Kapitel 6
Es ist der nächste Tag und wie gestern schon, gehe ich wieder mit Sophie, Lisa und Patricia in die Pause. Es ist echt langweilig mit ihnen, da wir komplett andere Interessen haben. Sophie und Lisa reden die ganze Zeit nur über die neusten und dümmsten Trends und ich und Patricia stehen nur daneben. Sie scheint sich genauso zu langweilen wie ich, weswegen ich immer weniger verstehe, warum sie überhaupt mit diesen Idioten abhängt.
Während ich mich so produktiv langweile, beobachte ich Emily. Sie steht mit einer Gruppe aus ihrer Klasse an unserem Stammplatz, allerdings ist ihr Blick genauso sehr auf mich gerichtet, wie meiner auf ihr. Ihr Blick sieht sehr fragend aus, so wie ich es zumindest von der anderen Seite des Pausenhofs beurteilen kann. Verständlich, sie wundert sich bestimmt, was diese ganze Aktion soll. Und wahrscheinlich realisiert sie auch langsam, dass diese Aktion länger gehen wird, als wir es uns wünschen.
Tatsächlich fragt sie nach der Schule aber wieder nicht nach, sie tut immer noch so, als wäre alles wie immer. Irgendwie ist das komisch... Sonst macht sie doch auch immer direkt ihre große Klappe auf, warum jetzt nicht? Vielleicht ist sie ja einfach genauso überfordert mit allem wie ich es bin.
Als ich allerdings am Mittwoch wieder nicht zu ihr komme, sondern mir unseren drei Lieblingsstars mitgehe, lässt sie das nicht mehr auf sich sitzen und kommt bedrohlich in unsere Richtung. „Uhhh, jetzt gibt es Beef.“,freut sich Lisa schon direkt und klatscht aufgeregt in die Hände. Ich gebe ihr gleich wirklich Beef, wenn sie nicht endlich die Fresse hält.
„Sagt mal, was wird das? Was macht ihr mit Alina?", fragt Emily skeptisch und stützt ihre Arme in die Hüfte. „Wie meinst du?", fragt Sophie ganz scheinheilig nach und drängt sich zwischen mir und Lisa durch, um ihren Job als Boss Bitch besser vollziehen zu können. Ich verdrehte genervt die Augen, aber bleibe einfach ruhig stehen, um nicht ganz so sehr den Eindruck zu machen, als wäre ich nicht freiwillig hier.
Wenn Blicke töten könnten, wären die drei Idioten jetzt sicherlich 20 mal von Emily gestorben. Sie verschränkt skeptisch die Arme und sagt: „Alina ist nicht so. Sie stellt sich nicht einfach zu irgendwelchen Leuten und redet mal mit ihnen. Also, was macht ihr mit ihr?“
Ich werde noch nervöser als sowieso schon, sie hat ja auch recht. Ich bin der introvertierteste Mensch auf diesem Planeten. Ich stelle mich echt nicht einfach so zu irgendwelchen Leuten und eigentlich schon gar nicht zu solchen Idioten, die keine anderen Hobbys haben, als Leute wie mich zu mobben. Niemals können wir jetzt eine gute Ausrede finden, Emily sagt die Wahrheit und ich bin echt schlecht im Lügen.
Alles fliegt gleich auf und jeder denkt dann, wir wären zusammen. Und jeder wird sich über uns lustig machen, uns fertig machen und beleidigen.
Ich werde nie wieder die Schule betreten können...
„Wir machen gar nichts, sie steht freiwillig bei uns.", sagt Sophie sicher, schaut Emily bedrohlich in die Augen und unterbricht damit mein super unproduktives Selbstgespräch in meinem Kopf. Die Angst jetzt aufzufliegen ist trotzdem noch da und wird immer größer und größer...
„Freiwillig? Ich sehe doch Alinas sehnsüchtige Blicke zu mir!", sagt Emily jetzt wütend und ich sehe ihr an, dass sie kurz davor ist, Sophie und ihrer Bande eine reinzuhauen. Allerdings scheint das keiner der Drei zu merken, sie schauen mich nur vielsagend an. Oh nein, das geht in eine ganz falsche Richtung. Ich muss das irgendwie in den Griff bekommen...
