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Ich musste zugeben, diese Nacht war unter den Top drei der beschissensten Nächte meines Lebens! Ich hatte etwa 3 Stunden geschlafen und währenddessen den größten Stuss geträumt, die man sich vorstellen kann. Das Ende vom Lied war, dass ich mich völlig gerädert vor meinem Wecker aus dem Bett quälte. Nach einer kurzen Katzenwäsche zog ich mir Yoga Hosen und einen Hoody an und machte mich auf die Suche nach der Küche. Das Hanson Anwesen war so groß, dass ich ernsthaft in Erwägung zog, nach einer Karte zu fragen. Aber, oh Wunder... der Duft von frisch gemahlenem Kaffee wies mich direkt in den richtigen Raum, wo meine Mutter und Jason an der Kücheninsel standen und wie ein wildgewordenes Teenager Pärchen rumknutschten.
Nachdem ich mir das ein paar Minuten schmunzelnd angesehen hatte, beschloss ich, mich bemerkbar zu machen.
„Hmmpr!!" betont laut räusperte ich mich und setzte ein Engelslächeln auf, als meine Mutter wie ertappt von Jason zurücksprang. „Morgen," zwitscherte ich und lehnte mich gegenüber der beiden Turteltauben an den Tresen. Meine Mutter errötete dezent, drehte sich zu mir um und umarmte mich. „Guten Morgen, mein Schatz... Hast du gut geschlafen?"
Ich seufzte leise und schüttelte den Kopf. „Nicht so ganz... Ich hab mit fremden Betten so mein Start Schwierigkeiten."
Sofort wurde der Blick meiner Mama besorgt. „Vielleicht solltest du dich wieder hinlegen, Liebling... Jason und ich müssen heute sowieso ins Krankenhaus. Es kamen anscheinend über Nacht einige Notfälle rein und wir haben aktuell bedauerlicherweise einen leichten Personalnotstand.... Das heißt leider, dass ich heute nichts mit dir unternehmen kann. Bitte sei mir nicht böse!"
Ich lächelte beruhigend und strich ihr über den Arm.
„Mach dir keine Gedanken, Mama... Ich bin schon erwachsen und kann mich einen Tag lang selbst beschäftigen! Und heute Abend koche ich dann mal zur Abwechslung..."
„Ach, Juni... Das musst du doch nicht machen. Wir können auch essen gehen, oder etwas aus der Stadt mitbringen!!"
Ich zog die Augenbrauen hoch und neigte den Kopf. Nach ein paar Sekunden hob Mama entschuldigend die Hände und lächelte schief. „Schon gut, schon gut, schon gut... ich hab nichts gesagt! Danke dir, Schatz!" Jason stellte die Kaffeetasse in die Spülmaschine, dann griff er nach seiner Aktentasche.
„Liebes? Wir müssen jetzt los! Ach und Juna... Du bist heute natürlich nicht allein hier. Alex wird auf jeden Fall da sein und die Zwillinge vermutlich auch. Zumindest einer von ihnen ist also die ganze Zeit ansprechbar, falls du was brauchst. Ich vermute, wir sind so gegen 18:00 Uhr wieder da... Fühl dich einfach wie zu Hause!" Mit einem warmen Lächeln umarmte mein Stiefvater mich und kurz darauf verschwanden er und meine Mutter und ließen mich mit meinen vier Albträumen alleine.
Ich seufzte schwer und beschloss, mich mit einer schönen Tasse heißer Schokolade zu beruhigen. Und so kam es, dass Alex Hanson mich auf allen vieren und mit dem Kopf unter dem Spülschrank überraschte, während ich verzweifelt auf der Suche nach Kakaopulver war.
„Hast du etwas verloren?"
Ich erschrak mich so sehr, dass ich mit dem Kopf gegen die untere Kante der Spüle krachte. Jammernd ließ ich mich auf den Hintern plumpsen und rieb mir den schmerzenden Schädel. Wenn der Tag schon so behämmert anfing, konnte es eigentlich auch nicht mehr besser werden. Vielleicht war es doch eine gute Idee ins Bett zu gehen und einfach dort zu bleiben... Augenblicklich kniete sich Alex neben mich und hob sanft mein Kinn an, so dass er mir in die Augen sehen konnte.
„Juni? Alles okay?"
„Definiere okay," maulte ich und schob unwillig seine Hand zur Seite. Dieser Mann verwirrte mich. Und das hochgradig!
Ich zog mich an der Arbeitsplatte hoch und überlegte, ob mir schwindlig war. Im Moment sieht es zumindest nicht danach aus, weswegen ich die Suche nach dem Kakaopulver wieder aufnahm.
Der Laut, den Alex nun ausstieß, konnte nur noch als frustriert bezeichnet werden.
„Was suchst du? Vielleicht kann ich dir helfen... Immerhin wohne ich bereits seit 28 Jahren in diesem Haus."
In der Stimmung in der ich jetzt war, nahm ich ihm diese Aussage nun wirklich ausgesprochen krumm. Ja, ja, reib es mir ruhig unter die Nase, in welchem Wohlstand du aufgewachsen bist, du versnobter Jungschnösel!
