prolog : sie ist ich
Die Vorhänge flatterten im Wind, als Libitina ihre Großmutter Beatrix am Türrahmen entdeckte. Ein sanftes Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie sich behutsam vom Türrahmen löste und in das Zimmer ging, in dem das kleine Mädchen im Bett lag. "Was machst du, meine Süße?", erkundigte Beatrix sich liebevoll und das kleine Mädchen antwortete leise: "Ich kann nicht schlafen." Beatrix schmunzelte, setzte sich sanft auf die Bettkante und zog das kleine Mädchen näher an sich heran. Draußen zuckten Blitze und Donner grollte, und in dieser Dunkelheit fühlte sich Libitina sicherer, wenn sie ihre Großmutter an ihrer Seite hatte.
"Ich werde dir eine Geschichte erzählen", versprach Beatrix mit einer Stimme, die von Liebe und Wärme erfüllt war. "Wenn du möchtest, meine kleine Libitina." Ein begeistertes "Jaaaaa!" entfuhr dem kleinen Mädchen, gefolgt von einem ansteckenden Kichern, das die Dunkelheit des Zimmers erhellte. Beatrix schenkte ihrer Enkeltochter ein weiteres liebevolles Lächeln. Libitina trug ihren Lieblingsschlafanzug und ihre Haare waren in zwei sorgfältig geflochtenen Zöpfen, die ihre Kindlichkeit betonten. Auf den ersten Blick schien sie wie ein ganz gewöhnliches kleines Mädchen, das vor der Dunkelheit und den Stürmen draußen zurückschreckte. Doch Beatrix wusste, dass sie weit mehr war als das.
„Es war einmal ein junger Mann namens Abe." Beatrix erzählte mit einer sanften, melodischen Stimme, die die Dunkelheit des Zimmers mit Magie erfüllte. "Er machte einen Spaziergang, um nach einem heftigen Streit etwas Dampf abzulassen. Er lief entlang des Ufer der kleinen Insel und suchte nach einem Abenteuer." "UND ER HAT EINS GEFUNDEN!" unterbrach Libitina ihre Großmutter strahlend, als sie ihren Stoffbären hochhielt. Doch ihre Freude währte nur kurz, und sie entschuldigte sich sofort mit einem leisen "Tschuldigung".
Beatrix lächelte warmherzig und fuhr fort: "Ja, tatsächlich hatte er eins gefunden." Sie zog die Decke sanft bis zum Kinn des kleinen Mädchens und ließ ihre Finger zärtlich über die Wangen gleiten. "Er fand Miss Peregrine, die einzige wahre Miss Peregrine. Sie war eine außergewöhnliche Dame, die Kinder mit besonderen Fähigkeiten aufnahm." "Bin ich auch besonders?" fragte Libitina mit glänzenden Augen. Beatrix schaute ihre Enkeltochter neugierig an und fragte: "Was denkst du, welche besondere Fähigkeit hast du?" "Ich glaube, ich habe keine besondere Fähigkeit. Aber ich kann Dinge sehen, die sonst niemand sehen kann", flüsterte Libitina und hielt ihren Bären fester, als ob er ihr Schutz bieten würde.
"Was für Dinge siehst du?" wollte Beatrix wissen. "Monster", flüsterte Libitina ängstlich. "Aber das ist noch nicht alles! Sie beobachten mich und verfolgen mich, aber sie haben mir nie etwas angetan. Oma, werde ich verrückt?" Mit einem beruhigenden Lächeln schüttelte Beatrix den Kopf und strich Libitina sanft über die Stirn. "Nein, du bist nicht verrückt. Ich kann sie auch sehen. Aber du darfst es niemandem erzählen, okay?" Sie hob eine Augenbraue und streckte ihren kleinen Finger aus. "Versprich es mir?" Libitina hob ihren kleinen Finger von der Decke und kreuzte ihn mit dem ihrer Großmutter. "Ich verspreche es", flüsterte sie, während die Dunkelheit des Zimmers von Vertrauen und Liebe erfüllt war.
Während Beatrix und Libitina sich aneinander schmiegten, begann etwas Seltsames im Raum zu geschehen. Ein düsterer Nebel, undurchsichtig und geheimnisvoll, schien plötzlich aus dem Nichts aufzusteigen. Er füllte das Zimmer in einer schaurigen Dunkelheit und schien jegliches Licht zu verschlingen. Libitina spürte, wie etwas Unheimliches in der Luft lag, und ihr Herz schlug wild vor Angst. Sie klammerte sich enger an ihre Großmutter, doch Beatrix wirkte seltsam ruhig, fast schon ergeben. Als der Nebel dichter wurde, schien er nach und nach die Lebensenergie von Beatrix zu absorbieren, als ob sie ihre Kraft an diesen mysteriösen Nebel abgab.
