Adrian
Adrian rannte durch die Straßen der Stadt, als wäre der Teufel hinter ihm her.
Er musste dieses Fucking-Bild aus seinem Kopf bringen: Die Schöne in den Armen eines Prolos der schlimmsten Sorte! Wählerisch schien sie ja nicht zu sein!
Er riss die Türe des ersten Taxis am Stand auf, erschreckte den älteren Fahrer gewaltig. „Nach Reinburg!" blaffte er.
Der Fahrer fasste sich schnell. „Das ist eine ganz schöne Strecke!" Nicht, dass er auf den Kosten sitzen blieb.
Adrian zog zwei Hunderter aus seiner Geldbörse, legte sie auf die Mittelkonsole. „Reicht das?"
Alfons fuhr los. Das würde eine lukrative Tour werden.
Der junge Fahrgast saß offensichtlich wütend neben ihm. Ständig stieß er die rechte Faust in seine linke Hand, während er unentwegt „Fuck! Fuck! Fuck!" hervorstieß.
„Ist dir dein Mädchen abgehauen?" fragte er schließlich.
Adrians Blick erdolchte den Fahrer. „Ich habe kein Mädchen!"
„Dein junger Mann?" Alfons ließ nicht locker. Als Taxifahrer war ihm nichts Menschliches fremd.
Adrian lachte bitter auf. „Nein! Es geht schon um eine Frau!"
Alfons wartete ab. Wenn der Junge reden wollte, würde er zuhören wie in mancher Nacht.
Und Adrian wollte reden, musste reden mit einem Fremden, den er nie wieder sehen würde. Die Worte sprudelten nur so aus ihm heraus. Er berichtete von dem zufälligen Treffen im Autohaus seines Vaters, von dem, was danach geschah, natürlich, ohne zu sehr ins Detail zu gehen.
„Sie ist so schön! So anders! Sie ist vollkommen!" schloss er seinen langen Bericht ab, ohne sich Gedanken darüber zu machen, was er alles von sich preisgegeben hatte.
„Hast du ihr das gesagt?" fragte Alfons.
Adrian sah ihn verwundert an. „Nein! Nein, natürlich nicht! Warum sollte ich ihr das sagen?"
Der Fahrer lachte leise. „Damit sie es weiß? Damit sie versteht, dass du voll verknallt bist?"
Sein Fahrgast sah noch verstörter drein. „Verknallt? Ich bin doch nicht verknallt!" Wie kam der alte Mann denn da drauf?
„Nicht?" Alfons grinste den Jungen offen an. „Hat sich halt so angehört!"
„Ich verknalle mich nicht! Nie!" versicherte Adrian.
Bis zum ersten Mal! dachte Alfons belustigt. „Na! Dann ist ja alles gut!"
Scheiße!
Nichts war gut!
In Adrians Kopf fuhren die Gedanken Karussell.
Warum war er nicht hingegangen, hatte sie aus den Armen dieses Kerls gerissen?
Warum hatte er sie nicht abgeschleppt?
Er hatte sich doch schon eingestanden, dass er gegen eine Wiederholung des einen Nachmittages nichts einzuwenden hätte!
Aber der Anblick, wie sich dieses vollkommene Wesen an diesen hässlichen Kerl schmiegte, hatten seine Sicherungen durchbrennen lassen.
Und jetzt würde sie diese Nacht in tätowierten Armen liegen!
Ob sie am nächsten Morgen dann auch „Danke" sagen würde?
Er stöhnte vor inneren Qualen auf.
Endlich hatten sie Patricks Wohnung erreicht, endlich konnte er sich die Whiskey- Flasche schnappen, endlich konnte er sich ins Delirium saufen, um das Bild aus seinem Kopf zu bekommen!
Stunden später fand ein ziemlich verstörter Bruder ihn ziemlich besoffen in seinem Wohnzimmer.
Patrick beschloss, dass das mit dem Whiskey eine gute Idee war.
Das war verdammt knapp gewesen!
Es hatte nicht viel gefehlt, und er hätte mit dem Mädchen seines Bruders geschlafen!
