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Universum, hörst du mich?
Fick dich!
Es war die eine Sache, dass ich meinen heißgeliebten Rucksack nun auf den verschmutzten Boden legen musste, um dem Neuling Platz zu machen, aber eine ganz andere Sache war es mich zu ignorieren! Völlig grundlos!
Da bekommt man schon einen neuen Sitznachbarn und dieser entpuppt sich dann als eine weitere Person, die mich anscheinend von Anfang an nicht leiden konnte, ohne mich zu kennen.
Mila tat dies auch.
Sie saß links neben mir und tat ihr bestes zu versuchen, ich wäre Luft, oder zumindestens unsichtbar.
Hin und wieder bekam ich ein :"Hmpf" oder vielleicht auch mal ein :"Pff." aus ihrer Richtung. Viel mehr war nicht von ihr zu erwarten.
Ich beschloss, dass sie die Reinkarnation eines Höhlenmenschen war, versteckt hinter Lederröcken und schicken Blusen.
Und Gabriel schien ein Persönlichkeitszwilling von ihr zu sein.
Als er von Mrs. Cullen angeordnet bekam sich neben mich zu setzten, hatte er weder auf meine Begrüßungen, noch auf meine Small-Talk- Versuche reagiert, er sah mich nur kurz an. Mehr nicht.
"Ich habe gehört, dass du sprechen kannst, wenn du den Pantomimen-Kurs suchst, bist du hier falsch", gab ich grummelnd von mir und betrachtete ihn böse. Obwohl er ziemlich gut aussah, mit den dunklen Haaren und den breiten Schultern, wollte ich ihm am liebsten das Gesicht zerkratzen.
War es so schwer :"Hallo" zu sagen. Selbst bei Mila, die übrigens gerade eine Mischung aus spöttischem Gelächter und Grunzen hervorbrachte, kam mehr raus.
"Ich kann sprechen, nur sehe ich nicht die Notwendigkeit, Wörter mit dir zu wechseln", flüsterte er matt, als unsere Lehrerin ein paar Formeln an die Tafel schrieb.
"Eine gute Sitznachbar-Beziehung? Oder zumindestens kostenlose Schokoriegel, die ich mit netten Sitznachbarn teile."
Vielleicht war ich albern und mein Sarkasmus, sowie mein Sinn für Humor, waren gänzlich unangebracht, aber ich verstand ihn einfach nicht.
Er war neu, alleine und wollte auch scheinbar sicherstellen, dass er definitiv alleine bleibt.
"Keiner will deine Kalorienbomber und so wie es aussieht, will auch am liebsten niemand neben dir sitzen."
Ich war viel zu verblüfft, dass Mila endlich wieder mit mir sprach, als dass ich mir ihre Worte zu Herzen nahm.
"Glaubt mir, es wäre egal gewesen, wo ich sitze. Ihr seid mir alle egal."
Sehr sympathisch.
Da ich meine Zeit nicht mit unhöflichen Höllenmenschen, und Gabriel gehörte definitiv dazu, verbringen wollte, blätterte ich in meinem Collegeblock nach einem leeren Blatt und schrieb die Aufzeichnungen von der Tafel ab.
Mrs. Cullen war eine wirklich schöne Frau und wahrscheinlich ein Vorbild für mehrere Schüler. Sie war hübsch, klug, schien ihren Beruf zu lieben und verstand sich sowohl mit den anderen Lehrern als auch mit den Schülern und Schülerinnen gut.
Ihre blonden Locken kringelten sich um ihr Gesicht und reichten bis zu ihrer Brust. Sie trug immer farbenfrohe Blusen, heute kanariengelb und dazu eine enganliegende Blue-Jeans.
Meine Mitschüler, die vor mir saßen, schrieben wie ich die Formeln und ihre Erklärungen dazu in ihre Hefte, während andere sich leise, oder etwas weniger leise unterhielten.
"Mr. Even", sagte Mrs. Cullen nun und wandte sich lächelnd an meinen mürrischen Sitznachbarn.
"Wie weit waren Sie mit dem Unterrichtsstoff an Ihrer alten Schule? Kommen Sie mit?"
Gabriel seufzte und ich merkte, dass er mit dem Bleistift in seiner Hand spielte.
War er nervös?