Die Konturen von Beatrix begannen zu verschwimmen, als sie sanft zu flüstern begann: "Libitina, meine Liebe, du musst stark sein. Du trägst eine besondere Gabe in dir, eine Gabe, die größer ist, als du es dir vorstellen kannst." Ihre Stimme klang schwächer, als ob sie mit jedem Wort mehr von ihrer Energie opferte. Libitina spürte, wie eine unbekannte Kraft in ihr aufstieg, und sie fühlte sich zugleich erschreckt und mutig. Der Nebel schien sich auf sie zu konzentrieren, und sie konnte spüren, wie die Dunkelheit in sie eindrang, aber sie wehrte sich nicht dagegen.
Beatrix lächelte schwach und flüsterte: "Du wirst lernen, mit deiner Gabe umzugehen, Libitina. Sie wird dich leiten und beschützen. Du bist stark genug, um gegen die Dunkelheit anzukämpfen." Ihre Worte wurden leiser, und sie schien in der Dunkelheit zu verschwinden, als ob sie eins mit dem Nebel wurde. Und dann, in einem Augenblick der Stille und des tiefen Verstehens, war Beatrix spurlos verschwunden. Die Dunkelheit lichtete sich, und der Nebel verschwand ebenso plötzlich, wie er aufgetaucht war. Libitina lag allein im Bett, ein Gefühl der Trauer und der Erleichterung in ihrem Herzen.
In dieser einen Nacht hatte sich alles verändert. Libitina trug nun die Gabe und die Last, die ihre Großmutter ihr hinterlassen hatte. Sie wusste, dass sie nicht mehr dasselbe Kind war, das sie zuvor gewesen war, und dass ihr Leben von nun an von Geheimnissen, Gefahren und Wundern geprägt sein würde. Doch sie fühlte sich bereit, dieser ungewissen Zukunft mit Mut und Entschlossenheit entgegenzutreten. In diesem Moment, als die Stille des Zimmers von der Abwesenheit von Beatrix erfüllt war und Libitina sich der Veränderung in ihrem Inneren bewusst wurde, öffnete sich die Tür zum Zimmer langsam. Abe betrat den Raum mit einem besorgten Ausdruck auf seinem Gesicht. Seine Augen suchten den Raum ab, bis sie schließlich auf das kleine Mädchen trafen, das im Bett lag.
"Du hast es getan?" fragte Abe leise, seine Stimme zitterte vor Unsicherheit und Erleichterung. Das kleine Mädchen, das vor ihm lag, ließ ihre Nackenknochen knacken und legte den Kopf schief. Ein schelmisches Lächeln umspielte ihre Lippen, und sie erwiderte mit einer unerklärlichen Gelassenheit: "So, wie ich es immer tat, Abe." Abe starrte sie mit großen Augen an, als er langsam zu begreifen schien, was vor sich ging. Die Veränderung in Libitina, die Präsenz des dunklen Nebels und das plötzliche Verschwinden von Beatrix schienen seine Welt auf den Kopf zu stellen. Doch tief in ihm spürte er, dass dies etwas war, das über sein Verständnis hinausging, etwas, das Teil eines größeren Geheimnisses war.
Libitina, oder wer immer sie jetzt war, lächelte weiterhin und richtete sich im Bett auf. Ihre Augen strahlten eine seltsame Weisheit aus, die nicht ihrem jungen Alter entsprach. "Die Dunkelheit hat sich gezeigt, Abe. Aber die Dunkelheit ist nicht immer das Böse. Manchmal ist sie ein Teil von uns, ein Teil unserer Stärke und unserer Fähigkeit, gegen das Unbekannte anzutreten." Abe setzte sich vorsichtig auf den Bettrand und starrte auf das Mädchen, das nicht mehr ganz so gewöhnlich schien wie zuvor. "Was ist passiert? Wo ist Beatrix?" Libitina, oder wer auch immer sie jetzt war, schüttelte den Kopf und sagte: "Beatrix ist.... Sie ist ich, so wie ich sie bin."
Abe atmete tief durch und versuchte, all das zu begreifen, was gerade geschehen war. Er wusste, dass seine Welt sich für immer verändert hatte und dass er nun in eine Welt des Übernatürlichen und der Geheimnisse eingetaucht war. Aber er wusste auch, dass er nicht allein war, dass er Libitina an seiner Seite hatte, die nun mehr war als nur ein gewöhnliches kleines Mädchen. "Was machen wir jetzt?" fragte er schließlich, und in seinen Augen lag Entschlossenheit. „Das was wir immer tun", erwiderte Libitina schlicht:" Monster jagen, überleben und Jake beschützen."
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