Kapitel 87
(Michèle)
"Wie, ich hab mir das eingebildet? Das kann doch gar nicht sein!", sage ich überrascht zu der Krankenschwester, die mir nicht glauben will, dass der Druck an meiner Hand von Łukasz kam. "Michèle, überleg doch mal.", versucht sie mir zu erklären, "Wenn er deine Hand wirklich leicht gedrückt hat, dann müssten seine Werte um einiges besser sein, da ihn diese kleine Bewegung enorm viel Kraft kostet. Und mit seinen aktuellen Werten kann ich mir so etwas einfach nicht vorstellen." "Und was ist mit dem Zucken von seinem Mundwinkel? Soll ich mir das auch eingebildet haben oder was?", meine ich leise und schaue auf den Boden. "Schau mal, du hast die letzten sechs Tage sehr wenig geschlafen, was ich mitbekommen habe. Darunter leidet natürlich auch dein Wahrnehmungsvermögen. Du schläfst nicht, du isst nichts und verlangst von deinem Körper trotzdem Höchstleistungen. So sehr ich es mir für dich wünschen würde, ich glaube nicht, dass er schon so weit ist." Und mit diesen Worten lässt sie mich vor Łukasz seinem Zimmer stehen. Mit gesenktem Kopf gehe ich hinein und lasse mich auf meinen Platz fallen. Ich nehme meine Gitarre und fange an sie leise zu stimmen. "Soll sie doch sagen, was sie will. Ich bin mir sicher, dass ich es mir nicht eingebildet habe. Du schaffst das Piszczu, das weiß ich!", sage ich ruhig zu ihm, bevor ich anfange zu spielen. Zuerst "Halt dich an mir fest" von Revolverheld, dann "Hey" von Andreas Bourani und später "Chöre" von Mark Forster. Während einer kleinen Trinkpause leuchtet mein Handy auf. Roman hat mir geschrieben.
R: Hey Süße, wir haben Glück. Wir können bereits in vier Tagen fliegen, der Fehler kann schneller behoben werden, als wir dachten :) Ich freu mich auf dich! Und grüß Łukasz von mir ;)
M: Oh super :) Ich freue mich riesig auf dich! Passt trotzdem gut auf euch auf. Ich liebe dich!! <3
"Schöne Grüße von Roman Piszczu!", sage ich, "Er kommt doch schon in vier Tagen wieder. Da haben die Jungs richtig Glück gehabt!" Ich lächel ihn an und nehme ein letztes Mal für heute meine Gitarre in die Hand. Leise fange ich an Sweet Symphony von Sunrise Avenue zu spielen. Im Refrain schaue ich Łukasz ununterbrochen an.
I can give you this sweet symphony
And I hope it makes you feel fine
And it's all that you can get from me
It will always be by your side
Die sechs Minuten, die das Lied dauert, fühlen sich an wie eine kleine Ewigkeit. Als dann der letzte Ton verklungen ist, hoffe ich auf irgendeine Reaktion, egal wie klein sie auch ist. Aber es passiert nichts. Leise seufzend stelle ich die Gitarre zur Seit und nehme dann wieder seine Hand und streiche immer wieder mit meinem Daumen über seinen Handrücken. "Ich hätte ja auch auf Polnisch gesungen, aber ich kenne nur ein polnisches Weihnachtslied, und das auch nur vom Hören her.", sage ich und muss etwas lachen, "Außerdem ist meine Aussprach viel zu schlecht!" Ich schaue Łukasz an und muss einen Moment später schmunzeln. "Normalerweise würdest du jetzt sagen "Ach quatsch, so schlecht ist deine Aussprache gar nicht.", und ich würde daraufhin nur alles abstreiten und "oh doch, ist sie" sagen. Dann würdest du versuchen ernst zu gucken, was du aber nicht kannst, und mich mit den Worten "Mój Maleńki! Du sollst dich nicht immer so schlecht machen." belehren. Ich würde dann versuchen dir klar zumachen, dass ich nicht klein bin und du würdest nur grinsen, weil du dich freust mich wieder geärgert zu haben." Mein Schmunzeln wandelt sich zum Ende hin eher in ein leicht traurigen Blick. Solche Situationen passieren oft beim Training. Der Auslöser ist meistens, dass ich versuche "Nerv mich nicht!" auf polnisch zu sagen wenn mich Marco oder Mario wieder ärgern, weil das außer Łukasz halt keiner versteht. Dann kommt er immer an und meint: "Na geht doch. Wird mit jedem Mal besser." "Ich vermisse dieses Grinsen Piszczu.", sage ich mit zittriger Stimme, "Ich möchte dich zu nicht drängen, aber du musst alles geben um wieder zukommen. Auch wenn wir gar nicht verwandt sind, ich brauche dich, meinen großen Bruder, doch!"
Ich beobachte ihn noch lange wie er einfach nur da liegt und hoffe auf irgendeine Geste oder andere Bewegung von ihm. Leider vergebens. Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf. Irgendetwas in mir sagt mir, dass es nicht mehr lange dauern kann. Hoffentlich behält mein Gefühl recht.
Ich hoffe das Kapitel gefällt euch! Lasst gerne Feedback da :)
~M💛
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