„Sie haben recht, ich bin freiwillig hier. Und die Blicke bildest du dir nur ein!", mische ich mich also auch mal in das Gespräch ein und stelle mich neben Sophie um glaubhafter zu wirken. Aber das Alles mache ich vielleicht ein bisschen zu schnell und panisch, denn Emily betrachtet mich mit einem skeptischen Blick und sagt anschließend einfühlsam: „Du weißt, dass du mit mir reden kannst, oder? Wenn sie dir drohen oder so, mache ich gerne etwas dagegen. Ich beschütze dich doch immer und gerne, das weißt du doch.“
Unsicher schaue ich erst Emily und dann die Dreiergruppe hinter mir an. Natürlich sind die Drei in ihrer Meinung wegen der Beziehung bestätigt und somit habe ich keine andere Wahl, als zum ersten Mal in meinem Leben abwesend zu Emily zu sein... Ich drehe meinen Kopf wieder nach vorne und sage: „Nein, sie drohen mir nicht. Ich bin echt freiwillig hier, wirklich. Ich... Ich habe einfach mal ein bisschen Abwechslung gebraucht... Weißt du?“
Ein riesengroßes schlechte Gewissen macht sich in mir breit und ich kann nicht anders, als meinen Blick von ihr auf den Boden zu wenden. Ich habe noch nie, wirklich noch nie in meinem Leben, Emily so sehr oder überhaupt angelogen. Ich habe sie nicht mal angelogen, als ich damals in der ersten Klasse ausversehen ihr Lieblingsspielzeug zerstörte, oder als ich mal in der sechsten Klasse versucht hatte, sie mit ihrem Crush zu verkuppeln und er durch mein absolut auffälliges Verhalten herausgefunden hattte, dass Emily auf ihn steht. Ich wäre niemals nur ansatzweise auf die Idee gekommen, meine beste Freundin anzulügen. Und ich habe auch ehrlich gesagt immer noch keine Ahnung, warum zum Teufel ich das jetzt mache. Aber zum ersten Mal in meinem Leben habe ich das Gefühl, die Wahrheit wird mich hier nicht weiterbringen. Zum ersten Mal habe ich das Gefühl, dass es keine andere Lösung gibt, außer Emily mit allen Mitteln da rauszuhalten.
Ich muss mich zusammenreißen jetzt nicht zu weinen und Emily direkt in die Arme zu fallen. Für einen kurzen Moment ist es still zwischen uns allen und mir kommt das Alles wie eine Ewigkeit vor. Emily scheint das zu bemerken. Natürlich bemerkt sie das, sie kennt mich besser als kein anderer. Sie scheint gerade sehr viel nachzudenken und versucht herauszufinden, was hier gerade vorgeht, denn sie sieht wirklich sehr nachdenklich aus.
„Komm, wir gehen weg von denen. Die tun dir nicht gut.", sagt Emily dann schließlich besorgt und entschlossen und will nach meiner Hand greifen, um mich von den Monstern wegzuziehen und natürlich fällt mir auf die Schnelle nichts besseres ein, als ihre Hand panisch von mir wegzuschlagen. Ich darf jetzt nicht schwach werden, sonst fühlen sich die drei hinter mir bestätigt... Geschockt schaut Emily mich an. Sie scheint kurz in einer Schockstarre zu sein, allerdings fängt sie sich gleich wieder und sagt traurig und enttäuscht: „Na schön, dann bleibe bei ihnen..." Ich merke ihr an, wie sie versucht stark zu bleiben, aber sie daran scheitert, sobald sie sich umdreht. Sie läuft nämlich in Windeseile davon, ohne auf ihre Umgebung zu achten, ins Schulgebäude. Am liebsten würde ich ihr jetzt einfach hinterherlaufen und ihr sagen, dass ich keine andere Wahl hatte, aber leider führt mich das absolut nicht zu meinem Ziel. Außerdem würde das jetzt falsch rübeekommen, als würde ich schwach werden und könnte die Beziehung nicht verheimlichen. Die Beziehung, die wir nicht einmal haben.
