Kapitel 16
Er stand vor ihr. Seine pechschwarzen Haare hingen etwas wirr in seinem Gesicht herum und in seinem Blick sah sie Verlangen und Sehnsucht.
Seine blasse Haut wurde durch den Mond in eine noch blässere Nuance getaucht und jetzt sah er aus wie ein Gespenst. Ein attraktives, anmutiges Gespenst.
Ihr Atem stockte und ihr Herz begann zu rasen, als er sich langsam auf sie zu bewegte und erst jetzt bemerkte sie seine ungewöhnliche Kleidung. Er trug eine hellgraue Hose, Turnschuhe und seine muskulösen Arme bewegten sich anmutig unter dem weißen T-Shirt.
Ihr Herz drohte nun stehen zu bleiben und sie begann heftig zu zittern, so überwältigt war sie von ihren Gefühlen. Eine unglaubliche Hitze breitete sich in ihr aus und vor ihren Augen begann alles zu verschwimmen.
Gefährlich begann sie zu schwanken und bevor sie umfiel, packte er sie und hielt sie fest. Keuchend blickte sie in seine dunklen, pechschwarzen Augen und vorsichtig bewegte er sein Gesicht auf sie zu. Sie schloss die Augen und sog seinen Duft in sich auf, ein vertrauter Duft.
Seine Lippen berührten die Ihre und von allen Sinnen verlassen, krallte sie ihre Hände in seinen Rücken und presste sich an ihn. Leidenschaftlich erwiderte sie seinen Kuss und ihre Zungen umkreisten sich spielerisch.
Er küsste ihren Hals und die Hitze in ihr wurde immer größer und größer...
***
Amelia wurde durch das Knallen einer Tür wach und schrak hoch. In ihrem Zimmer war es düster, wenige Sonnenstrahlen drangen durch die zugezogenen Vorhänge vor ihren Fenstern und keuchend setzte sie sich kerzengrade hin.
Anscheinend war Lisa schon früh wach geworden und hatte lautstark das Zimmer verlassen. Das würde wohl einige Erklärung bedürfen, bis sie wieder im Normalzustand sein würde...
Vollkommen verwirrt, erhob sie sich und stand langsam auf. Schwindelig hielt sie sich am Bettpfosten fest und realisierte erstmals, was sie da eben geträumt hatte. Der Mann war definitiv Snape gewesen und der Traum so intensiv, dass sie sich fragte, ob er nicht wirklich Real gewesen war.
Schluckend und völlig verschwitzt, begab sie sich ins Bad und nach kurzer Überlegung stieg sie unter die Dusche. Seufzend duschte sie sich zuerst kalt ab und wurde immer wacher. Dann shampoonierte sie sich ein und als sie aus der Dusche stieg, war Amelia Evans wieder in der Realität angelangt, auch wenn sich ein kleiner Teil von ihr gewünscht hätte, wieder zu träumen...
Eine gute halbe Stunde später, saß Amelia in der großen Halle und verschlang gierig einen Pfannkuchen mit Honig und Zimt. Neben ihr saß Hermine Granger und daneben Ginny Weasley – wie ihr erstmals bewusst wurde, die Schwester von Ron Weasley. Harrys bestem Freund.
Da Amelia Neville über Harry Potter ausgefragt hatte, wusste sie auch, dass Hermine eine enge Freundin von ihm war – womöglich die beste Freundin.
Und wie sie erfreut bemerkt, war sie wirklich nett und freundlich. Ob sie wusste, wer sie war? Aber Kingsley hatte ihnen eindeutig eingebläut, nichts zu verraten...
Genüsslich aß sie ein Stück von ihrem Pfannkuchen und blickte zu Lisa, die sie immer noch stumpf ignorierte. Sie unterhielt sich angeregt mit Neville, oder hatten sie wieder eine Diskussion? Amelia konnte es aus der Entfernung nicht genau erkennen, merkte aber an Nevilles genervtem Blick, dass es wohl keine angenehme Unterhaltung war, die sie da führten.
„Die beiden streiten sich immer, nicht wahr?", seufzte Hermine neben ihr, als sie Amelias Blick bemerkte.
Sie fuhr herum und lächelte Hermine an.
„Naja, eine Beziehung ist wohl nicht einfach.", murmelte sie nur diplomatisch und widmete sich wieder ihrem Frühstück.
„Oder wohl eher Lisa.", meinte Ginny mit hochgezogenen Augenbrauen und Hermine grinste leicht.
