#33 - Bloss was?
„Du willst wissen, ob ich schwul bin?", wiederholte Stegi mit zitternder Stimme, wagte es nicht, Tim auch nur einen kurzen Augenblick in die Augen zu blicken. Das einzige Geräusch, das darauffolgte, war der Atem der beiden Jungs, die wie erstarrt in seinem Zimmer standen. Tim nickte vorsichtig, das konnte Stegi aus den Augenwinkeln erkennen. Der Blonde war nicht mehr im Stande, seine Hände einigermaßen ruhig zu halten, die Nervosität war ihm deutlich anzusehen. Er räusperte sich, hielt die Luft an und flüsterte leise: „Könnte durchaus sein." Nichts geschah.
Verwirrt hob Stegi den Kopf, sah Tim offen an und erkannte, wie dieser angestrengt über etwas nachdachte, als wäre er sich einer Sache nicht sicher. Sein Herzschlag verdoppelte sich. Dachte er darüber nach, ob er die Freundschaft mit ihm kündigen sollte? War er etwa doch homophob, wie es sich Stegi davor schon gedacht hatte? Diese Möglichkeit ließ ihn zurück, gegen das Fenster stolpern. Er stieß mit dem Rücken gegen das Glas, presste sich dagegen und starrte sein Gegenüber mit geweiteten Augen an. Das riss Tim aus seiner Gedankenwelt, zurück in die gegenwärtige Situation. Er musterte Stegi von oben bis unten, biss sich auf die Unterlippe und lächelte kaum merklich. „Hast du Angst vor mir?", wunderte er sich, nagelte Stegi mit seinem Blick an der Wand fest. Dieser schluckte schwer, drehte den Kopf beiseite, um den bohrenden Augen zu entgehen. „Ich..." „Du denkst, ich möchte unsere Freundschaft hier beenden?", folgerte Tim weiter, konnte kaum mehr ruhig weitersprechen. „Nein, ich habe bloß..." „BLOẞ WAS?", schrie ihn der Braunhaarige an, stützte sich mit seinen Armen links und rechts von Stegis Kopf ab, sodass dieser sich nicht mehr rühren konnte. Er zuckte ängstlich zusammen, konnte die Tränen, die sich ihren Weg an die Oberfläche kämpften, nicht mehr zurückhalten. Sie rannen still über seine Wangen, hinterließen feuchte, salzige Spuren. Endlich blickte er direkt in die braunen Augen seines Besuchers. Als er seinen Mund öffnete, um etwas zu sagen, kam kein Wort über seine Lippen. Rasch schloss er ihn wieder, schniefte. Die Röte, die ihm in die Wangen schoss, war unangenehm, aber er konnte sie nicht verdrängen. Dazu war ihm sein Schwarm zu nahe, die Tränen zu peinlich.
„Es tut weh", schluchzte er, wischte sich mit dem Handrücken über das Gesicht. „Was tut weh?", wisperte Tim sanft, es war, als wäre seine Stimmung komplett umgeschlagen. Noch undeutlicher als zuvor, weinte Stegi: „Wenn du wütend auf mich bist. Wenn du mich anschreist. Wenn du denkst, ich hätte Angst vor dir. Es zerreißt mich!" Der Weinkrampf verstärkte sich, der Blonde zitterte am ganzen Körper, hätte sich liebend gerne unter seine Bettdecke verkrochen und zu einer Kugel zusammengerollt. Er wollte Tims Reaktion auf diese Worte nicht sehen, er konnte die Zurückweisung nicht ertragen. Nicht jetzt, nicht in diesem Moment. „Geh bitte. Ich brauche ein wenig Zeit für mich", brachte er hervor.
Tim hob vorsichtig seinen einen Arm, strich Stegi die etwas zu lang gewordenen Haare aus der Stirn. Mit der anderen stützte er sich noch immer am Fenster ab. „Ich kann jetzt nicht gehen", murmelte er. Seine Finger fuhren die Tränenspuren auf Stegis Wangen nach, hinterließen ein angenehmes Kribbeln in Stegis Inneren. „Zuerst muss ich dir auch noch etwas zeigen." Er lehnte sich langsam vor, kam Stegi immer näher, was dessen Herz damit quittierte, dass es noch schneller schlug, als dass es schon tat. Er fing eine der Tränen mit seinem Daumen auf, wischte sie beiseite und sah dem Blonden einen Wimpernschlag in die Augen. Die Pupille drohte, die braune Iris vollkommen zu verschlingen. „Ich stehe auch auf Jungs. Das wollte ich dir schon seit letzten Samstag sagen, aber ich habe mich nicht getraut", hauchte Tim, legte seine Lippen auf die des Weinenden. Sanft küsste er ihn, strich ihm hin und wieder eine Träne aus dem Gesicht, die sich aus den geschlossenen Augen Stegis verirrte.
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