Monika nie leiden können.
Aber er hatte versucht, seine Schwägerin anständig zu behandeln.
Doch damit war er durch!
Das konnte doch nicht wahr sein!
Und wie hatte sich sein hochintelligenter Bruder so reinlegen lassen können?
Seine ganze Wut ließ er an der unschuldigen Pizza aus, die etwas zerfleddert bei Adrian ankam.
„Und? Wann reichst du jetzt endlich die Scheidung ein?" fragte er, noch immer fassungslos.
Der Bruder grinste und schluckte. „Weiß nicht? Manchmal ist es ganz hilfreich, verheiratet zu sein! Hält die Frauen vor zu großen Erwartungen ab!"
Patrick schlug ihn ab. Der Kleine war schon ein Schlitzohr!
So dumm war die Idee gar nicht!
Dann wechselte er das Thema. „Dad hat erzählt, dass du einen heißen Feger mit einem E-Auto nach Hause gebracht hast und erst Stunden später wieder aufgetaucht bist?"
Adrian grinste noch breiter. „Yep!" gestand er ein.
„Und?"
„Was und? Willst du Details wissen?" zog Adrian ihn auf.
„Also? Hast du sie geknallt?" Patrick sah ihn erwartungsvoll an. Die Brüder tauschten oft und gerne Erfahrungsberichte aus.
Adrian kam die Pizza hoch. Nein! Geknallt hatte er die Süße nicht! Aber er hatte fantastischen Sex mit ihr gehabt!
„Lassen wir das Thema!" wies er seinen Bruder zurecht. „Es gibt so etwas wie Privatsphäre!"
Patrick grinste ihn an.
Okay!
Privatsphäre!
Der Kleine hatte sich verknallt!
Adrian spülte die Pizza mit zwei Bieren hinunter. Langsam hatte er das Gefühl, betäubt genug zu werden, um dieses „Danke" nicht mehr zu hören, um dieses Lächeln vor seinem inneren Auge nicht mehr zu sehen.
„Zocken wir eine Runde!" schlug er dem Bruder vor, dessen blödes Grinsen ihm auf den Senkel ging. Was in dem seinem Kopf wieder vorging!
Er hatte gevögelt, es war nicht schlecht gewesen, aber das war's!
Patrick baute die Playstation auf, eine Weile lieferten sie sich ein hartes Match.
Dann drifteten Adrians Gedanken ab.
Er stierte auf den Bildschirm, ohne etwas wahrzunehmen.
„Sie hat sich ins Auto gesetzt, hat die Sitzposition abgespeichert, ist durchs ganze Programm gescrollt, als hätte sie im Leben nichts anderes gemacht!"
Sein Wagen zerschellte an der Abgrenzungsmauer, Patrick schlug sich aufs Knie.
„Gewonnen!" rief er.
Bei diesem Spiel hatte er seinen jüngeren Bruder noch nie besiegt!
Adrian schien aus seinen Gedanken aufzutauchen.
„Fuck!" schimpfte er, warf den Joystick auf den Tisch, fuhr sich über die Augen. „Hast du noch eine Kippe da?"
Sie hatten beide zu rauchen aufgehört, zwischen ihnen lief eine Wette, wer als erster wieder anfangen würde.
Patrick lachte. „Das wird aber teuer! Eine Woche Mallorca im Clubhotel!" erinnerte er den Bruder.
„Ich weiß! Aber nach diesem fantastischen Abendessen brauche ich eine Belohnung!" maulte Adrian und fühlte sich wie ein motzendes Kind, das wegen Schokolade quengelte.
Patrick wühlte aus einer Küchenschublade eine Packung, die seit einem halben Jahr dort lag, warf sie dem Bruder zu. „Da! Das wird die teuerste Zigarette deines Lebens!"
„Scheiß drauf!" Adrian fingerte einen Glimmstengel heraus, ging auf den Balkon, fand ein Feuerzeug an der alten Stelle – wider Erwarten funktionierte es noch.
Nachdem er tief inhaliert hatte, fühlte er, wie das mittlerweile ungewohnte Nikotin durch seine Blutbahn raste und ihn ein wenig ruhiger machte.
„Dann kann ich ja beruhigt mitrauchen!" erklärte Patrick. „Du hast deine Wette schon verloren!"
Sie setzten sich auf die Stühle, legten die Beine auf die Brüstung. „Sie ist wie der Teufel gefahren! Ich glaube, gegen die würden wir beide verlieren!" sagte Adrian nach einer Weile. „Sie hat den riesigen Wagen in einem Satz rückwärts in die Garage geparkt, und er stand mittig! Kerzengerade!"
Sein Bruder sah ihn von der Seite an. „Okay! Sie ist hübsch, wie Dad sagt, sie scheint technisch begabt zu sein, daher wohl auch intelligent, sie kann Autofahren! Sonst noch was? Wie ist sie im Bett?"
Dieses Fabelwesen interessierte ihn jetzt doch.
Wegen dem sein Bruder eine Wette verloren gab, die ihn ein paar Tausender kosten würde.
Wegen dem er ein Spiel verloren gab, bei dem er der erklärte Champion im Freundeskreis war.
Wegen dem er jetzt verträumt in die Sterne sah, mit einem dämlichen Grinsen auf den Lippen.
„Gut!" antwortete Adrian nach einer Weile. „Anders! Ruhig!" Er wandte den Kopf, sah seinen Bruder an. „Sie hat Danke gesagt, als ich schon auf dem Sprung war! Und sie hat gelächelt dabei!"
Patrick stand kurz vor einem Lachanfall. „Sie hat dich gewollt, benutzt, reingelegt?"
Adrian lächelte vor sich hin. „Scheint so! Ja! Aber es war trotzdem gut!"
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