Amelia wurde rot und versuchte die Bemerkung zu ignorieren. Auch wenn sie Streit hatten, Lisa war immer noch eine Freundin von ihr und sie konnte ihr Verhalten gut nachvollziehen.
„Und – was hast du gleich für einen Unterricht?", fragte Hermine nun und biss genüsslich in ein Käsetoast.
„Verteidigung gegen die dunklen Künste.", antwortete Amelia und der Gedanke an Snape bereiteten ihr Bauchschmerzen und gleichzeitige Freude.
„Oh – bei Professor Snape?", fragte sie interessiert und erschrocken hob Amelia ihren Kopf.
„Ä-ähm J-a-a.", stotterte sie und hätte sich am liebsten selbst geohrfeigt. Noch offensichtlicher hätte sie sich nicht verraten können.
„Und, wie findest du ihn?", bohrte Hermine weiter und in ihrem Blick blitzte etwas auf, dass Amelia nicht deuten konnte.
„Er ist schrecklich!", rief Ginny dazwischen und hob den Arm. „Da – schon alleine bei seinem Namen, bekomme ich Gänsehaut!"
Hermine bedachte sie mit einem strengen Blick.
„Ginny. Bitte.", meinte sie und wandte sich wieder an Amelia. „Und?"
Nervös nestelte sie an ihrem Umhang und atmete ein paar Mal tief durch.
„Also – er ist wohl in Ordnung.", sagte sie nach einer Weile schnell und trank fast in einem Zug hastig ihren Kaffee aus.
Hermine bedachte sie mit einem skeptischen Blick, sagte aber nichts dazu.
„Er ist ein toller Lehrer. Und er hat uns wohl allen das Leben gerettet.", sagte sie ruhig und überzeugt.
Beim letzten Satz schaute sie Ginny mit zusammengekniffenen Augen und ernster Miene an. Diese errötete leicht und nickte abwesend.
Amelia runzelte die Stirn.
„Wie – wie meinst du das jetzt genau?"
Hermine fuhr überrascht herum.
„Weißt du das etwa nicht?", fragte sie und verkniff das Gesicht leicht. „Hat...Harry – ich meine, hat dir das niemand erzählt?"
Aha! Harry! Also wusste sie genau, wer sie war!?
Erschrocken blickte sie Hermine an und biss sich auf die Unterlippe.
Langsam rückte sie ein wenig näher an sie heran und flüsterte ihr unauffällig zu.
„Also – weißt du wer ich bin?", hauchte Amelia und Hermine nickte leicht.
„Natürlich.", flüsterte sie zurück. „Harry hat mir eine Eule zukommen lassen und ich konnte es zuerst gar nicht glauben. Aber es darf niemand wissen, habe ich Recht?"
Amelia nickte schnell mit dem Kopf und rückte wieder von ihr ab, als einige Mitschüler ihnen interessierte Blicke zuwarfen und ihre Gespräche einstellten.
„Und – wieso hat Professor Snape nun allen das Leben gerettet?", fragte Amelia und versuchte ihr starkes Interesse zu unterdrücken.
„Ich glaube, das fragst du Harry am besten selbst.", antwortete Hermine nur und trank ihren Kakao leer. Ginny neben ihr schaute sie ernst an und nickte zustimmend.
„Na dann.", sprach Hermine – etwas lauter als normal. „Bis zum Mittagessen, Amelia."
Sie und Ginny standen auf und nickten ihr freundlich zu. Dann verließen sie die große Halle und das Treiben am Tisch ging weiter.
***
Auch Amelia aß ihren Teller leer und verließ nach kurzer Zeit die Halle. In wenigen Minuten begann der Unterricht bei Professor Snape und sie wollte unter gar keinen Umständen zu spät kommen.
Auf dem Korridor, etwas abseits, stand Ted und lächelte sie an.
„Amelia!", rief er erfreut und ging auf sie zu. Lächelnd umarmte er sie und drückte sie fest. Überrascht erwiderte sie seine Umarmung und just in dem Moment, rauschte Professor Snape um die Ecke.
Wie erstarrt bleib er kurz vor Ted und Amelia stehen und sofort löste sie sich von ihm. Dieser schaute verwirrt zwischen den beiden hin und her, als Snape sie mit einem gleichzeitig erschrockenen und undefinierbaren Blick ansah.
„P-professor S-snape.", stotterte Amelia und errötete leicht.
Ted runzelte die Stirn und kratze sich am Kopf.
