Kapitel 34
„Und es ist okay für dich, wenn ich ein wenig mehr als nur eine Notfalltasche bei dir deponiere?" fragte er bei einem Glas Wein.
„Ja!" antwortete sie. „Vollkommen okay!"
„Aber du weißt, dass ich nicht klammern werde? Dass ich deine Freiheit nicht einschränken will?" wollte er wissen.
„Ja!" wiederholte sie sich in gänzlich ungewohnter Sprachlosigkeit.
Sie fuhr die Konturen seines attraktiven Gesichtes nach. „Ich habe das Gefühl, dass jeder Schritt mit dir mir mehr Freiheit bringt!" Sie hatte ihre Sprache wieder gefunden.
„Das klingt fucking gut, Baby!" flüsterte er.
War seine Stimme schon wieder belegt?
Sie kuschelten noch eine Weile auf dem Terrassenstuhl, dann machten sie sich auf den Weg nach oben.
Sie waren mit sich und der Welt im Reinen, fühlten sich einfach wohl und angekommen.
Am nächsten Morgen, sie hatten das Gefühl, gerade erst eingeschlafen zu sein, läutete eines der Handys auf dem Nachttisch.
Adrian griff danach.
Als sich Karen meldete, bemerkte er, dass es Alinas Telefon war.
Die Anruferin stockte kurz, plauderte dann aber frisch von der Seele weg.
„Hallo! Ich wollte nur mal nachfragen, ob Alina noch lebt! Aber sehr wahrscheinlich tut sie es, wenn du am Samstagmorgen an ihr Handy gehst. Also, wir wollten euch einladen. Zu einem Grillabend. Mia redet seit Tagen nur von dem hübschen Adrian. Passt es gegen Sechs? Meine Schwiegereltern kommen auch!"
Adrian hatte Probleme, dem Redeschwall Karens zu folgen.
Mittlerweile war Alina wach geworden.
„Ich geb sie dir mal!" zog er sich aus der Affäre.
Ihre Eltern!
Puh!
Ihm wurde ein wenig mulmig, das gestand er sich offen ein.
Seine Süße hörte der aufgedrehten Schwägerin eine Weile zu.
Als sie zu Wort kam, sagte sie zu seiner doch enormen Erleichterung die Einladung ab.
Wenn auch mit einer kleinen Notlüge.
„Sorry, Karen! Ich habe das ganze Wochenende zu tun! Mein Arbeitsplatz wird in den Hauptsitz verlagert, ich muss ganz viel packen!"
Adrian sah sie verblüfft an.
Die Kleine konnte vielleicht überzeugend flunkern!
Da musste er sich ja direkt in acht nehmen!
Sie hörte noch eine Weile zu. „Ja! Klar! Natürlich kommen wir irgendwann mal wieder vorbei!"
Dann beendete sie das Gespräch.
Grinsend kuschelte sie sich an ihn, tippte mit dem Finger an ihren Kopf. „Die spinnen, die Arnheims! Familiengrillabend!"
Lachend zog er sie auf sich. „Da haben wir doch bessere Pläne, oder?"
Irgendwie war er schon sehr erleichtert.
Die Schritte, die sie machten, sollten sie schon selbst bestimmen dürfen.
„Aber so was von!" stöhnte sie, denn seine Hände waren sehr gekonnt darin, sie über seine Pläne zu informieren.
Wieder einmal genoss sie fassungslos die Lust, die sie empfinden konnte.
Die er in ihr auslöste!
Die er sie empfinden ließ!
Wieder einmal genoss er die Lust, die er erfahren durfte - durch ihre Hingabe an ihn, aber auch durch ihre zunehmende Offenheit, ihre Freude an der körperlichen Liebe.
„Wow!" stöhnte er nach einem Höllenritt, der ihn direkt in den Himmel der Ektase katapultiert hatte.
Sie tippte lächelnd an ihr Ohr. „Das war phänomenal!" erklärte er bereitwillig und knutschte sie kräftig ab.
Wie er dieses Knutschen liebte!
„Dito! Übereinstimmung!" erklärte sie und ließ das Lachen, das immer wieder in ihr hochstieg, wenn sie mit ihm zusammen war, einfach frei.
Wie er dieses Lachen liebte!
Hatte er je mit einer Frau im Bett so viel Spaß gehabt?
Never! antwortete die Stimme, die ihn immer wieder verblüffte.
Bist du noch meine oder schon ihre? fragte er.
Ist das wichtig? fragte sie.
Nein! antwortet er und küsste sein wunderschönes Baby schwindlig.
Wie er es liebte, sie zu küssen!
Zu ihrer beider Lebensrettung fanden sich im Kühlschrank Zutaten für ein Frühstück.
Sie trug nur einen Slip und eines seiner T-Shirts, er nur Boxershorts.