Auch wenn Adrian absolut nicht zugeben wollte, dass Alina sein Mädchen war.
„Und? Hattest du Spaß?" fragte Adrian lallend. „Warum bist du überhaupt da? War nichts Interessantes im Angebot?" Er grinste dümmlich.
„Nö! Die Interessanten hatte ich alle schon!" antwortete Patrick, wich dem Blick des Bruders allerdings aus, leerte lieber sein Glas.
Adrian kicherte. „Meinst du, wir haben schon alle Weiber durch? Das wäre aber schade!"
Sie rauchten auf dem Balkon, alberten so lange, bis die Nachbarn sich beschwerten.
Sie gingen lieber hinein, machten die Flasche leer.
Am nächsten Morgen, so gegen Mittag, hingen zwei lädierte Brüder am Frühstückstisch, versuchten, einen trockenen Toast mit einigen aufgelösten Aspirin hinunterzuspülen.
Adrian hatten keine Ahnung, dass die Frau, die ihm nicht mehr aus dem Kopf ging, auch der Grund für Patricks Verwirrung war.
Zum Glück habe ich mich nicht verliebt wie er! dachte Patrick.
Ob ihm Alina aufgefallen war? dachte Adrian.
„Warum bist du eigentlich so schnell abgedampft?" fragte der Ältere schließlich.
Vage hatte er schon eine Idee, was der Grund gewesen war.
Aber er konnte sie noch nicht richtig greifen.
„Ich hatte plötzlich wahnsinnige Kopfschmerzen!" antwortete der Bruder, wich aber seinem Blick aus.
„Die du dann mit Whiskey bekämpfen wolltest?" fragte er höhnisch grinsend nach.
Und plötzlich war auch der unbewusste Gedanke greifbar vor seinem geistigen Auge.
Alina!
Adrian hatte sie natürlich erkannt, hatte gesehen, wie der Bär sie an sich gezogen hatte, hatte aber die Abwehr in ihren Augen nicht wahr genommen.
Adrian sah den Bruder böse an. „Ist doch meine Sache, oder?"
Patrick sah ihn ernst an. „Sie war da, oder?"
„Pf!" machte Adrian nur.
Ja!
Sie war da!
Hat mit einem tätowierten Neandertaler rumgemacht!
„Sie ist an Thommy gehangen!" schob er dann nach.
„An Thommy? Lange braune Haare, helle Augen, hübsch?" stellte Patrick sich dumm.
„Hm!" maulte sein Bruder.
„Die ist nicht an ihm gehangen, der hatte sie im Würgegriff! Ich hab sie befreit!" So ganz geschwindelt war dieser Teil der Geschichte nicht.
Adrian sprang auf. „Und dann?"
„Nichts – und dann! Ich habe ein wenig auf sie aufgepasst, sie schien nicht oft in Clubs zu gehen. Sie war mit Karen und Ben da, den ewig verliebten Schullehrern!" erklärte Patrick.
„Und du hast sie nicht angebaggert, angegrapscht?" Adrian sah seinen Bruder misstrauisch an.
„Nein!" Die erste vollkommene Lüge. „Sie war sehr distanziert den Männern gegenüber!" Eine halbe Lüge.
Adrian atmete auf.
Er konnte die Bilder von tätowierten, aufgepumpten Männerarmen, die seine Schöne umklammerten, also löschen.
„Ich geh joggen!" erklärte er und fühlte sich von einer schweren Last befreit.
Patrick sank auf sein Sofa.
Fuck!
Ob das jetzt so klug gewesen war?
Wenn seine Schwindelei aufflog, würde er ernsthaft Zoff mit seinem Bruder bekommen!
Aber es war ja nicht wirklich etwas passiert!
Ein paar Küsse, ein wenig Fummeln!
Außerdem hatten sie schon öfter Mal Frauen gehabt, die zuvor mit dem anderen im Bett gewesen waren.
Und Adrian behauptete immer noch steif und fest, nicht verliebt zu sein in die schöne Alina.
Er merkte, dass er bereits Argumente suchte für den Fall, dass der Bruder hinter sein Geheimnis kam.
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