„Professor.", nickte er Snape nur zu und sofort schnellte sein Kopf in seine Richtung. Snape fühlte sich merkwürdig.
Ein Stich hatte sich in ihm breit gemacht, als er sah, wie vertraut sich die beiden umarmt hatten und er war erschrocken und überrascht über den Anblick.
Wusste er es doch!
„Stebbins, Evans.", schnarrte er beherrscht und zog rauschend an ihnen vorbei. Sein schwarzer Umhang wehte im Gehen und auch wenn er wie immer mürrisch und selbstbewusst auf die Tür zusteuerte, so bemerkte Amelia seinen enttäuschten und erschrockenen Ausdruck in seinem Gesicht.
Sofort musste sie an ihren Traum denken und schluckte merklich.
Am liebsten wäre sie sofort zu ihm gerannt und hätte ihm erklärt, dass er die Situation vollkommen falsch gedeutet hatte, aber wie sollte das gehen?
Ted stand immer noch verwirrt vor ihr.
„Was war denn das?", fragte er leicht verunsichert und schüttelte den Kopf.
Amelia zuckte nur unbeteiligt mit den Schultern und ging an Ted vorbei ins Klassenzimmer.
Der Unterricht verlief ohne weitere Vorfälle und Snape ignorierte Amelia wie fast immer. Sein Blick glitt kein einziges Mal zu ihr herüber, obwohl sie ihn fast permanent anstarrte, sodass sie sich schon blöd dabei vorkam.
Nach dem Unterricht müsste sie unbedingt mit ihm reden. Ihm alles erklären.
Nach einiger Zeit gab Snape ihnen eine weitere Stillarbeit auf und stöhnend schlugen die Schüler ihre Bücher auf.
Bald hörte man nur noch das Kratzen der Federn auf Pergament und unkonzentriert versuchte sie sich der Aufgabe zu widmen, die er ihnen aufgetragen hatte.
Was er wohl dachte? War er verletzt? Aber sie hatte Ted doch nur umarmt. Eigentlich konnte er gar nichts falsch gedeutet haben!
Oder wohl doch? Vorsichtig lugte sie zu ihm auf, doch er schien hochkonzentriert in ein Buch versunken zu sein und vergeblich ließ sie ihren Blick wieder abschweifen.
„Pscht! Pscht!", flüsterte von rechts eine leise Stimme und ruckartig blickte sie zu Ted. Er hielt ihr erneut ein Stück Pergament hin und verunsichert griff sie danach.
„Freue mich auf Samstag, Ame!"
Hinter dem Ausrufezeichen, hatte Ted ein kleines Herz gemalt, das magisch auf und ab pochte. Es sah aus, wie ein schnell, klopfendes Herz und sie erschrak für einen Moment. Die Schüchternheit hatte Ted dann wohl abgelegt?
Was sollte sie nun schreiben?
Plötzlich wurde ihr das Pergament weggerissen und erschrocken fuhr Amelia hoch. Snape stand vor ihr und sein mörderischer Blick glitt zu Ted und wieder zu Amelia.
„Wollen Sie die Klasse nicht an ihrem kleinen Briefverkehr teilhaben lassen?", fragte er spöttisch und entfaltete das Pergament.
Seine Augen glitten über die fünf Wörter und Amelia spürte seine Enttäuschung.
Snapes Atem stockte und spürte einen Stich in seinem Herzen. Plötzliche, unkontrollierte Eifersucht brodelte in ihm hoch und er zerknüllte wütend das Stück Pergament.
„Stebbins! Evans! Nach dem Unterricht!", zischte er. Ohne vorzulesen, was denn nun auf dem Pergament stand, drehte er sich abrupt um und setzte sich lautstark auf seinen Stuhl.
Die Schüler sahen ihn erschrocken an und auch Ted war nun kreidebleich und errötet zugleich.
„Haben Sie nicht etwas zu tun?", zischte er zynisch und die Schüler sanken sofort in ihren Stühlen zusammen und widmeten sich hastig ihrer Aufgabe.
Nur Amelia starrte Snape erschrocken an und jetzt erwiderte er ihren Blick. Trotz, dass seine Miene bewegungslos und starr war, sprachen seine Augen Bände.
Sie sah große Enttäuschung und Verzweiflung in seinen Augen und sofort wurde ihr schlagartig bewusst, dass sie Snape viel mehr bedeutete, als er zugeben wollte. Seine ablehnende Art, war reiner Selbstschutz und sie konnte ihn gut verstehen.