„Sie wird dir schon verzeihen, Schätzchen.", unterbricht Sophie mein trauriges Hinterherblicken, „Sie wird schon nicht mit dir Schluss machen, nur weil du einmal nicht mit ihr abhängst.“
„Verdammt Sophie, wir sind kein Paar! Wann bekommst du das endlich in dein verficktes, dummes Gehirn?!“, verliere ich nun endgültig die Fassung. Ich habe mich die letzten Tage so sehr zurückgehalten, habe alles in mich hineingefressen und mir alles gefallen lassen, aber langsam reicht es auch mal. Ich bin gerade dabei meine wichtigste Freundschaft kaputt zu machen, nur weil sie meint, mir mein Leben schwer machen zu müssen.
„Jaja, hat man ja gerade gesehen.“, antwortet Lisa jetzt kichernd. Ich war noch nie so kurz davor, jemandem in die hässliche Fresse zu schlagen, wie gerade...
„Ach fickt euch doch!“, schreie ich meine ganze Wut raus und entferne mich von dieser idiotischen Gruppe aus Barbiepuppen, die nichts haben außer ihr scheiß kleines Ego, was so klein ist, dass sie andere runter machen müssen.
Wenn ich wegen dieser dummen Aktion jetzt Emily verloren habe, dann töte ich alle Drei höchstpersönlich!
„Am Samstag ist eine Party bei Jason, da kommst du doch auch hin, oder? Dann kannst du uns ja beweisen, dass zwischen Emily und dir nichts läuft!“, wagt Sophie mir jetzt auch noch lachend und provozierend hinterher zu rufen. Ich drehe mich inzwischen weinend um. Am liebsten würde ich alle drei jetzt verprügeln und danach noch foltern, aber so ein Mensch bin ich einfach nicht. Das wäre jetzt eigentlich Emilys Part der Sache...
„Ich werde kommen... Und wie ich kommen werde! Und wenn es sein muss, ficke ich mich durch jeden Typen durch, nur damit du kleine Schlampe und deine mickrigen Mitläufer eure Beweise habt!“
Ich höre Lisa empört einatmen und ein lautstarkes Gespräch über mich zu beginnen, aber ich versuche das alles auszublenden und verstecke mich für die restliche Pause auf der Mädchentoilette. Mein Herz rast vor Wut und Aufregung und meine Gedanken und Gefühle bilden einen riesigen Wirbelsturm, der mich wieder mal mehr als überfordert. Muss das alles wirklich sein oder mache ich mich gerade nur lächerlich? Ich weiß es nicht... Aber selbst wenn ich mich nur lächerlich machen würde, jetzt habe ich schon mit dieser ganzen Nummer angefangen, jetzt muss ich es auch zuende bringen. Vorallem, wenn Emily von den Gerüchten erfährt, fängt sie vielleicht an weniger mit mir zu unternehmen, um nicht noch mehr Öl ins heiße Feuer zu kippen und somit alles schlimmer zu machen. Vielleicht bricht sie dann auch ganz den Kontakt ab, oder wir leben uns auseinander, weil wir in der Zeit, wo wir nichts zusammen machen, andere Interessen und Freunde finden... Egal was davon geschehen würde, ich würde alles nicht verkraften. Ich kann nicht ohne Emily. Und ich werde dafür sorgen, dass ich auch niemals ohne Emily muss, egal wie hart das wird! Lange kann es ja nicht mehr dauern...
Langsam artet Alinas Plan wirklich aus, aber sie will es natürlich nicht einsehen... Wie würdet ihr an Emilys Stelle reagieren?
Da die Story schon ein bisschen alt ist, weiß ich selbst nicht mehr genau, was als nächstes passiert. Ich bin schon echt gespannt, was mein damaliges Ich für Dreck geplant hat. Weil ich bin mir ziemlich sicher, dass ich damals einen anderen Plan hatte als heute xD
(1615 Wörter)
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