Sie tanzten, knutschten, fummelten, lachten, küssten sich und schafften es trotzdem, etwas durchaus Genießbares auf die Beine zu stellen.
Ihre direkten Nachbarn lachten sich beinahe schlapp, als sie das Liebespaar beobachteten.
„Hey! Seid ihr Spanner, oder was?" schimpfte Alina, als sie das Getuschel am Zaum bemerkte.
„Klar!" rief Fritz zurück. „Wir müssen uns doch versichern, dass es dir gut geht!"
Das nahm ihr den Wind aus den Segeln.
Wie oft hatten die Nachbarn wohl mitbekommen, wie die Ratte sie behandelt hatte?
„Es ging mir nie besser!" versicherte sie grinsend.
„Mir auch nicht!" erklärte Adrian und zog die Süße noch näher an sich.
„Dann ist ja gut!" Edith war nun auch beruhigt, und die Nachbarn verzogen sich.
Alina schüttelte den Kopf. „Ich habe gar nicht gewusst, dass die so nett sind!"
„Hattet ihr früher keinen Kontakt?" wunderte sich Adrian.
„Nein! Gut! In der Zeit, seit ich alleine lebte, hat man ab und zu ein paar Worte miteinander gesprochen. Über das Wetter, das Weltgeschehen und so!"
Er verstand, dass sie nicht nur Schritte mit ihm, auf ihn zu, sondern auch zurück ins Leben gehen musste.
Und er würde ihr dabei helfen – immer!
Ihr zur Seite stehen, sie unterstützen – bei allem!
Belustigt hörte er die Stimme in sich applaudieren.
Das hätte ich vor ein paar Tagen auch nicht gedacht, dass wir beide einmal so sehr einer Meinung sind! dachte er.
Vor ein paar Tagen hättest du manches nicht gedacht, verknallter Kerl! antwortete sie.
Doch dann musste er sich wieder seinem Baby widmen.
Nach ein paar Küssen holte sie Atem. „Brauchst du eigentlich deinen Computer nicht? Im Arbeitszimmer ist noch genug Platz!"
Er sah sie eindringlich an. „Schon!" antwortete er zögerlich.
„Und?" bohrte sie nach.
Seine Mundwinkel hoben sich. „Ich habe auf eine Einladung für die Geräte gewartet!"
„Gut! Ist damit ausgesprochen!" Auch sie lächelte.
Er stand auf. „Dann holen wir die Sachen mal!"
„Wir?" wunderte sie sich.
„Na! Ich brauch doch die Fachfrau beim Abbauen!" zog er sie auf.
Da hatte er plötzlich wieder diese unguten Bedenken.
Wollte sie ein wenig Zeit für sich?
Hatte sie einen Vorwand gesucht, ihn wegzuschicken, wenigstens für ein, zwei Stunden?
Dieses Mal ahnte sie, was in seinem Kopf vorging.
Sie nahm sein Gesicht zwischen ihre Hände. „Jetzt erkläre ich dir was, Herr Dr. Gedack! Falls ich mal den Wunsch habe, alleine zu sein, ein bisschen Abstand zu haben, werde ich es dir sagen! Okay? Du musst nicht jeden Satz von mir auf die Goldwaage legen, hinterfragen, ob oder ob nicht! Ich bin Frau genug dafür, und auch nicht auf den Mund gefallen! Klar?"
Sein Lächeln war noch breiter geworden.
Am besten an ihrer Ansage hatte ihm das „falls" gefallen.
Ein „wenn" hätte eine ganz andere Bedeutung gehabt!
„Glasklar!" antwortete er.
„Mir wurde nur etwas mulmig bei dem Gedanken, noch einmal deiner Ex zu begegnen." erklärte sie.
Und Patrick! fügte sie für sich dazu.
„Pf! Von der lassen wir uns doch nicht nerven!" tat er ihre Bedenken ab.
Und weil er auch ein kleines bisschen in ihren Kopf sehen konnte, meinte er vollkommen gelassen: „Und Patrick wird sich freuen, meine Begleiterin wieder zu sehen!"
„Pah! Patrick! Wer soll das sein?" konterte sie.
„Mein gutaussehender Bruder, mit dem du dich über mich hinwegtrösten wolltest!" Er grinste sie an.
„Hinwegtrösten!" Sie bekam einen Lachanfall. „Du hast unheimlich viele Qualitäten, Gedack! Schade ist nur, dass du so bescheiden bist!"
Er kitzelte sie, bis sie um Gnade flehte.
„Gib es zu!" forderte er und hielt ihre Hände fest.
„Klar!" japste sie. „Nach dem Tag mit dir war ich jeden Abend unterwegs und habe nach Ersatz für den größten Liebhaber ever gesucht!"