„KAKAO! Nicht jeder steht auf Kaffee und ich brauch jetzt dringend ne Dröhnung!" fauchte ich und überhörte gewissenhaft das amüsierte Glucksen im Hintergrund. Als ich mich umdrehte, stand der Rest der Truppe da und grinste sich einen Ast ab! Nach einem kurzen Schockmoment gab ich mir alle Mühe, die nervtötende Viererbande mit Blicken zur erdolchen... mit bedauerlicherweise mäßigem Erfolg...
Luke schlenderte an mir vorbei, streckte seine über eins 90 aus, nahm aus dem Schrank über dem Herd eine Metalldose heraus und stellte sie mir vor die Nase. „Bitte schön, die Dame," sagte er mit einem leichten Lächeln, als würde er einen Orden für seine Freundlichkeit erwarten.
Morgenmuffelig wie ich nun mal war, knurrte ich ihn nur kurz an und riss den Kühlschrank auf, um Milch rauszuholen. Es gab keine mehr... NATÜRLICH gab es keine mehr!
Genervt warf ich die nutzlose Dose Kakao gegen Lukes Brust und marschierte wütend vor mich hin fluchend aus der Küche, rempelte im davon rauschen selbstverständlich ‚aus Versehen' den im Weg stehenden Alex an - nicht zu empfehlen! Der Mann war ein sprichwörtlicher Fels - und machte mich auf den Weg in mein Zimmer. Zeit, ein paar Utensilien zu kaufen und frühstücken, das konnte ich auch in der Stadt. Rasch putzte ich mir die Beißerchen und schlüpfte in meine Sneakers. Mit der Handtasche unterm Arm, ner Mordswut im Bauch und knurrendem Magen rannte ich praktisch zu meiner kleinen Nuckelpinne, die mich pflichtgetreu vom Anwesen fortbrachte!
Auf zum nächsten Café.... Mein Blutzucker war gefährlich niedrig und verlangte Zufuhr in Form von köstlicher mit Sahne getopter süßer Schooookolaaaaaaade!!!
‚Miss Puddletons Sweets & Chocolate'... na, das klang doch viel versprechend! Eine Vollbremsung später betrat ich den zauberhaftesten kleinen Laden, den ich je gesehen hatte. Als wäre eine Disney Prinzessin morgens aufgewacht und hätte beschlossen, aus ihrem Zimmer eine Caféstube zu machen. Rosa - wohin man sah, eine Bücherei-Ecke, Nippes und flauschige Kissen... Und über all diesem herrlichen Kitsch lag der Duft von Schokolade. Köstlicher, Lebens-spendender, glücklich-machender Schokolade! Ich sabberte praktisch bereits, während ich noch durch die Tür trat. In dem Display lagen atemberaubende Backwaren, Zimtschnecken, so groß wie Discus-Scheiben, Schokoladentortenstücke, frisch gebackene Cookies, Apfelkuchen, Unmengen von Cupcakes und zu meiner größten Freude Eclairs!
Ich sag's euch, Leute, es gibt definitiv einen Gott, denn ich war im Himmel gelandet! Nach diesem so bescheidenen Start in den Tag hatte ich damit nun echt nicht mehr gerechnet. Die Inhaberin, eine süße, kleine Großmutter mit rosafarbenen Schürze wuselte erstaunlich agil aus dem hinteren Teil der Backstube hervor und strahlte mich mit roten Apfelwangen an.
„Einen wunderschönen guten Morgen, meine Liebe! Was darf ich Ihnen denn bringen?" Mit leuchtenden Augen beäugte ich den Schokokuchen und deutete begeistert darauf. „Exzellenter Geschmack! Möchten Sie eine Tasse Kaffee dazu oder bevorzugen Sie Tee? Heiße Schokolade?" Ich schwöre, ich war nur Sekunden davon entfernt, dieser süßen alten Dame einen Heiratsantrag zu machen!
„Ich hätte gerne eine Tasse heiße Schokolade! Bitte mit Sahne!" strahlte ich übers ganze Gesicht, nahm den Teller mit dem köstlich duftenden Kuchen entgegen und trug ihn zu dem Tisch in der kuscheligen Bücherecke. Hier ließ es sich aushalten! Ich überlegte ernsthaft, den Rest des Tages hier zu verbringen. Das hätte zudem den unschlagbaren Vorteil, dass ich den vier Volldeppen somit aus dem Weg gehen konnte! Die heiße Schokolade war der Knüller... und langsam entspannte ich mich.
Nachdem ich aus meinem persönlichen Himmel wieder auftauchte waren drei Stunden vergangen und ich beschloss schweren Herzens wieder in die Wirklichkeit zurückzukehren - selbstverständlich kaufte ich die halbe Auslage leer und versprach, die nächsten vierzehn Tage lang zum Stammgast zu werden.
Nur ein paar Meilen die Straße hinunter, ich näherte mich langsam der Innenstadt Washingtons, fand ich einen großen Walmart und beschloss neben den diversen Kleinigkeiten, die ich benötigte um Beccas höchst kreative Vorschläge in die Tat umzusetzen, natürlich auch Milch zu kaufen, falls ich heute Nacht Lust auf einen Becher heißen Kakao hatte.
Als ich weitere zwei Stunden später wieder an meinem kleinen Auto war und meine Käufe - unter anderem Selbstbräuner und Karnevalsfarbe für die Haare einräumte konnte ich mir ein hämisches Gackern nicht verkneifen... es wurde allmählich Zeit meinen vier Alpträumen, Alpträume zu bescheren!
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