Ich fragte mich, ob es an den ihm zugewandten Gesichter der Klasse lag, oder an der Aufmerksamkeit, die ihm unserer Mathelehrerin geschenkt hatte. Er wäre sicherlich nicht der erste, der sich in sie verguckt hatte. Zu schade, dass sie schon längst an unseren Englischlehrer vergeben war.
"Ich komme mit. Alles gut", antworte er. Mrs. Cullen nickte und nahm Jeremy dran, der in der ersten Reihe saß, um die Lösung an der Tafel zu berechnen.
Jeremy war der kleinste in der Klasse und er war in vielen meiner Kurse. Würde unsere Sitzordnung nicht bestimmt werden, hätte ich mich am liebsten zu ihm gesetzt. Er war nett und lustig und ein guter Fang bei einer Gruppenarbeit.
Schwungvoll stand Jeremy von dem Stuhl auf und kitzelte die Antwort ohne lange überlegen zu müssen an die Tafel.
Die Antwort war natürlich richtig und er wurde von Mrs. Cullen gelobt.
Danach wurde ein Zettelhaufen durch die Reihen gereicht, denn wir im Alleingang bearbeiten sollten.
Ich kam relativ gut zurecht, da Mathe mir recht gut lag. Mit Zahlen konnte ich gut umgehen und prägte mir Rechenarten recht schnell ein.
Aber als ich zur Seite schaute, bemerkte ich, dass das Arbeitsblatt von dem Miesepeter neben mir kaum ausgefüllt war und einige Dinge durchgestrichen waren. Gabriel schaute mit scharfem Blick und zusammengepresseten Lippen auf das Blatt Papier.
"Du musst diese beiden Zahlen multiplizieren, nicht dividieren", flüsterte ich und zeigte auf seine unvollständige Rechnung.
"Ich hab dich nicht gefragt", zischte er ebenso leise zurück.
Meine Güte, da will man einmal im Leben jemanden helfen und man bekommt sowas zurück.
"Dein leeres Blatt ist da aber anderer Meinung, Idiot!"
Ich war wütend. Ich hatte ihm absolut garnichts getan.
"Idiot? Eine bessere Beleidigung viel dir nicht ein? Selbst mein kleiner Bruder ist da origineller", sagte er schmunzelnd.
Halleluja!
Mr. Grissgrämmig war also doch zu positiven Gefühlen fähig. Zumindestens wenn er sich über mich lustig machte.
"Idiot hat dich einfach perfekt beschrieben. Irrelevanter,dämlicher,Ich-bezogener,ordinärer Trottel."
Er zog eine Augenbraue hoch und musterte mich. Mir viel der braune Kranz um seine Iris auf. Der äußere Berreich war grün und erinnerte mich an einen Weinachtskranz.
"Ordinär?"
Ich schaute wieder nach vorne zur Tafel und vergewissere mich, dass Mrs. Cullen nicht zu uns rübersah, bevor ich antwortete.
"Ja, Defenitiv."
Er rollte die Augen.
"Halt die Klappe, Ray!", kam es genervt von meiner Sitznachbarin.
War ja klar, dass sie Gabriel da nicht mir reinzog.
"Ray?", kam es verwirrt von der rechten Seite.
"Ja."
Ich hatte keine Lust, ihm meinen richtigen Namen zu sagen, er würde sich nur lustig machen.
"Ist dort hinten ein Problem, Miss Cane?"
Mein Blick schoss nach vorne, als ich meinen Namen hörte.
Ich sah direkt in die Augen von meiner Mathelehrerin, die ihre Arme verschränkte und mich abwartend ansah.
"Nein, Mrs.Cullen. Gabriel hatte nur ein Problem mit den Aufgaben."
Gabriel funkelte mich wütend an.
Ich zuckte nur mit den Schultern. Es ist nicht mein Problem, wenn es ihm peinlich war ein Matheloser zu sein.
"Okay, in Ordnung", sagte sie und wandte sich ab.
Danach würdigte Gabriel mich keines Blickes mehr und arbeitete konzentriert an seinen Aufgaben weiter und starrte das Blatt Papier mit einer solchen Intensität an, dass ich mich wahrscheinlich nicht gewundert hätte, wäre das Blatt vor Angst weggeflogen.
Komischer Kerl.
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