„Du bist ein Biest! Knallst mir meinen schlimmsten Albtraum und das größte Kompliment in einem Satz um die Ohren!" beschwerte er sich.
Sie setzte ihren unschuldigsten Blick auf. „Was ist dein schlimmster Albtraum?"
„Du und ein anderer Mann!" gab er zu.
„O Gottchen! Den Alptraum kannst du ganz schnell vergessen!"
„Aber du warst im Club auf der Suche!" vermutete er.
„Und du warst zum Flippern dort?" hielt sie dagegen.
„Touchè!" gab er sich geschlagen. „Gut! Dieses Mal hast du gewonnen! Aber ich an deiner Stelle würde mich nicht auf diesem Sieg ausruhen!" Nach einem ganz kleinen, braven Küsschen klatschte er in die Hände. „Also! Dann fahren wir mal!"
Sie sah ihn ungläubig an. „So?"
„Klar! Wenn wir jetzt nach oben gehen, um uns umzuziehen, kommen wir nie aus dem Haus!"
„Dann gehen wir halt getrennt!" schlug sie vor.
Er schlug sich vor den Kopf. „Stimmt! Man kann ja ein Schlafzimmer durchaus alleine betreten! Ist zwar größtenteils unsinnig, soll aber manchmal auch helfen, eine Art von Zeitplan einzuhalten!"
Sie hielt sich den Bauch vor Lachen.
Heute war er schon supergut drauf.
„Gewonnen?" fragte er ungläubig.
Sie konnte nur nicken.
„Und was ist der Preis?"
„Du darfst als erster ins Bad!" schlug sie vor.
Er reckte die Siegerfaust in die Höhe.
Im Sprint sprang er in den ersten Stock, freute sich über den Anblick nahezu seiner gesamten Garderobe im Ankleidezimmer, seiner Kosmetikartikel im Bad. Er genoss die Dusche, beeilte sich aber.
Höflich war es ja nicht gerade, vor einer Dame zu duschen, aber gewonnen war gewonnen.
Alina schloss die Augen, träumte vor sich hin, bis ein herber Männerduft ihre Nase kitzelte.
„Wow! Da duftet aber jemand hocherotisch!" murmelte sie.
Er nahm sie lachend in die Arme.
Ihre Ausdrucksweise war schon zu süß!
„So war es auch gedacht!"
Sie schnupperte sich der Duftspur entlang.
„Vorsicht, Baby! Du spielst mit dem Feuer!" flüsterte er nahezu atemlos.
„Macht Spaß!" erklärte sie trocken und tänzelte davon.
Er ließ sich auf seinem Stuhl zurücksinken.
Puh!
Die Kleine schaffte ihn noch mal!
Dann holte er sich noch eine Tasse Kaffee, stellte sich auf eine längere Wartezeit ein.
Doch es dauerte keine 15 Minuten, bis Veilchenduft ihn umwehte. Er wusste gar nicht, warum er auf diesen unschuldigen Duft so abfuhr.
Bisher hatte er schon die schweren, teuren Nuancen gemocht.
Bisher!
Vor ihr!
Aber zu ihr passten sie einfach nicht!
So!
Zurück zur Erde!
Sie mussten los.
Schließlich standen sie vor seinem Auto, und er runzelte die Stirne. „Das bring ich nie alles da rein!"
„Dann fahren wir eben mit zwei Autos!" Für sie war das kein Problem.
Er knutschte das patente Mädchen schnell ab. „Danke!"
Eine halbe Stunde später trafen sie sich wieder vor Patricks Wohnhaus – und natürlich trippelte kurz darauf Monika heran.
„Sag mal! Lauerst du mir auf?" fragte Adrian entnervt.
„Hab halt Sehnsucht nach dir!" Wieder dieser entsetzliche Schmollmund!
Er verdrehte die Augen, fasste nach Alinas Hand.
„Immer noch die Gleiche!" wunderte sich Monika.
„Die Selbe!" verbesserte Alina sie automatisch.
Adrian grinste sich eins.
Das konnte ja interessant werden: Ein Wortgefecht zwischen der Meisterin und der Unfähigen.
„Ha?" fragte seine Ex wie auf Kommando.
„Es heißt: Immer noch die Selbe, denn ich bin dieselbe Frau wie letztes Mal. Würde man sage: die Gleiche, hieße das: eine Frau, die mir ähnlich ist, also der gleiche Typ!" erklärte sein Mädchen todernst.
Er erstickte beinahe an einem Lachanfall.
„Bist du ein Klugscheißer oder so was?" Monika parierte wie gewünscht.
„Wenn, dann bin ich eine Klugscheißerin. Denn, wenn ich mich recht erinnere, bin ich weiblich. Und Klugscheißer sind männlich!" Alina machte das Spiel zunehmend Spaß. „Außerdem bin ich keines von beidem, nur der deutschen Sprache mächtig!"
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