Diese Situation– musste ihm vorkommen, wie ein Dejá vù.
Er hatte Lily damals an James verloren und nun musste er bemerken, wie Ted mit ihr flirtete.
Verzweifelt presste sie die Lippen aufeinander. Wie dumm sie doch war!
Das Bild fügte sich plötzlich so schnell und klar vor ihren Augen zusammen, dass sie sofort wusste, dass es die Wahrheit war.
Jetzt wandte er den Blick ab.
Es gongte und schnell packten die Schüler ihre Sachen zusammen um eiligst den Raum zu verlassen. Nach einer Weile, blieben Ted und Amelia übrig.
Snape saß ruhig vor seinem Schreibtisch, die Arme darauf abgestützt und die Finger lässig ineinander verschränkt. Ein missbilligender Blick prüfte die beiden Schüler, die nun vor ihm standen und zu ihm aufblickten.
„Mister Stebbins.", sprach er ruhig und gleichzeitig barsch. „Was wagen Sie es, in meinem Unterricht zu stören?"
Ted schluckte und senkte den Blick.
„Entschuldigen Sie, Professor.", murmelte er leise und Snape schnaubte.
„Sie beide – Nachsitzen! Am Samstag!", knirschte er verbissen und kniff die Augen zusammen.
Amelia seufzte innerlich und senkte ebenfalls den Blick.
Ted fuhr hoch.
„Aber – Professor! Das können sie doch nicht-,", protestierte er automatisch und schaute ihn bittend an.
„WAS kann ich nicht, Mister Stebbins?", zischte er nun gefährlich und beugte sich über den Schreibtisch. „Haben Sie irgendwelche Einwände?"
Dieser schluckte nun und biss sich verlegen auf die Zunge.
„Nein.", flüsterte er leise.
„Nein?", fragte Snape gefährlich und sein mörderischer Blick durchbohrte den Slytherin Jungen.
„Nein, Professor.", sprach Ted nun lauter und schaute Snape in die Augen.
„Gut.", meinte dieser nun. „Dann sehen wir uns Samstag um sieben Uhr in meinem Büro."
Ted nickte seinem Hauslehrer zu und wandte sich zum Gehen, als er merkte, wie Amelia stocksteif stehen blieb.
„Ist etwas, Miss Evans?", sagte Snape leicht höhnisch und erhob sich nun aus seinem Stuhl. „Sie können gehen!"
Erschrocken und verletzt über sein Verhalten, drehte sich Amelia um und verließ gemeinsam mit Ted das Büro.
„Dieses Schwein!", rief Ted erbost und raufe sich die Haare, als sie gemeinsam den Korridor entlang gingen. „Er wusste ganz genau, dass wir Samstag etwas vorhaben! Das hat er extra gemacht! Total überzogen!"
Ted redete sich immer weiter in Rage und schüttelte den Kopf.
„Wenn er nicht mein Hauslehrer wäre, würde ich zu McGonagall gehen! Das ist sowas von unfair!"
Amelia schwieg und blickte Ted nicht an.
„Oder findest du, dass er Recht hat?", fragte er nun an sie gewandt und blieb abrupt stehen. Sie zögerte und drehte sich zu ihm um.
„Nein – nein. Das ist schon wirklich unfair. Aber was wollen wir machen?", fragte sie teilnahmslos und zuckte die Schultern.
„Ist dir das egal, oder was?"
„Nein! Ich würde auch...viel lieber nach Hogsmeade. Aber Snape ist eben so, wie er ist.", antwortete sie – heftiger als gewollt und setze sich wieder in Bewegung.
„Aha.", meinte Ted nur. Skeptisch blickte er sie von der Seite aus an. „Dann bis zum Mittagessen."
Verwirrt blickte sie ihm hinterher und seufzte tief. Na super. Wenn sie so weitermachen würde, dann stünde sie bald vollkommen alleine da.
Doch dafür hatte sie jetzt keine Zeit. Sie hatte Severus verletzt – sehr sogar und erstmals bemerkte sie ihr schlechtes Gewissen. Sie hatte ihn ausgenutzt und leichtsinnig mit seinen Gefühlen gespielt.
Sie musste das wieder grade biegen und sich endlich im Klaren werden, was dieser Mann ihr bedeutete.
Seufzend machte sie sich auf und begab sich in den Unterricht, wo sie den restlichen Tag schweigend und unkonzentriert über eine Lösung nachdachte...
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